Aufgemotzt

Test: Gretsch Streamliner G2420

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(Bild: Dieter Stork)

Junge, Junge, Werbetexter im Rausch: „Authentischer Gretsch-Sound, klassischer Stil – groß, verwegen und rechtschaffen – eine überragende Gitarre für starke Spieler, die sich nach etwas jenseits der Norm sehnen…“, etc. pp. Ob da was dran ist?

In der Streamliner-Collection sind momentan verschieden ausgestattete Instrumente am Markt. Die Serie preiswerter Gretsch-Gitarren aus indonesischer Produktion umfasst klassische Hollowbodies, Semi-Hollowbody-Modelle mit Centerblock und, als günstige Einsteigervariante, auch noch die kleine Streamliner Jr. Jet.

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TRADITIONELLER LOOK – NEUE HIGH-OUTPUT BROAD‘TRON PICKUPS

Mit der G2420 Hollow Body liegt uns ein Single-Cutaway-Modell mit einem Korpus aus laminiertem Ahorn von gut 7 cm Tiefe vor. Die leicht gewölbte Decke mit ihren klassisch gestalteten f-Löchern ist von parallel gesetzten Leisten unterbaut. Mit dreifach unterlegten „Aged White“-Body-Bindings sind die Zargenränder vorn wie hinten eingefasst. Der in Höhe des 14. Bundes in den Korpus eingeleimte Hals mit Thin-„U“-Halsprofil aus Nato (Nyatoh/Mora) wurde mit einem gebundenen Griffbrett aus Indian Laurel kombiniert (Radius 12″). 22 akkurat verarbeitete Medium-Jumbo-Bünde gefallen mit sauberer Kantenverrundung, Pearloid-Hump-Block-Inlays markieren die Lagen.

Eingebundenes Laurel-Griffbrett, sauber bundiert (Bild: Dieter Stork)

Die gewohnt große Gretsch-Kopfplatte ist mit leicht laufenden Die-Cast-Nickel-Mechaniken ausgestattet. Von deren Wickelzylindern aus, werden die Saiten mit 62,9 cm Mensurlänge über den Kunststoff-Sattel hinüber zur Gretsch-Secured-Adjusto-Matic-Bridge mit Chromatic-II-Tailpiece am Korpus geführt.

Gretsch Secured Adjusto-Matic Bridge mit Chromatic II Tailpiece (Bild: Dieter Stork)

Speziell für die Streamliner-Collection wurden Gretsch-Broad‘Tron-BT-2S Neck- und Bridge-Humbucker mit hohem Output entwickelt. Die Pickups mit Alnico-5-Magneten sind jeweils in schwarzen Rähmchen auf die Decke geschraubt.

Neue High-Output-Broad’Tron-BT-2S-Pickups (Bild: Dieter Stork)

Mit einem 3-Wege-Toggle-Switch lassen sich die Tonabnehmer ganz konventionell allein oder zusammen anwählen. Zwei individuelle Volume-Regler und ein Master-Volume stehen für die Kontrolle des Ausgangssignals parat, dazu ein genereller Tone-Regler für die allgemeine klangfarbliche Bearbeitung des Gitarrentons. Etwas ungewohnt für Gretsch-Gitarren sind die Control-Knobs im Black-Vintage-Style.

Zu erwähnen bleiben noch das tropfenförmige dreilagige Tortoise-Pickguard mit Gold-Gretsch-Logo und die konventionellen Gurt-Pins. Von der rundum ordentlich verarbeiteten Gitarre ist im Übrigen auch noch eine reguläre Modellversion mit Bigsby verfügbar und als Limited Edition die G2420T-P90 mit Bigsby und P90-Pickup in der Halsposition.

VIEL TWANG FÜR DIE YOUNG MEN GANG

Mit dem aufgezogenen 10er-Saitensatz bietet die mit 2,8 kg schön leichte G2420-Hollow-Body guten Saitenwiderstand und fühlt sich, nicht zuletzt auch dank ihres komfortabel profilierten Halses mit der achtbar sauber verarbeiteten Bundierung, einfach gut an. Der Basis-Sound ist selbstredend geprägt vom großen Korpusvolumen, aber da ist kein Basswulst, kein Ausufern in irgendeine überbetonte Frequenznase.

Diese preisgünstige Gretsch kommt mit durchaus ausgeglichenen Resonanzeigenschaften daher. Ihr Tonverhalten ist schon etwas nagelig, nicht sehr tiefgreifend, aber dafür spritzig. Diesen luftig perkussiven Twang kann man durchaus mögen. Hören wir mal, was da über die speziell für diese Gitarrenreihe entwickelten Broad‘Tron-BT-2S Pickups an elektrischen Sounds zu holen ist, ob das Versprechen auf klassischen Gretsch-Sound und Look für den schmalen Geldbeutel auch eingehalten wird.

Der Humbucker am Hals tritt mit einem für Gretsch ungewohnt starken Ausgangssignal an. Moment mal: High-Output bei Gretsch? Der klassische Gretsch-Sound wird eigentlich den üblicherweise verwendeten Low-Impedance-Pickups zugesprochen, etwa den bekannten Filter‘Trons, die irgendwo im 4k-Ohm-Bereich rangieren. Die Broad‘Trons dagegen treten mit satten Widerständen um die 9k-Ohm an, ähneln damit tendenziell Standard-Humbuckern.

Klar, Widerstände allein besitzen nicht allzu viel Aussagekraft, zeigen aber eine Tendenz. Ziel war hier, mithilfe von Alnico-5-Magneten den Gretsch-Sparkle möglichst zu erhalten, aber mit mehr Power zu unterfüttern. Das ist durchaus gelungen, auch wenn die Streamliner damit jetzt nicht gleich zu einer Falcon auf Steroiden mutiert. Der Hals-Humbucker bietet dennoch ein solides Akkordbild mit recht aufgeräumter Darstellung und guten Höhen. Die weisen vielleicht nicht ganz so viel Glitzerglanz auf wie von den üblichen Gretsch-Pickups gewohnt, aber dafür liefern sie etwas mehr Wärme und Druck. Bei durchaus knackiger Basskontur können wir uns auf mehr Tonsubstanz für das Solospiel stützen, was vielen Spielern gefallen wird. Auch lassen sich Effektpedale mit diesem angehobenen Ausgangspegel effektiver nutzen.

Schalten wir auf den Pickup in der Stegposition, so engt sich das Klangbild naturgemäß ein und bildet dabei auch eine kleine Nase in den Mitten aus. Aber das macht sich, im Sinne des typischen Gretsch-Sounds, bei klar eingestelltem Amp mit immer noch offenen Höhen und allgemeiner Transparenz, richtig gut und führt zu Vorteilen im Lead-Spiel.

Die schlanken akustischen Anlagen der Gitarre werden im Overdrive zu straffen Powerchords und schön bissigen Lead-Lines. Dank der Hollow-Body-Konstruktion hebt das alles mit viel Twang bestens ab, verlangt aber auch nach Kontrolle. Rückkopplungen lassen sich mit höherem Pickup-Output eben besonders leicht aufreizen. Da muss man schon bei mittleren Lautstärken auf seine Position zum Amp achten. Andererseits kann man damit auch gezielt arbeiten. Kommt ganz darauf an, wohin die elektrische Reise gehen soll. Ordentlichen Twang bekommt man auf jeden Fall, und wir reden hier ja eh nicht von Metal-Anwendungen.

Am Ende mindert lediglich der mäßige Wirkungsgrad des Tone-Reglers den guten Eindruck. Der greift erst im letzten Drittel des Regelwegs und schattet den Ton dann eher muffelig ab. Aber damit lässt es sich leben (oder man baut sich einfach was Besseres ein).

(Bild: Dieter Stork)

RESÜMEE

Mit der Streamliner-Collection wendet sich die Traditionsmarke Gretsch gezielt an junge Spieler, denen man den klassischen Gretsch-Look und -Sound bieten will, letzteren aber zu etwas moderneren Bedingungen. Den Broad‘Tron-Pickups gelingt es tatsächlich, einiges vom berühmten Gretsch-Sparkle zu bewahren und darüber hinaus etwas strammere und druckvollere Sounds anzubieten. Ein Kompromiss, der den eher engen Anwendungsbereich der Gretsch-Gitarren zu öffnen vermag und damit durchaus auch das Interesse vieler, der Firma bisher skeptisch gegenüberstehenden Spieler wecken könnte. Das Gretsch-Programm bleibt vornehmlich traditionell ausgerichtet, da kann man doch auch ruhig einmal einen Schritt in Richtung Mainstream machen.

Das generelle tonale Ambiente vermittelt ja immer noch viel vom guten alten Gretsch-Charakter und dank der Möglichkeiten moderner Serienproduktion lassen auch die Aspekte Handhabung und Spielgefühl kaum mehr Fragen offen. Zu einem günstigen Preis gibt es hier also eine Menge Gretsch. Ausprobieren ausdrücklich empfohlen!

PLUS

  • klassisches Hollow-Body-Design
  • twangy Tonverhalten
  • Broad’Tron BT-2S Pickups
  • gut eingerichteter Hals
  • ungewohnt kraftvolle Gretsch-Sounds
  • saubere Bundierung
  • ordentliche Verarbeitung

MINUS

  • Wirkungsgrad Tone-Poti

(erschienen in Gitarre & Bass 06/2020)

Kommentare zu diesem Artikel

  1. Ich frage mich, wie sie klingt, denn schreiben kann man einen Sound nicht. Hier finde ich leider keine Hörbeispiele.

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    1. …kann es sein, daß du YouTube boykottierst? Dort finden sich nämlich mehrere Hörbeispiele. Aber schlussendlich sind doch auch die nur bedingt tauglich, je nach dem wie & mit welchem Mikrofon sie aufgenommen wurden. Kommt noch der “Output” bei dir dazu (Gerät, Lautsprecher, Einstellungen ect…). Am Ende bleibt ohnehin nix anderes übrig, als: Ab in’s Gitarrengeschäft und selbst ausprobieren.

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