Kunst fürs Board

Test: Dophix Michelangelo Overdrive & Boost

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Dophix Michelangelo(Bild: Dieter Stork)

Die italienische Firma Dophix packt ihre handgefertigten Effekte in außergewöhnliche Designs, die das kulturelle Erbe des Landes zelebrieren. Dass die Optik nur die eine Seite der Medaille ist, zeigt das Michelangelo-Doppelpedal, in dem die Entwickler jede Menge kluge Ideen untergebracht haben – und dem Namensgeber damit alle Ehre machen.

Das Schöne an der Effektwelt ist ihre immense Vielfalt – immer wenn man glaubt, jetzt hat man zumindest einen groben Überblick, kommt eine Firma daher, die mit ihren Produkten eine neue Nische besetzt. Im Fall von Dophix könnte man da von „Kunst fürs Board“ sprechen, denn die aktuell acht angebotenen Pedale werden geschmückt von Ausnahmekünstlern wie Dante oder Leonardo da Vinci sowie einigen der bekanntesten Werke der italienischen Kunstgeschichte.

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Im Fall des vorliegenden Bodentreters ist dies der berühmte Bildauszug aus ‚Die Erschaffung Adams‘, einem zentralen Teil der Deckenfresken, die Michelangelo von 1508 bis 1512 in der Sixtinischen Kapelle zu Rom erschuf. Und wieder was gelernt … Sagen wir es so: Weiter weg von den bekannten grünen oder gelben Zerr-Einheiten geht es in Sachen Optik wohl nicht. Wer etwas Außergewöhnliches sucht, ist hier definitiv an der richtigen Adresse. Die schlanken Potis passen sich nahtlos in dieses ausgefallene Design ein und machen das Michelangelo zu einem echte Hingucker.

AUSSEN HUI, INNEN …

Allerdings, und das ist die wohl wichtigste Aussage, haben die italienischen Entwickler mindestens so viel Hirnschmalz in das innere Konzept gepackt wie in das äußere. Das Michelangelo gehört zwar in die beliebte und damit nicht eben seltene Gattung „Drive plus Boost“, es wartet jedoch mit einigen interessanten Ideen und Features auf, die man bei den meisten Mitbewerbern nicht findet und die die Möglichkeiten – sowohl im Grob- wie im Fein-Tuning – beträchtlich erweitern.

Bevor wir näher darauf eingehen, noch ein paar Worte zu Dophix. Angesiedelt in Florenz, der Wiege der Renaissance und Heimstätte der drei oben erwähnten Künstler, hat sich die seit 2015 existierende Firma dem Vintage-Sound der 1970er-Jahre verschrieben, den sie in seinen Produkten mit der Liebe zum Detail kombinieren will. Die aktuelle Programmpalette umfasst neben verschiedenen Drive- und Boost-Einheiten auch den „Leonardo“-Kompressor sowie den „The Vitruvian Man“-Chorus/Phaser, der ebenfalls ein weltbekanntes Werk, dieses Mal aus der Hand Leonardo da Vincis, zum Thema hat.

Wer sich eins der Pedale bestellen mag, muss je nach Vorrat mit bis zu 30 Tagen Lieferzeit rechnen – oder er wendet sich an den deutschen Vertrieb Go4-Music. Die Preisspanne reicht von 150 Euro für den „Perseo“-Boost bis zu 290 Euro, die für das üppig ausgestattete Testgerät fällig werden. Dieses arbeitet übrigens auf JFET-Basis und will einen möglichst Amp-artigen Sound erzeugen.

Dophix Michelangelo(Bild: Dieter Stork)

AL LAVORO

Wenn man das Michelangelo anschließt, fällt zunächst ein Feature ins Auge, das Dophix all seinen Pedalen spendiert: Zwischen der Bodenplatte und dem Gehäuse sitzt eine durchsichtige Kunststoffscheibe, die von einer LED im Gehäuseinneren mit Licht durchflutet wird – das sieht im Ergebnis nicht nur gut aus, es hilft auch, in dunkleren Bühnensituationen den Überblick zu behalten. Cooles Feature!

Einige weitere Besonderheiten kümmern sich weniger um die Optik denn um eine möglichst flexible Klangabstimmung. Beginnen wir bei der Drive-Einheit und schreiten dabei vom Bekannten zum Außergewöhnlichen: „Level“ kontrolliert ganz konventionell die Ausgangslautstärke, „Gain2“ den Zerranteil. Ein erster Luxus sind zwei EQ-Regler für Bässe und Höhen, die mit „B“ und „H“ klar betitelt sind.

Für zusätzliche Vielfalt sorgt die Wahl der Clipping-Diode: Neben Germanium und FET steht dabei auch Silizium zur Verfügung. Obendrauf gibt es noch die Option, das Originalsignal stufenlos unterzumischen – steht der Blend-Regler rechts, gibt es nur den effektierten Sound, links ist das Michelangelo ausgeblendet. So kann man sein persönliches Verhältnis zwischen Gain- und Trockenton einregeln und die Durchsetzungskraft und die Signalklarheit individuell und je nach Situation und Geschmack austarieren.

Und noch ein Feature bringt der Kombi-Drive mit sich. Wer sich eben gewundert hat, warum der Drive-Anteil über „Gain2“ geregelt wird, bekommt hier die Auflösung: Der in Rot beschriftete Regler „Pre“ verwaltet eine Preamp-Sektion, die bis zu 15 dB in die eigentliche Effekteinheit schiebt und damit den Sound auf Wunsch massiv anfettet.

Um die Option möglichst flexibel einsetzten zu können, haben sich die Entwickler eine finale Besonderheit ausgedacht: Über einen zugehörigen Mini-Schalter lässt sich diese Option auch über den Boost-Footswitch aktivieren. Dieser schaltet in diesem Fall nicht nur den Post-Gain-Boost, also eine Anhebung der Lautstärke, sondern gleichzeitig auch die Pre-Gain-Anhebung, sprich mehr Saft, in das Signal. Da der eigentliche Boost auch bei Linksanschlag schon ein deutliches Mehr ins Geschehen bringt, wirken sich höhere Einstellungen von „Boost“ und „Pre“ – speziell vor einen cleanen Amp – massiv auf den Pegel aus, man sollte hier also ein wenig experimentieren, um zum geneigten Ergebnis zu gelangen – oder man nimmt den Preamp vom Fußschalter und nutzt ihn ganz konventionell zur dauerhaften Klanggestaltung.

Mit all diesen Optionen präsentiert sich das Pedal aus der Toskana als besonders flexibel und nuancenreich, allerdings wollen all die Möglichkeiten auch erst mal ausgelotet werden. Welche Diode passt am besten, wie stark soll der Preamp in das Geschehen eingreifen, wie viel Direktsignal soll dabei sein – mit all diesen Optionen lässt sich prächtig herumspielen, aber es braucht auch ein kleines bisschen länger, um den für sich optimalen Sound zu finden.

Bei den Dioden gilt: Je mehr Gain, desto stärker die Unterschiede, FET liefert dabei den höchsten Pegel, Silizium klingt etwas schärfer als Germanium – mit allen dreien lässt sich allerdings bestens arbeiten, ein „Besser“ oder ein „Weniger gut“ ist da ausschließlich eine Frage der persönlichen Vorlieben und des verwendeten Instruments.

Die Bandbreite an Zerre reicht vom sanften Boost (Boost-Kanal, dezentes Setting) über leichten Crunch (Drive-Kanal ohne Pre) und fetten Riffrock-Sound (Drive-Kanal mit Pre) bis hin zu saftigen Leadsounds (Drive mit Pre plus Boost) – so viel mal als grobe Hausnummer. Vieles hängt dabei natürlich von der Art der Gitarre sowie den Settings des nachfolgenden Amps ab, aber mit all seinen Specs lässt sich das Michelangelo sehr breitbandig im großen Feld von Blues bis hin zu härterem Rock einsetzen. Metal hingegen ist nicht wirklich sein Ding – aber dann würde es wohl auch eher ein diabolisches denn ein göttliches Motiv zieren.

Neben der wirklich guten Sound-Palette, die das Michelangelo liefert, befeuert es auch das Interesse, tiefer in seine Möglichkeiten einzutauchen und mit den Interaktionen der einzelnen Bauteile zu experimentieren. Wer Interesse an derartigen Sound-Tüfteleien hat und mehr will als Gelb oder Grün, könnte bei diesem alles andere als alltäglichen Pedal fündig werden.

Dophix Michelangelo
Zerrpedal mit Unterbodenbeleuchtung (Bild: Dieter Stork)

RESÜMEE

Wer sich für außergewöhnliche Designs und Konzepte begeistern kann, findet im Michelangelo einen hochinteressanten Partner, der mit seinen zahlreichen Features und Möglichkeiten ein gutes Stück weit über die Ausstattung konventioneller Zerr-Einheiten hinausgeht. Dass die Dophix-Pedale in Italien von Hand gefertigt werden, dürfte Freunden von Boutique-Effekten ein Lächeln ins Gesicht zaubern. Außerdem kann man auch noch einiges lernen, wenn man sich mit ihren Titelfiguren und deren Kunst beschäftigt. Insofern handelt es sich hier um eine ganz besondere Art Drive, die es so sonst nirgends gibt.

PLUS

● umfangreiche Möglichkeiten
● Sound-Optionen
● originelles & individuelles Design
● Liebe zum Detail

MINUS

● Handarbeit hat ihren Preis

(erschienen in Gitarre & Bass 09/2021)

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