(Bild: Dieter Stork)
Mit der zunehmenden Beliebtheit von mobilen und kompakten Gitarren- und Studio-Setups steigt auch der Bedarf an passenden Interfaces. Ob ESI mit dem UGM192 eine gute Alternative zu iRig & Co. bieten können, zeigt der Test.
Dank moderner Plug-ins und leitungsstarker mobiler Hardware lässt sich inzwischen ein komplettes und hochwertiges Gitarren- oder Bassrig im Gigbag transportieren. Alles, was dazu benötigt wird, ist das Instrument, ein Laptop, Tablet oder Smartphone und ein USB-Interface. Der Markt an kompakten Geräten ist allerdings recht überschaubar, selbst kleine Desktop Geräte mit nur ein oder zwei Kanälen sind „on the go“ noch sehr sperrig. Genau diese Nische möchten ESI mit dem UGM192 füllen, die bisher vor allem vom iRig bedient wird.
HARDWARE
Wie kompakt das Gerät tatsächlich ist, wird erst beim Öffnen der Verpackung klar. Obwohl gleich zwei Klinkenbuchsen als Eingang dienen, nimmt das Interface gerade einmal ungefähr den Platz einer kleinen Powerbank ein und wiegt dabei weniger als eine Tafel Schokolade. Anders als bei einigen ähnlichen Produkten dieser Art besteht das Gehäuse des UGM192 allerdings aus stabilem Metall, um die Robustheit muss sich also keine Sorgen gemacht werden.
Der High-Z-Instrumenteneingang sowie der Anschluss für Mikrofone befinden sich auf der Vorderseite. Aus Platzgründen hat man sich beim Mikrofoneingang ebenfalls für eine Klinkenbuchse entschieden, dementsprechend wird ein Adapter von XLR auf TRS Klinke benötigt. Während der Instrumenteneingang keine Einstellmöglichkeiten bietet, lässt sich die Vorverstärkung des Mic-Preamps per Drucktaster in drei Stufen anpassen. Sogar 48V Phantomspannung für Kondensatormikros gehören zur Ausstattung des UGM192.
Ebenfalls auf der Vorderseite befindet sich ein Drucktaster, der zwischen drei Monitormodi schaltet, dazu später mehr. Die Rückseite ist mit drei Anschlüssen und ohne Taster deutlich reduzierter ausgestattet. Da wären zum einen der Anschluss für Kopfhörer, der auch gleichzeitig als Line-Out für Aktivboxen bzw. Monitore genutzt werden kann, zum anderen die USB-C-Buchse, die der Verbindung mit dem Computer oder Tablet dient. Eine Micro-USB-Buchse dient ausschließlich der zusätzlichen Stromversorgung, sollte ein Gerät mal nicht genügend Saft über die Datenverbindung liefern können.
(Bild: Dieter Stork)
LIEFERUMFANG & INSTALLATION
Neben dem Gerät befinden sich in der Packung jeweils ein USB-C-auf-USB-C- und ein USB-C-auf-USB-A-Kabel, dank derer der Test nach dem Auspacken auch direkt losgehen kann. Laut Hersteller soll das Interface unter allen Betriebssystemen ohne Installation zusätzlicher Treiber funktionieren. Unter macOS und iPadOS klappt dies auch tadellos, was inzwischen keine Überraschung mehr ist. Anders sieht es bei Windows aus, hier sind Plug&Play-Interfaces eher die Ausnahme. Umso erfreulicher, dass es auch hier keine Probleme gibt.
Kaum ist das Gerät angeschlossen, wird es schon erkannt und kann als Aufnahme- und Wiedergabegerät genutzt werden. Um unter Windows jedoch auf alle Funktionen, Einstellmöglichkeiten und vor allem niedrige Latenzen zugreifen zu können, empfiehlt sich die Installation des herunterladbaren ASIO-Treibers und Bedienfeldes.
KLANG & WANDLER
Angeschlossen wird zunächst der Kopfhörerausgang getestet. Da das Gerät über keine Lautstärkeregelung per Hardware verfügt, erfolgt die Justierung über die Software des Host-Systems. Auffallend ist das niedrige Rauschen, auch bei hohen Lautstärken. Der Klang ist sehr gut und kommt ohne Färbung aus. Bei einigen mobilen Geräten gibt es Defizite gerade im Bass- und Hochtonbereich. ESI machen hier alles richtig und verwenden hochwertige Wandler. Der Klang ist so gut, dass eine Verwendung als mobiler HiFi-DAC (D/A-Wandler) gar nicht abwegig ist.
Mittels Adapterkabel macht der Wandler auch an Monitoren eine gute Figur, aufgrund fehlender symmetrischer Übertragung könnte es bei großen Studio-Setups und langen Kabelwegen allerdings zu Störungen kommen. Das ist aber wohl eher nicht das Hauptanwendungsgebiet des Interfaces im Kleinstformat. Der Mic-Preamp arbeitet insbesondere in der +30dB-Einstellung mit leichtem Grundrauschen, was aber nicht weiter dramatisch in dieser Preisklasse ist. Der Grundklang ist crisp und direkt, aber nicht dünn.
Etwas Ernüchterung tritt dann beim Test des Instrumenteneingangs auf, denn dieser bietet leider wenig Headroom und ist schnell an seinem Limit angelangt, was sehr schade ist, denn die Performance ist sonst sehr gut. Ein Rauschen ist kaum merklich vorhanden und das aufgenommene Signal braucht sich auch im Direktvergleich mit größeren und teureren Geräten nicht zu verstecken. Mit genügend Reserven ist der Klang sehr offen und detailreich.
Nähert man sich allerdings dem Sättigungsbereich, verliert der Klang stark an Brillanz. Laut der Pegelanzeige in der Bediensoftware ist dies ab ca. -10dB der Fall. Outputstarke Instrumente müssen also vorher „gedrosselt“ werden. Insbesondere bei lauten Bässen, Synths oder Drum-Computern ist der Eingang schnell übersteuert. Ein Taster zum Absenken des Eingangspegels wäre schön gewesen, gern auch auf der Rückseite, falls nötig.
(Bild: Dieter Stork)
PRAXIS
Sofern die Voraussetzung der passenden Pegel erfüllt ist, macht das Arbeiten mit dem UGM192 richtig Spaß. Die erreichbaren Roundtrip-Latenzen liegen je nach Abtastrate zwischen 4 und 8 ms, sofern das Host-System entsprechend geringe Puffergrößen ohne Knackser verarbeiten kann. Im Test gelingt dies aber sowohl am iPad mit diversen Modeling-Apps als auch an Desktop-Rechnern. Wer lieber auf Hardwaremonitoring vertraut, der kann sich durch Drücken des Monitoring-Tasters beide Eingänge entweder hart links/rechts im Stereobild auf den Ausgang routen oder beide Eingänge gemischt. Alternativ kann das Hardwaremonitoring auf dieselbe Weise natürlich auch komplett deaktiviert werden.
Per Software-Bedienfeld lassen sich unkompliziert die Abtastrate und die Lautstärke des Kopfhörerausgangs einstellen. Beeindruckend für diese Preisklasse ist die Möglichkeit, unkompliziert in der Bediensoftware Loopback-Recordings per virtueller Audiokanäle zu erzeugen. Hierzu werden lediglich virtuelle Patchkabel zwischen den Kanälen gezogen, welche in der Audiosoftware als reguläre Ein- und Ausgänge angewählt werden können. Praktisch, um beispielsweise das Computer-Audio als Eingang für Aufnahmen oder Programme wie Skype oder Twitch nutzen zu können.
RESÜMEE
Das UGM192 kann mit hoher Audioqualität, großem Funktionsumfang und kompakten Maßen punkten. Dank DirectWIRE und Mikrofon-Preamp ist das Gerät nicht nur eine Lösung für Instrumentalisten mit leichtem Gepäck, sondern auch für Podcaster oder Streamer, die mehrere Audioquellen in einem Livestream unterbringen müssen. Wer sich mit dem vergleichsweise geringen Headroom der Eingänge arrangieren kann, findet hier ein tolles Interface mit fast unschlagbarem Preis-Leistungs-Verhältnis.
PLUS
● sehr leicht und kompakt
● DirectWIRE für unkompliziertes Loopback
● Plug&Play unter allen Systemen
● niedrige Latenzen
● niedriges Rauschen
● Phantomspeisung
● als mobiler HiFi-DAC geeignet
MINUS
● kein Input-Pad, wenig Headroom
(erschienen in Gitarre & Bass 12/2020)