Niemand wirft einen Zwerg!

Test: Warwick Gnome

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(Bild: Dieter Stork)

Vor ein paar Jahren schon ist Warwick mit der LWA-Serie in den Markt der leichten und kompakten Bassverstärker eingestiegen. Gegenüber dem neuen Gnome wirkt selbst der kleine LWA500 aber geradezu klobig …

AUFBAU

Auf das Nötigste reduziert, ist trotzdem alles an Bord, was man braucht. Die Eingangsbuchse ist mit einer LED gekoppelt, die ein eingehendes Signal grün anzeigt. Je weiter der Gain-Regler aufgedreht wird, desto mehr wird der Kompressor getriggert, bevor am Ende bei rot leuchtender LED Verzerrungen einsetzen. Der Effekt ist nicht schaltbar, will man ihn umgehen, muss eben der Eingangspegel entsprechend runtergeschraubt werden.

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Weiter geht es mit der Klangregelung. Die Bässe werden bei 80 Hz geregelt, die Mitten bei 400 Hz, und die Höhen bei 4,2 kHz, Regelbereich sind jeweils +/-15dB. Eine Mittenrastung gibt es bei den Potis nicht, ergo muss nach Gehör geregelt werden, die gedachte Nullstellung ist natürlich auf 12 Uhr. Schick finde ich, wie rechts vom Master-Regler die Netzleuchte und der Kopfhöreranschluss die Frontplatte symmetrisch machen. Und auch wenn heutzutage Kopfhörer jeglicher Art meistens Miniklinken haben, begrüße ich die Verwendung einer großen Klinke! Die Verbindung ist einfach stabiler.

Auf der Rückseite erwarten uns der Netzschalter nebst KGS-Buchse, ein XLR-DI-Out mit Ground-Lift-Schalter und eine Klinkenbuchse für das Lautsprecherkabel – für eine Speakon-Buchse ist hier schlicht kein Platz!

Der kleine Racker steht mit seinem knappen Kilo solide auf vier Gummifüßen. Solide ist auch die Verschraubung der Potis mit dem Gehäuse, die Regler drehen sich sahnig und fassen sich so gut an, wie das auf dem engen Raum eben geht. Als neugieriger Tester will man natürlich auch unter die Haube sehen, also schraube ich ab, was ich für den Gehäusedeckel halte – und habe eine ziemlich massive Oberschale in der Hand … Dieses edel gebürstete Metallteil hat mit seinem Gegenstück am Boden einzig den Zweck, den Amp edel aussehen zu lassen, was famos gelingt! Im Gewicht deutlich reduziert, bleibt sonst ein unbeschrifteter schwarzer Metallkasten, der immer noch stabil ist, aber arg schmucklos aussieht.

Nach Lösen der Schrauben an den Seiten, statt oben oder unten, kann ich den tatsächlichen Gehäusedeckel abnehmen. Alles ordentlich vollgepackt und sauber verarbeitet. Dem einen oder der anderen wird schon aufgefallen sein, dass der Gnome in der Ausstattung anderen Tops ähnlich ist, von der Leistungsangabe bis zu den Frequenzen des EQs. Allerdings hat er ein durchaus anderes, eigenes Innenleben.

WIEDERGABE

Eingeschaltet macht sich der eingebaute Minilüfter bemerkbar. Er läuft permanent, aber so leise, dass er auch im Home-Office nicht stört, da ist mein Laptop lauter. Er sitzt oben hinter den Schlitzen im Deckel. Die sollten also tunlichst nicht verdeckt werden, um ihn nicht an der Arbeit zu hindern. Eingepegelt und mit dem EQ auf neutral drückt der Gnome schon bei leicht aufgedrehtem Master gut los, sogar mit nur 130 Watt an einer großen 8-Ohm-Box. Da kommt Freude auf!

Die Klangregelung geht gut abgezirkelt zu Werke. Die Regler können in einem weiten Bereich genutzt werden, ohne dass dabei Klangschrott rauskommt. Bassabsenkungen sollten sparsam vorgenommen werden, wenn man nicht das Fundament aufgeben will, klar. Anhebungen setzen schön zwischen Fülle und trockenem Punch an, ebenso sitzt der Mittenregler zwischen Tiefmittenknurr und höher liegender Holzigkeit, und kommt im Plus wie im Minus gut zur Geltung.

Vollends ausreizen lässt sich der Höhenregler, der auch komplett zugedreht genug Definition stehen lässt, dabei trotzdem den Ton drückend rund macht, und aufgedreht nicht nervt und kaum Rauschen einbringt. Gegenüber großen Amps mit mehr Leistung ist die Dynamik eingeschränkt, da lässt sich die Physik nicht austricksen. Beim Gnome kann ich damit aber schön spielen, je nachdem, ob ich den Schwerpunkt eher auf Kompression am Eingang lege, oder auf den Limiter in der Endstufe, was natürlich auch davon abhängt, was ich am DI-Out hören möchte, der immer Post-EQ ist.

Wenn der Tonkutscher den Bass gerne ohne alles auf der Anlage hätte, hat er die eigene DI-Box in der Regel eh griffbereit. Wie dem auch sei, mir gefällt der Fretless-Ton sehr gut, den ich dem Gnome mit stark ansprechendem Kompressor entlocken kann, während der Limiter cleanen Sounds schönen Punch verpasst.

(Bild: Dieter Stork)

RESÜMEE

Mit dem neuen Gnome, den es neben der getesteten Ausführung auch mit USB-Interface (Gnome i) und mit USB und stärkerer Leistung (Gnome i Pro) gibt, ist Warwick ein großer Wurf gelungen. Aufs Wichtigste reduziert, kann er mit Wiedergabe und Klang punkten. Ein optimaler Partner auch dann, wenn man seinen Ton mit Pedalen und/oder Preamps formen und dann nur sauber verstärken möchten.

Dass Warwick mit den massiven Ober- und Unterschalen aus Metall das Gewicht nicht aufs Äußerste zu reduzieren versucht, sehe ich als Pluspunkt. Tragbar bleibt der kleine Kerl allemal, gewinnt optisch aber an Wertigkeit, und es unterstreicht die solide Bauweise. Und dabei ist der Preis auch noch dermaßen günstig, dass man sich tatsächlich fragt, wie das in der Qualität gehen kann …

PLUS

● sauberer Sound
● Leistung
● Wiedergabe
● solide Bauweise

(erschienen in Gitarre & Bass 11/2020)

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