+++ Album Review: Growth – The Smothering Arms of Mercy +++

Metal Guitars: Koca V-Blade 7FF

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(Bild: Simon Hawemann)

Ich freue mich immer besonders über lokale Custom Shops zu schreiben. Und wer meine Kolumnen Weile verfolgt hat, wird den Namen Koca Guitars vielleicht noch in Erinnerung haben. Den türkischstämmigen Erdem Koca hat es genau wie mich vor ein paar Jahren nach Tampa, Florida verschlagen, und ich habe ihn in der Gitarrenwerkstatt meines Vertrauens kennengelernt, wo er auch seine exotischen Custom-Instrumente baut.

Letztes Jahr hat Erdem auch mir eine tolle Gitarre gebaut, aber was er hier mit seinem neusten Prototypen abliefert, lässt mich doch etwas neidisch werden. Die V-Blade ist nämlich wirklich in jeder Hinsicht radikal und trifft damit total meinen Nerv.

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SCHARFE KLINGE

Wenn ich an eine V-förmige Gitarre denke, kommt mir spontan eine schwarze Jackson Rhoads oder King-V-6-Saiter mit einem EMG81/85-Set in den Sinn – nicht etwa exotische Tonhölzer, gefächerte Bünde oder gar eine Headless-Konstruktion. Aber all das hat Erdem Koca dem ersten Prototypen seiner V-Blade spendiert. Und das Konzept geht erschreckend gut auf!

Vielleicht bin ich da jetzt dank meiner Wahlheimat etwas Milieugeschädigt, aber wenn ich mir die V-Blade so ansehe, denke ich direkt an Morbid Angel. Und ich will auch sofort Morbid-Angel-Riffs auf ihr spielen. Und während ich das hier schreibe, läuft ‚Gateways to Annihilation‘ von – genau – Morbid Angel. Ihr seht schon, die Gitarre ruft Assoziationen hervor, auch wenn ich mir nicht ganz erklären kann, woran das genau liegt. Meinen Test-Soundfiles der Koca V hört man diese Assoziationen ebenfalls an. Aber überzeugt euch selbst:

Die V-Blade ist schon optisch beeindruckend. Koca Guitars sind für ihr gutes Händchen in Sachen spektakulärer Holzauswahl bekannt und die V ist da keine Ausnahme. Ich bin sowieso schon großer Fan von Claro-Walnut-Decken, aber das hier verbaute Top lässt mich vor Neid erblassen! Die Maserung ist derart dreidimensional und detailreich, dass man sich in ihr leicht verlieren kann.

Eine Augenweide: Das Claro-Walnut-Top (Bild: Simon Hawemann)

Der Korpus aus Honduras-Mahagoni zeichnet sich hinter den mittig im Korpus sitzenden Stimm-Mechaniken mehr als deutlich ab und gibt der V-Blade dadurch einen polarisierenden Look. Dies will Erdem Koca bei kommenden Modellen vermeiden, indem er dickere Tops verwendet, die auch den hinteren Teil der Gitarre abdecken. Und auch wenn mich das gegenwärtig nicht stört, denke ich, dass es der richtige Schritt ist. Aber dafür sind Prototypen ja nunmal da…

In Zukunft wird das Top der V-Blade dicker sein und auch den hinteren Teil der Gitarre abdecken. (Bild: Simon Hawemann)

Bei der Holzauswahl für den Hals gibt sich die Koca ebenfalls keine Blöße. Das Griffbrett ist aus spektakulär geflammtem Koa und der Hals aus geflammtem Honduras-Mahagoni gebaut. Wow! Sowas sieht man nicht alle Tage – schon gar nicht an einer V. Die stark gemaserten Hölzer verleihen der V-Blade neben ihrer aggressiven Form jedenfalls einen gehörigen Schub Boutique-Ästhetik, was durchaus dem Anspruch von Erdem Koca entspricht.

Die Hantug-Brücke ist hochpräzise verarbeitet. (Bild: Simon Hawemann)

Diesem wird auch der Headless-Steg von Hantug gerecht, der sich wertig anfühlt und präzise operiert. Von hier aus verlaufen die Saiten am anderen Ende der Gitarre über einen GraphTech-TUSQ-Sattel und von da aus durch simple Endhülsen durch die kaum existente Kopfplatte – genau wie bei einer String-Thru-Body-Konstruktion, die man sonst eher am Steg findet.

Statt in Locking-Mechaniken verlaufen die Saiten der V-Blade durch simple Endhülsen.
Statt in Locking-Mechaniken verlaufen die Saiten der V-Blade durch simple Endhülsen.

Erwähnenswert ist noch, dass die V-Blade im Gegensatz zu anderen Headless-Gitarren nicht kompakter ausgefallen ist. Ganz im Gegenteil – sie füllt einen handelsüblichen SKB-V-Formkoffer nahezu komplett aus. Lediglich bei der (fehlenden) Kopfplatte ist noch etwas Platz.

AXT ODER SCHWERT?

Als Erdem mir die Sevenstring zum ersten Mal in die Hand drückte, war ich erstaunt, wie federleicht dieses Monster ist. Klar, die Erwartung mag man bei Headless-Gitarren vielleicht haben, aber die V-Blade ist in Persona alles andere als klein. Und dann wäre da noch der Mahagoni-Korpus, bei dem ich auch eher mit einem höheren Gewicht gerechnet hatte, doch das Honduras-Mahagoni macht hier den entscheidenden Unterschied. Gleiches hatte ich übrigens auch bei der von mir bereits getesteten Hesperian 7 vom kürzlich verstorbenen Bernie Rico Jr. festgestellt, die ebenfalls aus diesem Tonholz gebaut war.

Der Korpus der V-Blade zwingt einen jedenfalls geradezu dazu, die Gitarre in klassischer Position zu spielen. Auf dem rechten Oberschenkel zumindest lässt sie sich schon mal nicht platzieren – keine Chance! Aber ich fühle mich in der klassischen Position durchaus wohl und komme somit auch schnell mit der siebensaitigen V klar. Eben diese Spielposition hilft mir auch etwas, beim Spielen den Winkel des Hantug-Steg-Systems zu kompensieren.

Denn dank der gefächerten Bünde ist natürlich auch dieser angewinkelt, was beim Palm-Muting gewöhnungsbedürftig ist und Nachjustierung der Handhaltung erfordert. Auch die gefächerten Bünde setzen etwas Anpassung voraus, aber meiner Erfahrung nach ist das bei Headless-Gitarren immer etwas einfacher als bei normalen Gitarren. Wahrscheinlich ist das dem sonst etwas kompakteren Format von Headless-Klampfen geschuldet, auch wenn das speziell bei der V-Blade 7FF, wie gesagt, nicht der Fall ist. Dennoch fühle ich mich auf dem schönen Koa-Griffbrett schnell zu Hause, auch dank des Halses mit seinem wirklich komfortablem C-Profil. Dieser ist am Sattel 20 mm und am 12. Bund 21 mm schlank und spielt sich trotz der Glanzlackierung sehr gut, auch wenn ein geölter Hals sicherlich noch „schneller“ gewesen wäre.

(Bild: Simon Hawemann)

Wie bei jeder Gitarre mit gefächerten Bünden sticht mir allerdings die Kante des Sattels beim Spielen im ersten Bund etwas in den Zeigfinger bzw. die Seite meiner Hand. Da der parallele Bund des gefächerten Griffbretts (27“-25,5“) in diesem Fall an der 12. Position liegt, ist der Winkel des ersten Bundes etwas extrem ausgefallen und für mich und mein eher Rhythmus-orientiertes Spiel damit unbequem. Bei der 7-String die Koca Guitars für mich gebaut haben, ist der parallele Bund in der 7. Position, was für einen Fächer sorgt, der sich für meinen Geschmack natürlicher anfühlt. Das würde bei der V-Blade sicher auch nicht schaden, aber da es sich ja um eine Custom-Gitarre handelt, dürfte die Wahl des parallelen Bundes dem Wunsch des Kunden überlassen gewesen sein. Für Lead-orientierte Gitarristen sollte dieser Fächer dafür allerdings hindernisfreier und komfortabler sein.

AB DURCH DIE MITTE

Eine Überraschung sind für mich die eigens für Koca angefertigten Modern Pickups aus dem mir bislang unbekannten Hause ERS (Türkei). Diese klingen einfach sowas von geschmackvoll crunchy, dass es ein Leichtes ist, der V-Blade eben jenen Death-Metal-Ton wie dem von den eingangs erwähnten Morbid Angel zu entlocken. Die Mitten schieben besonders satt und fett, ohne dabei aber an Tightness in den tiefen Registern einzubüßen, aber die Gitarre hat eben nicht diesen zu gehypten Höhen-Biss, was eine begrüßenswerte Abwechslung ist. Und auch rockige Sounds können die ERS-Koca-Moderns ausgesprochen gut. Einfach den Gain-Regler am Amp etwas zurückdrehen, gleiches mit dem Volumen-Regler, und schon steht klassischen Rock- und Metal-Sounds nichts mehr im Wege.

Auch von hinten schön exotisch: Zum Teil geflammtes Honduras-Mahagoni so weit das Auge reicht. (Bild: Simon Hawemann)

FAZIT

Die Koca V-Blade 7FF polarisiert, so viel ist mal klar. Das stellte sich schon beim Post auf meinem Instagram-Profil in den Kommentaren heraus. Wenn bei zukünftigen Modellen allerdings der Teil des Korpus zwischen Steg und Zarge noch mit dem Deckenholz bedeckt ist, sollte die V-Form etwas weniger „gespreizt“ daherkommen und vielen schon etwas wohltuender ins Auge stechen. Ansonsten ist die siebensaitige Koca V eine in vielerlei Hinsicht überraschende Gitarre.

Der Clash aus aggressiver Form und Boutique-Hölzern funktioniert für mich wunderbar, aber man findet diese Zweideutigkeit eben auch im Sound wieder, wo das gute Stück mit mehr Vielfältigkeit als zunächst erwartet glänzen kann. Die Verarbeitung ist, wie von Koca gewohnt, erste Sahne. Einzig die Position des parallelen Bundes und der daraus resultierende Winkel der gefächerten Bünde ist meine Erachtens nicht optimal. Aber das ist natürlich Geschmackssache.

SPECS

  • Honduras-Mahagoni-Korpus
  • Geflammte Claro-Walnut-Decke
  • Geflammter Honduras-Mahagoni-Hals, geleimt
  • 27″-25.5″ Mensur
  • 16″ Radius
  • Geflammtes Koa-Griffbrett
  • 24 Jumbo-Bünde
  • Hantug-Steg
  • GraphTech-TUSQ-Sattel
  • ERS Koca Modern Humbucker
  • Preis: $ 3200 (Basis), $ 4500 (Review Exemplar)

ALBUM REVIEW

(Bild: Wild Thing Records)

GROWTH: THE SMOTHERING ARMS OF MERCY

Bei Growth handelt es sich um eine Neuentdeckung von mir, auf die ich jüngst dank eines Fans aus Australien aufmerksam geworden bin. Die Band stammt aus Melbourne, ist aber über die Landesgrenzen hinaus nicht wahnsinnig bekannt. Dies ändert sich hoffentlich mit der Veröffentlichung von ‚The Smothering Arms of Mercy‘. Growth spielen dissonanten Death Metal à la Gorguts, aber mit einem melodischeren Einschlag, der sich ab und an in (mehr oder weniger) clean gesungenen Parts ausdrückt, aber auch von den Gitarren getragen wird, die häufig offene Akkorde voller Drama spielen.

Was meine ich mit Drama? Die Band hat ein Händchen für das Spiel mit Spannung und der Auflösung eben dieser. Damit sind Growth für eine dissonante Band überdurchschnittlich hörbar. Allerdings soll das nicht heißen, dass auf ‚The Smothering Arms of Mercy‘ Radio Rock aufgefahren wird. Die cleaneren Parts erinnern vom Gesang her vielleicht am ehesten an ältere Mastodon, haben also durchaus einen körnigen Anstrich.

Ansonsten hat die Band hörbar Gefallen an verschachtelten Songstrukturen. Drums und Gitarren ergänzen sich in dieser Hinsicht wirklich vortrefflich und die leicht kehligen Death-Metal-Vocals passen auch super ins Klangbild. Aber was rede ich hier um den heißen Brei? Dieses Album ist ein super Einstieg in die Welt des dissonanten Death Metals, ohne dabei Substanz vermissen zu lassen. Auch Genre-Veteranen sollten hier somit auf ihre Kosten kommen!

(erschienen in Gitarre & Bass 02/2021)

Kommentare zu diesem Artikel

  1. Tolle Hölzer und ich finde den hellen Zwickel zwischen den dunkel furnierten Korpusflügeln sehr hübsch.

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