Bass-Basics: Tipps für die Greifhand – Lagenwechsel
von Markus Setzer,
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Zuerst einmal möchte ich mich für das positive Feedback zu meinem letzten Bass-Basics-Workshop bedanken. Ich habe mich sehr darüber gefreut, dass die Tipps zur Greifhand-Technik so gut angekommen sind. Deswegen möchte ich dir in diesem Monat gerne weiterführende Hinweise geben, mit denen du deine Greifhand-Technik überprüfen und verbessern kannst.
Mit dem Begriff Lagenwechsel bezeichnet man die sich horizontal verändernde Spielposition der Greifhand auf dem Griffbrett des Basses. Also z. B. von der ersten Lage in der Nähe der Kopfplatte deines Basses auf der Saite entlang in Richtung Korpus. Du bewegst deine Greifhand also beispielsweise vom dritten in den siebten Bund.
Ein Lagenwechsel kann auf derselben Saite vollzogen werden, aber auch einen Wechsel der zu greifenden Saite beinhalten.
WAS IST ERLAUBT?
Eine Frage, die ich dazu häufig gestellt bekomme, ist zum Beispiel die, mit welchem Finger der Greifhand man eigentlich einen Lagenwechsel spielen soll oder darf? Genau wie bei der Frage zur Position des Daumens der Greifhand am Basshals, hält sich auch hier eine alte Mär, nämlich dass Lagenwechsel nur mit dem Zeigefinger vollzogen werden „dürfen“. Andere denken dann wiederum, dass Lagenwechsel rauf (steigende Bundziffer) mit dem Zeigefinger, Lagenwechsel runter (Richtung Kopfplatte) nur mit dem kleinen Finger der Greifhand eingeleitet werden dürfen. Natürlich ist beides Humbug!
Du kannst mit jedem Finger deiner Greifhand einen Lagenwechsel vollziehen – so, wie es sich für dich am besten anfühlt und klingt. Welcher Finger im Endeffekt benutzt wird, entscheidet dein Fingersatz oder die jeweilige Spielsituation.
Natürlich spielt auch die persönliche Präferenz des Spielers eine entscheidende Rolle. Was liegt dir am besten in den Fingern? Ergo: Alles ist erlaubt! Du kannst mit jedem Finger einen Lagenwechsel vollziehen. Warum aber muss man eigentlich einen Lagenwechsel machen? Das kann ganz unterschiedliche Gründe haben.
SPIEL-EFFIZIENZ & SOUND
Der erste Grund liegt nahe und ist logisch: Du veränderst die Lage oder auch Position deiner Greifhand auf dem Griffbrett, um Töne zu erreichen, die nicht innerhalb einer Lage spielbar sind oder nicht erreicht werden können. Ein Lagenwechsel kann aber auch klangliche Gründe haben. Denn ein G im fünften Bund auf der D-Saite klingt anders als das gleiche G im zehnten Bund auf der A-Saite.
Nehmen wir den Ton G als Beispiel, dann könnten wir diesen ja gleich viermal auf einem herkömmlichen viersaitigen Bass anspielen. Jedes G hat dabei seinen ganz eigenen Klang, obwohl alle in der gleichen Frequenz schwingen. Die angeschlagene offene G-Saite (also ohne Einsatz der Greifhand) wäre die erste Möglichkeit. Dann findest du das gleiche G noch im fünften Bund auf der D-Saite, im zehnten Bund auf der A-Saite und zuletzt noch im 15. Bund auf der E-Saite deines Basses. Also pro Saite einmal. Mit zunehmender Dicke der Saite von der G- zur E-Saite gewinnt der Ton mehr und mehr Bassanteil und verliert auf der anderen Saite an Höhen.
Falls dir das bisher noch nicht klar war, kannst du das direkt ausprobieren. Schnapp dir deinen Bass und spiele alle vier Töne mal nacheinander an. Die Unterschiede sind frappierend. Jedes einzelne G lässt sich dann in verschiedenen Spielsituationen eben passend einsetzen. Ein „Pop“ oder „Pluck“ im Slap-Style klingt bestimmt auf der Goder D-Saite klasse. Wo hingegen rockige Achtel im zehnten Bund der A-Saite mehr „drücken“ als eine leere G-Saite. Und ein kräftiger Slide in den 15. Bund auf der E-Saite sorgt für ordentlich Schub! So hat jedes G seinen Einsatzbereich und seine Berechtigung.
SLIDES
Mit dem oben genannten Beispiel des Slides in den 15. Bund habe ich dann noch einen weiteren guten Grund für einen Lagenwechsel geliefert. Hier kommt das Thema Phrasierung ins Spiel. Denn wenn ich einen Ton einfach nur anschlage, klingt das sehr anders, als wenn ich die Saite anschlage und den Ton „an-slide“. Ich schlage also z. B. einen tieferen Ton an und erreiche durch einen Slide den eigentlichen Zielton. Ich rutsche sozusagen in den Ton hinein. Das kann einen sehr schönen Effekt haben und bringt so das viel zitierte Salz in die Suppe unserer Basslinien.
Beim Ausführen eines Lagenwechsels gibt es auch interessante Gemeinsamkeiten bei uns Bassisten. Denn bei vielen meiner Schüler und Studenten (und auch bei mir selbst) habe ich festgestellt, dass ein Lagenwechsel runter, also auf einer Saite in Richtung tieferer Töne oder Kopfplatte, schwerer auszuführen ist als aufwärts. Das liegt daran, dass die Bewegung des Arms zum Körper hin, was ja eher eine Beugung des Ellenbogens beinhaltet, einfacher und sicherer auszuführen ist als die Streckung vom Körper weg.
DER RICHTIGE DRUCK
Ein Problem, welches beim Lagenwechsel, also beim neudeutsch genannten „Shift“, auftauchen kann, sind Schnarrgeräusche. Diese entstehen häufig aus zweierlei Gründen: Entweder, wenn der greifende und der anschlagende Finger nicht exakt zeitgleich agieren, oder wenn man die Saite zu langsam loslässt. In diesem Fall bewegt sich nämlich die Saite zwischen Finger und Bundstäbchen und schlägt schnell und mehrfach auf dem Bunddraht auf, was zu Schnarrgeräuschen führt. Auch das kannst du sofort ausprobieren: Greife mit dem Zeigefinger deiner Greifhand ein C im dritten Bund auf der A-Saite und schlage es an. Jetzt lass den Druck des Zeigefingers auf der Saite langsam weniger werden. Entlaste den Finger immer mehr. Irgendwann entsteht dieses unangenehme Schnarren.
Jetzt schlage den Ton nochmal an und entlaste den Finger sehr schnell. Achte aber darauf, dass nach der Entlastung, also dem Loslassen des Tons, deine Fingerkuppe immer noch Kontakt zur Saite hat – wir reden also von einer Bewegung von vielleicht zwei Millimetern.
Wenn du diese Bewegung geschickt und schnell ausführst, wird kein Schnarren mehr zu hören sein. Das ist eine tolle Sensibilisierungs-Übung, auch in Bezug auf die oft gestellte Frage, wie doll man die Saite mit den Fingern der Greifhand herunterdrücken muss. Wenn du das immer wieder mit allen vier Fingern der Greifhand übst, werden sich deine Nebengeräusche minimieren, was einen positiven Einfluss auf deinen Sound haben wird.
ÜBUNGEN
Ich habe dir dazu fünf Beispiele zusammengestellt, mit denen du gut überprüfen kannst, wie du deine Lagenwechsel ausführst und was du eventuell noch verbessern kannst. Bei allen Übungen geht es keineswegs um Geschwindigkeit, sondern um Genauigkeit. Nimm dir Zeit dafür!
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In Beispiel 1a habe ich dir die ersten fünf Töne einer herkömmlichen E-Dur-Tonleiter aufgeschrieben. Beginne mit solchen Übungen bitte bewusst in höheren Lagen, weil hier das Einhalten der Spannweite einfacher ist als in Lage 1 oder 2. Achte beim Üben genau auf das Einhalten der Lage und das Benutzen der angegebenen Finger für die Greifhand. Setzt sich wirklich jeder Finger genau an das Bundstäbchen? Mit den Fingern 1 und 2, also dem Zeige- und dem Mittelfinger, ist das viel einfacher als mit dem Ringfinger oder dem kleinen Finger.
Denn in Beispiel 1b habe ich die gleichen fünf Töne auf eine Saite, in diesem Fall die A-Saite, verlegt. Beim Spielen des dritten Tons musst du schon einen Lagenwechsel vollziehen. Und jetzt kommt die Spannweite der Greifhandfinger ins Spiel: Achte genau darauf, dass beim Spielen des dritten Tons, der ja mit dem Zeigefinger gegriffen wird, alle anderen Finger der Greifhand schon in ihrer Position über dem jeweiligen Bund sind. Das heißt, dass der kleine Finger schon über der 14. Lage schwebt, damit die Strecke des Runterdrückens sehr kurz ist – das ist hier der Knackpunkt!
Achte also darauf, dass bei der Bewegung der Greifhand die Spannweite nicht zusammenklappt, sondern beibehalten wird. Außerdem solltest du beim Lagenwechsel auf Schnarrgeräusche achten. Wie weit nimmst du deine Greifhand beim Bewegen in die neue Lage von den Saiten weg? Hört man ein Wischen? Falls ja, dann führe die Hand etwas höher in die neue Lage. Es sollte ein kleiner Abstand zwischen den Saiten und der sich bewegenden Hand sein.
Und: Hört man das Absetzen des kleinen Fingers? Nimmst du ihn zu langsam hoch, wird die Saite ein Schnarrgeräusch erzeugen. Höre genau hin.
In Beispiel 2a habe ich dir nun eine E-Dur-Pentatonik innerhalb einer Lage transkribiert. In Beispiel 2b geht es in einen neuen Fingersatz inkl. Lagenwechsel. Achte auch hier auf die oben genannten Punkte. Und noch ein weiteres Thema nehmen wir dazu: Dein Timing beim Lagenwechsel. Starte die Bewegung pünktlich und komme vor allen Dingen „on time“ an. Durch die Bewegung der Greifhand können schnell der Groove und die Genauigkeit im Timing leiden. Oft sind wir zu früh dran, weil durch den Lagenwechsel Hektik entsteht. Haben wir bisher jeden Ton neu angeschlagen, kommt jetzt in Beispiel 2c das Thema „Slide“ hinzu.
Du schlägst den ersten Ton der Übung an, hältst jetzt den Fingerdruck auf der Saite, lässt den Ton also klingen und führst die Hand zum zweiten Ton der Übung, sodass dieser ohne neuen Anschlag erklingt. Du „slidest“ in den nächsten Ton hinein. Auch hier ist die richtige Greifdosierung wichtig. Lässt der Druck für einen Moment nach, wird der zweite Ton leiser oder gar nicht klingen. Achte auch hier auf das pünktliche Ankommen.
In den Beispielen 3a und 3b habe ich dir weitere Slide-Übungen transkribiert. Achte hier bitte genau auf den Fingersatz der Greifhand, der wie immer im Zwischenraum zwischen Noten und Tabulaturen eingezeichnet ist.
In den Beispielen 4und 5 habe ich dir dann noch chromatische Übungen aufgeschrieben. Zuerst spielst du einfache Lagenwechsel, dann wieder Slides. Achte auch hier, wenn die Slides rauf und wieder runter gehen, genau auf die Spannweite deiner Greifhand. Fächere deine Finger schön auf und strecke sie zwischendurch auch mal bewusst weit weg vom Griffbrett. So gewährleistest du, dass der spielende Finger seine „Arbeit“ wirklich alleine verrichtet.
Für ganz Hartgesottene noch ein letzter Tipp: Kannst du alle Übungen auch ohne Kontakt des Greifhand-Daumens am Hals spielen? Wie sorgst du dann für die richtige Balance und Statik? Das alles sind Übungen, die dich für eine normale Spielsituation in der Band präparieren und eine herkömmliche Basslinie viel einfacher wirken lassen. Ist eine Basslinie für dich einfach zu spielen, wird sich das in den gespielten Tönen und somit im Ohr deiner Mitmusiker und des Publikums widerspiegeln.