Als Abschluss des kleinen Exkurses in den College Rock der Achtziger reist der Americana-Workshop diesmal an die amerikanische Ostküste nach Boston. Dort gründeten sich 1986 die Pixies.
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WIE STARTE ICH EINE BAND?
Die Gründung der Band erfolgte ziemlich organisch: Sänger & Gitarrist Black Francis und Gitarrist Joey Santiago waren Nachbarn, studierten beide an der University of Massachusetts und begannen 1986 von Francis geschriebene Songs zu spielen. Eine Bassistin suchten sie per Anzeige, die forderte, dass sowohl Peter, Paul & Mary als auch Hüsker Dü den Geschmack der Mitmusikerin treffen sollten. Die einzige Bewerberin auf den ungewöhnlichen Text war Kim Deal. Die hatte zwar noch nie Bass gespielt, passte aber trotzdem gut ins musikalische Konzept und mochte die Songs. Nachdem ihre Schwester Kelley den Posten als Drummer ausgeschlagen hatte, schlug Kims Mann David Lovering vor. Der hatte sein Drumming an Prog Rock und Led Zeppelin geschult, fand aber die Musik interessant.
Die Pixies waren komplett und begannen in Loverings Garage zu proben. Erste Auftritte in und um Boston führten zum Angebot ein Demo-Tape aufzunehmen. ‚The Purple Tape‘ verschaffte dem Quartett einen Plattenvertrag mit dem englischen Label 4AD, und mit der EP ‚Surfer Rosa‘ begann die Karriere der Pixies. Zuerst war die Band überwiegend in Europa erfolgreich, schaffte aber 1988 mit dem zweiten Album ‚Doolittle‘ den Sprung ins College Radio und die Ohren der etwas anderen amerikanischen Teenager. Die Pixies tourten und wurden immer erfolgreicher, was sie aber leider nicht glücklicher machte. Deal und Francis stritten sich und sprachen kaum noch miteinander.
Nach einer zweijährigen Pause hatte Black Francis seinen Führungsanspruch klargestellt und hielt für die kommenden zwei Alben ‚Bossanova‘ und ‚Trompe Le Monde‘ das Steuer fest in der Hand. Nach einer Tour im Vorprogramm von U2 legte die Band 1992 eine Pause ein. In einem Interview erklärte Francis die Pixies 1993 für aufgelöst und startete eine Solo-Karriere als Frank Black.
STIL & COMEBACK
Die Pixies kombinierten unterschiedlichste Einflüsse zu einem schlüssigen Ganzen. Francis akustisches Songwriting klang eher klassisch amerikanisch, wurde aber durch sein Faible für atonale und geschriene Parts vor zu viel Schönklang bewahrt. Joey Santiago verband Surf-Einflüsse mit Hendrix-Licks, simplen oder schrägen Melodien mit durchklingenden Leersaiten und Feedbacksounds. Deals simples Basspiel sorgte in Verbindung mit Loverings cleverem Drumming für den nötigen Druck. Auch als Sängerin setzte sie Akzente – ob als zweite Stimme oder Antwort auf Francis Gesangslinien wie in ‚Here Comes Your Man‘ oder als Leadsängerin bei ‚Gigantic‘.
Zudem nahmen die Pixies das Laut/Leise-Konzept späterer Grunge-Hits vorweg: Auf eine leise Strophe, oft nur von Bass und wenigen Gitarreneinwürfen begleitet, folgte ein lauter Refrain mit Powerchords, Feedback und agressivem Gesang. Den Pixies war damit zuerst nicht so viel Erfolg vergönnt wie Nirvana mit ‚Smells Like Teen Spirit‘. Erst nach der Reunion im Jahre 2004 konnten sie die Früchte in Form von Stadionkonzerten und den damit verbundenen Einnahmen ernten. Francis wurde das Spielen der alten Songs aber zunehmend langweilig, und so begannen die Pixies an neuen Stücken zu arbeiten. Das führte erneut zu Spannungen mit Deal und ihrem Ausstieg 2013. Mit Paz Lenchantin fanden die übrigen drei Gründungsmitglieder aber eine würdige Ersatz-Bassistin, die die Kreativität beflügelte. Auf den Alben ‚Head Carrier‘ und ‚Beneath The Eyrie‘ klingen die Pixies inspiriert wie davor lange nicht mehr.
HERE COMES YOUR MAN
Um sich den Pixies musikalisch zu nähern, gibt es ein Arrangement des Songs ‚Here Comes Your Man‘, das ich 2017 auf dem Album ‚15 Years In The Van‘ mit meiner Band The Razorblades veröffentlicht habe. Aus Platzgründen enthalten die Noten den Song nur bis zum ersten Refrain. Den Rest des Arrangements und eine tiefergehende Analyse gibt es in der nächsten Folge.