Guitar Guru: Hoyer

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Hast du Fragen zum Thema „alte und/oder merkwürdige Gitarren“? Unser Guitar Guru beantwortet sie. Monat für Monat. Diesmal geht es um eine alte deutsche Archtop.

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? Ende der 60er-Jahre verunglückte ein Freund tödlich. Das war vor 54 Jahren. Auch er war Gitarrist und durch ihn begeisterte ich mich u.a. auch für südamerikanische Musik. Seine Mutter überlies mir damals seine Gitarre. Da niemand von meinen Kindern ein Instrument spielt (ich nur Percussion), möchte ich das gute Stück an jemanden verkaufen. Vielleicht kann der Guru mir mehr zu dem Wert des Instruments sagen.

Michael

Bei der Gitarre handelt es sich um das Modell „Broadway“ des deutschen Gitarrenbauers Rodebald Hoyer. Nicht zu verwechseln mit Arnold Hoyer, aus dessen Betrieb die immer noch gültige Marke Hoyer entstammt, der aber nicht mit Rodebald verwandt war. Rodebald Hoyer wurde 1909 in Schönbach (heute Luby in Tschechien) geboren. Wie so viele andere Gitarrenbauer aus dieser Gegend musste er nach dem Zweiten Weltkrieg nach Westdeutschland übersiedeln – er ließ sich in Kochel am See nieder, wo er 1948 eine Werkstatt eröffnete.

In der Folgezeit baute Hoyer den Betrieb zu respektabler Größe aus und baute zahlreiche Archtop-Modelle, die damals als „Schlaggitarren“ bezeichnet wurden, denn im Gegensatz zur gezupften, klassischen Gitarre, waren diese für die Rhythmus-Begleitung von Ensembles gedacht und wurden mit dem Plektrum „geschlagen“. Die heute oftmals übliche Bezeichnung als „Jazzgitarre“ ist etwas irreführend, denn ihr sehr heller, perkussiver und trockener Klang entspricht an sich nicht gerade dem, was man landläufig unter einem Jazzgitarren-Klang versteht; sie waren aber eben vor allem dazu gedacht, sich in einem akustischen Ensemble gegen Sänger, Blasinstrumente etc. rhythmisch durchzusetzen.

Rodebald Hoyers Betrieb erlangte nie die Größe und Reichweite wie Höfner, Klira oder Framus, aber er belieferte u.a. das heute noch existierende Münchner Musikhaus Lindberg mit zahlreichen Modellen. Nach seinem Tod 1964 führte seine Frau den Betrieb noch bis 1966 weiter. Deine Gitarre macht uns eine Identifizierung leicht, denn – und das ist relativ ungewöhnlich für Schlaggitarren aus dieser Zeit – es stehen sowohl Hersteller als auch Modellbezeichnung darauf. Laut des Datumsstempels im Inneren ist sie von 1961.

Die Broadway war eines der absoluten Topmodelle von Rodebald Hoyer, mit denen er sein ganzes Können unter Beweis stellte. Massives Holz rundum, aufwändige Verzierungen und so weiter: Wer sich eine Broadway kaufte, holte sich ein echtes Stück deutscher Gitarrenbaukunst ins Haus. Und so sollte man auch heute noch eine derartige Gitarre nicht auf gut Glück bei eBay reinsetzen, sondern einen Liebhaber finden, der dieses edle Stück zu schätzen weiß und bereit ist, einen entsprechenden Preis zu bezahlen. Den würde ich bei zwischen € 800 bis € 1200 sehen.

Noch ein Wort zu dem Framus-Soundboard: Diese Soundboards mit einem, zwei oder gar drei Pickups wurden damals von Schaller hergestellt und an verschiedene Gitarrenhersteller geliefert, manche auch mit Markennamen eingraviert. Es gehört sicherlich nicht original zu der Gitarre, sondern wurde nachträglich von jemandem eingebaut, um sie zu „elektrifizieren“. In gutem, funktionierenden Zustand werden diese Teile für zwischen € 80 bis € 200 gehandelt, an deinem wurde jedoch bereits herumgebastelt (der Pickup-Wahlschalter wurde ausgetauscht, sieht man auch deutlich an der Anzeige).

Es ist ein bisschen irreführend wegen des differierenden Markennamens, aber in der Regel findet eine derartige Gitarre leichter einen Käufer, wenn ein Pickup installiert ist – deshalb: Lass es am besten drauf, aber weise darauf hin, dass es nicht original zu der Gitarre gehört, und dass es sich bei dem Instrument nicht um eine Framus-Gitarre handelt.

Guitar Guru

(erschienen in Gitarre & Bass 04/2021)

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