Welcome back, Sigma! Das einstige Günstig-Label von C.F. Martin fiel in einen Dornröschen-Schlaf und wurde nun vom deutschen Instrumenten-Vertrieb AMI aus München wieder wachgeküsst.
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Das ist wirklich eine gute Nachricht, denn zumindest die zwischen 1970 und 1979 angebotenen poor-man’s-Martins aus japanischer Produktion, wurden von nicht wenigen geschätzt und späterhin vermisst. Das waren vollmassive Acoustics von toller Qualität, die entsprechend selten auf dem Gebrauchtmarkt in Erscheinung treten, weil jeder der eine hat, sie behält. Die Produktion wanderte nach Korea, dann nach Taiwan, bis die Instrumente 2007 endgültig vom Markt verschwanden.
Und nun hat sich AMI also daran gemacht, die Geschichte fortzuschreiben. Bei einem renommierten chinesischen Hersteller wird unter strengen Vorgaben die neue Produktlinie hergestellt. Es handelt sich natürlich ausschließlich um Kopien bekannter Martin-Modelle – hier und heute geht es um eine Triple-0, ein beliebtes Format, das auch Mr. Clapton favorisiert. Seine Martin-Signature-000-28EC kostet allerdings etwa das 7-fache dieser Sigma …
Vor über 80 Jahren wurde diese Modell-Spezies auf den Markt gebracht und die Eckdaten haben immer noch, erst recht bei diesem Instrument aus der Vintage-Serie von Sigma, Gültigkeit: massive Decke aus Sitka-Fichte trifft auf Zargen und Boden aus Indischem Palisander.
Erstere natürlich mit amtlicher Herringbone-Einfassung, der Boden per kunstvollem Einlagestreifen zweigeteilt. Der Mahagonihals ist am 14. Bund angesetzt und mit einem Palisandergriffbrett belegt. Dieses zeigt 20 sauber gearbeitete, schlanke Bünde und die klassischen Slotted-Diamond-Einlagen. Stegeinlage und Sattel sind aus Knochen und fein säuberlich gefeilt. Die Saiten laufen zur rückseitig in typischer Weise verstärkten Kopfplatte mit offenen, vernickelten Grover-Mechaniken. Die gesamte Verarbeitung, Lackierung und Einstellung der Gitarre ist überaus sauber ausgeführt.
Hätte man sie mir mit verdeckter Kopfplatte präsentiert, wäre meine Schätzung hinsichtlich der Preisklasse voll daneben gegangen.
Auch Kollegen und Freunde haben ungläubig gestaunt, was hier zu diesem Preis geboten wird.
Die Sigma 000R-28V in der Praxis
Natürlich gibt es hier wenig grundsätzlich Neues zu berichten. Eine Triple-0 mit ihren schlanken Zargen liegt bequem am Spieler und der mattlackierte Hals schmiegt sein C-Profil in die linke Hand. Die Bespielbarkeit ist – bis zum 15. Bund – bestens, bei der Saitenlage wären noch ein paar Zehntel drin, ohne dass es schnarrt.
Was hier bemerkenswert ist, ist die Klanggüte im Verhältnis zum Preis. Die Sigma klingt modelltypisch, authentisch, kraft- und charaktervoll und verströmt jede Menge Martin-Charme. Alle Achtung, wirklich nicht schlecht, meine Damen und Herrn. Natürlich wird die zigfach Teurere aus Nathareth, Pennsilvania noch etwas mehr von allem bieten. Aber hallo, bitteschön, was hier an Sound, Sustain, Dynamik und Charakter um die Ecke kommt ist nicht weniger als beachtlich.
Resümee
Meine Güte – da hat die AMI-Crew aus dem schönen Bayern aber etwas auf den Weg gebracht … Optik und Verarbeitung erstaunlich, Klang und Spielbarkeit nicht minder. Ich prophezeie diesen Sigma-Gitarren einen Siegeszug durch die Musikgeschäfte. Bleibt nur zu hoffen, dass bei steigender Nachfrage und Stückzahlen die momentane Qualität gehalten werden kann. Wie sagt es der Hersteller so schön: „The Sigma story goes on“ – gut Sache, das.
Extra: Wieso 000?
… und warum 28?
Im 19. Jahrhundert fing C.F.Martin an, die Modellgrößen mit Zahlen zu bezeichnen. 3 war das kleinste Instrument (Terzgitarre), 2 das nächst größere usw. Irgendwann war man bei 0 angekommen und als noch größere Modelle folgten, kam man halt zu 00 und 000. Die Zahlen hinter dem Bindestrich bezeichnen die Ausführung bzw. die Holzkombination der jeweiligen Gitarre. 28 steht z. B. für Fichtendecke/Palisanderkorpus. Dieses doppelte Zahlensystem hat sich bis heute gehalten, obwohl 000-Gitarren auch gerne als Orchestra- oder Auditorium-Model bezeichnet werden.
Die erste 000-28 in der hier vorliegenden Form wurde 1929 gebaut. Sie stellte mit ihrem Korpusvolumen, ihrer Mensur und vor allem mit dem Halsansatz am 14. Bund einen riesigen Schritt in die Moderne dar. Martin konnte so mehr Lautstärke bieten, mehr Saitenzug für Plektrumspieler ermöglichen und mehr Bünde für Solisten zugänglich machen als irgendein Konkurrent.
Danach wollte man nicht noch mehr Nullen aneinanderreihen und nannte das neue, noch größere Modell Dreadnought – eine andere Geschichte.
Als in den späten 60er-Jahren günstige Fernost-Kopien die USA überschwemmten und die Marktanteile des Traditionsherstellers in Gefahr gerieten, entschloß man sich zur Gegenoffensive: Sigma Guitars
schönes Review. Listenpreis ist allerdings 1496 €…