Vor ein paar Jahren schrieb ich einen Artikel über Emergenz, der – vereinfacht gesagt – beschreiben sollte, dass das Ganze immer mehr als die Summe seiner Teile ist. In dieser Folge möchte ich nun einen neuen Begriff einführen. Die Entropie. Jeder, der sein Equipment pflegt, tuned und Gitarren oder Verstärker baut, wird sich mit dieser Größe auseinandersetzen müssen. Daher gehört diese Beschreibung auch in die Parts-Lounge-Kolumne.
WISSENSCHAFT
Entropie – was ist das? Der Begriff stammt ursprünglich aus dem zweiten Hauptsatz der Thermodynamik, wonach in geschlossenen Systemen Prozesse stets einer statistischen Verteilung in das gesamte System folgen bis eine weitere Verteilung nicht mehr möglich erscheint. Das ist natürlich eine vereinfachte Beschreibung, denn über dieses Thema könnte man ohne Weiteres zahlreiche Bände füllen (was Wissenschaftler gerade heute auch tun). Jeder kennt das Beispiel, dass man einen Tintentropfen in ein Wasserglas (geschlossenes System) gibt und dieser sich dann im Laufe einer bestimmten Zeit selbstständig unter die Menge sämtlicher Wassermoleküle mischt bis der Tropfen selbst nicht mehr sichtbar ist, sondern nur noch eine minimale blaue Verfärbung des gesamten Inhalts. In diesem Zustand ist die höchste Entropie erreicht. Die so vermischten Moleküle werden, statistisch gesehen, von selbst nie wieder den Ausgangszustand einnehmen – der Vorgang ist daher irreversibel.
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Und dies ist schon der wichtigste Pfeiler dieser Theorie. Eine vom Wind zerstörte Sandburg wird niemals mehr wieder zufällig durch statistische Energie- oder Materieverteilung zur Sandburg, ein zerbrochenes Glas wird sich nicht mehr zu einem intakten Weinglas und einmal vermischte Farben sich niemals zurück in die Grundfarben verwandeln. Es sei denn, man bringt dazu sehr viel äußere Energie auf.
Die Entropie kann ohne Energiezufuhr also stets nur zunehmen und niemals abnehmen. Zustände von geringer Entropie benötigen daher ständig Energie um keiner Diffusion zu unterliegen. Das beste Beispiel dafür ist der Mensch selbst. Würden wir aufhören, zu essen und zu trinken, zu atmen oder ganz auf das lebensnotwendige Sonnenlicht verzichten, würden wir sehr schnell vergehen, das heißt sterben und schließlich in kürzester Zeit verwesen. Und das alles ganz von selbst. Kühlt man Wasser dagegen solange ab (Energiezufuhr), bis es gefriert, verwandelt es sich in stark strukturierte Eiskristalle, die im Flüssigstadium noch nicht existiert haben. Stellt man die Abkühlung wieder ein, tauen die Kristalle, und die Strukturen lösen sich auf, was einem Wandel in einen Zustand höherer Entropie gleichkommt.
Der Begriff Entropie stammt also ursprünglich aus der Physik, gewann aber sehr bald auch eine enorme Bedeutung in der statistischen Thermodynamik, also in den Informationswissenschaften. Salopp gesagt gilt Entropie heute auch als Maß für die Zunahme der Unordnung in allen Dingen, was der wissenschaftlichen Deutung nur in Teilen entspricht. Sämtliche Zustände im Universum streben von geringer Entropie (starke Struktur) zur Diffusion, also der Auflösung von bestimmten Strukturen in unstrukturierte Unordnung oder einen höheren Grad der Verteilung.
Daher müssen wir regelmäßig unsere Wohnung putzen, die Küche aufräumen, einen Ölwechsel machen, Papiere sortieren, im Herbst das Laub in der Einfahrt auf einen Haufen kehren und die Bäume zurückschneiden.
MIKRO- UND MAKROZUSTÄNDE
Bei allen Systemen unterscheiden wir sogenannte Makro- und Mikrozustände. Für den Makrozustand bedarf es nur weniger Parameter, um diesen zu deuten. Die zugänglichen Mikrozustände sind allerdings wesentlich größer. Um diese zu bestimmen, greifen wir zur Messtechnik (Wärme, Volumen, Spannung, Widerstand, Druck, Gewicht usw.) Darüber hinaus gibt es noch eine weitere Ebene von kaum zugänglichen Mikrozuständen, die sich auch der genauen Bestimmung durch Messtechnik entziehen, etwa auf der molekularen oder atomaren Ebene.
Wir nehmen nicht wahr, dass der Sand am Strand jedes Jahr ein anderer als im Vorjahr ist, oder dass sich jeden Tag die Bäume, die Wiesen und die Wolkenbilder verändern, weil es für uns genügt, sie als Makrozustand wahrzunehmen, der immer gleich zu sein scheint. Entropie ist somit auch ein Maß für unsere Wahrnehmungsmaßstäbe. Für meine Eltern war in meiner Jugend zum Beispiel jede Musik mit lauter E-Gitarre „Beat-Musik“, während für mich da schon riesige Unterschiede bestanden.
Auch in der Informationswissenschaft kämpfen wir um die Unterscheidung zwischen den Beschreibungen von Makro- und Mikrozuständen. „Fender Stratocaster“ oder „Fender Verstärker“ bedeuten daher zunächst sehr starr strukturierte Makrostrukturen, die wir beispielsweise auch als Piktogramme oder Emojis erkennen würden. Das reicht für den Laien auch aus. Der Kenner kämpft mitunter aber auch hier mit der Diffusion. Es gibt mittlerweile unzählige Stratocaster-Typen, und es erfordert teils enorme Energie (Information), um dem Gegenüber klarzumachen, von welchem Modell man gerade berichtet. Aber selbst dann, wenn es gelingt, scheitern wir meist an der unüberschaubaren Zahl und teils unzugänglichen Mikrozuständen im jeweiligen Instrument.
UNAUSWEICHLICHKEIT
Bei Gitarren und Verstärkern handelt es sich schließlich um „starre Materie“, die stets (für uns verborgen) ihre Molekularstruktur verändert. Das heißt, dass meine Gitarre schon morgen einen anderen Mikrozustand eingenommen haben wird, obwohl sie äußerlich immer noch gleich erscheint.
Daher ist es so schwer, zu beurteilen oder gar zu ermitteln, ob eine alte Gitarre wirklich anders oder besser klingt als eine neue. Bei unserem Equipment handelt sich nicht um geschlossene Systeme, was die Anzahl ihrer Mikrozustände weiter erhöht. Sie wechselwirken mit der Umwelt (z. B. Wetter, Luftfeuchte, Tempereratur, Licht usw.) oder empfangen von uns selbst Energie und verändern sich dadurch. So heilsam die Schwingungsenergie für ihre klangliche Struktur sein kann, so schädlich ist sie aber auch, weil sie dem System auch stets wieder Energie entzieht (Wärme).
Spannungszustände im Material können dabei aufgelöst oder manifestiert werden, Bauteile können bei der Erwärmung Schaden nehmen, zugeführte kinetische Energie (Erschütterungen, Transport) können Baugruppen beschädigen. In der Zeit driften Widerstände und Kondensatoren, trocknen Elkos aus, verbiegen sich Lautsprecherzentrierungen, verrosten Metallteile und vieles mehr. Und all das geschieht auch (wenn auch sehr, sehr langsam), obwohl man die Instrumente scheinbar optimal lagert und nicht anrührt. Man hat keine Chance. Auch hier verliert man Anfangszustände unwillkürlich in der Zeit. Entropie ist daher auch die Ursache, warum sich einmal aufgebaute Strukturen soweit verflüchtigen, dass die Funktion auf der Makroebene schließlich zusammenbricht.
Sehr oft höre ich Sätze wie: „Komisch, mein Verstärker hat so viele Jahre tadellos funktioniert, doch plötzlich ging er kaputt, ganz ohne ein bestimmtes Ereignis.“ Wer Instrumente pflegt, sollte also genau wissen, in welchen (Anfangs-)Zustand er das Equipment praktisch zurückversetzen möchte, um ursprüngliche Strukturen (mit geringer Entropie) wieder herzustellen.
Was die Funktion angeht, sind sich die Musiker über solche Makrozustände einig. Parameter wie leichte Bespielbarkeit, gute Intonation, dynamischer Sound, großes Frequenzspektrum wünscht sich jeder. Ein Verstärker soll stabil klingen und nicht rauschen. In der äußerlichen Wahrnehmung sieht das jedoch ganz anders aus.
ENTROPIE UND GITARREN-IKONEN
Die großen Unsicherheiten in einer sich in allen Belangen scheinbar diffunfierenden Welt haben gerade uns Musiker offenbar süchtig nach einer äußeren Manifestation von Entropie gemacht. Der berühmten Stratocaster von Stevie Ray Vaughan oder der Peter-Green-Les-Paul sieht man ihr Alter so deutlich an, dass sich Heerscharen von Musikern in diese Optik verliebt haben. Alles muss seither geaged sein, sprich Entropie haben. Die äußere Veränderung dieser Instrumente ist mittlerweile so ikonenhaft, dass das Maximum an Entropie schon lange erreicht scheint, denn sie verändern sich nicht weiter. Sie ist ein äußeres Zeichen für Güte, Erfahrung, Stil, Mojo und „harte Arbeit“.
Die Mikrozustände dieser Instrumente bleiben aber in Wahrheit verborgen, weshalb es auch so schwierig ist, ihren eigentlichen Qualitäten nachzueifern.
Die komplexen Eigenschaften bestimmter Bausteine bleiben auch, trotz mühevoller messtechnischer Beschreibung, meist diffus. Wie „klingt“ ein bestimmtes Holz, eine bestimmte Röhre, ein Kondensator, ein Pickup, ein Saitenreiter oder ein bestimmter Lautsprecher? Das unerreichbare Innere wird ins Äußere transferiert, weil man glaubt, darin enfalten sich tatsächlich die inneren Qualitäten. Kaum jemand hat die angebeteten Instrumente wirklich „live“ erlebt, geschweige denn gespielt. Ihren Klang kennt man nur von Aufnahmen, die ja schon durch die verfälschte Aufnahme selbst ihre Anfangszustände verlassen haben. Die Instrumentenbranche ist vielleicht die einzige auf der Welt, in der Musiker für „sichtbare Entropie“ einen Mehrwert entrichten. Seit jeher sind geagte Gitarren wesentlich teurer als nagelneue. Wo gibt es das sonst?
Es täuscht auch über die Bewertung der tatsächlichen Qualität eines Instrumentes hinweg. Ist das Aging überzeugend, wird alles andere auch schon stimmen.
BEGRENZTE KONTROLLE
Wenn ich Instrumente überarbeite, ist mir schnell klar, dass ich an einer Struktur schraube, die statistisch gesehen immer innerhalb eines bestimmten, wiedererkennbaren Rahmens existiert, sämtliche Unterschiede auf der Mikroebene aber mit keinem Messgerät oder physikalischen Kniff zu ermitteln sind. Einfach daher, weil die Anzahl von Mikrozuständen bei solchen Gegenständen schlichtweg beinahe unendlich groß ist. Jede Stratocaster klingt daher im Prinzip wie eine typische Stratocaster, bei genauerem Hinhören aber unterschiedlich. Es gibt nicht einmal theoretisch zwei genau identische Gitarren. Die Eingriffe von außen (also das Tuning) oder durch die Veränderung der Materie (Pickups, Lack, Hardware, Elektronik) sind daher nichts weiter als die Suche nach der vollkommenen Struktur mit geringster Entropie (also ein Instrument, das jeder gut findet).
Beim Amp-Modeling geschieht nichts anderes, denn man versucht mit immenser Informationsenergie einen Anfangszustand nachzubilden, der aber dem Programmierer selbst oft nicht exakt bekannt ist. Auf der Quantenebene wäre es dann sogar von größter Bedeutung, wer so ein Tuning durchführt. Hier wird außer Materie und Energie also auch noch „Bewusstseins-Information“ implementiert. Daher steht auf einer Masterbuild-Fender auch stets der Name des Masterbuilders drauf. Doch niemand weiß freilich, welche Folgen oder welchen Einfluss der eine oder andere auf das Gesamtergebnis hat.
Finden wir uns also damit ab, dass Entropie eine Größe ist, die allgegenwärtig unseren Alltag (und unser Equipment) durchdringt. Ohne Pflege, Röhrentausch, den Austausch der Saiten, regelmäßigem Setup, Überarbeitung der Lautsprecher, Erneuerung der Lade-Elkos und vielem mehr büßt unser Equipment an Struktur ein, ganz gleich, ob man das will oder nicht. Alles fließt, aber offenbar nur in eine Richtung, und zwar in die von der strukturierten Ordnung in die „unordentliche“ Diffusion.
Soweit die interessante physikalische Welt unseres Equipments, in der es auch keine absoluten Massstäbe gibt.
Dazu kommen psychologische und sinnliche Aspekte, unser Hören, was unsere Hände und Finger spüren, wie die Töne unseren Körper berühren, die Erinnerung an Klänge, die Imagination, Begeisterung …
Eine Einladung an jede(n), sich ein individuelles Narrativ für sein/ihr musikalisches Erleben zu (er)finden und daraus Musik zu machen. Und froh damit zu sein, solange es uns die eigene Entropie erlaubt.
Dieser Artikel ist „nicht mal so eben gelesen“. Er regt zum Nachdenken an, z.B. wie deckt sich das mit meinen Erfahrungen? Daher ist auch mein Kommentar etwas länger als sonst von mir üblich.
Udo Pipper beschreibt Details, die erklären, warum wir Musiker, (Hobby-)Gitarrenbauer, TECHs etc. immer auf der Suche sind: die ewige Suche nach einem undefinierbaren idealen Sound. Und das bezieht sich auf die gesamte Kette: Instrument – Übertragung (Kabel etc.) – analoge + digitale Effekte – Verstärker – Lautsprecher – Raumklang – Spieler + Spieltechniken und Können. Da gibt es sicherlich noch mehr… Das Ergebnis ist für fast alle gleich: ich suche was, was Du nicht weißt, und ich wohl auch nie genau wissen werde….
Die Musikindustrie ist der eigentliche Profiteur: GAS nennt man das bei uns Gitarristen, was die Branche ernährt. Über die Jahrzehnte habe ich Neugitarren nur dort gekauft, wo mehrere baugleiche Strats, Teles und LesPauls antestbar waren. Z.B. 3 exakt Baugleiche waren immer wesentlich unterschiedlich in Haptik, Bespielbarkeit, unverstärkter Resonanz, verstärktem Sound, manchmal auch nur in Nuancen, aber eben wahrnehmbar. Eine davon war dann meine. Manchmal natürlich auch keine davon. Ohne diese vielfältigen Angebote der Musikindustie wäre das nicht möglich. Dass sie der wesentliche Profiteur ist, ist OK für mich, denn wie sollte man seinen Idealvorstellungen sonst näher kommen: Trial & Error. kaufen & wieder verkaufen…
Als Hobby-TECH baue, pimpe und verbessere ich Gitarren seit über 50 Jahren, spezialisiert auf Strats und Teles. Seit Renteneintritt habe ich das umfangreich ausgebaut und dabei viele neue Dinge herausgefunden, die vorher verborgen waren oder mir unwichtig erschienen.
Und da bin ich jetzt bei meinen Erfahrungen mit den Makro- und Mikrozuständen alleine zweier sehr ähnlichen Gitarrentypen, eben Strat und Tele.
Es gibt nicht wenige Gitarristen, die Artikel von Udo Pipper, die sich auf die Vielfalt und deren Eigenschaften alleine der Teile in einer Strat bezogen, als „Voodoo“ und übertrieben abstempeln. Ich kann zwar auch viele denkbare Dinge, wie Tremolofedern und deren Kralle, nicht selbst hören oder bewerten. Aber meine Konzentration auf Halsspannung, gutes Bundabrichten (z.T. mit Compound-Radius), alles am Hals abrunden / entgraten, Nutkerben tiefstmöglich feilen, Tremolo tw. Grundplattenkante abgeschrägt nachfeilen, ggf. Tremoloblock austauschen, niedrige Saitenlage, Oktavoptimierung, bis hin zu PUs und gesamte Technik austauschen und mit besonderen Schaltungen versehen (letzeres: bei Interesse “gittevarii” googeln und in YT Sound-Demos und Schaltungserläuterungen anschauen könnte sich lohnen) bringen respektable Erfolge.
Alleine diese Kette beansprucht 3 bis 6 Stunden Zeit, die aber bei vielen Gitarren gut investiert ist. Gitarristen sind vom Ergebnis fast immer begeistert, da man so veränderte Gitarren selten und schon gar nicht preiswert kaufen kann. Und wenn diese Grunddinge bei einer Strat oder Tele nicht in Ordnung sind, dann machen sie einfach keinen Spaß.
Es gibt auch Gitarren, die ab Werk „tot“ sind. Andere, die – wie im Artikel beschrieben – jahrelang „gut gelagert“ wurden, sind auch häufig „tot“ (also schwingen gar nicht) oder auf dem Weg dahin. Der normale Weg ist dann – wenn alles andere (siehe meine Kette oben) stimmig gemacht wurde, spielen, spielen, spielen. So kann man auch ein Instrument lieb gewinnen lernen…;-)
Einschwingsysteme in erschwinglichen Preisregionen haben mich bislang nicht überzeugt. Ein einfacher Selbstbau ist aber möglich: Elektrodynamischen Exciter (thomann) auf eine Platte montieren, die möglichst ganzflächig an Strat-Body angepasst (Tele ist einfacher) angeklammert wird. Mit Akustik-Pickups vom Body einer toll resonant klingenden Strat gespielte Noten und Akkorde abnehmen und recorden. Dann via Vielband-Equalizer zur Betonung gewünschter Resonanzen und via Gitarren-Amp stundenlang auf das Zielinstrument einwirken lassen. Natürlich geht das auch mit anderen Schallquellen (z.B. vollständig instrumentierter Musik), aber logischer ist das Vorhergesagte. Wer das exzessiv machen will: schallisolierten Kasten dazu bauen und in Garage oder Musikkeller / Proberaum einige Tage so mit Endlosschleife beschallen, ohne wesentliche Geräusche nach außen.
Mein Fazit: einige Optimierungen muss man Fachleuten überlassen, einiges kann aber fast jeder mit etwas Geschick selbst machen, um seinem Ziel, ein wirklich gutes Instrument zu haben, erstmal schon nahe zu kommen. Viele andere Dinge sind Trial&Error. Läden wie Thomann laden dazu glücklicherweise ein (Rückgaberecht). Schließlich ist der Hinweis von Udo auf Pflege und Saitentausch etc., wie auch das Nachjustieren der Einstellungen, ebenso nicht zu vernachlässigen.
Ich wünsche allen Lesern viel Erfolg bei der weiteren Suche, Optimierung und Spaß am Spielen. Und: bleibt gesund!
Mit musikalischen Grüßen
MrHKBlues (=beim Googeln und dort “Bilder ansehen” findet Ihr auch viele meiner weiteren Kommentare in G&B)
Kleine Anmerkung eines Naturwissenschaftlers. Abkühlen bedeutet, dem System Energie zu entziehen. Ein Kühlgerät muss aber natürlich Arbeit verrichten, um die Energie zu entziehen, daher wird Arbeit aufgewendet und die entropie der Luft, die die Abwärme aus der Kühlung aufnimmt, erhöht sich, während die Entropie des Wassers sich vermindert. Daher Kristalle und höhere Struktur.
Und: statistische Thermodynamik ist ein Gebiet der physikalischen Chemie. Die Informationstheorie hat nur die Konzepte gekapert und die Begriffe übernommen.
Ahhh jaaa – Herr Pipper philosophiert über die Endlichkeit allen Seins und die Tatsache dass “alles irgendwie im Fluss ist” – er hat übrigens eingangs den Urknall vergessen, der der Theorie der alles beherrschenden Entropie entgegensteht – gleiches gilt für Schwarze Löcher.
Ich verstehe nicht den Nutzwert der Betrachtung für mein Musikerdasein, aber ich werde beim nächsten Saitenwechsel wohl mal in Ruhe darüber nachdenken… Jetzt putze ich mir erstmal die Nase, der Treble-Bereich ist mal wieder etwas schlapp.
Soweit die interessante physikalische Welt unseres Equipments, in der es auch keine absoluten Massstäbe gibt.
Dazu kommen psychologische und sinnliche Aspekte, unser Hören, was unsere Hände und Finger spüren, wie die Töne unseren Körper berühren, die Erinnerung an Klänge, die Imagination, Begeisterung …
Eine Einladung an jede(n), sich ein individuelles Narrativ für sein/ihr musikalisches Erleben zu (er)finden und daraus Musik zu machen. Und froh damit zu sein, solange es uns die eigene Entropie erlaubt.
Dieser Artikel ist „nicht mal so eben gelesen“. Er regt zum Nachdenken an, z.B. wie deckt sich das mit meinen Erfahrungen? Daher ist auch mein Kommentar etwas länger als sonst von mir üblich.
Udo Pipper beschreibt Details, die erklären, warum wir Musiker, (Hobby-)Gitarrenbauer, TECHs etc. immer auf der Suche sind: die ewige Suche nach einem undefinierbaren idealen Sound. Und das bezieht sich auf die gesamte Kette: Instrument – Übertragung (Kabel etc.) – analoge + digitale Effekte – Verstärker – Lautsprecher – Raumklang – Spieler + Spieltechniken und Können. Da gibt es sicherlich noch mehr… Das Ergebnis ist für fast alle gleich: ich suche was, was Du nicht weißt, und ich wohl auch nie genau wissen werde….
Die Musikindustrie ist der eigentliche Profiteur: GAS nennt man das bei uns Gitarristen, was die Branche ernährt. Über die Jahrzehnte habe ich Neugitarren nur dort gekauft, wo mehrere baugleiche Strats, Teles und LesPauls antestbar waren. Z.B. 3 exakt Baugleiche waren immer wesentlich unterschiedlich in Haptik, Bespielbarkeit, unverstärkter Resonanz, verstärktem Sound, manchmal auch nur in Nuancen, aber eben wahrnehmbar. Eine davon war dann meine. Manchmal natürlich auch keine davon. Ohne diese vielfältigen Angebote der Musikindustie wäre das nicht möglich. Dass sie der wesentliche Profiteur ist, ist OK für mich, denn wie sollte man seinen Idealvorstellungen sonst näher kommen: Trial & Error. kaufen & wieder verkaufen…
Als Hobby-TECH baue, pimpe und verbessere ich Gitarren seit über 50 Jahren, spezialisiert auf Strats und Teles. Seit Renteneintritt habe ich das umfangreich ausgebaut und dabei viele neue Dinge herausgefunden, die vorher verborgen waren oder mir unwichtig erschienen.
Und da bin ich jetzt bei meinen Erfahrungen mit den Makro- und Mikrozuständen alleine zweier sehr ähnlichen Gitarrentypen, eben Strat und Tele.
Es gibt nicht wenige Gitarristen, die Artikel von Udo Pipper, die sich auf die Vielfalt und deren Eigenschaften alleine der Teile in einer Strat bezogen, als „Voodoo“ und übertrieben abstempeln. Ich kann zwar auch viele denkbare Dinge, wie Tremolofedern und deren Kralle, nicht selbst hören oder bewerten. Aber meine Konzentration auf Halsspannung, gutes Bundabrichten (z.T. mit Compound-Radius), alles am Hals abrunden / entgraten, Nutkerben tiefstmöglich feilen, Tremolo tw. Grundplattenkante abgeschrägt nachfeilen, ggf. Tremoloblock austauschen, niedrige Saitenlage, Oktavoptimierung, bis hin zu PUs und gesamte Technik austauschen und mit besonderen Schaltungen versehen (letzeres: bei Interesse “gittevarii” googeln und in YT Sound-Demos und Schaltungserläuterungen anschauen könnte sich lohnen) bringen respektable Erfolge.
Alleine diese Kette beansprucht 3 bis 6 Stunden Zeit, die aber bei vielen Gitarren gut investiert ist. Gitarristen sind vom Ergebnis fast immer begeistert, da man so veränderte Gitarren selten und schon gar nicht preiswert kaufen kann. Und wenn diese Grunddinge bei einer Strat oder Tele nicht in Ordnung sind, dann machen sie einfach keinen Spaß.
Es gibt auch Gitarren, die ab Werk „tot“ sind. Andere, die – wie im Artikel beschrieben – jahrelang „gut gelagert“ wurden, sind auch häufig „tot“ (also schwingen gar nicht) oder auf dem Weg dahin. Der normale Weg ist dann – wenn alles andere (siehe meine Kette oben) stimmig gemacht wurde, spielen, spielen, spielen. So kann man auch ein Instrument lieb gewinnen lernen…;-)
Einschwingsysteme in erschwinglichen Preisregionen haben mich bislang nicht überzeugt. Ein einfacher Selbstbau ist aber möglich: Elektrodynamischen Exciter (thomann) auf eine Platte montieren, die möglichst ganzflächig an Strat-Body angepasst (Tele ist einfacher) angeklammert wird. Mit Akustik-Pickups vom Body einer toll resonant klingenden Strat gespielte Noten und Akkorde abnehmen und recorden. Dann via Vielband-Equalizer zur Betonung gewünschter Resonanzen und via Gitarren-Amp stundenlang auf das Zielinstrument einwirken lassen. Natürlich geht das auch mit anderen Schallquellen (z.B. vollständig instrumentierter Musik), aber logischer ist das Vorhergesagte. Wer das exzessiv machen will: schallisolierten Kasten dazu bauen und in Garage oder Musikkeller / Proberaum einige Tage so mit Endlosschleife beschallen, ohne wesentliche Geräusche nach außen.
Mein Fazit: einige Optimierungen muss man Fachleuten überlassen, einiges kann aber fast jeder mit etwas Geschick selbst machen, um seinem Ziel, ein wirklich gutes Instrument zu haben, erstmal schon nahe zu kommen. Viele andere Dinge sind Trial&Error. Läden wie Thomann laden dazu glücklicherweise ein (Rückgaberecht). Schließlich ist der Hinweis von Udo auf Pflege und Saitentausch etc., wie auch das Nachjustieren der Einstellungen, ebenso nicht zu vernachlässigen.
Ich wünsche allen Lesern viel Erfolg bei der weiteren Suche, Optimierung und Spaß am Spielen. Und: bleibt gesund!
Mit musikalischen Grüßen
MrHKBlues (=beim Googeln und dort “Bilder ansehen” findet Ihr auch viele meiner weiteren Kommentare in G&B)
Danke, dass Du Dir die Zeit genommen hast, das alles mal aufzuschreiben, das ist sehr gut nachvollziehbar. 🙂
Kleine Anmerkung eines Naturwissenschaftlers. Abkühlen bedeutet, dem System Energie zu entziehen. Ein Kühlgerät muss aber natürlich Arbeit verrichten, um die Energie zu entziehen, daher wird Arbeit aufgewendet und die entropie der Luft, die die Abwärme aus der Kühlung aufnimmt, erhöht sich, während die Entropie des Wassers sich vermindert. Daher Kristalle und höhere Struktur.
Und: statistische Thermodynamik ist ein Gebiet der physikalischen Chemie. Die Informationstheorie hat nur die Konzepte gekapert und die Begriffe übernommen.
Ahhh jaaa – Herr Pipper philosophiert über die Endlichkeit allen Seins und die Tatsache dass “alles irgendwie im Fluss ist” – er hat übrigens eingangs den Urknall vergessen, der der Theorie der alles beherrschenden Entropie entgegensteht – gleiches gilt für Schwarze Löcher.
Ich verstehe nicht den Nutzwert der Betrachtung für mein Musikerdasein, aber ich werde beim nächsten Saitenwechsel wohl mal in Ruhe darüber nachdenken… Jetzt putze ich mir erstmal die Nase, der Treble-Bereich ist mal wieder etwas schlapp.
Und ich warte darauf, dass endlich die KI (am besten geaged) in die Wicklung von PUs einzieht…..