Neues aus den Achtzigern

Test: Ibanez RGB305

Anzeige
Ibanez RGB305(Bild: Dieter Stork)

Wir schreiben das Jahr 1987. Oder um es in Ibanez-Bässen auszudrücken: das Jahr Soundgear. Neben dem flunderigen Geniestreich wurde auch der Roadbass vorgestellt, der im folgenden Jahr schärfere Kanten und spitzere Hörner bekam, passend zur RG-Gitarrenreihe.

Im Gegensatz zum langlebigen, immer noch und immer wieder aktuellen Soundgear war dem RD, wie er ab 1988 hieß, kein langes Dasein beschieden, schon Anfang der 90er verschwand er wieder aus dem Programm. 30 Jahre später hat sich Ibanez vom Blick in die Historie inspirieren lassen …

Anzeige

ON THE ROAD AGAIN

Nicht, dass der Bass ein Reissue wäre, am ähnlichsten war der RD828LE, der aber aktive Pickups hatte, einen Fünfsaiter gab es seinerzeit nicht. Und auch sonst ist einiges anders. Der Body ist aus Pappel, der saugend in die ergonomisch abgerundete Halstasche passende, aufgeschraubte Hals ist aus Ahorn. Die leicht abgewinkelte Kopfplatte ist großflächig angeschäftet, ein bewährtes Mittel, um Holzverschnitt zu minimieren.

Ibanez RGB305(Bild: Dieter Stork)

Jatoba wurde für das Griffbrett genommen und sieht angenehm vertraut-palisanderig aus. Im Fretboard sitzen 22 Bünde, samt der erstaunlich fünfsaitertauglichen Kopfplatte eingefasst mit einem schicken weißen Binding. Da eröffne ich gleich mal die Meckerecke: Das Binding weist Bearbeitungsspuren auf, und die Bundstäbchen schaben etwas, wenn man die Saiten zieht. Kommt nicht so oft vor, denke ich, zeigt aber, dass der letzte Schliff fehlt. Beim Blick auf das Preisschild hat sich die Kritik aber auch schon wieder erledigt.

Die Haifischzahn-Inlays sind dagegen extrem sauber eingesetzt, praktisch ohne Füllsel. Die Brücke ist eine Variante des guten, alten Blechwinkels, in Saitenlage und Oktave zu justieren und mit Rillen gegen seitliches Verrutschen. Bei den Mechaniken handelt es sich um gekapselte Typen im Gotoh-Stil, die rundlaufen und die Stimmung gut halten. Die aufgezogenen Saiten sind interessant: Statt einen normalen Satz D‘Addario EXL165-5 zu nehmen, wird ein 45- auf-105er-Satz mit einer dünneren 130er-H-Saite kombiniert.

Abgenommen wird mit einem passiven PJ-Pärchen, das auf den Namen „Dynamix“ hört. Der reverse eingesetzte P-Abnehmer hat dabei eine Spule für H/E/A, eine für D/G. Die großen Potiknöpfe oben sind für Volume und Balance, die kleineren unten für den aktiven EQ mit Bässen und Höhen. Die Potis laufen satt, der Volume-Regler vielleicht sogar zu sehr, aber den bewege ich eh am seltensten.

Da der RGB dauerhaft aktiv ist, ist es umso wichtiger, die Batterie schnell wechseln zu können. Das klappt so mäßig. Der Batteriefachdeckel ist mit Gewindeschrauben befestigt – gut – und sitzt so stramm in der Fräsung, dass er kaum rauszubekommen ist – nicht ganz so gut. Da wäre etwas weniger Präzision tatsächlich besser. Im Fach selbst sitzt der 9V-Block gut drin, verbunden mit einem okayen Plastikclip. Im E-Fach sieht es etwas unaufgeräumt aus, kürzere Kabel hätten es auch getan, die Verarbeitung ist aber sauber. Alles schnell wieder zugeschraubt und auf zum eigentlichen Test!

Ibanez RGB305
Bridge: B15W, Pickups: Dynamix P Splitcoil & Dynamix J Singlecoil (Bild: Dieter Stork)

WIE FRÜHER, NUR ANDERS

Im Sitzen ist die Balance ausgezeichnet, mit einem Gurt an den konventionellen Pins zeigt sich eine gewisse Kopflastigkeit. Ist bei einem Gewicht von gut dreieinhalb Kilo aber auch nicht erstaunlich, lässt sich durchaus beherrschen und nimmt dem Bass nichts von seiner entspannten Bespielbarkeit. Da hilft natürlich auch die sehr gute Einstellung von Saitenlage, Sattel, und Halskrümmung, und, auch wenn die letzte Politur fehlt, sind die Bünde gut abgerichtet. Sollte die Krümmung mal justiert werden müssen, kann ein Teil der Abdeckung auf der Kopfplatte einfach beiseitegeschoben und der Zweiwege-Stahlstab eingestellt werden – easy-peasy. Der Hals ist nicht so dünn wie einige originale 80er-Hälse, bei denen man schon meinte, den Halsstab fühlen zu können.

Die Pickups liefern einen sauberen Ton an den Amp, mit dem Balance-Regler lassen sich schöne Nuancen rausholen. Da der Steg-Pickup ein reiner Einspuler ist, brummt es in der Nähe von Störquellen, wenn nicht der P-Pickup alleine arbeitet. Das ist aber a) normal und b) im normalen Rahmen, zudem reicht es manchmal schon, sich von der Störquelle wegzudrehen, um deutliche Abhilfe zu schaffen.

Die Abnehmer geben genug Mitten aus, sodass, abhängig vom Combo resp. Amp/Box, der EQ auch komplett aufgedreht werden kann. Das beißt und drückt ganz herrlich! Im Minusbereich gibt mir der Bass-EQ nicht viel, das Treble-Poti sorgt für angenehm gedeckte Töne, ohne zuviel Definition zu schlucken. Das ist gut so, denn der RGB305 ist nicht der antrittsschnellste. Metal-Optik hin oder her, krasses Attack ist nicht so seins. Dafür stehen alle Töne wie eine Eins und die tiefe H-Saite hält wirklich erstaunlich gut mit, da muss man keinerlei Abstriche machen.

Ob man für sich allein, zu einem Playback, oder mit der Band spielt – brauchbare Sounds sind leicht zu finden und reichlich vorhanden. Mein Lieblings-Allround-Ton ist Balance etwas mehr zum Steg hin, Höhen etwas rausgedreht. Gute Grundlage, um von da aggressiver zu werden mit mehr Höhen oder ruppiger mit dem Schwerpunkt auf dem P-Pickup.

RESÜMEE

Die Achtziger lassen grüßen und richten aus, sie seien ein wenig neidisch … Der anfangs angesprochene RD828LE war 1989 im Test in diesem, damals noch als „Musiker“ firmierenden Magazin, und kostete 1400 DM. Okay, die Ausstattung war hochwertiger, aber dennoch: Ob man nun dem 80er-Metal verfallen ist, seiner Wiedergeburt, oder den Bass einfach nur cool findet: der RGB305 bietet für kleines Geld ganz Erstaunliches. Schnittige Form, ein bunter … na gut, schwarz-matter Strauß unterschiedlicher Sounds (auch, aber nicht nur für Metal) bei insgesamt guter Verarbeitung und mehr als brauchbarer Ausstattung – da kommt Freude auf.

(erschienen in Gitarre & Bass 07/2021)

Schreibe einen Kommentar

Deine E-Mail-Adresse wird nicht veröffentlicht. Erforderliche Felder sind mit * markiert.