Gut gesattelt spielt es sich besser, das ist eine alte (Gitarren-)Bauer-Weisheit. Und das wird heute auch die Richmond erfahren, bei der auch noch zusätzlich die letzten kleinen Macken beseitigt werden. Das ist dann gleichzeitig auch die letzte Pimp-Aktion, die ihr widerfahren wird. Sie kann, komplett rundum erneuert, endlich wieder zurück zu ihrem Besitzer Reinhard Gierl, der sie seit dem Guns-N’-Roses-Special in Gitarre & Bass schon sehnsüchtig erwartet. Reinhard wird uns von den ersten Eindrücken seiner neuen, alten Gitarre in der nächsten Ausgabe berichten.
Der Sattel hat die Aufgabe, die Saiten von den auf der Kopfplatte montierten Mechaniken schön geordnet auf das Griffbrett zu führen. Dazu muss er mehrere Aufgaben erfüllen. Zum einen ist der Saitenverlauf bei einer 3-und-3-Anordnung der Mechaniken (wie an dieser Gitarre auch) zum Sattel nicht gerade, sondern schräg zum Hals. D. h. er muss die Saiten zusammenführen. Des Weiteren wird mit dem Sattel der Abstand von Saite zu Saite im Verhältnis zur Griffbrettbreite definiert. Zuletzt soll die Saitenführung in den Kerben so verlaufen, dass die leer gespielte Saite nicht am ersten Bund anscheppert, diese aber auch nicht zu hoch verläuft.
Denn dann würde es zu recht starken Verstimmungen in den ersten Lagen kommen, weil die Saite unnötig weit auf das Bundstäbchen heruntergedrückt werden muss. Auch soll die Saite möglichst leicht durch die Sattelkerben rutschen, damit das Instrument ohne Probleme gestimmt werden kann und Saitenziehen keine Verstimmungen verursacht. Also eine ganze Reihe wichtiger Punkte, die der Sattel möglichst gut erfüllen soll. Dass das nicht immer leicht ist, kennen wir alle anhand zahlreicher Problemgitarren.
Prinzipiell könnten wir den vorhandenen Sattel der Richmond-Gitarre durchaus weiter benutzen. Damit dieser zu den neuen, hohen Jumbo-Frets passt, muss er freilich höhergesetzt werden. Ein untergelegter Furnierstreifen wäre dafür prima geeignet. Tatsächlich aber ist bei solch preiswerten Gitarren der Sattel meist aus einem sehr weichen Kunststoffmaterial. Für eine gute Klangübertragung ist dieses Material eher zweite Wahl. Auch kerben sich die Saiten im Laufe der Zeit ein und erschweren damit die Stimmbarkeit und -stabilität. Reinhard Gierl, der Besitzer dieser Gitarre, hatte zudem den Wunsch nach einem hochwertigen Sattel geäußert, also soll er ihn bekommen.
Ein Sattel aus Tusq war dafür im Gespräch. Dieses Kunststoffmaterial hat hervorragende Eigenschaften, ist leicht zu bearbeiten, die Saiten rutschen prima durch die Sattelkerben und die Schwingungsübertragung ist sehr gut. Kunststoff ist also nicht gleich Kunststoff und der Tusq-Sattel ist nicht mit dem minderwertigen Richmond-Original vergleichbar.
Graph-Tech bietet zahlreiche unterschiedlich vorgefertigte Tusq-Sättel an, auch solche, die auf eine Gibson Les Paul passen würden. Dummerweise aber hat diese Richmond, wie sehr viele andere ähnliche Instrumente aus Korea und China auch, einen besonders hohen und an seiner Unterseite besonders breiten Sattel. D. h. würde ich einen Tusq-Sattel einbauen, bliebe hinter dem Sattel ein Streifen von gut einem Millimeter Breite übrig. Das würde zwar aus funktioneller Sicht kein Problem bedeuten, aber optisch ist das leider nicht so schön.
Also werde ich selbst einen Sattel aus Knochenmaterial anfertigen, der perfekt angepasst wird. Dieses Material ist in der Regel als ein eckiger Rohling lieferbar. Das sieht also gleich nach viel Arbeit aus. Aber auch hier taucht gleich wieder dasselbe Problem auf: Obwohl deutlich breiter als der Tusq-Sattel, ist auch der normale Knochenrohling noch zu schmal. Kann denn nicht mal jemand den Jungs in Fernost sagen, dass sie sich an allgemein übliche Sattelmaße halten sollen? Oder Firmen wie Tusq, dass sie endlich eine auch-für-China-Äxte-passende Variante in ihr Programm aufnehmen?
Na ja, gut dass ich noch diese fetten Rohlinge, die eigentlich für eine Konzertgitarre bestimmt waren, hier hatte. Auf geht’s! Als erstes muss der Sattel die richtige Breite und Höhe bekommen. Also rein in den Sattelschlitz und mit einem Kugelschreiber oder Bleistift anzeichnen. Die überstehenden Enden können leicht abgesägt werden. Die Höhe wird mit einer Feile angepasst. Ein Schraubstock, in welchem der Rohling eingespannt werden kann, ist eine gute Hilfe. Ich selbst benutze für die groben Arbeiten gerne die große Kantenschleifmaschine, die alles etwas schneller kann. Allerdings nicht ganz ungefährlich und leicht oversized (Abb. 1 und Abb. 2).
Die Feinbearbeitung der Kanten rechts und links erfolgt dann mit Schleifpapier. 220er Körnung ist dafür gut geeignet. Passt der Sattel, dann können die Seiten mit 320/400/600er fein geschliffen werden.
Die Oberseite und die Sattelrückseite lassen wir aber noch rau, hier wird erst nach dem Kerben der Saitenschlitze Form rein gebracht und Verschönerungen geleistet. Als nächstes wird der Sattel mit ein klein wenig Klebstoff (beispielsweise zähflüssiger Sekundenkleber) an seinen Platz geklebt. Dann die beiden E-Saiten aufziehen. Die Saiten sind so zu vermitteln, dass sie genügend Abstand zu den Bundstäbchenkanten haben, aber gleichzeitig nicht zu dicht beieinander liegen. Denn beim Spielen sollen die beiden E-Saiten nicht von den Bundkanten abrutschen, aber sie sollen auch nicht zu dicht an den Nachbarsaiten liegen. Auch sollten beide E-Saiten zur Griffbrettkante möglichst den gleichen Abstand haben.
Eine Markierung auf dem Sattel erhalten wir ganz einfach, indem wir die Saite auf den Sattel drücken und sie mit der Mechanik einige Male etwas rauf und runter drehen. Dann die Saiten wegnehmen und die so entstandenen Markierungen mit einer feinen Säge leicht einsägen.
Da sich der Abstand von allen sechs Saiten untereinander nicht auf diese Art und Weise vermitteln lässt (das Ergebnis wäre viel zu ungenau), muss dieser auf eine andere Art und Weise vermittelt werden. Am einfachsten geht das mit dem Speziallineal von Stewart MacDonald (Abb. 3).
Als es dieses sinnvolle Hilfsmittel noch nicht gab, hatte ich den Abstand der beiden E-Saiten mit einer Schieblehre gemessen. In diesem Fall sind das 36 mm (Abb. 4). Dann durch fünf geteilt, macht genau 7,2 mm Abstand von Saite zu Saite (Abb. 5). Da die Schieblehre an den Messspitzen recht scharf ist, kann damit problemlos eine leichte Markierung auf der Satteloberseite eingedrückt werden. Diese Markierungen mit einer feinen Säge leicht einsägen und nochmals kontrollieren. Dann das Instrument komplett besaiten und die Saitenkerben mit entsprechenden Sattelfeilen bearbeiten.
Dazu braucht es allerdings schon richtiges Werkzeug, sonst wird das Ergebnis bestenfalls zweitklassig. Ein Set Sattelfeilen ist zwar nicht ganz billig (pro Feile z. B. € 15,90 bei Rockinger), aber perfekt und für den Wiederholungstäter eine absolut sinnvolle Investition. Eine Alternative wären sogenannte Furniersägeblätter aus dem Werkzeughandel. Leider gibt’s die nicht in allen Breiten und vor allem sind die nicht rund wie unsere Saiten. Wer nur die Bearbeitung eines Sattels vor hat und/oder handwerklich nicht so geschickt ist, lässt diese Arbeit besser von einem Gitarrenbauer machen. Das ist allemal billiger als ein Satz ordentlicher Feilen und vor allem passgenau (Abb. 6). Bitte die Kerben nach hinten hin, also in Richtung Mechaniken, leicht abfallend feilen, sodass die Saiten einen konkret definierten Auflagepunkt am vorderen Ende der Sattelkerbe erhalten. Das verbessert die Stimmung.
Korrekt gefeilt ist der Sattel dann, wenn wir die Saite auf den zweiten Bund herunterdrücken und uns den Abstand Unterkante Saite – Oberkante erstes Bundstäbchen anschauen. Dieser sollte möglichst gering sein. Ein dazwischen geschobenes Papierblatt ist eine gute Orientierung. Ist der Sattel zu tief gefeilt, scheppert die Saite am ersten Bund. Auch lässt sich eine sehr tief gefeilte Saite am ersten Bund schlecht ziehen, da die Fingerkuppe die Saite nicht „packen“ kann. Die korrekte Höhe ist also ein bisschen davon abhängig, wie hoch die Bünde sind und wie der Gitarrist auf seinem Instrument spielt (siehe Abb. 7 und Abb. 8).
Sattel schön!
Nachdem die Kerben fertig sind, kommt die Verschönerung des Sattels an die Reihe. Mit einer Feile bringen wir die Oberseite, Rückseite und die Abrundungen an den Seiten zur Griffbrettkante schön in Form (Abb. 9). Danach erfolgt Action mit Schleifpapier. Zunächst 220er bis hin zu 600er Körnung.
Anschließend kann das gute Stück auf Hochglanz poliert werden (Abb. 10). Bei mir macht das die Poliermaschine. Man kann aber auch mit etwas Lackpolitur (etwa Nigrin Lackreiniger für verwitterte Lacke aus dem Autozubehör), einem Baumwolllappen und einem kräftigen Finger ein hochglänzendes Ergebnis herstellen. Jetzt schnell wieder die Saiten aufziehen und den Kerben ggf. noch etwas Feintuning zukommen lassen und fertig ist die Laube (Abb. 10).
Mackös
Nun kann das ganze Instrument eingestellt werden, wie ich bereits in dem zweiten Teil dieser Kolumnen-Reihe beschrieben hatte. Eigentlich könnten wir jetzt unser Pimpyour-Cheapo-Projekt als erfolgreich fertig gestellt melden, wären da nicht noch diese zwei unschönen Macken auf der Halsrückseite, die mein Vorgänger bei dem erfolglosen Versuch, die originale Bundierung zu verbessern, mit einer abrutschenden und scharfkantigen Bundfeile verursacht hat. Das sieht nicht nur nicht schön aus, sondern fühlt sich vor allem komisch an (Abb. 12). Da der Lack auf der Halsrückseite dick genug erscheint, werde ich diese Macken etwas ausbessern.
Dazu kommt mir wieder einmal mein dünner Sekundenkleber zur Hilfe. Diesen in die Macken einträufeln und ausreichend aushärten lassen. Danach mit großer Vorsicht beischleifen. Ich selbst verwende für den groben Teil der Arbeit eine feine und fast stumpfe Feile, mit der ich den überstehenden Teil des Sekundenklebers beischleife, die aber den Lack nicht weiter beschädigt (Abb. 12). Danach werden die Schleifspuren mit 400er, 600er und 1.200er Schleifpapier nach und nach beseitigt und die Stelle wieder auf Hochglanz poliert (Abb. 13). Die Lackmacken sind nun zwar immer noch nicht unsichtbar, aber sie stören wenigstens beim Spielen nicht mehr. Was sich hier in der Beschreibung ganz einfach anhört, erweist sich in der Praxis immer wieder als kniffelig. Manchmal wird das Ergebnis sehr gut, ein anderes Mal nicht ganz so zufriedenstellend. Absehen sollte man von solchen Ausbesserungsaktionen immer dann, wenn die Lackierung zu dünn ist. Denn in diesem Fall ist ganz schnell der Lack neben der ausgebesserten Macke durchgeschliffen und es sieht viel schlimmer aus als zuvor.
Auch matte Lackierungen lassen sich nur unbefriedigend ausbessern. Denn das matt lackierte Äußere lässt sich schlecht wieder herstellen, jedenfalls nie genauso wie der Rest der betroffenen Lackfläche. Auch ist die Sekundenklebermethode nicht für Macken in nitrolackierten Oberflächen geeignet, denn dieser Lack ist weicher als der ausgehärtete Sekundenkleber und daher lässt sich die ausgebesserte Macke nicht perfekt auspolieren. D. h. der Nitrolack poliert schneller weg und die harte, ausgebesserte Stelle bleibt leicht erhaben. Hier bessert man lieber mit Nitrolack aus, auch wenn das mehrere Tage dauert, bis man eine ausreichend hohe Lackschicht aufgebaut hat und nochmals einige Tage für das Nachtrocknen der beigeschliffenen Stelle benötigt wird.
So, jetzt aber: Ich habe fertig!! Jedoch ist statt Flasche leer eher Gigbag voll. Und zwar mit gepimpter Richmond-Gitarre! Die wandert jetzt in die Redaktion, wird dort noch einmal in aller Schönheit professionell fotografiert und dann Reinhard Gierl, dem Besitzer, zugestellt.
Den Tusk-Sattel gibt es. Tusk 6060, läuft unter Epiphone Replacementparts und passt auch in andere japanische Les Paul Kopien.