Einen Lieblingsverstärker zu haben ist völlig normal, aber es gibt da immer noch diesen einen speziellen Sound, den dieser Lieblingsverstärker leider nicht abbilden kann und den man doch ach so gerne ebenfalls spielen möchte. Zeit für eine kleine Revolution.
Synergy Amplification greifen mit ihrem Modulsystem das altbekannte Konzept der Randall-MTS-Modulverstärker erneut auf und designen zusammen mit namenhaften Herstellern wie Diezel, Bogner, Friedman, Fryette, Engl und anderen Boutique-Marken zweikanalige Synergy-Vorstufenmodule, die sogar – wenn auch eingeschränkt nur als einkanalige Vorstufenmodule nutzbar – abwärtskompatibel zu den Randall-MTS- und auch Egnater-Modular-Amps sind.
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BLACKBOX
(Bild: Dieter Stork)
Der Synergy SYN1 ist nicht auf den ersten Blick als das zu entlarven, was er eigentlich ist. Einerseits Vollröhren-Preamp-Modul-Garage für die zahlreichen Synergy Vorstufen im kleinstmöglichen, zweckdienlichen Format, ist er andererseits auch ein Signallooper, der in der Kombination mit einem Synergy-Preamp-Modul im SYN1 in der Lage ist, zwischen der Vorstufe des – nennen wir ihn mal weiterhin – Lieblingsverstärkers und eben der Synergy-Vorstufe hin- und herzuschalten. Diese Idee ist clever, setzt allerdings auch voraus, dass unser Lieblings-Amp einen gut funktionierenden, seriellen Einschleifweg besitzt. Ein „Metro Zero-Loss Loop“ oder auch ein röhrengebufferter Loop, wie man sie in jedem Diezel-Amp findet, sollte es hierfür schon sein.
Genau eines der Synergy-Vorstufenmodule passt in den SYN1, der dieses Modul nun als autark spielbare, wie auch in ein bestehendes Rig integrierbare Vorstufe nutzbar macht, mit Strom versorgt und Ein- und Ausgänge bereitstellt. Zum Test im SYN1 liegt uns das auffällig neongrüne Synergy Steve Vai Signature Preamp Modul vor, und um eben dieses soll es hier hauptsächlich gehen, denn einen umfangreichen Test der grundlegenden Synergy-Hardware gab es schon in Ausgabe 10/2018.
GREENIE
Zwei Kanäle mit den absoluten Lieblingssounds von Steve Vai – vom klassischen Drop-Tuned-Sound à la ‚Bad Horsie‘ bis zum harmonisch komplexen Leadsound im Stile von ‚For The Love Of God‘ verspricht der Hersteller uns in seiner Bedienungsanleitung. Das macht neugierig.
Um ein Synergy-Modul zu nutzen, muss es zunächst einfach in den SYN1 – oder einen anderen Synergy-Modulschacht – eingeschraubt werden, und dies geschieht beim grünen Vai-Modul, genauso wie bei den anderen Synergy-Preamps, durch ein simples Einschieben des Moduls in den überdachten und durch eine 12AX7 beheizten Stellplatz. Zwei kleine, eingelassene Schrauben an der Frontblende halten das Vai-Modul dann mechanisch fest in seiner Position, und der Einbau dauert höchstens 20 Sekunden.
Nun fehlt nur noch ein Amp mit seriellem Einschleifweg, und da es hier große Unterschiede in der Art und Beschaffenheit von Loops, aber eben auch im Klang der Endstufen gibt, greife ich für unseren Test zu extremen Beispielen. Ein Fryette Deliverance 60 II mit trockener KT88-Endstufe, ein Diezel VH2 mit relativ tighter Endstufe auf Basis von KT77 und mit einem röhrengebufferten Einschleifweg, der sich schon sehr vom Fryette unterscheidet, sowie ein modifizierter JTM45 mit einer sehr weichen, feinzeichnenden und mit KT66 bestückten Endstufe, die völlig anders klingt als bei vielen, sehr modernen Verstärkern. Es ist angerichtet!
BEDIENELEMENTE
Zwei Kanalzüge mit jeweils Gain-, Master-, Treble-, Middle- und Bass-Regler, sowie Boost- und Bright-Schalter für den ersten Kanal und Fat- und Bright-Switch für den zweiten Kanal lassen sich auf der Vorderseite des Vai-Moduls bedienen.
Die Potentiometer sind fein gerastert und ermöglichen somit genaue und zudem rekapitulierbare Einstellungen der beiden Equalizer und der Gain-Werte. Hier wurde praxisnah mitgedacht. Ein – wie wir im Testverlauf feststellen werden – sehr wichtiger Schalter befindet sich auf der Platine und ist somit nach der Installation in einem SYN1 nicht mehr zugänglich. Dieser Cathode-Select-Switch mit drei Positionen dient zur Feinabstimmung der Bassanteile im Signal und trägt somit signifikant zum Spielgefühl bei.
Ebenfalls auf der Platine versteckt ist ein kleiner Schalter zur Kanalwahl, der nur bei einer Nutzung des Vai-Moduls mit den alten Randall-MTS- oder auch den artverwandten Egnater-Modular-Verstärkern überhaupt relevant ist. Hierdurch wird die Abwärtskompatibilität der Synergy-Preamps sichergestellt, da weder Randall- noch Egnater-Modular-Verstärker eine Kanalwahl im Vorverstärkermodul adressieren, kann man mit diesem kleinen Schiebeschalter zumindest entscheiden, welchen der beiden Kanäle des Synergy-Vai-Moduls man aktiviert haben möchte.
(Bild: Dieter Stork)
SOUNDS
Eine Ibanez-JEM-Vai-Signature-Gitarre lag mir leider nicht zum Test vor, aber dafür eine klassische Charvel mit einem alten Gibson-PAF-Humbucker, eine moderne Charvel mit sehr tightem Kloppmann-Hammer-&-Anvil-Set, sowie eine alte 1952er Telecaster. In der Kombination des Vai-Moduls mit der Endstufe des Diezels, sowie des Fryette und einer Mesa-Boogie-Rectifier-4x12er-SlantedBox, stellt sich bei beiden Kanälen sofort ein klassisches Achtziger-Hot-Rodded-Marshall-Spielgefühl ein.
Der erste Kanal liefert schmierige Bässe, gutmütige Kompression und weiche sowie feinzeichnende Mitten und Höhen, die schon ab leichten Crunch-Einstellungen eine angenehm federnde Spielhilfe sind, und dieser klassische Crunch lässt sich mit den integrierten Boost- und Bright-Schaltern und auch mit dem Sag-Poti am SYN1 sehr genau abstimmen. Somit kann dieser Channel als tragfähiger Universalkanal dienen, der sich am Volume-Poti der Gitarre zischen Clean, Crunch und bluesigen Leadsounds regeln lässt.
Sogar mit den sehr modernen Endstufen der Fryette- und Diezel-Verstärker ist hier ein Hauch von Fender Bassman und Marshall Plexi zu verspüren, aber nochmals deutlicher werden diese klassischen Attribute bei der Nutzung des Vai-Preamps mit der Endstufe des Marshall JTM45. Der zweite Kanal ist als dezent modernisierter Heavy-Rhythm- und Lead-Kanal ausgelegt. Hier wird es schon schwieriger, die Vorstufe über das Volume-Poti der Gitarre clean zu regeln.
Musikalisch nutzbare Kompression, singende Mitten mit sehr dichtem, glattem Gain sowie sehr viel Weichzeichner sind das Credo. Mit den modernen Amps passt das gerade noch so zusammen, dass man mit tiefen Tunings nicht komplett versumpft und im Band-Kontext förmlich im Gain absäuft, aber mit der JTM45- Endstufe wird dieser gemütliche Sound schon zu ungenau und opulent in den Bässen und somit bemühe ich den Cathode-Select-Switch auf der Platine und beschneide damit die Bassanteile ganz früh im Signalweg.
Tatsächlich verliert der Sound mit tighten Bässen sehr schnell die Magie und die dichten Mitten wirken ordinär und zweidimensional. Herr Vai persönlich empfiehlt daher das werksseitig eingestellte 1.8k/1uF-Setting des Cathode-Selector-Schalters und behält damit auch Recht. Wer schön solieren möchte, muss mit etwas untighten Bässen leben und besondere Heavy-Rhythmusgitarren-Sounds liefern die zahlreichen anderen Module von Synergy ja eh schon.
Im Verbund mit einem Verstärker ohne seriellen Einschleifweg und somit quasi als Ersatz für ein „Amp in a Box“-Pedal, liefert das Vai-Modul, ebenso wie bei der Benutzung des XLR DI Out mit analoger Cabinet-Simulation und unter Verwendung des Sag-Reglers im SYN1, hochwertige und recht ähnlich klingende Ergebnisse.
Diese Setups sind allerdings immer als Kompromiss zu verstehen, denn hier fehlt selbstverständlich die direkte Interaktion zwischen dem Vai-Preamp und einer Röhrenendstufe.
RESÜMEE
Der Synergy-Mikrokosmos ist mit dem Steve Vai Signature Preamp um eine sehr sinnvolle und vor allem wiedererkennbare Speziallösung erweitert worden. Für die Fans von tighten, modernen Rhythmus- und Leadgitarren gibt es ja genug andere Module aus dem Hause Synergy, aber wer schon immer einmal direkt nachempfinden wollte, wie Steves Leadsounds sich beim Spielen anfühlen, absoluter Vai-Fan ist oder einfach einen ähnlichen Geschmack hat, wird hier voll auf seine Kosten kommen.