Trickfish ist so langsam dem Geheimtipp-Status entwachsen. Warum das so ist, ist mir nach diesem Test völlig klar – der Bullhead 1K ist einer der besten Class-D-Amps, die mir bislang untergekommen sind.
AMPS VON GLÜCKLICHEN FISCHEN
Beim Auspacken wird sofort klar, dass Trickfish auf geringes Gewicht viel Wert gelegt hat, aber nicht auf die kleinstmögliche Bauweise. Die aufgeräumte Front mit den sechs großen Drehreglern hat einen schönen Retro-Touch, der bei mir Assoziationen an alte Hifi-Komponenten wie das Marantz Modell 1 oder auch den Acoustic 360 weckt. Auf jeden Fall muss man den Bullhead nicht mit spitzen Fingern bedienen und auch nicht lange überlegen, welcher Regler was macht. Außerdem ist es wegen des großen Gehäusevolumens möglich, auf einen Lüfter zu verzichten.
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Blau ist als Grundfarbe für das ebenso leichte wie stabile Alugehäuse ja irgendwie naheliegend, bei dem fischigen Thema. Dazu kommt die schwarze Zierblende für die Front, die ziemlich scharfkantig ist. Im normalen Betrieb wird man damit nicht in Kontakt kommen, zumal es hauptsächlich die den Potis abgewandten Kanten betrifft, sollte aber dennoch entschärft werden.
Eingerahmt von dieser Blende finden sich die Bedienelemente: Gain und Master, dazwischen vier Klangregler – fertig. Na gut, ganz so simpel ist der Preamp doch nicht, also nochmal von vorne: Über der Eingangsbuchse sitzt ein Taster, der wie alle folgenden gedrückt blau aufleuchtet und den Pegel für ausgangsstarke Bässe um 9 dB absenkt. Ob das nötig ist, zeigt eine kleine Anzeige mit zehn Elementen über dem Gain-Regler. Die greift das Signal hinter EQ und Effektweg ab, um danach eingepegelt ein garantiert unübersteuertes Signal auf die Endstufe zu geben.
Alle vier Klangregler sind in ihrer Frequenz umschaltbar. Das geht los mit dem Bass, dessen Taster zwischen 40 Hz und 80 Hz wählt. Damit legt man die Grenzfrequenz eines Tiefpassfilters fest, alles unter dieser Grenze wird breitbandig mit Kuhschwanzcharakteristik bearbeitet. Der Regler für die Low Mids arbeitet bei 333 Hz oder 473 Hz, hier wird zusätzlich noch die Güte auf schmalbandig bei der tieferen und breitbandiger bei der höheren Frequenz umgeschaltet. Der Hi-Mid-Regler ist ähnlich angelegt, hier ist es engere Bearbeitung bei 1 kHz oder breitere bei 1,8 kHz. Der Trebleregler arbeitet wieder als Shelving-Filter, wie der Kuhschwanz im Fachenglisch heißt, und zwar bei 4 oder 8 kHz.
Allen EQ-Potis ist gemein, dass sie in der rastenden, neutralen Mittelstellung das Signal unbeeinflusst durchlassen. Der Master regelt die Endlautstärke, sein Taster ist für den Mute zuständig und leuchtet ebenfalls blau, wenn der Bullhead stummgeschaltet ist. Daneben sitzen die Buchsen für den Line In als Miniklinke zum Zuspielen von Musik, und der Kopfhöreranschluss als große Klinke. Der Power-Knopf mit zugehöriger LED beschließt die Front. (Muss ich dazuschreiben, dass sie blau ist?)
Was ich als Zwischenfazit schon mal festhalten kann: Alles, was man braucht, um das Top als Übungszentrale zu nutzen, findet sich vorne. Alles leicht anzuschließen und zu bedienen, ohne dass man an die Rückseite müsste. Schon mal sehr gut! Dort findet sich natürlich der Netzanschluss und zwei Speakon-Klinken-Kombibuchsen für den Betrieb mit Boxen mit insgesamt mindestens vier Ohm.
Die Effektschleife mit Send und Return hat noch zwei interessante Schalter zu bieten: Der eine hebt die Erdung auf, sollte es mit einem Effekt Netzbrummen geben, der andere schaltet zwischen seriell und parallel um. Ebenfalls Vollausstattung gibt es beim XLR-DI-Ausgang. Auch hier kann ein Groundlift geschaltet werden, die Quelle kann Pre-EQ oder Post-EQ gewählt werden, und ein Poti regelt die Ausgangslautstärke passend zum angeschlossenen Pult oder Interface.
Zwischen FX und DI ist noch eine Klinkenbuchse für ein Stimmgerät und eine weitere für einen einfachen Fußschalter, der die Mute-Funktion fernbedient und so stummes Stimmen möglich macht.
LAUT, NATÜRLICH – NATÜRLICH LAUT
Betätigen des Power-Schalters quittiert der Bullhead erstmal mit fröhlichen Lichtspielen. Ist der Amp betriebsbereit, hört er auf zu blinken und neben der Power-LED gehen alle Lampen in der oberen Reihe an. Sprich: Alle EQ-Frequenzen sind auf die höhere gelegt, und der Amp ist gemutet. Einerseits eine deutliche Anzeige, andererseits müssen jetzt erstmal Taster betätigt werden, denn die Einstellung beim Ausschalten wird nicht reproduziert, auch nicht beim Hi/Lo-Taster. Aber gut, ist kein Wahnsinnsaufwand.
Der Testlauf beginnt eh bei neutralem EQ. Die Input-Level-Anzeige macht ein Einpegeln wirklich leicht, gelegentliche Ausflüge in den roten Bereich nimmt der Verstärker klaglos hin. Nur bis zur letzten, heller leuchtenden roten LED sollte man ihn nicht treiben, dann ist es an der Zeit, Gain zurückzunehmen. Wie alle Regler dreht dieser sehr angenehm und gleichmäßig, dank der Fixierung des großen Metallpotiknopfes mit gleich zwei Madenschrauben auch absolut rund.
Mit noch zugedrehtem Master drücke ich den Mute-Taster, der daraufhin erlischt – und der Amp lässt ein nicht allzu lautes, aber in leiser Umgebung doch deutliches Surren aus den Speakern hören. Hm, seltsam … Passt nicht zum – das kann ich schon vorwegnehmen – sonst extrem nebengeräuscharmen Eindruck des lüfterlosen Bullhead. Andererseits ist es so leise, dass es schon nach den ersten Tönen mit leicht aufgedrehtem Master vergessen ist.
Was der Amp da raustut, ist einfach nur der Klang des angeschlossenen Basses, nicht mehr, nicht weniger. Ganz und gar nicht steril, voller Details und dabei warm und griffig – und ich habe den EQ noch nicht mal angefasst. Das ist schon großes Klangkino, über Kopfhörer, Boxen, oder DI Out gleichermaßen! Damit geht es auch weiter, in 4K und 3D. Auf 40 Hz legt der Regler dem Bass ein dickes Kissen unter. Der Ton an sich wird davon kaum berührt, dafür flattern die Hosenbeine. Dramatischer ist der Effekt in der 80 Hz Einstellung. Das geht in die Magengrube und sollte in baufälligen Altbauten sparsam dosiert werden … Die Tiefmitten arbeiten schön den tieferen Growl oder die höheren holzigen Anteile im Sound heraus und räumen in Absenkungen genauso sauber auf – damit ist eigentlich jeder Bass zum Klingen zu bringen.
Gleiches gilt für die Hochmitten, mir gefallen leichte Absenkungen bei 1 kHz gut, während Anhebungen bei 1,8 kHz den Bass im Band-Sound nach vorne bringen. Der Höhenregler hat wieder wie der Bass eine unauffälligere und eine deftigere Einstellung, diesmal ist es umgekehrt: Die tiefere Frequenz ist wesentlich deutlicher wahrnehmbar und gibt dem Bass viel Definition, wenn gewünscht und/ oder nötig. Die höhere setzt einem passiven Instrument einen feinen Schimmer auf. Bei meinem aktiven Status, der mit einem schier überbordenden Höhenanteil gesegnet ist, habe ich mit aufgedrehten 8 kHz das Gefühl, mein Ohr direkt zwischen Saite und Pickup zu haben und ganz, ganz nah am Geschehen zu sein. Und das ohne nennenswerte Rauschanteile.
Man merkt, dass der Preamp sorgfältig abgestimmt wurde, wofür kein Geringerer als Mike Pope verantwortlich zeichnet. Den kennt man von seinen Elektroniken, die zum Beispiel bei Fodera Standard sind – keine ganz schlechte Referenz also. Hundertprozentig neutral ist die Vorstufe dabei nicht, wie mit dem Status im Effekt-Return klar wird. Da klingt der Amp einen Hauch anders, der Preamp dickt bis 200 Hz sehr dezent an und nimmt bei ca. 10 kHz zurück, was man auch mit der besten Box auf der Bühne nicht hören wird.
Apropos Boxen – das gilt eigentlich immer, aber bei einem so angenehm cleanen Amp umso mehr: Um die tolle Wiedergabe entsprechend genießen zu können, sollten adäquate Boxen angeschlossen sein. Trickfish hat auch die im Angebot. Ordentlich Leistung sollten sie auch abkönnen, denn das Bullhead-Top kann extrem laut werden, ohne dabei seine Contenance zu verlieren. Bis in höchste Lautstärken bleibt die Endstufe locker, wirklich beeindruckend!
Ich würde mir dennoch wünschen, dass Trickfish echte Watt in RMS angeben würde, anstatt eines Peak-Wertes, um mit dem vollen Kilowatt glänzen zu können. Dass der Amp abliefern kann steht aber außer Frage.
(Bild: Dieter Stork)
NO COMP, NO LIMIT
Ein wesentlicher Grund für den Ton der Trickfish-Tops ist im Unterschied zu den Mitbewerbern der Verzicht auf einen Limiter. Folgendes schrieb uns Trickfish zu ihren Überlegungen zu dieser Schaltung: „Es stimmt, wir haben keinen internen Limiter oder Kompressor. Ein Kompromiss, den wir dafür eingehen ist, dass wir uns darauf verlassen, dass der Nutzer oder die Nutzerin mit dem Master und vor allem dem Input Gain vernünftig umgeht. Daher hat unsere Eingangsanzeige zehn LEDs, von denen die letzten drei rot sind.
Messpunkte sind direkt am Eingang, nach dem EQ, am Effekt-Return, und am Eingang der Endstufe. Wenn das Signal an einem dieser Punkte zu heiß wird, gehen die Clip-LEDs an. So ist es möglich, das stärkstmögliche, sauberste Signal zu erreichen, solange man die letzten beiden LEDs vermeidet. Wenn also bei harten Anschlägen eine rote LED kurz aufleuchtet, ist alles perfekt eingestellt. Stärkere Boosts am EQ oder im Effektweg müssen mit zurückgenommenem Input Gain kompensiert werden. Ich sage gerne, dass der Bullhead so seinen klaren, vollen, musikalischen Ton unbelastet von Kompressoren oder Limitern entfalten kann.“
RESÜMEE
Was der Bullhead abliefert, ist schon etwas Besonderes. Die Entscheidung, das Top nicht so klein zu bauen, wie irgendwie möglich, macht es herrlich übersichtlich, leicht zu bedienen, und leise im Betrieb, da kein Lüfter benötigt wird. Schick ist es obendrein noch, und die klangliche Leistung hervorragend. Die Endstufe dürfte zu den besten Class-D-Vertretern auf dem Markt gehören, während die Vorstufe von Mike Pope so natürlich klingt, dass es einfach nur nach dem angeschlossenen Bass klingt. Dezent poliert und verfeinert, aber so elegant, dass ich nach kurzem Spielen immer wieder vergessen habe, dass da überhaupt ein Verstärker am Bass hängt.
Wer mit seinen Sound-Vorstellungen auf der sauberen Seite ist, braucht nicht mehr und sollte dieses Top unbedingt angespielt haben! Vielen Dank an Musik Produktiv für die freundliche Leihgabe, die ich jetzt mit einer Träne im Knopfloch wieder einpacke.