Inspiriert von den großen Klassikern, fließen in diese Bässe die jahrelangen Erfahrungen von Johannes Pöhlmann ein, immer auf der Suche nach dem „True Tone“.
Die Kulmination aller Erfahrungen und Ideen findet sich in unseren Testbässen wieder, die all das in liebevoller Handarbeit umsetzen.
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TRADITIONELLER FORTSCHRITT
Die Holzkonstruktion liest sich nach gutem Standard: Erle-Body in Kombination mit einem geschraubten einteiligen Ahornhals, es steckt aber viel „True Tone“ drin. Der Korpus wird mit zig Waben versehen, die Gewicht sparen und zusätzliches Attack und satteren Klang bringen sollen. Davon sieht man nach Aufleimen der Decke beim fertigen Bass natürlich nichts mehr.
Bild: Dieter Stork
Bild: Dieter Stork
Beim Hals gibt es hingegen einiges zu sehen. Nicht den Zweiwege-Stahlstab, aber dessen Einstellmutter, die am Korpusende leicht zugänglich ist. Die Kopfplatte zeigt Echos der alten Vincent-Form, ist aber gefälliger und trotzdem eigen. 21 schmale und niedrige Vintage-Bünde sind sauber eingesetzt und akkurat abgerichtet, dazu kommt ein Nullbund.
(Bild: Dieter Stork)
Ein weiteres True-Tone-Element ist die zugehörige Saitenführung. Die übernimmt traditionell ein Sattel, hier ist das mit einem Saitenniederhalter aus Carbon gelöst, der gleichzeitig die Saiten auf Kurs hält. Das funktioniert, auch dank des geraden Zugs zu den Mechaniken, ganz hervorragend. Da so der nötige Druck für alle Saiten sichergestellt ist, kann die Kopfplatte mit nur wenig Versatz nach hinten gebaut werden, was einen eleganten Übergang vom Hals ermöglicht. Damit die Balance stimmt, werden Hipshot Ultra Lites verbaut, die präzise Stimmung mit einstellbarer Gängigkeit und sehr leichtem Gewicht kombinieren und der Kopfplatte sehr gut stehen.
Die Brücke erinnert etwas an Lakland und ist formal eine Variante des guten alten Blechwinkels. Mit poliertem Edelstahl ist aber anderes Material am Start, die Ballends werden recht tief einfach eingehängt, die Saiten laufen dann mit Druck in einem recht steilen Winkel über die Saitenreiter, von denen die äußeren in Rillen gegen seitliches Verrutschen stehen – fertig ist ein weiteres True-Tone-Element.
Reine Optik sind dagegen die Schlagbretter. Beim Metropol ist es dreilagig mint-weiß mit einem etwas zu großen Ausschnitt für den Pickup, beim Akkurat ein schönes Tortoise, wobei hier der Anschluss an die Metall-Kontrollplatte exakter sein könnte. Vielleicht eine Verbeugung vor den charmant unpräzisen Vintage-Originalen? Während die Platte bei Jazz-ähnlichen Bässen Standard ist, ist sie bei Prezi-esken zwar keineswegs neu, aber immer noch ungewöhnlich.
Ein Vorteil für mich, dass ich für den obligatorischen Blick auf die Verdrahtung nur jeweils drei Schrauben lösen muss. Liebevolle Verarbeitung zeigt sich da, und beste Komponenten. Der Metropol ist mit einem Balance-Regler ausgelegt statt mit zwei Volume-Reglern, was schnelleren Zugriff auf Mischungen der beiden Häussel-Pickups bietet. Mit einem Häussel ist auch der Fünfer bestückt, das cremefarbene Gehäuse gibt einen coolen „gemoddeten“ Look, alle Pickups könnten fester unterfüttert sein.
Einstellarbeiten an den Bässen gehen leicht von der Hand, in einem kleinen Stoffsäckchen findet sich Kombiwerkzeug mit Rundstab für den Trussrod und Inbus für die Saitenreiter an einem Holzgriff. Dazu gibt es ein Poliervlies und etwas Öl, um den handgeölten Hals jederzeit wieder in einen frischen Zustand versetzen zu können. Das einzig Mühselige ist der Saitenwechsel, für den der Graphitniederhalter am besten ganz abgeschraubt wird, nur H und G sind auch ohne Demontage leicht zu ersetzen. In diesem Fall sehe ich das nicht als Minuspunkt.
DIE WAHREN VINCENTS
Jedes Mal, wenn ich den Akkurat-Fünfer in die Hand nehme, bin ich erneut überrascht, wie leicht er sich vom Boden löst – das Gewicht ist für einen ausgewachsenen Bass wirklich erstaunlich.
Entsprechend wenig zieht er an der Schulter, aber trotz leichter Mechaniken ist er – in sehr beherrschbarem Rahmen – kopflastig. Trübt den Spielspaß kein bisschen. Bei der Halsbreite glaubte ich mich verlesen zu haben – 49 mm am ersten Bund? Das ist schon eine Handvoll. Die meisten meiner Fünfer haben eher 45. Fällt nur gar nicht so richtig auf, denn durch die flache C-Form liegt der Hals so angenehm in der Hand, dass ich die Breite gar nicht als so üppig wahrnehme. Dafür sind die Saitenabstände in einem Bereich, den man von Viersaitern kennt, was sich mit knapp 20 mm an der Brücke auf ganzer Länge fortsetzt. Also ein erwachsener P-Bass plus tiefer H-Saite, nicht mehr, aber auch nicht weniger.
Der Häussel-Pickup hat ein angenehm abgerundetes Gehäuse, auf dem der Daumen sich überaus wohl fühlt, und auch klanglich gibt es wie erwartet nichts an ihm auszusetzen. Der Ton kommt, so wie er sich schon trocken präsentiert: Offen mit schönem Draht und kehligen Mitten. Das ist eher sauber als rotzig, eher modern als oldschool, mit einer soliden H-Saite und gleichmäßiger Ansprache über alle Bünde, bei extrem gutem Sustain. Mit der sehr gut abgestimmten Höhenblende geht es auch in vintage-mäßigere Gefilde.
Der Metropol hängt noch entspannter am Gurt, weniger Halsmasse, kleinere Kopfplatte und eine Mechanik weniger sorgen mit dem klassisch geschwungenen Korpus für fantastische Balance. Auch hier fällt wieder gar nicht auf, dass der Hals mit 40 mm etwas breiter ist als der Klassiker. Die Linke fühlt sich geschmeichelt vom schlanken C mit flottem Öl-Finish. Wie beim Akkurat ist eine flache Saitenlage möglich, die Bundierung ist wirklich exzellent.
Die Häussels sind in der 70er-Position eingesetzt, also mit dem Steg-Pickup zur Brücke hin versetzt. Was natürlich sofort die Frage aufwirft: Millert er? Ja, soweit man dem Marcus-Miller-Ton mit einem Passivbass nahekommen kann, geht das mit dem Vincent!
Von den Einzelpositionen weiß der Hals-Pickup zu überzeugen, der Steg klingt naturgemäß sehr knackig. Gut für Solo-Spots, um tragfähig zu sein, bedarf es der Unterstützung seitens des Amps. Was der Metropol dagegen ganz von alleine kann, sind feine und feinste Mischungen. Selten ein so gut arbeitendes Balance-Poti gehört, da passiert wirklich auf jedem Millimeter etwas. In der Mittelstellung ist der Bass still, mit dem Brummen der Einzelabnehmer würde ich mich anfreunden können, gibt es im Ausgleich dafür doch besten Singlecoil-Sound.
Etwas verbessern könnte man das Verhältnis Ton/Brummen noch mit näher an die Saiten gedrehten Pickups, der Bass ist insgesamt relativ leise. Das scheitert allerdings an der weichen Unterfütterung, die nicht genug von unten drückt und auch zu festem Daumenabstützen ungnädig nachgibt. Dem wäre aber leicht beizukommen. Der Kondensator des Tonpotis schneidet für meinen Geschmack den Ton beim Metropol am Ende etwas tief ab, arbeitet aber auch wieder sehr gleichmäßig.
(Bild: Dieter Stork)
RESÜMEE
Modifizierte, modernisierte, teils hochgezüchtete Versionen von Leos klassischen Entwürfen sind ja nichts Neues. Und trotzdem schafft Vincent es, dem Thema neue und ganz eigene Seiten abzugewinnen. Eher der Tradition verpflichtet, einfach nur mit einem fantastischen Holzton, der mit bewährt guten Tonabnehmern elektrisch umgesetzt wird, glänzen Metropol wie Akkurat 5 mit innovativen Ideen wie dem Waben-durchzogenen Body und Details wie dem saitenführenden Saitenniederhalter. Die sind nie Selbstzweck, sondern immer im Dienste des True Tone, den der Metropol wie erwartet etwas wendiger und mit hervorragender Mischung der beiden Pickups umsetzt, während der Akkurat 5 eher den Geradeaus-Charme eines soliden Arbeitsgerätes ausstrahlt. In der Bespielbarkeit sind beide gleich mühelos und mit ihrem geringen Gewicht dazu noch ein Labsal für geplagte Schultern.