Im Interview

Kirk Fletcher: Zurück zum Blues

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(Bild: Rick Gould)

Der in Kalifornien aufgewachsene Sänger und Gitarrist präsentiert auf ,My Blues Pathway‘ tolle Songs zwischen Funk, schönen Soul-Balladen und knackigen Shuffle-Nummern. Fletchers Verwurzelung in der Blues-Tradition schwingt in jedem Bending, Fingervibrato und Lick mit. Seine Spiel ist einfach nur packend und ein Genuss für Blues-Fans. Ein Gespräch mit dem heute in der Schweiz lebenden Musiker über Songs, Sound, Gitarren und seine lange Karriere.

interview

Kirk, du hast bereits mit acht Jahren in der Kirche deines Vaters Gitarre gespielt. Wie bist du zum Instrument gekommen?

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Mein älterer Bruder Walter spielte Gitarre und wenn seine Gitarre herumlag, nahm ich sie mir und fing an zu spielen. Schließlich spielte ich dann auch in der Kirche meines Vaters.

Ich nehme an, du hast damals viel Gospel gespielt.

Ja, das habe ich viele Jahre lang gemacht.

Kannst du dich an deine erste E-Gitarre erinnern?

Klar, das war eine japanische Squier Stratocaster. Ich habe sie mit etwa 13 oder 14 bekommen.

Welche Musik hast du damals gehört?

Ich war noch sehr jung, aber mein Bruder hatte eine große Plattensammlung und ich habe Sachen von Jimi Hendrix, Van Halen, George Benson, Grover Washington Jr. und Chaka Khan gehört, also alles mögliche.

Du hast später in Los Angeles in einem Musikladen gearbeitet, wo du den Techniker Jeff Rivera getroffen hast, der auch für Robben Ford arbeitete.

Ja, das war direkt nach der High School. Ich hing dort tagelang ab und traf eine Menge Leute. Jeff brauchte jemanden, der ihm dabei half Equipment zu transportieren. Das war für Proben und solche Sachen oder auch für verschiedene Aufnahme-Sessions von Robben Ford.

Hast du Robben Ford auch getroffen?

Ja, manchmal im Musikladen. Robben war sehr nett und redete mit mir. Ich fragte ihn nach Equipment-Tipps oder welches Miles-Davis-Album ich mir kaufen sollte.

Später hast du dann bei The Fabulous Thunderbirds gespielt, live und auf dem 2005er-Album ,Painted On‘. Wie kam es dazu?

Nun, zunächst habe ich in der Band ihres Sängers Kim Wilson gespielt, danach mit Harmonikaspieler Charlie Musselwhite. Ich kannte also Kim und so bin ich schließlich zu den Thunderbirds gekommen.

Du warst auch bei recht unterschiedlichen Pop-Musikern aktiv, wie Cyndi Lauper, Michelle Branch und Eros Ramazzotti.

Mit Cyndi Lauper war es nur ein Gig, denn es hat zwischen uns nicht funktioniert. Mit Michelle Branch habe ich auch nur einmal gespielt, zusammen mit meinem Freund Michael Landau. Aber mit Eros Ramazzotti war ich auf einer Welttournee, ich glaube 2013. Das war wirklich großartig. Das Leben in Italien und Europa hat es mir einfach gemacht vor kurzem in die Schweiz zu ziehen.

1999 kam mit ,I‘m Here & I‘m Gone‘ dein erstes Solo-Album, jetzt erscheint Album Nummer sieben. Was hat sich bei den Aufnahmen über die Jahre geändert?

Als ich damals meine erste Platte aufnahm, war ich nur Gitarrist, hatte Gastsänger und die Songs wurden von anderen geschrieben. Inzwischen spiele ich meine eigene Version von Blues-Musik, ich singe und schreibe nun meine eigenen Songs. Mein neues Album führte mich zurück zum Blues und den Dingen, die mich in der Zeit, als ich anfing in Clubs zu spielen, begeistert haben. Ich spiele auf ,My Blues Pathway‘ sogar dieselbe Stratocaster, die auch auf dem ersten Album zu hören ist.

Wurden die Songs live eingespielt?

Ja! Ich habe sie in Los Angeles mit vielen Freunden aufgenommen. Drummer David Kida, der die meisten Stücke eintrommelte, kenne ich seit über 25 Jahren. Dann waren noch Drummer Lemar Carter, Travis Carlson am Bass und Keyboarder Jeff Babko mit von der Partie. Außerdem Saxofonist Joe Sublett, der in der Phantom Blues Band und auch mit Stevie Ray Vaughan gespielt hat. Und als Special Guest ist Charlie Musselwhite an der Harp dabei.

Gab es auch Overdubs?

Nicht so viele. Bei den meisten Songs haben wir die live eingespielten Gitarrenspuren verwendet, wie in ,Heart So Heavy‘. Aber ich habe auch einige der Gitarren und einige Gesangsspuren später in Bristol in England neu aufgenommen.

(Bild: Rick Gould)

Beim Hören von ,My Blues Pathway‘ hat man das Gefühl, dass es ein sehr persönliches Album für dich ist.

Stimmt, dies ist das Album, das Kirk Fletcher machen musste. Ich bin so ein richtiger Blues-Typ, ich liebe diese Musik und wollte eine Platte machen, die zeigt woher ich komme: nämlich von Blues, Gospel und Soul. Ich wollte etwas Besonderes sagen und meinen Weg zeigen, der am Ende modernen mit klassischem Blues vereint. Das Album ist mein persönliches Statement.

Die ersten drei Nummern klingen sehr von Soul und Funk beeinflusst. Das erinnert etwa an den Stil von Robert Cray in den 80er-Jahren.

Ja, das ist genau das, was ich machen wollte. Ich mag die Sachen von Robert. Wir haben solche Songs dann mit anderen in Richtung Chicago-Blues gemixt wie in ,Fattening Frogs For Snakes‘.

Zwei Nummern hast du mit Robert-Cray-Bassist Richard Cousins geschrieben.

Es hat viel Spaß gemacht, mit ihm zu arbeiten. Ich bin seit langem ein Fan von Richard, Robert und der Band, und mit einem meiner Helden zusammenzuarbeiten war großartig. Er hat wirklich verstanden in welche Richtung ich gehen wollte, es gab keine Meinungsverschiedenheiten über irgendetwas. Er lebt übrigens wie ich in der Schweiz, gerade mal eine halbe Stunde von mir entfernt.

Im groovigen Moll-Blues ,Struggle For Grace‘ wandelst du in den Fußstapfen von B.B. King.

Absolut. Ich wollte meine eigene Version seines Songs ,The Thrill Is Gone‘ machen, anstatt – wie so viele andere – das Stück zu covern.

,D Is For Denny‘ hingegen ist ein großartiges Texas-Blues-Instrumental.

Das hat viel Spaß gemacht. Das kommt daher, dass ich früher Sachen von Denny Freeman gespielt habe, den ich in den Clubs gehört habe, als ich noch ziemlich jung war. Denny kam aus Texas und lebte in Kalifornien. Ich denke mit diesem Song daran zurück, was ich von ihm gelernt habe, diese texanische fette Art des Spiels. Er ist ein sehr interessanter Gitarrist und hat unter anderem mit Jimmie Vaughan, Stevie Ray Vaughan, Taj Mahal, Percy Sledge, der Phantom Blues Band und auch Bob Dylan gespielt.

Es gibt auf deinem Album den Akustik-Blues ,Life Gave Me A Dirty Deal‘ von Juke Boy Bonner. Das ist ein eher unbekannter Name aus der Blues-Geschichte. Was kannst du mir über Juke Boy sagen?

Er war ein Texas-Bluesman, der gleichzeitig Harmonika und Gitarre spielte. Ich mag seine direkte und pure Art. Ich schreibe meistens positive Songs und wollte noch ein ernstes Cover-Stück auf dem Album haben, das eine andere Seite von mir zeigt. Ich mag den Text ganz besonders. Die Harp spielt hier Charlie Musselwhite. Und mein guter Freund Josh Smith spielt die National Reso-Phonic.

Auf dem neuen Album und besonders in ,I‘d Rather Fight Than Switch‘ zeigst du eine tolle Phrasierung und spielst flat oder sharp intonierte Licks, die mich an Albert Collins erinnern. Es klingt manchmal so, als würdest du ohne Pick nur mit den Fingern anschlagen.

Das habe ich früher mal gemacht. Über die Jahre habe ich es zunehmend einfacher gehalten und spiele nur noch mit Plektrum.

Du hast ein lebendiges Fingervibrato. Würdest du sagen, dass das etwas ist, das man lernen kann?

Klar, denke mal an die Gitarristengeneration der 60er wie Peter Green oder Eric Clapton. Diese Spieler hatten alle ein fantastisches Vibrato. Auch Paul Kossoff von Free gehörte dazu. Ich denke, sie alle müssen viel daran gearbeitet haben. Viele Gitarristen arbeiten an Geschwindigkeit, aber es braucht auch Zeit, ein vernünftiges Fingervibrato hinzubekommen.

Vibrato, Anschlag und Phrasierung sind sicher Dinge auf die man achten sollte als Gitarrist.

Bestimmt, all dies funktioniert, abgesehen von Blues, in vielen verschiedenen Genres. Wenn du dir etwa Rock anhörst, dann haben die Top-Gitarristen eine schöne melodische Phrasierung.

Was ist für dich ein guter Gitarren-Sound?

Er ist relativ unverzerrt, aber du musst noch Sustain haben. Es sollte ein runder angenehmer Ton sein. Ich denke an Leute wie B.B. King, Albert King, Robben Ford, Larry Carlton, Otis Rush und Michael Bloomfield. Sie spielen zwar unterschiedlich, aber haben alle diesen runden, schönen Sound, der eher clean ist. Und sehr laut!

Kirk spielte im Studio den links unten zu sehenden Morgan PR 12. Weiterhin kamen folgende Verstärker zum Einsatz: 2x Fender Super Reverb (1966, 1968), Fender Deluxe Reverb (1965) und ein 633-Engineering-Tweed-Style-Amp
1952er Fender Telecaster mit 1956er Tele-Hals
Kirk experimentiert zu Hause mit u. a. 2x T.C. Electronic Flashback, Catalinbread Topanga Spring Reverb, Electro Harmonix Small Stone Phase Shifter, Vemuram Jan Ray, Boss Vertex Modified und Sho-Bud-Volume-Pedal.
Live-Effekte: Boss FRV-1 ’63 Fender Reverb, Ibanez /Vemuram Tube Screamer
Das Pedalboard von Kollege Josh Smith. Fletcher nutzte im Studio lediglich dessen cremefarbenes Lovepedal Tchula

 

Du selbst arbeitest mit Effektpedalen, oder?

Immer weniger. Ich bin ein Fender-Typ, spiele aber inzwischen Paul-Reed-Smith-Gitarren mit Humbuckern, und die liefern viel Sustain. Ich setze nur selten ein Boost- oder Drive-Pedal ein. Ich mag zwar auch WahWah und gelegentlich kommt mal etwas Delay durch, aber im wesentlichen habe ich einen unverzerrten Sound mit ein bisschen Hall. Das passt für mich.

Du besitzt eine ganze Reihe an alten Instrumenten. Bist du ein Sammler?

Ich habe sie alle für einen bestimmten Zweck. Die 64er-Stratocaster hat einen wärmeren, dunklen Sound, die 57er ist schlagkräftiger. Die meisten Leute sagen, Strats mit Ahornhals sind heller als welche mit Palisanderhals. Ich weiß nicht, ob sie heller klingen, ich denke sie haben eine schnellere Ansprache. Meine 50erTelecaster hat einen wirklich warmen Sound und ich habe noch eine andere Tele, die wiederum heller klingt, aber beide klingen auf ihre Art wirklich gut.

Du sagtest vorhin, dass du heute PRS-Gitarren spielst.

Ja, entweder eine Custom 24 von 1992, die mit 70er-GibsonHumbuckern modifiziert wurde, ein David-Grissom-Modell oder eine PRS-McCarty-594-Semihollow. Live kann ich mit ihnen vieles abdecken, von ES-335- bis zu Telecaster-Klängen. Sie sind wirklich gut gemacht und funktionieren für mich. Dazu kommen dann noch meine Vintage-Gitarren. Ich denke, das ist eine gute Kombination.

(erschienen in Gitarre & Bass 01/2021)

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