(Bild: Dieter Stork)
Wenn einer der besten Songwriter der Welt und einer der besten Gitarrenbauer des Planeten zusammen eine Gitarre entwickeln, muss doch eigentlich etwas Großartiges dabei herauskommen, oder?
Angefangen hat das alles ganz harmlos. George Lowden baute eine kleine Gitarre für Ed Sheeran, dessen Vorliebe für kompakte Steelstrings ja bekannt ist. Lowden griff dazu auf sein WL-Modell zurück (Wee Lowden). Ed war äußerst angetan vom schlicht-schönen Instrument und sein Wunsch, der Szene eine kleine gute bezahlbare Gitarre anzubieten wurde konkreter. Jetzt stehen zwei Linien mit jeweils vier Modellen zur Auswahl, von denen uns hier die S-03 zum Test vorliegt.
(Bild: Dieter Stork)
DIE KUNST DES WEGLASSENS
Holt man die S-03 aus ihrem schicken Gigbag, so fallen zuerst einmal die Dinge auf, die sie nicht hat. Da ist kein Binding an den Korpus- oder Griffbrettkanten, keine Deckeneinfassung, weder Schlagbrett noch Saiten-Pins oder irgendwelche Perlmutt-Verzierungen. Die Schalllochrosette … na ja, und der Boden hat nicht mal eine Beleistung. Das ist aber ganz und gar nicht als Kritik zu verstehen, da stecken Konzept und Design dahinter. Nehmen wir z. B. mal den Steg ohne Saiten-Pins – wer braucht schon das nervige Gefummel an den Pins beim Saitenwechsel? Hier werden die Saiten einfach von hinten durchgefädelt … fertig.
Und damit dabei (und beim Herausziehen verbrauchter Saiten) die Decke nicht verkratzt wird, liegt der Gitarre eine maßgeschneiderte Schutzpappe bei (Restringing Protector), die man passgenau hinten am Steg anlegen kann. Coole Idee. Auch nicht selbstverständlich: Der Korpus bietet eine bequeme Armauflage. Diese Abschrägung der oberen Korpuskante kannte ich bisher als „Armrest“, hier bei Lowden heißt das „Soundbox Bevel“.
(Bild: Dieter Stork)
Noch kurz ein paar Facts: Die Decke ist aus Zeder gefertigt, Boden und Zargen aus Indian Rosewood (also Palisander). Vom wohlgeformten Ebenholzsteg mit kompensierter Kunstoff-Stegeinlage laufen die hauseigenen Lowden Guitar Strings (.012 – .053) in Richtung Kopfplatte. 630 mm beträgt die Entfernung zwischen Steg und Sattel – eine Mensur, wie man sie von Parlor-Modellen kennt. Der einteilige Mahagonihals ist am 14. Bund angesetzt, das Ebenholzgriffbrett ist mit 20 gut polierten Vintage-Bünden bestückt.
Weiße Punkteinlagen an den üblichen Positionen – auch auf der Sichtkante – verbessern die Navigation in den Lagen. Die Kopfplatte ist mit geschlossenen, verchromten, eher standardmäßigen Stimmmechaniken ausgestattet, das Augenmerk richtet sich hier eher auf das schöne Trussrod-Cover aus Holz und den Namens-Schriftzug, der ebenfalls aus Holz eingelegt wurde. Diese Details und das komplette Matt-Finish geben der S-03 ihre natürlich-schlichte, aber gleichfalls wertige Ausstrahlung. Ein wirklich gelungenes eigenständiges Design. Dazu passt dann auch, dass bei den verwendeten Hölzern sehr streng auf Nachhaltigkeit geachtet wurde und wird.
(Bild: Dieter Stork)
Ein Ed-Sheeran-Modell wäre natürlich nicht komplett ohne ein Pickup-System. Zum Einsatz kommt hier das L.R. Baggs Element VTC. Piezo-Abnehmer unter der Stegeinlage, Klinke-Output am hinteren Gurtpin, Batterie innen am Halsfuß platziert, zwei Drehregler für Volume und Tone am Schalllochrand – that’s it.
Es sei noch erwähnt, dass die insgesamt acht Sheeran-Modelle etliche Alternativen bieten. Es gibt sie mit und ohne Cutaway, Armrest und Pickup, sowie in verschiedenen Holz-Kombinationen wie Zeder/Walnuss, Fichte/Palisander oder Zeder/Palisander. Was alle Modelle gemeinsam haben, ist das schlicht-schöne Understatement-Design.
WORAUF ES ANKOMMT
Die kleine S-03 liegt entspannt auf dem Schoß des sitzenden, und hängt ebenso bequem am Gurt des stehenden Spielers. Die Armauflage ist extra-komfortabel und die Spielhand fühlt sich sofort wohl mit dem offenporig mattierten Hals mit ausreichend fülligem C-Profil. Das Griffbrett ist mit 43 mm eher schmal als breit, die Finger der linken Hand fühlen sich aber gut aufgehoben. Die Saitenlage wird dem einen oder anderen womöglich etwas zu hoch sein – diese zu verringern ist aber immer einfacher, als eine zu flache Action zu erhöhen – von daher bietet die Werkseinstellung einen guten Ausgangspunkt.
Die ersten Akkorde offenbaren sofort das klangliche Potential der Lowden, die viel „größer“ klingt, als sie aussieht. Der Grundklang ist extrem gut aufgelöst, vollmundig und hat eine süßliche Note. Die Ansprache ist dermaßen sensibel, dass viel Sound-Formung in der Hand des Spielers liegt. Wo ich die Saiten anschlage und womit, macht den Unterschied. Von „sharp“ (mit dünnem Plektrum in Stegnähe), bis „mellow“ (mit Fingerkuppe über dem Griffbrettende gezupft), eröffnen sich ungeahnte Möglichkeiten. Hier offenbart sich die wahre Qualität der so bescheiden auftretenden Sheeran/ Lowden. Nur bei richtig ruppigem Strumming fühlt sich dieses Zeder/Palisander-Modell nicht recht wohl … das verpackt die Kollegin mit Fichtendecke wahrscheinlich besser.
Diese S-03 fordert geradezu die spielerischen Details und Feinheiten, die sie famos umzusetzen vermag. Und das gilt auch uneingeschränkt für den Betrieb über Anlage, wo das bewährte L.R.-Baggs-Element-System zuverlässig punktet. Der Klangregler rastet mittig leicht ein und wirkt hauptsächlich auf das Höhenspektrum, wo sich der Klang von bissig-scharf bis süßlich-mild anpassen lässt.
RESÜMEE
Also … man bekommt hier für rund 1000 Euro die in Irland hergestellte Signature-Gitarre des erfolgreichsten Singer/Songwriter-Barden des Planeten, konstruiert von einem der angesehensten Luthiers der Gitarrenbau-Szene. Wow! Das ist mal ‘ne Ansage. Die Sheeran by Lowden S-03 ist ein Musterbeispiel für Understatement und innere Werte. Sie meistert den Spagat zwischen Travel-Format, und Studio- wie Bühnentauglichkeit. Wer mit solchen Attributen etwas anfangen kann, könnte nicht besser bedient werden als mit dieser kleinen feinen Lowden von und für diesen extrem talentierten rothaarigen Songschreiber aus Halifax, UK.
PLUS
- Design, Finish
- Hölzer, Armrest, Cutaway
- Verarbeitung
- Bespielbarkeit, Handling, Haptik
- sensible Ansprache
- voller „großer“ Klang, akustisch und elektrisch
(erschienen in Gitarre & Bass 05/2021)