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Metal Guitars: 4 moderne Metal-Alben mit ikonischen Gitarrensounds

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(Bild: Copyright 2020. All rights reserved.)

Wie vermutlich viele von euch, bin ich vor allem als Metal-Fan zum Gitarrespielen gekommen. Ich habe in meiner Kindheit kein anderes Instrument gelernt und auch sonst war kein frühzeitiges, musikalisches Talent bei mir erkennbar. Aber als ich den Metal für mich entdeckt habe, ging alles ganz schnell.

Wie schon mehrfach an dieser Stelle angemerkt waren es vor allem Fear Factory, die mit ihren hochverzerrten und chirurgisch-präzisen Stakkato-Salven bei mir für großes Staunen sorgten. Dabei beeindruckte mich allerdings weniger die Spieltechnik dahinter, als viel mehr die Fähigkeit ein Instrument so aggressiv klingen zu lassen.

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Heute habe ich vier Platten aufgelegt, bei denen der Gitarrensound auf mich einen gewaltigen, bleibenden Eindruck hinterlassen hat und die bis heute auch dank ihrer Zerrsounds zu meinen absoluten Highlights zählen. Und diese möchte ich euch nicht vorenthalten …

CELTIC FROST – MONOTHEIST

(Bild: Copyright 2020. All rights reserved.)

Fahren wir doch direkt mal ein richtig dickes Geschütz auf! Celtic Frost sind im Extreme Metal ja nicht ohne Grund eine Band mit Kultstatus, aber als sie 2006 mit ‚Monotheist‘ ihr Comeback feierten, haben die Mannen um Gitarrist und Sänger Tom Warrior doch tatsächlich nochmal ordentlich einen draufgelegt. Produziert von Peter Tätgren, sägen sich die Schweizer hier mit einer überwiegend eher zähen Mischung aus Doom, Thrash und Gothic Metal durch eine gute, tiefdunkle Stunde, die mit dem Übersong ‚Synagoga Satanae‘ – einem absoluten Opus Magnum okkulter Musik – ihren Höhepunkt findet.

Das Ganze steht und fällt mit eben diesem mittig sägenden und bratenden Zerrsound, der unverkennbar für Celtic Frost und auch die offizielle Nachfolgeband Triptykon ist. Soweit ich in Erfahrung bringen konnte, benutzt Tom Warrior für seinen Sound wohl hauptsächlich einen Marshall JCM800 vor dem ein Tubescreamer hängt.

An seinen auf H gestimmten Ibanez Icemans ist grunsätzlich nichts Außergewöhnliches festzustellen. Der mit dieser Signalkette erreichte Sound ist allerdings dennoch so prägnant, dass ich das Gefühl habe, dass hier eine wichtige Zutat verschwiegen wird. Aber der Sound kommt ja bekanntlich auch aus den Fingern.

‚Monotheist‘ ist für mich jedenfalls nicht nur ein musikalischer Meilenstein, sondern auch das Nonplusultra in Sachen genre spezifischen Gitarrensounds. Das Album ist eines der finstersten und bösesten Statements die im Metal jemals abgegeben worden sind. Schade, dass die Band direkt danach wieder implodiert ist (und traurig, dass Martin Ain mittlerweile verstarb), aber Tom Warrior setzt das musikalische Erbe von ‚Monotheist‘ ja seit jeher mit Triptykon fort.

Anspieltipps: ‚Ain Elohim‘ & ‚Synagoga Satanae‘

GOJIRA – FROM MARS TO SIRIUS

(Bild: Copyright 2020. All rights reserved.)

Ich weiß noch genau, wie mich der Einstieg in die ‚From Mars To Sirius‘ beim ersten Durchlauf einfach nur geplättet hat. Wie Kriegstrommeln hallt das Schlagzeug durch einen akustisch endlos wirkenden Raum. Und als wenn das nicht schon gigantisch genug klingen würde, schiebt auch die Saitenfraktion schiere Tsunami-Wellen von Riffs über einen hinweg. Die eingeschobenen Akzente in Form von Flageoletts und Gojiras Signatur-Plektrum-Scrape sorgen für zusätzliche Eindringlichkeit.

Erinnern tun diese Momente an Bands wie Morbid Angel und manchmal sogar Gorguts, aber Gojira haben ihre Death-Metal-Einflüsse mit einer gehörigen Prise Post Metal abgeschmeckt. Ich bilde mir zumindest ein, auch Untertöne von Neurosis auf ‚From Mars To Sirius‘ zu hören.

Was besonders heraussticht, ist, dass die Gitarren zunächst ziemlich tief gestimmt klingen. Umso mehr schockierte mich damals die Information, dass Gojira mit ihren Gitarren zu der Zeit lediglich in D Standard unterwegs waren. Aber die satten Tiefmitten und der für verzerrte Rhythmusgitarren ungewöhnlich hohe Anteil an Raum bilden in Verbindung mit dem bollernden Bass ein so massives Fundament, dass ich mich gern so weit aus dem Fenster lehne, zu sagen, dass es seit jeher keine bulliger klingende Platte in einer so moderaten Stimmung gegeben hat.

Für die Aufnahmen haben Gojira wohl ihre Gitarren direkt in einen laut aufgerissenen Peavey 5150 und eine Mesa-Oversized-4x12er gespielt. Das würde definitiv das potente Bassfundament des Gitarrensounds erklären. Die Band hat übrigens das gesamte Album in Eigenregie aufgenommen, ohne über umfassende Kentnisse im Bereich Recording zu verfügen. Dass das Ergebnis so massiv ausgefallen ist, kann man wohl nicht nur als Glückssache bezeichnen. Diese Franzosen haben einfach ein Gehör und Gespür für das, was sie da machen.

Anspieltipps: ‚Ocean Planet‘ & ‚In the Wilderness‘

MESHUGGAH – CATCH 33

(Bild: Copyright 2020. All rights reserved.)

Für viele Fans erster Stunde ist ‚Nothing‘ das Album schlechthin, wenn es um Messhuggahs 8-String-Veröffentlichungen geht – für jüngere Hörer dürften es wohl eher ‚obZen‘ oder gar ‚Koloss‘ sein. Aber für mich haben die Schweden 2005 mit ‚Catch 33‘ nicht nur die Zutaten für ihren unverwechselbaren Gitarrensound gefunden, sondern auch die mit Abstand besten 8-String-Riffs ihrer Discografie abgeliefert.

Dabei standen die Zeichen erstmal gar nicht so gut. Dieses Album ist unter großem Zeitdruck entstanden und somit mussten bei der Produktion einige Abstriche gemacht werden. Konkreter gesagt: Es war nicht genug Zeit, um echte Drums aufzunehmen, also musste Ausnahme-Schlagzeuger Tomas Haake mit den programmierten Drums des Drumkit-from-Hell-Plug-ins Vorlieb nehmen.

Auch die Gitarren sind „digital“: Meshuggah haben ihre Achtsaiter auf ‚Catch 33‘ mit einem Vetta-II-Topteil von Line6 direkt ins Pult eingespielt, anstatt einen Röhrenamp mit 4x12er-Box abzumikrofonieren. Bei Puristen sollten an dieser Stelle die Alarmglocken geschellt haben.

Ich weiß nicht, ob es daran lag, dass ich mir 2004 selbst ein Topteil von Line6 gekauft hatte, aber mir gefiel der Gitarrensound auf ‚Catch 33‘ auf Anhieb. Im Gegensatz zu ‚Nothing‘ und der grandiosen ‚I‘-EP, auf denen die Schweden für mein Empfinden noch etwas damit zu kämpfen hatten, ihr Tuning wirklich artikuliert und straff auf Band zu verewigen, haben Meshuggah auf ‚Catch 33‘ diesen unverwechselbaren Twang in ihrem Sound realisiert, der meiner Meinung nach 8-Strings erst so richtig populär gemacht hat.

Grundsätzlich ist der Gitarrensound auf diesem Meisterwerk sehr eigenständig. Statt rasiermesserscharf ist er eher rund und fett ausgelegt und lebt außerdem vom Unisono-Spiel mit dem ebenfalls stark angezerrten Bass. Ich denke, dass viele Hörer das Verhältnis zwischen Gitarren und Bass hier falsch einschätzen – denn ohne Dick Lövgren’s brutales Fundament würden Mårten Hagström und Fredrik Thordendal mit ihren Achtsaitern deutlich mickriger klingen.

Meshuggah haben spätestens mit ‚Catch 33‘ wirklich die perfekte Formel fürs Abmischen ihrer Saiteninstrumente gefunden – und die Tatsache, dass sie auf diesem Album Wahnsinns-Riffs wie am Fließband abliefern, ist schlussendlich auch dem prägnanten Sound mehr als zuträglich.

Anspieltipps: ‚Re-Inanimate‘ & ‚Dehumanization‘

CROWBAR – SONIC EXCESS IN ITS PUREST FORM

(Bild: Copyright 2020. All rights reserved.)

Nach zwei Platten, die mit für Metal recht klassischen Röhrenamps eingespielt wurden, sowie einer unorthodoxen Produktion mit Modeling-Amps, kommen wir nun noch zu einem wahren Highlight unter den Transistor-Amp-Aufnahmen!

Der Zerrsound von ‚Sonic Excess In Its Purest Form‘ ist einfach nur fett und saftig. Die Southern-Rock-angehauchten, teilweise auf A heruntergestimmten Riffs kommen mit erstaunlich wenig Attack vom Plektrum aus. Normalerweise würde mich so ein „weicher“ Anschlag stören, aber bei Crowbar geht es eher um die schiere Masse der Riffs, als um knackige, artikulierte Details. Aber wie genau haben die Schwergewichte aus New Orleans genau ihren Sound zustande bekommen? Dafür habe ich kurzerhand den ehemaligen Gitarristen Sammy Duet gefragt:

„Ich habe großartige Erinnerungen an den Entstehungsprozess dieser Platte. Kirk hatte damals eine Jackson Y2KV, die einfach nur super heavy klang. Wir haben diese in meinen 1983er Randall RG100ES und einen mit einem Boss Metal Zone geboosteten Randall Cyclone durch Mesa-Rectifier-Oversized-4x12er gespielt.“

Das Ergebnis weiß zu überzeugen und ist ein weiterer Beleg dafür, dass man auch mit den so oft verschmähten Transistoren-Amps der 80er und 90er sehr fette Ergebnisse erzeugen kann. Eine weitere Südstaaten Metal-Legende, die auf Randall Solid State Amps schwor, war Dimebag Darrell, und auch seine Band Pantera hätten ohne den ikonischen Gitarrensound eben dieser Amps anders geklungen.

RÜCKKOPPLUNG

Wenn eines klar wird, dann dass man mit ziemlich jeder Verstärker-Technologie einen durch die Bank überzeugenden und charakterstarken Gitarrensound erzeugen kann. Mir fällt aber darüber hinaus auf, dass alle diese Alben besonders eine andere Gemeinsamkeit teilen: Sie sind super heavy.

Das ergibt Sinn, denn natürlich lässt Musik, die weder wahnwitzig schnell noch extrem frickelig ist, dem Gitarrensound viel mehr Platz zum Atmen. Aber natürlich profitiert dieser auch von der Summe aller Teile einer Produktion. Ich bin z.B. nicht überzeugt, dass der Gitarrensound von ‚Catch 33‘ isoliert besonders gut klingen würde.

Anders verhält es sich bei Crowbar – die Gitarren klingen, als hätten Kirk und Sammy ihre Verstärker im Proberaum eingestellt und dann darauf bestanden, diese auch genau so im Studio aufzunehmen. Das ist natürlich Spekulation, aber man spürt bei dem Zerrsound regelrecht, wie die Hosenbeine vor den Randall/Mesa-Halfstacks flattern. Die größte Gemeinsamkeit dieser vier Platten ist allerdings, dass auf ihnen extrem viele gute Riffs zu finden sind. Und am Ende des Tages ist das nun mal am wichtigsten …

(erschienen in Gitarre & Bass 06/2020)

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