+++ Album Review: Napalm Death - Throes Of Joy In The Jaws Of Defeatism +++

Metal Guitars: Review – Balaguer Espada

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(Bild: Simon Hawemann)

Balaguer Guitars haben in den letzten Jahren in der amerikanischen Semi-Custom-Landschaft unbestritten ihre Spuren hinterlassen. Sei es durch Kollaborationen mit YouTuber Ryan „Fluff“ Bruce oder dank namhafter Endorser wie den Gitarristen von Every Time I Die und The Acacia Strain – der Name Balaguer ist in kürzester Zeit fester Bestandteil der Industrie und Szene geworden. Dabei bedient sich die Firma aus Pennsylvania gerne Abwandlungen oder Neuinterpretationen klassischer Fender- und Gibson-Formen, aber grundsätzlich mit einem modernen Twist.

Auch zackige Korpusformen sind seit neustem im Programm, und ich hoffe, auch bald mal eine Tartarus testen zu dürfen. Aber heute checken wir erstmal eine Balaguer Espada aus, die ich kurzerhand von einem Bekannten geliehen habe. Bei diesem Modell handelt es sich um eine moderne Interpretation der ikonischen Fender Jazzmaster, mit etlichen moderneren Features wie etwa einer Evertune-Bridge. Ich bin gespannt!

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MODERNER KLASSIKER

Bei Balaguer Guitars kann man das Instrument seiner Wahl komplett in einem grafischen Guitar Builder zusammenstellen. Und weil das Spaß macht und mich interessiert, wie sehr sich das sogenannte Mockup vom finalen Instrument unterscheidet, habe ich die mir vorliegende Espada-Spezifikationen im Guitar Builder nachgebaut. Hier die Liste:

  • Erle-Korpus
  • Transparent Black Burst Finish
  • Ahorn/Walnuss-Hals, Neck-Thru, 5-teilig
  • 25.5“-Mensur
  • Ebenholz-Griffbrett
  • Offset-Inlays
  • Evertune-Bridge
  • Balaguer Feral Humbucker (Steg)
  • Balaguer Evergreen Humbucker (Hals)

Ich muss gestehen, dass mir das Computer-generierte Mockup der Espada etwas besser gefällt als das tatsächliche Ergebnis. Das liegt vor allem daran, dass das transparent schwarze Burst-Finish „in echt“ einen latenten Grünstich hat und nicht so schön schwarzgrau daherkommt wie im Online Guitar Builder. Das ist ein ziemlich typisches Problem für schwarz gebeizte Gitarren, besonders wenn das Holz darunter in natürlichem Zustand gelblicher ist, aber ich wünsche mir wirklich mal eine perfekte Umsetzung. Natürlich ruiniert dies die Balaguer Espada beim besten Willen nicht. Und alle anderen Spezifikationen lassen sich von dem Mockup zur echten Gitarre kaum unterscheiden. Alles in allem ist der Balaguer Guitar Builder also recht verlässlich.

So sieht die Espada im Online Guitar Builder aus

Bleiben wir bei der Optik, muss ich feststellen, dass die Espada eine wirklich wohldesignte Offset-Gitarre ist, die den Spagat aus Klassiker und moderner Rock/Metal-Gitarre gekonnt schafft. Dank der gewählten Spezifikationen erinnert mich dieses Instrument optisch an eine Mischung aus Fender und Gibson mit moderner Ausstattung. Selbst die designtechnisch etwas aufdringliche Evertune-Brücke sieht auf dem guten Stück nicht fehl am Platz aus, was schon mal eine Kunst für sich ist. Ich bin zugegebenermaßen gar kein Freund der Ästhetik dieser Brücke, auch wenn der technische und praktische Aspekt durchaus seinen Reiz hat … aber dazu später mehr!

Besonders positiv möchte ich die Unterarm-Kontur hervorheben, die hauptsächlich für den zeitgemäßen Twist dieser Korpusform verantwortlich ist. Dank dieser hebt sich die Espada nämlich visuell merklich von anderen Offset-Gitarren auf dem Markt ab – und für zusätzlichen Komfort sorgt sie auch noch.

Die Neck-Thru-Konstruktion kostet $ 250 Aufpreis. (Bild: Simon Hawemann)

Qualitativ habe ich an der sechssaitigen Balaguer Espada nichts auszusetzen. Ich würde sagen, man befindet sich bei der Select-Custom-Serie irgendwo in der Mitte zwischen LTD Deluxe und ESP Standard (bzw. E-II). Das ergibt auch Sinn, da diese Instrumente wie auch die LTD-Deluxe-Serie in Südkorea gebaut werden. Ob ihr dafür gut $ 2000 investieren wollt, ist eine Frage, die ihr nur selbst beantworten könnt, aber ich würde sagen, die Balaguer-Klampfe ist ihr Geld wert. Immerhin bekommt man umfassende Custom-Optionen und grundsolide, hochwertige Qualität. Wer mehr will kann ab jetzt anscheinend auch in sehr limitierter Verfügbarkeit Made in USA Balaguer Custom-Gitarren-bestellen – mir liegen allerdings keine Informationen zu den Preisen vor.

MEHR AMBIVALENZ

Ich muss schon sagen, diese Balaguer-Gitarre macht einfach auf Anhieb Spaß! Sie fühlt sich an wie eine alte Bekannte, nur besser?! Stellt euch eine sportliche Mischung einer Gibson Les Paul und SG vor, aber getuned auf modernere Standards. Besonders der Hals und die niedrige Saitenlage fühlen sich geradezu Shred-freundlich an.

Der Halsspannstab ist auch ohne besonderes Werkzeug am unteren Griffbrettende zugänglich. (Bild: Simon Hawemann)

Ganz leicht ist die Gute zwar nicht, aber nichts im Vergleich zu manch einer Les Paul. Das Gewicht zentriert sich glücklicherweise vor allem zum Korpus hin, was dafür sorgt, dass die Espada zumindest nicht kopflastig ist – ein Problem, das bei Offset-Gitarren sonst gerne mal auftritt.

Die Kopfplatte vereint klassische und moderne Stilelemente. (Bild: Simon Hawemann)

Diese klassisch/modern-Dualität setzt sich auch in Sachen Sound fort. Besitzer Josh sagte mir, er bereue inzwischen die Wahl der Balaguer Feral- und Evergreen-Pickups und hätte lieber auf konsequentere Metal-Pickups zurückgreifen sollen. Aber das hängt anscheinend auch stark vom Amp ab. Mit meinem EVH 5150 III 50W Kemper Profil brüllt der Feral am Steg beachtlich!

Besonders der Feral-Pickup am Steg ist nicht auf Rock limitiert, sondern macht auch bei Metal-Sounds eine gute Figur. (Bild: Simon Hawemann)

Ja, man merkt dass da noch ausreichend Headroom für andere Klänge ist (der Output des Feral ist keineswegs an der Obergrenze), das heißt aber nicht, dass er nicht durchaus sehr gut für Metal-Sounds geeignet ist. In ihrer Gesamtheit ist die Espada sicherlich eher eine Rock-Gitarre, aber Bespielbarkeit und Sound öffnen Tür und Tor für härtere Klänge bis hin zu Death- und Black-Metal.

Lediglich mit der Evertune Bridge tue ich mich noch immer etwas schwer. Jemand sagte letztens zu mir, dass jeder zumindest eine Gitarre mit Evertune Bridge in seinem Arsenal haben sollte. Die Brücke verspricht schließlich nicht weniger als perfekte Stimmstabilität. Für mich ist es das zweite Mal, dass ich eine Gitarre mit eben dieser Brücke teste und sie verrichtet ihre Arbeit zweifelsohne sehr solide.

Die große Evertune-Brücke sorgt für perfekte Stimmstabilität. (Bild: Simon Hawemann)

Aber vielleicht bin ich an dieser Stelle einfach Purist – eine feste Hipshot wäre mir lieber und auch deutlich preiswerter, außerdem müsste man nicht so viel Holz aus dem Korpus hacken, um diese zu installieren. Spontan mal von Standard- auf Drop-Tuning wechseln, ist mit der Evertune aber auch nicht mal eben so drin. Das Grund-Setup ist ein aufwendiger Prozess. Aber klar, wenn ihr eine bombensicher gestimmte Gitarre in nur einem Tuning haben wollt, lässt sich mit der Evertune natürlich ganz gut arbeiten!

FAZIT

Balaguer Guitars schlagen mit diesem Modell in jeder Hinsicht eine gelungene Brücke zwischen einer eher klassischen Ausrichtung und den Vorzügen moderner Features. Das gilt für die Optik, die Bespielbarkeit und den Sound gleichermaßen. Ganz günstig ist die Espada Select Custom mit ca. $ 2300 (€ 1940) zwar nicht, aber dafür bekommt man ein maßgeschneidertes Instrument von durch und durch solider Qualität auf dem Niveau wirklich hochwertigster Import-Modelle. Fairerweise muss man an dieser Stelle auch sagen dass die Evertune alleine einen Aufpreis von 210 Euro ausmacht – genauso viel kostet der durchgehende Hals verglichen mit der geschraubten Variante. Der Preis der Espada lässt sich also durchaus noch um einiges drücken.


ALBUM REVIEW

NAPALM DEATH: THROES OF JOY IN THE JAWS OF DEFEATISM

Napalm Death ist eine Band, die ich immer schon gut fand und respektiert habe, aber ausgerechnet im Jahre 2020 schaffen sie es, mich wirklich nochmal richtig vom Hocker zu reißen. Versteht mich nicht falsch, Napalm Death haben auch in den letzten Jahren schon konstant abgeliefert, aber die Vorab-Singles zu ihrem neuesten Album ließen, dank hörbaren Einflüssen von Killing Joke bis zu frühen Swans, auf Großes hoffen! Selbstredend wissen Napalm Death aber auch nach wie vor, wie man schlichtweg und bedingungslos Grindcore-Vollgas gibt!

Doch selbst die traditionelleren Banger auf dem im September veröffentlichten ‚Throes Of Joy In The Jaws Of Defeatism‘ trumpfen immer wieder mit auflockernden Momenten auf. Ob verzweifelte Melodien, heavy Breaks oder mehrschichtige, tiefkehlige Chöre – Napalm Death wissen besser denn je, wann ein Song solcherlei Abwechslung braucht, anstatt den Hörer einfach endlos in die Besinnungslosigkeit zu prügeln. Checkt ‚Contagion‘ für ein besonders gutes Beispiel dafür!

Auch dissonante Einschübe wie in ‚Backlash Just Because‘ sind immer wieder auf dem neuen Album zu vernehmen, was begrüßenswert ist. Generell gefällt mir ‚Throes Of Joy In The Jaws Of Defeatism‘ aber auch immer dann, wenn das Tempo etwas gedrosselt wird, da Napalm Death einfach extrem gute Heavy-Riffs schreiben. Als Anspieltipp fällt mir ‚Invigorating Clutch‘ ein, das mit seinen Celtic-Frost-Riffs einfach unnachgiebig stoisch, aber mitnichten grobschlächtig, auf den Hörer einhämmert. Ihr merkt schon, Napalm Death kleckern nicht – sie klotzen! Und das gilt zu guter Letzt besonders für Songs, die etwas aus dem Rahmen fallen. Denn in diesen zeigen die Briten, wie talentiert und variabel sie als Musiker sind.

Wie bereits eingangs erwähnt, beeindrucken Songs wie ‚A Bellyful Of Salt And Spleen‘ und ‚Joie De Ne Pas Vivre‘ mit Industrial-Metal-Sounds der frühen Swans-Schule und sind dabei so überzeugend düster und brachial, dass man einfach nur seinen Hut ziehen kann. Subtile Post-Punk-Untertöne, wie in dem von Killing Joke beeinflussten ‚Amoral‘ und ‚White Kross‘ sorgen ebenfalls für noch mehr willkommene Tiefe. Letzterer wandelt sich überraschend in einen alptraumhaften Bastard mit bedrohlichen Soundscapes, die das Album wirklich finster und zerstörerisch zu Ende bringen.

Was soll man sagen – Napalm Death sind anno 2020 relevanter denn je! So manch andere Band klingt nach fast 40 Jahren (und weniger) Bandgeschichte nicht ansatzweise so zeitgemäß und gleichzeitig zeitlos wie Napalm Death. Dass die Briten es noch dermaßen in sich haben, ist beeindruckend, und ‚Throes Of Joy In The Jaws Of Defeatism‘ ist ein spätes Opus Magnum, das die Band ein für alle Mal in den Metal-Olymp befördern sollte.

(erschienen in Gitarre & Bass 11/2020)

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