ESP/LTD hat eine Serie im Programm, die sich ein wenig mit der eigenen Firmengeschichte beschäftigt. Für die Modelle der Custom-87-Reihe wurde der Katalog aus dem Jahr 1987 noch einmal hervorgeholt und als Inspirationsquelle genutzt.
Natürlich werden die heutigen LTD-Gitarren nicht wie damals im japanischen Custom Shop, sondern in Korea gefertigt – dennoch hat der Hersteller über die Jahre eindrucksvoll unter Beweis gestellt, dass die dort produzierten Gitarren sich vor Nichts und Niemandem verstecken müssen.
Anzeige
SHRED-BASICS
Das Prinzip der Custom-87-Reihe kann man guten Gewissens als Back-To-Basic beschreiben. Hier geht es tatsächlich zurück zu den Wurzeln, was sich vor allem in der minimalistischen Ausstattung der zum Test vorliegenden M-1 Custom ‘87 zeigt. Ein dreiteiliger Ahornhals mit Macassar-Ebenholz-Griffbrett, ein Korpus aus Erle, ein Seymour-Duncan-TB6-Tonabnehmer, ein aktiver EMG-PA2-Booster, ein Floyd-Rose-Vibrato und fertig ist die 80er-Jahre-Shredgitarre. Das gesamte Instrument ist deckend mit einer Candy-Apple-Red-Lackierung überzogen, die den schlichten Look abermals unterstreicht. Die gesamte Verarbeitung ist auf gewohnt hohem LTD-Niveau und lässt absolut keinen Grund zum Meckern aufkommen.
Am Gurt hängt die M-1, wie zu erwarten war, sehr gut und lässt sich wunderbar bespielen. Unterstützt wird dies durch den sehr ergonomisch geformten Hals/Korpus-Übergang sowie das großzügig ausgeführte, untere Cutaway. Der Hals mit seinem Thin-U-Profil ist zwar dünn, jedoch nicht mit den zum Teil kriminell flach geschliffenen Flitzebrettern der 80erJahre zu vergleichen. Hier wurde ein gutes Mittelmaß gefunden, das sowohl für kleine als auch für größere Hände funktioniert.
Beim Floyd Rose 1000 wurde – ganz in der Tradition der alten Superstrats – auf eine Ausfräsung unter dem Vibrato verzichtet. Was ein wenig sonderbar erscheint, ist, dass die beiden Bolzen, auf denen die Messerkanten des Systems aufliegen, gut einen Zentimeter in die Höhe ragen, sodass das Floyd Rose ziemlich hoch über dem Body schwebt und einen Tonumfang von vier Halbtönen nach oben bietet. Leider kann man das System nicht so einstellen, dass die Grundplatte in alter Eddie-van-Halen-Manier auf der Korpusdecke aufliegt, da sonst die Saiten auf den Bundstäbe des angewinkelt eingeleimten Halses aufliegen. Muss man mögen, ist aber letztendlich Geschmackssache.
SHRED-BRETT
Akustisch gespielt legt die M-1 ‘87 Custom ein eher mageres Klangverhalten an den Tag. Hier stehen die oberen Mitten und Höhen klar im Vordergrund, während die Bässe ein wenig in den Hintergrund rücken. Die Tonentfaltung ist dementsprechend blitzschnell und das Attack von ausgesprochen knackiger und präsenter Natur.
Etwas anders ist dies dann am Verstärker: Hier zeigt Seymour Duncans TB6-Humbucker, dass er mit Recht zu den Klassikern unter den High-Output-Pickups gehört. Über das gesamte Frequenzspektrum klingt die M-1 Custom ‘87 hier gleichermaßen ausgewogen und kräftig. Die Mitten brüllen einen nur so an und der Obertongehalt ist schon fast rekordverdächtig. In den tiefen Registern klingt die Gitarre keinesfalls auffällig dünn oder schwachbrüstig – trotzdem bleibt die rasante Ansprache vollständig erhalten.
Wer gerne noch ein bisschen mehr Dampf unter der Haube hat, kann mittels eines Mini-Schalters den aktiven PA-2-Booster von EMG zuschalten, der noch mal den „extra push over the cliff“ liefert: Der Ton wird ein Stück bissiger und lässt die Vorstufe des Verstärkers kochen.
Wer lieber einen Gang zurückschalten möchte, kann dies dank der Split-Funktion des Push/Pull-Potis tun. Hier bekommt man einen recht brauchbaren, wenn auch nicht vollwertigen Singlecoil-Sound, der vor allem clean oder mit leichtem Crunch gespielt eine weitere Klangoption bietet. Die Stärke der Gitarre liegt klar in der härteren Gangart – hier zeigt sich das Instrument von seiner besten Seite.
(Bild: Dieter Stork)
RESÜMEE
Sicherlich ist die M-1 Custom ‘87 kein Allround-Paket. Die reduzierte Ausstattung und nüchterne Optik lassen hier ein richtiges Rock-&- Metal-Arbeitstier vermuten und genau das liefern LTD mit dieser Gitarre. Wer eine Schwäche für die in den 80er-Jahren typischen Superstrats hat oder generell auf eher reduzierte Gitarren-Designs steht, sollte sich die M-1 Custom ‘87 unbedingt genauer ansehen.
Besonders wenn klangliche Durchschlagskraft, ein aggressiver Grund-Sound und eine primäre Anwendung im High-Gain-Bereich gefragt sind, dürfte dieses Instrument eine exzellente Wahl sein. Als kleines Sahnehäubchen gibt es mit dem verbauten EMG-Booster sogar noch ein cooles Extra, das klanglich ebenfalls zu überzeugen weiß.