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Repair Talk: Tipps & Tools

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Nachdem sich die letzten Repair Talks recht umfangreich mit nur einem Thema beschäftigt haben, ist es Zeit für etwas lockeres Infotainment, ohne dabei jedoch die relevanten Infos für den Gitarrentuner zu vernachlässigen. Dieser Repair Talk wird daher drei unterschiedliche Themen behandeln, die miteinander nicht unmittelbar etwas zu tun haben. Sie können aber helfen, den Gitarrenservice leichter und effektiver zu gestalten.

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RING KONTRA SPIEL

Durch die Spezialisierung meiner Werkstatt auf das Finetuning bundiere ich recht viel. Zu einer kompletten Bundierung gehört bei mir auch eine Inspektion der relevanten Bauteile rund um die Oberbegriffe Bespielbarkeit, Stimmstabilität, etc. Oftmals fallen bei der Inspektion die Mechaniken auf, die – meist verschleißbedingt – nicht mehr die 100% bringen. Das ist mir schon häufig bei gebrauchten Gitarren mit Vibrato aufgefallen (gutes Beispiel: ältere American-Standard-Strats).

Nach einer sauberen Bundierung, optimierte Sattel und Vibrato hält die Gitarre beim Einsatz des Vibratos trotzdem nicht die Stimmung. Ich habe recht lange nach einer Fehlerquelle gesucht, bis ich mal die kleine Schraube am Mechanikflügel (Voraussetzung: gekapselte Mechanik) etwas angezogen habe. Man könnte meinen, diese Schraube diene nur dazu, den Mechanikflügel zu fixieren – dem ist aber nicht so!

Um Missverständnisse auszuschließen: dies trifft nicht bei Vintage-Style-Mechaniken zu (Abb. 1). Hier sind Flügel und Achse fest verbunden (geklebt und/oder gepresst) und die Achse ist fest in zwei Klauen gelagert. Bei gekapselten Mechaniken hingegen sitzt der Flügel geschraubt auf der Achse und zwischen Flügel, und Mechanikgehäuse sitzen ein oder zwei Federringe sowie ein Distanzring aus Kunststoff (Abb. 8).

Abb.1: Offene Vintage-Style-Mechanik (Bild: M. "Doc" Schneider)

Intensiver Gebrauch und eine normale Alterung lassen aber häufig die Distanzringe brüchig werden, sodass sie irgendwann abplatzen (Abb. 2). Die Funktion der Mechanik wird dadurch zunächst einmal kaum beeinflusst. Die Gitarre lässt sich weiter stimmen – die Mechanik verrichtet oberflächlich gesehen ihre Aufgabe zufriedenstellend.

Abb. 2: Problem: fehlender Distanzring bei einer gekapselten Mechanik (Bild: M. "Doc" Schneider)

Die aufgefeilte Mechanik auf Abb. 3 zeigt jedoch die Eigenart der gekapselten Mechanik. Die Schnecke wird nicht in zwei Klauen fest geführt, sondern ist ohne montierten Flügel im Rahmen des Zusammenspiels Zahnrad/Schnecke verschiebbar.

Abb. 3: Geöffnete gekapselte Mechanik (Bild: M. "Doc" Schneider)

Ist der Distanzring abgeplatzt, hebt und senkt sich der Flügel, wenn man manuell an der Mechanikachse zur Saitenbefestigung dreht. Ein kleiner Luftspalt entsteht zwischen Flügel und Mechanikgehäuse (Abb. 4).

Abb. 4: Sichtbares Spiel am Flügel… (Bild: M. "Doc" Schneider)

Dies deutet auf mechanisches Spiel in der Mechanik hin. Schön transparent wird dies auch bei der Mechanik auf Abb. 5. Ohne aufgesetzten Flügel lässt sich die Achse gut sichtbar verschieben. Weiter gedacht hält also der aufgesetzte Flügel die Achse in Position und die korrekte Distanz wird durch die angesprochenen Federringe und die Distanzscheibe erreicht.

Abb. 5: … und an der Achse (Bild: M. "Doc" Schneider)

Fehlt zum Beispiel der abgeplatzte Distanzring, bekommt die Mechanik Spiel, weshalb die Achse unter Umständen nicht mehr akkurat ihre Position hält. Der Gebrauch des Vibratosystems mit der resultierenden Saitenbewegung/Spannungsänderung kann zu Verstimmungsproblemen führen. Auch bei Gitarren ohne Vibrato habe ich das Gefühl, dass solch eine „verbrauchte“ Mechanik nicht so gut an der Saite hängt und beim Stimmen indirekter ist.

Egal, wie man die Situation bewertet – ich glaube, dass der Distanzring seine Funktion hat. Soll eine gekapselte Mechanik gut funktionieren, ist dieser Ring unerlässlich. Ein Mechaniktausch wäre der Königsweg, um die Verschleißerscheinungen zu beheben. Dieser schießt aber häufig über das Ziel hinaus, da die Mechanik an sich ja noch durchaus funktionsfähig sein kann.

Die Firma Göldo bietet Distanzringe für Mechanikflügel (Abb. 6) und damit eine effektive Lösung für das Problem an. Der fehlende Distanzring wird durch frisches Material ersetzt und die Mechanik so wieder instandgesetzt.

Abb. 6: Frisches Material als Problemlöser (Bild: M. "Doc" Schneider)

Da in den seltensten Fällen alle Mechaniken verbraucht sind, orientiere ich mich an noch intakten Exemplare und schiebe gemäß den Vorgaben Feder- und neue Distanzringe auf die Achse (Abb. 7). Anschließend wird der Flügel wieder aufgesteckt und mit der Schraube fixiert.

Abb. 7: Der Distanzring wird ersetzt (Bild: M. "Doc" Schneider)

Entscheidend ist nun, wie stark man die Befestigungsschraube anzieht. Man kann sie bis zum Anschlag anknallen, was dazu führt dass zwar die Mechanik kein Spiel mehr hat, der Flügel sich aber auch nicht mehr drehen lässt. Lässt man die Schraube zu locker, lässt sich der Flügel sehr leicht drehen – die Mechanik hat aber auch wieder Spiel. Irgendwo dazwischen liegt die passende Lösung, an die man sich herantasten muss.

Bei der im Vorfeld angesprochenen American-Standard-Strat half ein Nachziehen der Schraube merklich, die Stimmstabilität zu verbessern. Auch die Martin-Gitarre, die als Modell für die Fotos hergehalten hat, läuft nach dem „Instandsetzen“ schön rund und macht einfach mehr Spaß.

Abb. 8: Läuft wieder rund: Instandgesetzte Mechanik (Bild: M. "Doc" Schneider)

THE RIGHT TOOL FOR THE JOB

A propos Spaß. Man betreibt so eine Gitarrenwerkstatt ja nicht nur, um die Fixkosten zu erwirtschaften, sondern es geht auch um Spaß an der Materie. Ähnlich wie ein Musiker nicht müde wird, den x-ten Verzerrer anzutesten, ist es bei mir Werkzeug, das immer wieder Begehrlichkeiten triggert. Es gibt einige Käufe, die recht schnell ganz unten im Werkzeugschrank verrotten, aber es gibt eben auch Werkzeug, das mich überzeugt und den Job effektiver macht. Um dem einen oder anderen Tuner ein paar Ideen zu geben – ggf. sogar Begehrlichkeiten zu wecken – lege ich mal zwei Drehwerkzeuge auf den Präsentierteller:

Zum einen den Wera Bits Handhalter 813R. Ein schnöder aber effektiver, schlanker Bithalter, der mit dem extralangen Bit Wera PH1 x 152 zu einem super Schraubendreher wird (Abb. 9/oben). Das Entscheidende ist hier die Nutzlänge von ca. 140 mm mit einer harten PH1-Spitze.

Abb. 9: Sauber zur Schraube: Das lange Kreuzschlitz-Bit macht es möglich. (Bild: M. "Doc" Schneider)

Zur Erklärung meiner Euphorie: Auch wenn sich alle Kreuzschlitze recht ähnlich sehen, ist deren Form subtil anders. Die gemeine Baumarktschraube hat häufig eine Prozidrive-Form (PZ) während die allermeisten Schrauben der Gitarren-Hardware eine Phillips-Form (PH) haben. Man kann natürlich auch mit einem PZ-Dreher eine Phillipsschraube bewegen aber so richtig kraftschlüssig und materialschonend wird es erst, wenn Dreher und Schraube zusammenpassen.

Gerade bei den Intonationsschrauben auf T- und ST-Modellen komme ich mit dem langen Bit in gerader Führung zu dem Kreuzschlitz der Schraube. Auch gealterte, schwergängige Schrauben lassen sich so gut drehen und der passende PH1-Kopf greift die Schraube, ohne das Material zu beschädigen. Zudem sind das Bit und der schlanke Bithalter weit genug vom Korpus entfernt und es werden so unerwünschte Spuren vermieden.

Ähnlich überzeugend ist die nächste Kombination aus dem Wera 816RA Ratschenschraubendreher (kurz RA-Dreher genannt) und einem PH2-Bit in Normallänge (Abb. 10/links). Durch die Ratschenfunktion kann das Bit beim Drehen in der Schraube bleiben und diese dann ohne Umgreifen mit viel Kontrolle bewegt werden.

Abb. 10: Volle Kontrolle mit viel Kraft: Kurzer Ratschenschraubendreher (Bild: M. "Doc" Schneider)

Der kurze ergonomische Griff ermöglicht eine sehr gute Kraftübertragung bei zügigem Arbeitstempo (Abb. 10/rechts). Hauptsächlich nutze ich diese Kombination, um Halsschrauben zu drehen (daher das PH2-Bit). Analog zum „Dreherlebnis“ bei den Intonationsschrauben greift das passende Bit sehr sauber in die Schraube und ist damit dem schnöden Universalschraubendreher haushoch überlegen.

ZAUBERWÜRFEL FÜR GITARRISTINNEN

Nach so viel Drehen nun zu einem anderen Gebiet. Obwohl man glauben könnte, dass im Internet-Zeitalter kaum noch etwas unbekannt wäre, stelle ich in meiner Werkstatt immer wieder fest, dass vieles Nützliches wohl doch übersehen wird. Bei zahlreichen Vorgesprächen zu Reparaturen stelle ich kleine Fehler – wie lose Schrauben, etc. – fest, die ich schon während der Diagnose beheben kann.

Erst kürzlich konnte ich bei einem Kunden mit dem Guitar Nut Cube (Abb. 11) einen euphorischen Aha-Effekt auslösen, der mir gezeigt hat, dass es sich durchaus lohnen kann, auf solche nützlichen Helfer noch einmal hinzuweisen. Dieser kleine Metallwürfel (erhältlich im Musikalienfachhandel) hat diverse „Schlüssel“ eingebaut, mit denen man unterschiedlichste Muttern (Nuts) anziehen kann.

Abb. 11: Der vielseitige Nut Cube… (Bild: M. "Doc" Schneider)

Genial ist die runde, geriffelte Bohrung am Kopf, mit der man die Toggle-Mutter im Griff hat (Abb. 12/links). Es passen aber leider nicht alle Toggle-Muttern, wobei in diesem Fall der geriffelte V-Schenkel helfen kann (Abb. 12/Mitte). Dieser eignet sich übrigens auch hervorragend, um die Rändelmuttern von Tune-o-matic-Stegen zu bewegen.

Abb. 12: … und einige seiner Einsatzmöglichkeiten (Bild: M. "Doc" Schneider)

Ein damit vergleichbares V-Schenkel-Werkzeug bietet übrigens auch Dunlop mit dem ‚Uni Wrench‘ an (Abb. 13). Und zuletzt sind da noch die Schlüssel an den Flanken, mit denen man versteckte Muttern gut erreichen kann (Abb. 12/rechts). So ein nützliches Werkzeug gehört eigentlich in jedes Gitarristen-Besteck.

Abb. 13: Das Uni Wrench von Dunlop

Jetzt ist auch erst einmal Schluss mit den Kleinigkeiten für Zwischendurch, im nächsten Repair Talk geht es dann wieder mit handfester Gitarrentechnik weiter!

(erschienen in Gitarre & Bass 05/2020)

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