Schon vor etwa fünf Jahren schrieb ich eine Kolumne über Optimierungsmöglichkeiten bei Gitarren, die mit einem Tremolo (eigentlich Vibrato) ausgestattet sind. Damals berührte ich das Thema allerdings nur in Ansätzen. Es ging dabei um den Aufbau eines klassischen Stratocaster-Tremolos. Schauen wir uns solche Systeme genauer an, finden wir gleich mehrere Bausteine, die am Klang der betreffenden Gitarren maßgeblich beteiligt sind. Daher halte ich es für eine gute Idee, mögliche Maßnahmen zur Optimierung genauer zu beleuchten…
Was ich hier darlege, beruht vor allem auf meinen langjährigen Erfahrungen mit dem Setup verschiedener Stratocaster-Modelle.
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DAS SYSTEM
Ähnlich wie bei den Pickups haben auch die Bausteine des Tremolos spezifische Klangeigenschaften, die das Gesamtergebnis mehr oder weniger stark färben. Und da wir bei E-Gitarren kein Setup mit dem Ausgangspunkt „neutral“ kennen, ist es nur logisch, dass man mit der Auswahl dieser Bausteine eventuelle Schwächen des Instruments kompensiert.
Ein Stratocaster-Tremolo besteht aus Bodenplatte, Reitern, Madenschrauben zur Höheneinstellung und als Kontaktpunkt zur Bodenplatte, dem Tremolo-Block sowie den Tremolo-Federn, der sogenannten Kralle, die die Federn festhält, und zuletzt den beiden Halteschrauben für die Kralle.
Und wie bei allen komplexen Systemen wirken sich auch hier sämtliche Bausteine auf den Klang aus. Hochtonspektrum, Sustain und Ansprache liegen oft im entsprechenden Setup verborgen. Im Prinzip mischt jedes Tremolo dem Klangergebnis seinen ganz spezifischen Sound bei. Und daher ist es mehr als sinnvoll, sich die Eigenschaften bestimmter Anteile unterschiedlicher Bausteine bewusst zu machen.
Wie so oft wird es auch hier schwerfallen, ein allgemeingültiges Rezept zu finden, das jeder Stratocaster guttut. Da jede Gitarre etwas anders klingt, kommt man auch bei der Auswahl meist zu unterschiedlichen Ergebnissen.
Man sollte sich also nicht verunsichern lassen und einfach alles kaufen, was angeblich „vintage“ klingt. Hier entscheiden nur die persönlichen Bedürfnisse und Zielvorgaben. Und die sind schließlich für jeden Musiker variabel.
Bei meinen Kunden fällt mir auf, dass praktisch alle mit unterschiedlichen Pickups experimentieren, aber sich kaum jemand um sein Tremolo kümmert. Der Fokus ist daher eindeutig. Alles konzentriert sich auf die Tonabnehmer. Dabei übertragen diese ja nur das, was der unverstärkte Klang der Saiten hergibt. Und hierbei spielt das Tremolo eine große Rolle.
MATERIAL
Immerhin gibt es in jüngster Zeit ein wachsendes Bewusstein für das Material von Tremolo-Blöcken. In Mode sind sogenannte kalt gerollte Stahlblöcke. Warum, weiß offenbar niemand so recht. „Klingt knackiger oder spritziger“ heißt es da beispielsweise in Internet-Foren. Und wenn man den Block noch einem Cryo-Tuning unterzieht wäre das gleich noch viel besser. Aber welchen soll man da kaufen? Auch Stahlblöcke unterscheiden sich je nach Hersteller teils erheblich voneinander. Fans von Siebzigerjahre-Strats schwören dagegen auf die damals üblichen Guss-Blöcke, die in einem Werkstück mit der Bodenplatte verbunden waren. Angeblich klingt das „rockiger“. Warum sonst bevorzugen Ritchie Blackmore oder Walter Trout solche Materialien?
Wir beschäftigen uns heute mit den grundsätzlichen Eigenschaften des jeweiligen Materials. Hier gilt salopp gesagt: Ein härteres Material erzeugt auch einen härteren Klang. „Härter“ kann natürlich auch bedeuten „akzentuierter“, „definierter“ oder „dynamischer“. Dabei sind Stratocasters ausgerechnet auf der Treble-Seite am anfälligsten für Misstöne, sprich harsche Höhen oder quietschende Overdrive-Sounds. Wie immer heißt das Zauberwort „Balance“.
Man sollte versuchen, das Klangspektrum seiner Gitarre so gut wie möglich zu harmonisieren, und das vor allem, bevor man sich für einen Pickup-Austausch entscheidet.
SETUP
Die erste Maßnahme, die auch noch schnell und preisgünstig ist, beginnt beim Setup selbst. Verwende ich etwa alle fünf Federn oder nur vier oder drei? Stelle ich das Tremolo schwebend oder auf dem Body ruhend ein? Damit beginnt in der Regel die Arbeit entlang der Vorlieben des Spielers. Soll es fetter und rockiger klingen, kann es sinnvoll sein, das Tremolo festzuklemmen und mit allen fünf Federn zu bestücken. Das Klangergebnis liegt daher sehr nah an Modellen ganz ohne Tremolo (Hardtail).
Mit dieser Einstellung erhält man etwas mehr Punch und Dynamik, muss allerdings auf die Verwendung des Tremolos verzichten oder sie zumindest einschränken. Ritchie Blackmore hatte sein Tremolo wie oben beschrieben eingestellt und klagte daher bald über jede Menge angebrochener Tremolo-Bügel, da auch er hier und da das Tremolo einsetzte. Er ließ sich schließlich besonders dicke und stabile Bügel fertigen, die dem starken Gegendruck der fünf Federn gewachsen waren. Die klangliche Auswirkung der Federn ist hier zwar noch hörbar, aber im Grunde zu vernachlässigen, da die Bodenplatte und der Block hier viel stärker einwirken.
Standard bei Fender-Gitarren ist heute die Bestückung mit drei Federn (die übrigen zwei liegen meist in einem Tütchen im Kofferfach) bei leicht schwebender Einstellung, das heißt, dass man das Tremolo sowohl nach oben als auch nach unten bewegen kann.
Hier spielt zunächst die Justierung der sechs Halteschrauben eine wichtige Rolle. Dazu entfernt man die Saiten und dreht alle sechs Schrauben etwa zwei Millimeter heraus. Dann kippt man das Tremolo nach vorne, solange, bis der Block in der Tremolofräsung an der Rückseite anschlägt. Dann dreht man nur die beiden äußeren Schrauben so weit nach unten, bis sie mit dem Schraubkopf an der Bodenplatte anschlagen. Die vier mittleren Schrauben dreht man dann nur so weit herunter, dass sie die Bodenplatte gerade nicht berühren. So erhält man eine Messerkanten-Justage, die für die freie Beweglichkeit des Tremolos die beste wäre. Es geht hier darum, unnötige Reibung zu vermeiden. Dann bringt man die drei oder vier Federn an (abhängig von der Härte der Federn selbst) und zieht die Saiten wieder auf.
Jetzt kommt der nervigste Part, denn man muss abhängig von der Saitenstärke beziehungsweise dem Saitenzug das Tremolo in Balance bringen. Hierzu verwendet man die beiden Schrauben an der Tremolo-Kralle.
Steht das Tremolo mit aufgezogenen Saiten zu steil, dreht man die Schrauben weiter in den Korpus. Aber nicht zu viel, denn danach muss man die Saiten wieder leicht entspannen, um sie in die korrekte Stimmung zu bringen, wodurch die Bodenplatte des Tremolos wieder hochkommt.
Es kann einen Moment dauern bis man hier die richtige Lage ermittelt hat. Auch ist hier schon entscheidend, ob man die drei oder vier Federn parallel oder im Dreieck anbringt. Hier gibt es kein richtig oder falsch, sondern man muss sich anhören, in welcher Kombination die Gitarre den besten Klang bietet. Denkbar sind auch Mischanordnungen.
ANPASSEN
Bei schwebenden Tremolos kommen die Materialeigenschaften der Federn deutlich ins Spiel. Wie bereits erwähnt, „klingen“ härtere Federn auch härter und weichere eben weicher. Im Extrem erreichen wir hier eben manchmal ein „zu hart“ oder „zu weich“. Tönen etwa die Basssaiten zu „buzzy“ (ein Problem bei vielen Stratocasters), müssen härtere Federn her. Und manchmal genügt es sogar, nur die Feder auf der Bass-Seite zu tauschen. Auf der Diskantseite kann eine weiche Feder wahre Wunder wirken, etwa wenn die hohe E-Saite zu schrill klingt.
Um mich für solche Setups zu wappnen, habe ich vor ein paar Jahren begonnen, alle möglichen Arten von Tremolo-Federn zu sammeln. Zuerst kaufte ich ein Set Raw-Vintage-Federn. Wie die meisten alten Federn sind diese weicher und dehnbarer als die aktuellen Federn von Fender. Und so kann es sein, dass man aufgrund des Materials zu vier oder fünf Federn greift, um dieses „spongy feel“ beim Spielen zu entkräften.
Die schlechte Nachricht ist, dass ich in allen Versuchen mit wirklich alten Tremolo-Federn meist die besten Ergebnisse erziele. Hier ist die Balance in puncto Frequenzspektrum meist stimmiger als bei neueren Federn. Ich schaue auf Ebay, Musiker-Flohmärkten oder in Wühlkisten in Musikgeschäften, ob sich da was Passendes findet.
Ich weiß selbst nicht, woran man eine alte Feder erkennt, denn sogar bei Vintage-Strats variieren die eingebauten Exemplare teils erheblich. Meist sind sie jedoch etwas dünner und natürlich etwas weicher als aktuelle Federn. Wenn ich dann etwas Zeit habe, nehme ich meine Lieblings-Strat und teste solange mit verschiedenen Federn bis ich ein gutes Set gefunden habe.
In der nächsten Folge befassen wir uns mit Blöcken und Reitern, die ebenfalls eine große Rolle spielen.
diese Ausdrucksweise hat sich nun einmal eingebürgert und das schafft man leider nicht mehr so schnell aus der Welt.
Aber natürlich wird darauf bereits im ersten Satz des Anlesers hingewiesen 😉
Die beschriebenen grundsätzlichen Einstellmaßnahmen sind wahrscheinlich nützlich für Gitarristen, die darauf noch nicht so geachtet haben. Das Thema Federn und Experimente geht da schon weiter und nützt sicherlich eher Freaks. Ich kann aber bestätigen, dass es manchmal erstaunlich ist, was schon kleine im Artikel beschriebene Maßnahmen bringen. Manchmal ist auch ein Stück Schaumstoff zwischen die Federn geklemmt eine probate Maßnahme, nämlich wenn das Ausklingverhalten etwas gebremst werden soll.
Wie beschrieben, sind die Geschmäcker dermaßen unterschiedlich, dass nur das eigene Ohr entscheiden kann. Manch einer wird auch keinen Unterschied hören. Und natürlich sind zeitraubende Experimente eher bei teureren als bei günstigen Exemplaren ziehlführend. Aber selbst bei Billig- bzw. Günstig-Gitarren, die ich auch schon mal und dann fast immer zu gut bis sogar sehr gut bespielbaren Gitarren mache (als jahrzehntetätiger Hobby-TECH: mit intensiver Hals- / Bund- / Nutbearbeitung und optimiertem Setup aller Teile + besonderer Schaltungen), lohnen sich Austausch eines meist viel zu leichten Guss-Blocks mit einem fetten Guss-Block und manchmal auch Stahlblock. Fette Gussblöcke klingen für mein Ohr erdiger und werden von mir bevorzugt. Stahlblocks springen dagegen schneller an. Muss jeder selbst entscheiden, aber Probieren ist schon mal interessant. Bei günstigen Tremolo-Bodenplatten lohnt es sich für intensiv tremolierende Gitarristen, zusätzlich einmal den Schrägheitsgrad der Kante unterhalb der Schrauben genau zu inspizieren. Häufig ist diese auch Messerkante genannte Schräge nämlich viel zu unausgeprägt. Ich schleife sie mit einer Powerfeile wirklich einheitlich richtig schräg und erweitere damit den Aktions-Radius sowie die Funktionsweise als solche. 10-15 Minuten Arbeiten wirken da Wunder.
Klar, ich weiß dass es sicher viele Gitarristen gibt, die das Feintuning in diesem Artikel und meinen Kommentar als übertriebene und kaum wahrnehmbare Maßnahmen abtun mögen. Ich kann nur empfehlen, da mal etwas Zeit und Arbeit zu investieren, wenn man Wert auf “meinen Sound” legt. Und ich kenne viele Gitarristen, die mit diversen Mitteln immer auf der Suche danach sind. Hier ist ein kleines der Betätigungsfelder. Viel entscheidender für Spielvergnügen sind allerdings Hals / Bünde / Nut / Oktavoptimierung und überhaupt eine damit erst erzielte tolle Saitenlage… Keep Rockin’ and Bluesin’ …Mit musikalischen Grüßen
Ich kann manche Kommentare nicht verstehen, niemand kann heute die E-Gitarre neu erfinden aber es gibt immer wieder interessante Denkanstöße zu machen Feintuning… ich persönlich finde es super spannend und lohnenswert da tiefer einzusteigen. Vielleicht bringt es was oder auch nicht aber es lohnt sich definitiv so etwas auszuprobieren, allein das tüfteln macht schon Spaß und bringt Erkenntnis. Das macht das Hobby in meinen Augen auch aus. Schönen Sonntag
Dass der Autor, trotz besseren Wissens, nicht den korrekten Ausdruck “Vibrato” verwendet, muss man nicht verstehen.
Hallo Hans-Jürgen,
diese Ausdrucksweise hat sich nun einmal eingebürgert und das schafft man leider nicht mehr so schnell aus der Welt.
Aber natürlich wird darauf bereits im ersten Satz des Anlesers hingewiesen 😉
Grüße aus der Redaktion!
Doch, schafft man. Auch das gehört zu euren Aufgaben als Journalisten.
Wenn das Teil auf Fender.com USA tremolo bridge heißt, dann ist das der korrekte Ausdruck, basta.
Beruhig dich, Hans-Jürgen.
LOL: “da auch er hier und da das Tremolo einsetzte” – das ist wohl der Witz des Tages! Ritchie!
Die beschriebenen grundsätzlichen Einstellmaßnahmen sind wahrscheinlich nützlich für Gitarristen, die darauf noch nicht so geachtet haben. Das Thema Federn und Experimente geht da schon weiter und nützt sicherlich eher Freaks. Ich kann aber bestätigen, dass es manchmal erstaunlich ist, was schon kleine im Artikel beschriebene Maßnahmen bringen. Manchmal ist auch ein Stück Schaumstoff zwischen die Federn geklemmt eine probate Maßnahme, nämlich wenn das Ausklingverhalten etwas gebremst werden soll.
Wie beschrieben, sind die Geschmäcker dermaßen unterschiedlich, dass nur das eigene Ohr entscheiden kann. Manch einer wird auch keinen Unterschied hören. Und natürlich sind zeitraubende Experimente eher bei teureren als bei günstigen Exemplaren ziehlführend. Aber selbst bei Billig- bzw. Günstig-Gitarren, die ich auch schon mal und dann fast immer zu gut bis sogar sehr gut bespielbaren Gitarren mache (als jahrzehntetätiger Hobby-TECH: mit intensiver Hals- / Bund- / Nutbearbeitung und optimiertem Setup aller Teile + besonderer Schaltungen), lohnen sich Austausch eines meist viel zu leichten Guss-Blocks mit einem fetten Guss-Block und manchmal auch Stahlblock. Fette Gussblöcke klingen für mein Ohr erdiger und werden von mir bevorzugt. Stahlblocks springen dagegen schneller an. Muss jeder selbst entscheiden, aber Probieren ist schon mal interessant. Bei günstigen Tremolo-Bodenplatten lohnt es sich für intensiv tremolierende Gitarristen, zusätzlich einmal den Schrägheitsgrad der Kante unterhalb der Schrauben genau zu inspizieren. Häufig ist diese auch Messerkante genannte Schräge nämlich viel zu unausgeprägt. Ich schleife sie mit einer Powerfeile wirklich einheitlich richtig schräg und erweitere damit den Aktions-Radius sowie die Funktionsweise als solche. 10-15 Minuten Arbeiten wirken da Wunder.
Klar, ich weiß dass es sicher viele Gitarristen gibt, die das Feintuning in diesem Artikel und meinen Kommentar als übertriebene und kaum wahrnehmbare Maßnahmen abtun mögen. Ich kann nur empfehlen, da mal etwas Zeit und Arbeit zu investieren, wenn man Wert auf “meinen Sound” legt. Und ich kenne viele Gitarristen, die mit diversen Mitteln immer auf der Suche danach sind. Hier ist ein kleines der Betätigungsfelder. Viel entscheidender für Spielvergnügen sind allerdings Hals / Bünde / Nut / Oktavoptimierung und überhaupt eine damit erst erzielte tolle Saitenlage… Keep Rockin’ and Bluesin’ …Mit musikalischen Grüßen
Aus Ü-40 Jahren als E-Gitarrist und Techniker, der schon seit den ’70ern selbst “schraubt”, kann ich die Aussagen dieses Artikels nur bestätigen.
T.L.
Ich kann manche Kommentare nicht verstehen, niemand kann heute die E-Gitarre neu erfinden aber es gibt immer wieder interessante Denkanstöße zu machen Feintuning… ich persönlich finde es super spannend und lohnenswert da tiefer einzusteigen. Vielleicht bringt es was oder auch nicht aber es lohnt sich definitiv so etwas auszuprobieren, allein das tüfteln macht schon Spaß und bringt Erkenntnis. Das macht das Hobby in meinen Augen auch aus. Schönen Sonntag