Als Bassist in der Band von Sänger und Gitarrist Stefan Stoppok ist der Amerikaner Reggie Worthy seit vielen Jahren eine verlässliche Größe. Sein druckvoller und zugleich warmer Ton, sein sicheres Gespür für Grooves und feine Harmoniebögen, sowie die konsequente Unterordnung seines Spiels in den Gesamtkontext der Songs haben ihm einen exzellenten Ruf beschert.
Auch im Zusammenspiel mit Gitarrist Alex Conti, als Tieftöner der Hamburg Blues Band, als Begleitmusiker von Udo Lindenberg und Eric Burdon, oder als kreative Kraft seines aktuellen Duos Worthy/Zeplin mit Sängerin Ina Zeplin demonstriert der aus North Carolina stammende Musiker immer wieder seine profunde Fingertechnik und sein großes künstlerisches Verständnis. Anlässlich des aktuellen Stoppok-Albums ‚Jubel‘ haben wir uns mit Worthy zum Interview verabredet und viel Wissenswertes auch über die Zusammenarbeit mit seinen Braunschweiger „Nachbarn“ von der Firma Sandberg erfahren.
Anzeige
Reggie, zunächst einmal vorab: Wann und wie hast du Stefan Stoppok kennengelernt?
Stefan und ich waren 1995 in eine Produktion des damaligen Pankow-Sängers André Herzberg involviert. Die Platte wurde von Toni Krahl, Sänger der ostdeutschen Band City, produziert. Hans Wallbaum, der frühere Schlagzeuger von Stoppok – und auch von der Hamburg Blues Band, zu der ich ja mittlerweile auch gehöre – war ebenfalls dabei (Anmerkung d. Verf.: Wallbaum ist am 27. März 2020 verstorben). Zwischen uns dreien herrschte auf Anhieb ein ganz natürliches Grundgefühl, es machte sofort riesigen Spaß, mit den beiden zu arbeiten.
Zum ersten Mal nach Deutschland bist du 1981 durch Tina Turner gekommen, nicht wahr?
Ja, das stimmt. Ich war damals mit Tina hier, die Konzerte fanden in großen Hallen vor vielen Zuschauern statt. Die Tour ging um die halbe Welt. Anschließend bin ich zunächst nach Los Angeles zurückgekehrt, wo ich damals lebte. Ein paar Jahre später gab es eine zweite Tour mit Tina Turner, quasi mit den gleichen Musikern wie beim ersten Mal. Zur Band gehörte damals auch der Pianist Patrick Gammon.
Zu dieser Zeit wurde Tina von Gerhard Augustin gemanagt, der Patrick für Studioaufnahmen nach München holte. Patrick rief mich an und bat mich, auf seinem Soloalbum zu spielen. So etwas war seinerzeit ziemlich ungewöhnlich: eine in Deutschland produzierte Scheibe mit Motown Music. Ich flog also nach München und lernte Deutschland als liebenswertes Land kennen, mit freundlichen Menschen und ohne Rassismus oder Extremismus. Ich führte damals in München ein entspanntes Leben.
Welcher der vielen Musiker, mit denen du im Laufe deiner Karriere gearbeitet hast, hat dich am meisten beeindruckt? Und welcher hat dich am stärksten inspiriert?
Da muss ich ganz eindeutig Ike Turner nennen. Er ist wirklich die Nummer 1 meiner wichtigsten Einflüsse. Ike war ein unglaublich guter Musiker, mit einem grandiosen Feeling für die wesentlichen Dinge eines guten Songs. Natürlich kenne ich auch all die negativen Geschichten über ihn, seinen schwierigen Charakter, aber als Künstler war er ein absolutes Genie. Ich habe bei Ike Turner unglaublich viel gelernt, mitunter Lektionen, deren Bedeutung ich erst viel später, manchmal sogar erst nach vielen Jahren in ihrem gesamten Ausmaß verstanden habe. Außerdem muss ich auch Stefan Stoppok als wichtige Inspirationsquelle nennen. Stefan ist ein absolut natürlich spielender Musiker, sehr sensibel und einfühlsam, und total intuitiv.
Zu deinem Equipment: Kannst du dich noch an deinen allerersten richtigen Bass erinnern?
Und ob! Es war ein Rickenbacker 4001. Ich bekam ihn 1969 oder 1970. Damals war ich auf der Highschool und kaufte mir den Rickenbacker zusammen mit einem Fender Bassman mit 2x12er-Box. Als ich mit 19 oder 20 von North Carolina nach Los Angeles ging, waren dort Rickenbacker-Bässe ziemlich verpönt. Alle schrien nur: „Fender, Fender, Fender!“ Also kaufte ich mir einen Fender Precision. Bei Ike Turner standen übrigens immer beide Bässe im Studio, Rickenbacker und Fender.
Nach welchen Kriterien beurteilst du einen guten Bass. Welche Features muss er haben, damit du dich mit ihm wohlfühlst?
In erster Linie natürlich einen guten Ton. Aber für mich ist auch die Saitenlage extrem wichtig, also wie leicht sich der Bass spielen lässt. Von eminent großer Bedeutung ist natürlich auch die Intonation, außerdem mag ich es, wenn ein Bass simpel aufgebaut ist. Ich mag sowohl Viersaiter als auch Sechssaiter. Fünfsaiter sind irgendwie so ein Mittelding, zu dem ich keinen richtigen Zugang gefunden habe. Heute spiele ich Sandberg-Sechssaiter, sowohl bei Stefan Stoppok als auch in der Hamburg Blues Band.
In deinem Wohnort Cremlingen bei Braunschweig betreibst du ein eigenes Studio. Nimmst du dort auch die Stoppok-Songs auf?
Nein. Wenn wir an einem Stoppok-Album arbeiten, soll es so natürlich und lebendig wie möglich klingen. Deshalb arbeiten wir immer gemeinsam in Stefans Studio in Hamburg. Aber gerade erst vor zwei Tagen habe ich in meinem Studio einen neuen Song für die Hamburg Blues Band aufgenommen.
Mit richtigen Amps oder mit Plug-Ins?
Meistens mit einem 10-Watt-Vox-Amp und einem AKG-D110-Mikrofon, das direkt mit meinem Cubase-System verbunden ist.
Und die Bässe? Seit einigen Jahren bist du ja Sandberg-Endorser und hast zwei sehr schöne Custom Modelle.
Ich lebe in Braunschweig nur zehn Minuten entfernt von der Firma Sandberg, sodass ich Holger Stonjek jederzeit besuchen und mit ihm Ideen austauchen kann. Deshalb hat sich eine fruchtbare Zusammenarbeit entwickelt, während der wie zwei tolle Custom-Bässe entwickelt haben. Mein Viersaiter hat das Panther-Design, mit extra langer Mensur und zwei Preamps. Vor einigen Jahren bestellte ich einen solchen Bass bei Holger, er baute ihn mir, und so kam alles ins Rollen.
(Bild: Reggie Worthy)
Wir tauschten weitere Ideen aus, und mittlerweile gibt es auch einen Sandberg-Custom-Sechssaiter. Holger ist einfach ein super Typ, sehr kreativ und innovativ, mit enormem Fachwissen. Auf dem Viersaiter verwende ich Flatwound-Strings, er klingt ein wenig wie ein Precision, der Sound ist allerdings transparenter und nicht ganz so heavy. Der Sechssaiter hat auf der E- und A-Saite mehr Mitten, und auf der B-Saite klingt er richtig fett. Mit meinem gelben Custom-Panther habe ich übrigens das komplette neue Stoppok-Album eingespielt.
Auch in diesem Fall mit einem AKG D-110 sowie einem SansAmp VT Bass D.I., direkt ins Board. Der Sound ist wirklich großartig.
Letztes Thema: Was wird das Jahr 2020 für dich noch bringen? Und hast du bereits konkrete Pläne das kommende Jahr?
Natürlich wollen wir die wegen Corona ausgefallenen Konzerte der Stoppok-Tour nachholen. Mir fehlen die Konzerte, die Power, die Energie, die zurückkommt, wenn die Leute Zugaben fordern. Ich hoffe, dass wir so schnell wie möglich wieder loslegen können. Darüber hinaus werde ich auch wieder mit der Hamburg Blues Band spielen, etwas mit meinem Projekt mit Ina Zeplin machen und vielleicht auch endlich mal mein eigenes Soloalbum produzieren. Pläne dafür habe ich in der Schublade, und auch Freunde, die mithelfen würden.
Sprichst du von einem reinen Instrumentalalbum?
Nein, es soll auch Stücke mit Gesang geben. Aber natürlich wird vor allem der Bass kräftig gefeatured werden.
Ich habe zuletzt, nach Corona, Mr. Reggie Worthy in Unna mit Stefan Stoppok live gesehen und gehört natürlich. Reggie spielte, für ein Bassisten sehr ungewöhnlich, ein fantastisches Solo. Seine Finger flogen nur so über die Saiten. Es war so kraftvoll und gleichzeitig gefühlvoll. Unglaublich. Wenn einer sein Instrument beherrscht, dann Reggie Worthy. Würde ihn und auch Stefan Stoppok gerne mal wieder hören.
Ich habe zuletzt, nach Corona, Mr. Reggie Worthy in Unna mit Stefan Stoppok live gesehen und gehört natürlich. Reggie spielte, für ein Bassisten sehr ungewöhnlich, ein fantastisches Solo. Seine Finger flogen nur so über die Saiten. Es war so kraftvoll und gleichzeitig gefühlvoll. Unglaublich. Wenn einer sein Instrument beherrscht, dann Reggie Worthy. Würde ihn und auch Stefan Stoppok gerne mal wieder hören.