Die neue Standard

Gibson Les Paul Signature T & Signature T Robo im Test

Anzeige
Zwei Gibson Les Paul, stehend
(Bild: Dieter Stork)

 

Gibson feiert 2013 als das „Jahr der Les Paul“?! Haben wir das nicht schon letztes Jahr gehabt, schließlich erschien die erste Les Paul 1952? Egal. Auf jeden Fall ein Grund für den US-Hersteller, ein weiteres Les-Paul-Modell zu präsentieren …

Anzeige

 

 

Einziges äußeres Erkennungszeichen der Les Paul Signature T ist das in die Trussrod-Abdeckung gravierte „T“. Zum Preis von ca. € 1699 ist die Gitarre in den Nitrolackierungen Vintage Sunburst, Alpine White Burst, Wine Red, Translucent Ebony und für etwa € 100 Aufpreis auch als klassische Goldtop lieferbar.

Eine echte Sensation ist jedoch, dass die Signature T, wie übrigens inzwischen viele andere Gibson-Modelle auch, optional mit dem werksseitig installierten Min-ETune (sprich: minitjun) Auto-Tune-System erhältlich ist, und das gerade mal für rund € 100 mehr. Dieses von der deutschen Firma Tronical seinerzeit unter dem Namen „Powertune“ entwickelte mechanische Stimmwunder hat sich seit 2007 auf den Gibson Robot Guitars bewährt. Wer die Signature T mit goldener Hardware veredelt haben möchte, zahlt rund € 100 drauf. Dies gilt jedoch nicht für die Min-ETune-Modelle, die ausschließlich mit Chrom-Parts bestückt werden.

 

gibson_les_paul_t_robo_1
Klein aber oho: Die Kraftzentrale (Bild: Dieter Stork)

 

Konstruktion von Gibson Les Paul Signature T & Signature T Robo

Welche Hölzer für eine Gibson Les Paul Standard zum Einsatz kommen, dürfte sich inzwischen herumgesprochen haben, nämlich Mahagoni, Ahorn und Palisander. Da jedoch das in den 50er- und 60er-Jahren für Bodies und Hälse verwendete leichte Honduras-Mahagoni kaum noch verfügbar und das heutige Holz deutlich schwerer ist, verringert Gibson schon seit Anfang der 80er das Korpusgewicht durch sogenanntes „Weight Relief“. Bei dem vorliegenden Traditional Weight Relief handelt es sich um neun sichelförmig um den Saitenhalter angeordnete Bohrungen im Mahagoni, die ca. 3 cm Durchmesser besitzen. Umso mehr verwundert es, dass unsere Goldtop immer noch mit gut 4,6 kg an der Schulter zerrt, die mit dem 257 g „schweren“ Mini-ETune bestückte Mitbewerberin jedoch 400 g leichter ist. Ja, die Wege des Herrn sind unergründlich …

Die gewölbten Ahorndecken messen ca. 18 mm, die der Vintage Sunburst besitzt sogar eine ansehnliche Flammung mit AA-Güte. Schwarze Kunststoffplatten decken die rückseitigen Kammern von Pickup-Schalter und Elektrik ab. Weder hier noch in den Pickup-Fräsungen sind Abschirmungsmaßnahmen zu entdecken.

Die verleimten Mahagonihälse tragen Griffbretter aus Granadillo (Platymiscium yucatanum), einem dem Palisander optisch sehr ähnelnden Material mit etwas rötlicherer Färbung. Das auch als Marimba-Holz bekannte Gewächs wurde bislang primär für die Klangstäbe von Marimba- und Xylophonen verwendet. Seit sich Gibson vor einigen Jahren wegen dubioser Palisanderbeschaffung mit den US-Umweltbehörden angelegt hat, hält man verständlicherweise Ausschau nach alternativen Hölzern. Nicht verwechseln sollte man das Granadillo mit dem fast schwarzen afrikanischen Grenadill.

Die Abrichtung und Bearbeitung des Sattels, der 22 recht hohen Medium-Jumbo-Bünde und der Übergänge von den Bunddrähten zum Binding hat man einer PLEK-Maschine überlassen. Das computergesteuerte System erledigt diese arbeitsintensiven Fertigungsschritte mit hoher Präzision und Sorgfalt und ermöglicht, wie der Übersicht zu entnehmen ist, sensationell flache Saitenlagen. Während die Kopfplatte der Signature T Goldtop tadellos arbeitende Grover Roto-Grip Locking Tuner mit tulpenförmigen Metallknöpfen trägt, wurde die Vintage Sunburst mit dem Tronical Min-ETune ausgestattet, welches sämtliche Stimmarbeiten automatisch auf mechanischem Weg ausführt.

Die Wandlung der Saitenschwingungen übernehmen die bewährten ’57 Classic Humbucker mit gewachsten offenen Spulen. In der Stegposition agiert die etwas leistungsstärkere Plus-Version. Über die traditionelle Gibson-Schaltung des reinen Humbucker-Betriebs hinaus bieten die T-Modelle auch Coil Splits. Durch Hochziehen der Volume-Knöpfe verstummt die jeweilige Polschraubenspule, sprich die Halsspule des ’57 Classic bzw. die Stegspule des ’57 Classic Plus. Dank der zylindrischen Speed-Knöpfe lassen sich die Potis komfortabel handhaben. Auf die klassischen Zeiger-U-Scheiben, die die Reglerstellungen anzeigen, hat Gibson verzichtet.

 

gibson_les_paul_t_robo_2
Coil Splits für drei zusätzliche Klangvarianten (Bild: Dieter Stork)

 

Gibson Les Paul Signature T & Signature T Robo in der Praxis

Beide Signature Ts vermitteln die typische Les-Paul-Haptik, soll heißen perfekte Balance am Gurt und auf dem Oberschenkel, massiger Body, Schalter und Regler an gewohnten Positionen, allerdings auch der für die hohen Lagen etwas hinderliche Halsübergang. Die etwas schlankeren 60s-Slim-Taper-Hälse liegen komfortabel in der Hand, und die aus dem Binding herausgearbeiteten fließenden Bunddrahtübergänge machen schnelle Lagenwechsel zum Vergnügen.

Beide Gitarren zeigen ähnlich lebendiges Schwingverhalten mit direkter Ansprache und flinker Tonentfaltung. Allerdings hat die Goldtop beim Sustain die Nase deutlich vorn, auch wenn die Sunburst durchweg intensiver schwingt. Unverstärkt präsentiert Letztere ein voluminöses, rundes Klangbild mit satterem Fundament, breiterem Spektrum und reicherem Obertonanteil, während Goldie eher mittig fokussiert daherkommt und in den Bässen etwas schwächelt. Sie scheint mir also eher die rockigere der beiden Probandinnen zu sein, während die andere den kultivierteren Ton liefert.

Die zu Beginn der 80er-Jahre von Gibson als legitime PAF-Nachfolger vorgestellten ’57 Classic Humbucker genossen bis zum Auftauchen der Burstbucker bei vielen Gitarristen allerhöchstes Ansehen. Bis heute finden sie in einigen Custom-Shop-Gitarren Verwendung und sind bei nicht wenigen nach wie vor erste Wahl, wenn es um authentisch klingende Vintage-Style-Pickups abseits überteuerter Boutique-Aggregate geht. Wie präzise die ’57 Classics die Klangeigenschaften der unverstärkten Gitarre übertragen ohne großartig schönzufärben, zeigt nicht nur der Clean-Vergleich beider Hals-, sondern auch der der Classic Plus Steg-Humbucker. So tönt der Hals-PU der Sunburst breiter, runder, gehaltvoller und lässt auch mehr Schmatzen erkennen, während der der Goldtop schlanker und mit nicht ganz so druckvollen Bässen daherkommt. Nichtsdestotrotz klingen beide transparent, offen und spritzig. Ihr etwas schlankeres Klangbild kommt der Goldtop am zerrenden Amp zugute, wo deren Bässe straffer und definierter, die Höhen bissiger und aggressiver tönen, während die Sunburst-Bässe schon leicht wummern. Der Steg-Pickup der Goldtop gibt sich auch am zerrfreien Verstärker recht fokussiert und liefert klare Höhen, kraftvolle obere Mitten und ein straffes, knackiges wenn auch etwas flaches Fundament. Dagegen erscheint der Classic Plus der Kollegin breiter aufgestellt, zeigt allerbeste Balance und geschmackvoll dosierte Obertöne.

Obgleich die Steg-Pickups beider Les Pauls imposant rocken können, beißt der der Goldtop mehr und dringt auch deutlich aggressiver aus den Lautsprechern. Die Sunburst bleibt indes ihrer bisherigen Linie treu und pflegt mit druckvollen Powerchords und singenden Leadsounds einen exzellenten Blues- bis Classic-Rock-Ton. Sogar bei den Kombinationen geben die Tonabnehmer die ursprünglichen Klangeigenschaften beider Gitarren wieder. Es tönt gleichermaßen glockig und glasklar, hier ein wenig engbandiger und fokussierter, dort rund, offen und mit breiterem Spektrum. Die durch Ziehen der Volume-Knöpfe aktivierten Coil Splits verleihen den Signature Ts fenderesque Klangfarben, die nicht nur im Clean- sondern auch im Zerrbetrieb das Sound-Angebot beträchtlich erweitern, hohe Praxistauglichkeit beweisen und letztlich der Flexibilität der Gitarren zugute kommen. Aufgrund fehlender Abschirmung neigen die einzeln betriebenen Spulen am zerrenden Amp zu erhöhtem Brummen, was sich jedoch in vertretbaren Grenzen hält. Dank ihrer großen Speed-Knöpfe lassen sich die gleichmäßig regelnden Volume- und Tone-Potis komfortabel handhaben.

 

gibson_les_paul_t_robo_3
Tronical Min-ETune: Steuerzentrale, Display, Bedienfeld und Akku unter einem Dach (Bild: Dieter Stork)

 

Resümee

Mit der neuen Signature „T“ erweitert Gibson sein Les-Paul-Lineup gleich um mehrere Modelle, sofern man die fünf verschiedenen Nitro-Finishes sowie jeweils optionale Gold-Hardware und Min-ETune-Systeme – Letztere nur bei Chrom-Hardware – dabei berücksichtigt. Die Kombi aus per Traditional Weight Relief alias „Swiss Cheese“ erleichtertem Mahagoni-Body, dicker gewölbter Ahorndecke, 60s-Slim-Taper-Mahagonihals, Granadillo-Griffbrett, ’57 Classic Humbuckern, Coil-Split-Schaltung und hochwertigen Grover Locking Tunern ist offenbar ein Volltreffer. Beide Gitarren lassen sich wunderbar bespielen, geben sich sehr schwingfreudig und liefern tolle klassische Sounds. Während sich die Goldtop für die etwas härtere Gangart empfiehlt, pflegt die Sunburst eher die Klangkultur. Als echtes Highlight entpuppt sich deren Tronical-Min-ETune-System, welches auf mechanischem Weg beliebige Stimmungen in Sekundenschnelle auf Abruf bereithält und äußerst zuverlässig arbeitet. Beide Gitarren wurden tadellos verarbeitet und bieten nicht zuletzt dank PLEK-Abrichtung allerhöchsten Spielkomfort.

 

EXTRA: Min-ETune

Seit seiner Einführung bis zur aktuellen Min-ETune-Version wurde das Tronical Powertune ständig weiterentwickelt und optimiert. Nach wie vor aber befinden sich die winzigen und dennoch leistungsstarken Motoren in den Gehäusen der Robohead Locking Tuner. Wurde das ursprüngliche System noch über die Saiten mit Stromspannung versorgt und korpusseitig per Controller-Poti bzw. -Schalter bedient, so haust das komplette Control Unit jetzt auf einer rückseitigen Kontaktplatte zwischen den Mechaniken. Über diese Platte beziehen die einzelnen Tuner sowohl ihre Energie als auch die Steuersignale.

gibson_les_paul_t_robo_extra1
Kontaktplatte der Roboheads (Bild: Dieter Stork)

Das Gehäuse beherbergt auch den Lithium-Polymer-Akku in Größe eines flachen Einwegfeuerzeugs, der sich zum Beladen (per externem Adapter) herausnehmen lässt. Während Tronical bei voller Akkuladung etwa 300 Stimmvorgänge prognostiziert, spricht Gibson von 80 – 100. Selbstverständlich kann stets auch per Hand gestimmt werden, wobei jedoch die Tuner der Basssaiten in entgegengesetzter Richtung arbeiten. Für die Montage des Min-ETune ist keinerlei Veränderung am Instrument erforderlich. Da die Schäfte der Roboheads 8,4 mm Durchmesser besitzen, müssen lediglich die sechs Führungshülsen der Originalmechaniken entfernt werden. Das montierte Min-ETune ist von vorne kaum zu sehen, und die neuen Tulip-Knöpfe bieten sogar eine gewisse Vintage-Optik. Da die komplette Einheit gerade mal 257 Gramm auf die Waage bringt, wird die Balance der Gitarre nicht nennenswert beeinträchtigt.

Die Control Unit bietet ein gut lesbares Display mit den Buchstaben e, B, G, D, A und E, die jeweils in sieben (!) Farben leuchten können (grün, rot, violett, hellblau, dunkelblau, gelb und weiß). Die kleine aber relativ komfortabel zu handhabende Bedienfläche bietet einen On/Off/Back-Taster und ein Cursor-Kreuz (Up, Down, Left, Right) mit zentraler Enter-Taste. Gestimmt werden kann im Multi (Strum) oder Single String Mode, wovon sicherlich meist Ersterer zum Einsatz kommen wird. Sobald die Stimmung korrigiert wurde, blinkt das nach Grün gewechselte Display zwei Mal. Unmittelbar danach schaltet sich das Min-ETune aus, um den Akku zu schonen. Für diverse Stimmungen stehen drei Bänke mit je sechs Speicherplätzen zur Verfügung. Die rote Bank bietet Standard und Drop Tunings, die grüne offene Stimmungen und die blaue speichert eigene Kreationen.

gibson_les_paul_t_robo_extra2
Robohead: Kontakte und Motor (Bild: Dieter Stork)

Darüber hinaus bietet das Min-ETune neben dem Aufziehen und Abspannen der Saiten auch unzählige praktische Zusatz- und Kalibrierfunktionen wie z. B. Guitar Model (E- oder A-Gitarre), Reference Tuning (manuell gestimmte Saite als Referenz), Accuracy Level (1,0 – 3,5 Cent), Robohead Delay (0 – 2,5 Sekunden), Robohead Speed, Interference Level (Reduktion von Oberton-Interferenzen), Reset (Factory/Custom Tunings) u. v. m. Da weder zum Steg noch zu den Pickups elektrische Verbindungen bestehen, analysiert das Min-ETune die Saitenschwingungen mit Hilfe von Piezo Transducern, regelbaren dynamischen Verstärkern und 24 Bit AD-Convertern. Da die Gain-Settings der Verstärker variabel sind (2,5 – 18 dB), kann für jede Saite ein optimaler Messpegel eingestellt werden.

Damit die Saiten auch bei größerer Abweichung automatisch gestimmt werden können, lassen sich deren Tuning-Fenster von jeweils 25 – 150 Cent variieren. In der Praxis ist die Sicht auf das Display eingeschränkt, jedoch genügt es, die Gitarre nur leicht nach vorne zu kippen. Die Bedienung der Taster gestaltet sich absolut stressfrei. Das Min-ETune erweist sich als genialer Assistent sowohl fürs Stimmen zwischendurch wie auch für schnelle Drop-, Open- und Custom-Tunings und ist denen zu empfehlen, die auf digital erzeugte (Ver-)Stimmungen verzichten möchten.

 

Plus

  • Sounds
  • Dynamik & Sustain
  • Min-ETune System (VS-Modell)
  • Saitenlage
  • Spielbarkeit
  • Verarbeitung
  • Preis Min-ETune-Modell

 

Minus

  • Goldtop teurer als Flame-Maple-Modelle
  • Gewicht Goldtop

Schreibe einen Kommentar

Deine E-Mail-Adresse wird nicht veröffentlicht. Erforderliche Felder sind mit * markiert.