A different flavor

Music Store Edition: Fender Blues-Junior IV LTD im Test

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(Bild: Dieter Stork)

Die Beliebtheit von kompakten Combo-Gitarrenverstärkern scheint ungebrochen. Seit Jahren bedienen u.a. Fenders Junior-Amps genau diese Klientel. Vor allem der Blues-Junior, mittlerweile in der 4. Generation angekommen, ist wegen seines günstigen Preis/Leistung/Sound/Portabilitäts-Verhältnisses angesagt.

Dem „Klassiker“ in Schwarz mit Celestion-A-Type-Speaker werden öfter limitierte Varianten mit unterschiedlichsten Gehäusehölzern, -bezügen oder -lackierungen und/oder Speaker-Bestückungen an die Seite gestellt. Derzeit gibt es eine Tweed-Variante mit keramischem Jensen C12N Speaker und jetzt ganz aktuell hat der Kölner Music Store bei Fender eine für Europa limitierte Auflage von 200 Stück geordert, ebenfalls in schnieker Tweed-Optik, die anstelle des Jensen C12N mit einem Eminence Red White and Blues aus der Patriot-Serie bestückt ist. Gleichzeitig hat man beim MS-Modell die meist verchromte Bedienfläche des Tweed-Combos, deren weiße Beschriftung nur schwer zu erkennen ist, durch ein Black Panel und die verschraubten schwarzen Chicken-Head-Knöpfe durch elfenbein-farbene ersetzt. Gut so.

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Das Bedien-Panel der Limited Edition in Schwarz mit hellen Reglern
Schwer ablesbar: das verchromte Bedien-Panel des Jensen-BJ

BEWÄHRTE TECHNIK

Schaltungstechnisch ist im Vergleich zum beliebten Standard-IV-Modell alles beim Alten geblieben: Röhrenschaltung mit Diodengleichrichtung, 3-Band-Klangreglung, Volume-, Reverb- und Master-Kontrolle sowie manuell oder per Fuß zuschaltbarer Fat Mode (Gain und Mid Frequency Boost). Eine leuchtstarke rote Pilot Lamp zeigt den Betrieb an. Sowohl das fest installierte, mit 2,65 m großzügig dimensionierte Netzkabel als auch der Lautsprecheranschluss und der des Fat-Fußschalters sind hinter der verschraubten Rückwand von unten zugänglich. Letzterer leider recht umständlich.

Als Bezug für das aus 19 mm MDF gefertigte robuste Holzgehäuse findet Lacquered Tweed Verwendung, dessen Oberfläche zwar eine rauere Haptik als unbehandeltes Tweed besitzt, dafür aber Wasser abweist. Den strapazierfähigen Bezug hat man sorgfältig verklebt und die Kanten innen zusätzlich mit Heftklammern fixiert. Stahlgleiter dienen als Füße, der genähte Ledergriff dürfte die 14,5 kg des Combos problemlos verkraften, obgleich diese Griffe erfahrungsgemäß mit der Zeit mehr oder weniger gefährlicher Abnutzung unterliegen. Die verschraubte Rückwand aus 6 mm MDF trägt eine abschirmende, dicke Alufolie und ein Lüftungsgitter mit hochgebogenem Rahmen, der Röhren und Finger gleichermaßen vor Ungemach schützt.

Music Store LTD Edition mit Eminence-Red-White-and-Blues-Speaker (Bild: Dieter Stork)

Entfernt man die Rückwand, die einen Spalt von 10 cm zur Unterbringung von Netzkabel und Fußschalter lässt, fällt der Blick auf das hängend montierte Amp-Chassis aus 1,6 mm Stahlblech, soliden, sauberen Platinenaufbau, isolierte Steckverbindungen und straff packende Röhrensockel. Während die Vorstufenröhren freiliegen, sichern Federbügel und Stoßabsorber die beiden Endröhren zusätzlich. Zum Lieferumfang zählt ein einfacher Fußschalter mit fest installiertem, flexiblem, 3,60 m langem Kabel und verschweißtem Winkelklinkenstecker. Wünschenswert wäre eine Status-LED, denn bei hohen Volume-Settings ist der Unterschied zwischen Normal- und Fat-Betrieb mitunter schwer auszumachen.

Fußschalter für den Fat-Mode (Bild: Dieter Stork)

AM STROM

Vom Anschließen des Fußschalters abgesehen, der den manuellen Fat-Schalter außer Betrieb setzt, wird der Blues-Junior komfortabel von oben bedient, zumal die Panel-Beschriftung praktischerweise nach vorne ausgerichtet ist. Die verschraubten Chickenhead-Knöpfe geben die Einstellungen unmissverständlich zu erkennen, nicht zuletzt auch dank der schwarzen Bedienfläche. Beim Chrome Panel des Standard BJ IV muss ich da schon genauer hinschauen. Da Fender den Basis-Sound des Blues Junior IV vorzüglich abgestimmt hat, liefern bereits die Mittel- oder 12-Uhr-Positionen aller dreier Klangregler zufriedenstellende Ergebnisse. Da die Skalen von 1-12 reichen, zeigen die Reglerknöpfe jetzt genau in die Mitte zwischen 6 und 7. Dieses Setting entpuppte sich übrigens am Ende des Tests als mein bevorzugtes. Somit ist die Effizienz der eher nuanciert eingreifenden Potis völlig ausreichend. Da sich diese gegenseitig beeinflussen, nimmt die Wirkung von Bass und Treble mit zunehmenden Mitten ab. Der Jensen-C12N-Speaker verleiht dem Standard Tweed BJ IV mehr Höhen und Brillanz, sodass dessen Treble-Regler auch eine höhere Wirkung zeigt.

Für seine Größe liefert der Blues-Junior IV beachtlich voluminöse und laute Cleansounds mit ordentlich dosiertem Low-End. Mit vintage-style PAFs liegt die Schwelle zum ersten Anzerren bei Volume auf 5 und Master auf 6, vintage-style Strat-Einspuler gestatten hingegen Volume auf 6 und Master auf 6. Während Volume über den Regelbereich zwischen 2 und 12 völlig kontinuierlich den Eingangspegel bzw. Gain erhöht, bewirkt Master das gleiche zwischen 2 und 9. Darüber hinaus nimmt der Ausgangspegel nur noch leicht zu, beeindruckt jedoch mit enormer Lautstärke. Crunch und Overdrive sind die Paradedisziplinen des Blues Junior. High-Gain- oder Metal-Distortion lässt sich nur mit zusätzlichen Pedalen erzielen, mit denen sich der Kleine jedoch bestens versteht. Die Fat-Schaltung liefert nicht nur ein maßvolles Mehr an Gain, sondern unterstützt gleichzeitig die unteren Mitten und – nomen est omen – fettet damit den Sound an. Mit steigendem Volume-Setting verliert der Boost-Effekt natürlich an Wirkung.

Die klangliche Flexibilität des Combos zeigt sich vor allem dann, wenn man per Volume und Fat die maximal gewünschte Verzerrung einstellt und alles Weitere mit dem Volume-Regler der Gitarre und/ oder der Anschlagsintensität kontrolliert. Was bei Zimmerlautstärke schon gut funktioniert, geht noch besser bei Master-Settings ab 7. Dreht man das Guitar-Volume auf Clean herunter, erzeugt der kleine Fender immer noch absolut praktikable Pegel bei akzeptablen Höhenverlusten.

Die beim Blues-Junior IV optimierte Reverb-Reglung ermöglicht nicht nur gleichmäßigere, präzisere Kontrolle, sondern liefert auch natürlichere, homogenere und dichtere Federhalleffekte – ein echter Gewinn.

UNTERSCHIEDE?

Kommen wir zum Punkt. Wie klingt denn nun der Fender Blues-Junior IV LTD Music Store Edition mit seinem Eminence Red White and Blues 12-Zöller im direkten Vergleich mit dem Jensen C12N des Standard-BJs? Dankeswerterweise hat mir der Music Store beide Modelle zukommen lassen. Das Klangbild des Eminence präsentiert sich rund und ausgewogen, in den Bässen voluminös aber differenziert, in den Höhen angenehm, seidig und klar und zeigt in den Mitten – vor allem im Overdrive-Betrieb – Biss und Durchsetzungsvermögen.

Die Jensen-Speaker-Variante (Bild: Dieter Stork)

Der Jensen-Lautsprecher wirkt mit seinem um 2,6 dB höheren Schalldruck (Herstellerangaben) lauter und direkter, was u.a. auch seine Höhenwiedergabe befeuert, die mitunter etwas aufdringlich und kratzig erscheint, erst Recht wenn ein zusätzliches Overdrive- oder Distortion-Pedal zum Einsatz kommt. Allein durch Zurücknehmen des Treble-Reglers lässt sich das nicht ganz kompensieren. Für meinen Geschmack repräsentiert er damit jedoch eher den typischen Fender-Tweed-Vintage-Sound, der sich durch Wärme und Dichte auszeichnet, gleichzeitig aber auch einen raueren offensiveren Ton liefert.

Dagegen klingt der Eminence bei aller Klarheit und Transparenz ausgewogener. Ihn jedoch als Schönfärber zu bezeichnen wäre sicherlich übertrieben, er klingt einfach angenehmer als der Jensen, der wiederum erdiger und rauer daherkommt. Beide haben ihre Vorzüge und am Ende entscheiden der individuelle Geschmack und das musikalische Einsatzgebiet.

RESÜMEE

Mich wundert es überhaupt nicht, dass sich der Fender Blues-Junior über die Jahre und dreimaliger Optimierung zu einem der Bestseller unter den Kompaktröhrencombos gemausert hat. Klein, leicht, optisch ansprechend, top verarbeitet, mit charaktervollen cleanen, bluesigen und rockigen Röhrensounds und sehr gutem Verhältnis von Preis und Leistung. Und laut! Die auf 200 Stück limitierte Auflage der Music Store Edition beschert dem Blues-Junior IV einen Eminence Red White and Blues, der ihm ein ausgewogeneres Klangbild und speziell in den Höhen angenehmere Wiedergabe entlockt. Ein wirklich schöner, runder Sound mit dichtem, natürlichem Zerrcharakter und exzellenter Dynamik. Aber auch das rauer, erdiger und bissiger tönende Standardmodell mit Jensen-12-Zöller hat mir gut gefallen. Somit kommt der/die Interessent:in wohl nicht umhin, beide Amps im Music Store Köln direkt zu vergleichen.

PLUS

  • Sounds (Clean bis Overdrive)
  • Zerrcharakter
  • Dynamik & Ansprache
  • ausgewogeneres Klangbild (mit Eminence Speaker)
  • geringe Nebengeräusche
  • Optik
  • Verarbeitung
  • Preis/Leistung

MINUS

  • Fußschalter ohne Status-LED


(erschienen in Gitarre & Bass 12/2021)

Kommentare zu diesem Artikel

  1. Oh, was habt ihr nur getan mit diesem Test!
    Jetzt musste ich mir glatt einen bestellen.
    Kommt übermorgen und ich bin sehr gespannt…

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      1. Hauptsächlich spiele ich ihn mit einer Fender Strat (erstes Clapton Signature Modell mit aktiver Elektronik und Lace Sensor Tonabnehmern). Der Eindruck ist durchweg gut. Ein wirklich toller Sound für zu Hause ist ein leiser absolut cleaner Strat-Klang. Hätte nicht gedacht, dass das bei 15 Watt so gut funktionert. Man braucht etwas Fingerspitzengefühl, um Volume und Master auf jeweils knapp 2 zu stellen, aber dann ist es sehr warm und schön.
        Aber auch mit mehr Gain kommt da ein wirklich toller Klang raus, der Eminence tut da seinen Teil…

        Was mir an negativen Dingen aufgefallen ist: zum einen der Tragegriff. Der sieht zwar schick aus, ist aber etwas “scharfkantig”. Nach ein paar Treppen sieht man Abdrücke an der Hand.
        Ein bisschen kippeln tut der Amp auch, aber das stört mich nicht und lässt sich beheben.
        Schön wäre es noch, wenn man am Fußschalter sehen könnte, ob gerade fat aktiv ist oder nicht…

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  2. Weder der Jensen-Speaker in der Tweed-Variante noch der Standard-Speaker in der schwarzen Version können in diesem schönen Amp wirklich überzeugen. Die Special-Editions mit anderen Lautsprechern sind dann meistens top.

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  3. Das ist ein ganz Guter, hatte auch diesen Amp vor gut 15 Jahren mal nachgebaut, ist immer noch in Betrieb, zwar nicht mehr bei mir, hab ihn aber noch gut in Erinnerung. Aber was hat Fender bzw. MusikStore dazu bewogen dem Vintage-Look ein weises Stromkabel zu verpassen?!, das geht doch mal gar nicht geschmeidig ins Auge.

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    1. angeblich soll nächstes Jahr ein „Special Edition Black Cable“ auf den Markt kommen.

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    2. Das Kabel ist gar nicht weiß, sonder hellgrau. Sieht aus wie ein Computerkabel. Aber daran würde ich es vielleicht nicht festmachen…

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  4. Guter Amp, leider „bröselt“ der Speaker bei verzerrtem Sound im tiefen Bereich (Les Paul, F#, F, E).

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  5. Ich habe den Lacquered Tweed. Dem habe ich neue JJ-EL84 verpasst. Er läuft und läuft und läuft…

    Und ich habe den Jensen C12N ausgetauscht gegen den C12Q. Warum? Der C12N ist aus meiner Sicht für diese kleine Hasenkiste zu groß. Er will gefüttert werden und da hat der Amp zuwenig Reserve. Der Speaker wird unterfordert, was er mit einer Strat dran zwar bassig, aber mit zuvielen Höhen quittiert (OK, eine Gitarre hat aber auch einen Tone-Regler). Man muss hier zu sehr den Tonestack des Amps bemühen. Den schwierigen Bereich Clean-Crunch bringt er nicht überzeugend rüber, bei größeren Inputs kommt das Bröseln.

    Ganz anders der C12Q. Er spricht feiner an, ist “lebendiger”, weil nicht unterfordert und meistert Clean mittiger strahlend mit etwas (!) weniger dieser Höhen. Ebenso meistert er den kritischen Anzerrbereich, wo hier leistungsbedingt ein früheres Einbrechen kommt, was sich durch ein herrliches, leichtes “Fauchen” im Ton (je nach Pickups!) äußert mit weniger Bröseln, da der Bass nicht so künstlich aufgeblasen ist. Außerdem “passt” der Tonestack mit seinen Regelmöglichkeiten einfach viel besser zu diesem Spearker. Der Amp klingt mit dem C12Q viel dynamischer als mit dem C12N. Ich verstehe nicht, warum Fender dem Amp nicht diesen Speaker spendiert.

    Jensen C12R? Nein. Der kann zwar mit seinen 25 Watt den Crunch-Bereich noch besser, weil er noch schneller einbricht, ist clean aber hoffnungslos zu dünne.

    => Mit dem Jensen C12Q und einer Strat dran eine klasse, kleine Hasenkiste!

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