In der letzten Folge wurde der Boss MT-2 bereits vorgestellt und auch gewürdigt: Der Metal Zone ist eines der erfolgreichsten Boss-Pedale und bietet einen unglaublichen Gain und eine üppige Klangregelung inklusive (semi-)parametrischer Mitten. Damit ist er ein perfekter Begleiter, um auch bei kleinen Lautstärken richtig fette und mächtige Sounds für den Kopfhörer oder Übungsverstärker abzuliefern.
Spätestens unter realen Bedingungen, im Band-Kontext, kommt aber die Kehrseite des MT-2 zum Vorschein: sein fehlendes Durchsetzungsvermögen und sein doch etwas steriler und harscher Charakter. Mit diesen Eigenschaften hat sich der MT-2 dann auch seinen Ruf als „Schlafzimmer-Verzerrer“ erworben.
Anzeige
Das Problem mit der Durchsetzungskraft liegt zum großen Teil daran, dass der MT-2 sehr stark komprimiert. Was beim Üben angenehm ist, weil es Fehler verzeiht und einen groß(artig) klingen lässt, wird einem im echten Leben zum Verhängnis – wenn nämlich der Gitarrenpartner oder der Keyboarder im Band-Sound viel besser durchkommen und man sich selbst kaum hört.
Letztes Mal haben wir schon mit drei kleinen operativen Eingriffen dafür gesorgt, dass der MT-2 wieder Luft zum Atmen bekommt und freier, rauer und lebendiger klingt. An welchen Stellen der Schaltung wir da genau eingegriffen haben und was wir noch alles mit dem MT-2 anstellen können, soll uns heute beschäftigen. Denn neben seiner Schlafzimmerqualitäten hat der MT-2 noch einen sehr großen Vorzug: er verhält sich extrem dankbar beim Modden! Alle Eingriffe quittiert er mit deutlich bemerkbaren Klangänderungen.
DAS FIX-WAH IM MT-2
Nein, ich werde jetzt nicht die Schaltung des MT-2 im Detail besprechen. Aber eine ganz grobe Vorstellung der einzelnen Einheiten der nicht ganz einfachen und zum Teil raffinierten Schaltung ist schon sinnvoll, damit man zumindest in Ansätzen weiß, was man da macht. Die Stromversorgung und die FET-Bypass-Schaltung lassen wir mal außen vor und beginnen die Betrachtung beim Input-Buffer.
Hier ist noch alles Standard: Ein FET-Buffer bereitet das Signal für die Pre-Distortion-Tonformung vor. Hier wird es interessant, denn im MT-2 bekommt das Signal an dieser Stelle einen Mittenboost bei etwa 1 kHz verpasst. Die Schaltung ist eine fest eingestellte Gyrator-Schaltung. Mit Gyratoren lassen sich Impedanzen elektronisch nachbilden, die real nur schwierig oder gar nicht herstellbar sind.
Bekanntestes Beispiel ist die Nachbildung einer Spule durch Inversion der Kapazität. Der Pre-Distortion-Gyrator im MT-2 formt den Ton so, dass das Ergebnis so wirkt, als hätte man ein fest eingestelltes WahWah vor den Verzerrer geschaltet. Michael Schenker hat diesen Trick bereits zu UFO-Zeiten in den 70er-Jahren gerne eingesetzt, um seine Soli zu boosten.
Der schmalbandige Bandpass sorgt für den nasalen Beigeschmack des MT-2-Sounds. Hier haben wir bereits das letzte Mal eingegriffen, als wir C35 entfernt haben. Der Sound wurde freier und klang weniger „verschnupft“, nachdem wir dem MT-2 sein WahWah weggenommen haben.
Die Pre-Distortion-Tonformung
Die Gain-Stufe
Die Post-Distortion-Tonformung
DIODEN-MODDING UND NOCH MEHR GYRATOREN
Nach dem Gyrator kommt das Signal in die Verzerrerstufe. Hier sind für uns v. a. die Clipping-Dioden interessant. Durch den Tausch der Dioden kann man sich als Modder so richtig austoben. Das haben wir ja bereits bei anderen Verzerrern mehrfach durchexerziert. Auch beim MT-2 bietet es sich an, statt der originalen Kleinsignaldioden andere Diodentypen auszuprobieren. Er reagiert sehr deutlich auf Eingriffe in diesem Bereich.
Ich empfehle zwei rote LEDs. Damit erhält man eine markante Klangänderung in rauere und dynamischere Gefilde. Da hier erlaubt ist, was gefällt: Wie wäre es z. B. mit einer Powerdiode (1N400X) und einer gelben oder grünen LED oder einem assymetrischen Clipping mit drei Dioden? Germanium-Dioden dürften nicht geeignet sein, wenn man den MT-2 durchsetzungsfähiger machen möchte, da Germanium-Dioden den Klang eher weicher machen.
Eine weitere Klangformung, die aber immer noch nicht die eigentliche, von außen einstellbare Klangregelung ist, sitzt hinter der Gain-Stufe und den Dioden. Ähnlich wie bei der Pre-Distortion-Klangformung erfolgt hier ein Boost. Diesmal aber über eine doppelte Gyrator-Schaltung bei ca. 100 Hz und 5 kHz. An dieser Stelle haben wir bereits das letzte Mal durch die Entfernung von C17 eingegriffen und eine sehr deutliche Klangänderung erzielt.
Erst hinter dieser Post-Distortion-Tomformung kommt das Signal in den eigentlichen Equalizer, den man von außen regeln kann. Hier gibt es nichts zu meckern: Die aktive Höhen- und Tiefenregelung und erst recht die Semiparametrik der Mittenregelung sind flexibel und effektiv. Also lasse ich die Finger davon. Auch den Output-Buffer, den das Signal zum Schluss noch durchläuft, können wir in Ruhe seine Arbeit machen lassen.
RAN ANS WERK!
Einige Eingriffsmöglichkeiten wurden mit der Schaltplanbetrachtung ja schon offensichtlich. Im Netz findet man Anregungen, die diese Eingriffe in Kombination setzen und mit einem klingenden Namen belegen. Da wäre z. B. der „Diezel Mod“, der das Entfernen von C35 und C25 und bei C34 statt des 27 nF einen 47 nF Folien-Kondensator vorsieht. Die Auswirkungen der ersten beiden Änderungen kennen wir ja schon. Die Erhöhung des Kondensatorwertes von C34 verändert die Tonfarbe von einem harten „A“ zu einem weichen und volleren „O“. Ich finde übrigens beide Tonfarben gut, daher empfehle ich, diesen Mod schaltbar zu machen.
Unter dem Namen „God of Cake Mod“ wird empfohlen, im Bereich der Clipping Dioden z. B. einen 1k Widerstand in Serie mit einer Diode oder ein 100 nF Kondensator parallel zu einer Diode zu schalten, um das Clipping asymmetrisch und den Sound damit weicher und dynamischer zu formen. Weiterhin wird angeregt, den Wert des Widerstandes R26 auf 68k zu erhöhen und/oder eine rote LED parallel zu R26 zu schalten.
Wer sucht, wird sicher auch noch weitere Modding-Kombinationen mit hübschen Namen finden. Ich habe bei meinem MT-2 folgende Mods durchgeführt und wie üblich schaltbar gemacht, damit mir der Original-Sound nicht verloren geht: Kernstück des Moddings ist der Eingriff in die Dioden. Neben den originalen Kleinsignaldioden dürfen auch zwei rote LEDs und wegen der Verwendung eines On-Off-On-Schalters auch mal gar keine Clipping Dioden im MT-2 werkeln.
Die Lautstärke erhöht sich übrigens deutlich bei Verwendung der LEDs und noch mal beim Verzicht auf Dioden. Da muss man dann halt mit dem Level-Poti nachregeln. Die originalen Dioden habe ich vorsichtig ausgelötet und mit zwei roten LEDs auf einer kleinen Streifenrasterplatine untergebracht.
Da die Clipping-Dioden gegenläufig verschaltet sind, kommt jeweils ein Anoden- und ein Kathodenbein der LEDs und der Originaldioden an den mittleren Streifen der Hilfsplatine und von dort an einen der vier Anschlüsse der Hauptplatine. Die beiden anderen belegten Streifen der Hilfsplatine werden über Litzen zu den äußeren Lötanschlüssen des SPDT-Schalters geführt.
Der mittlere Lötanschluss des Schalters kommt über eine weitere Litze an die Hauptplatine und wird gegenüber dem Hilfsplatinenanschluss angelötet. Die Anschlüsse der zweiten Diode bleiben frei. Hier wäre dann z. B. ein guter Platz, wenn man eine dritte Diode für asymmetrisches Clipping einbauen möchte. Ich verzichte aber gerne darauf und bin mit meinen zwei LEDs glücklich.
Eine Empfehlung hat auch der Eingriff in die Post-Distortion Tonformung verdient. Die drastische Klangänderung durch Entfernen von C17 verleiht dem Pedal deutlich mehr Transparenz und Dynamik. Für diese Mod genügt ein SPST-Schalter. Ein Bein des Kondensators C17 wird von der Platine gelöst und mit einer Litze zu einem äußeren Anschluss des Schalters geführt.
Der mittlere Anschluss des Schalter kommt mithilfe einer weiteren Litze an den ursprünglichen Lötpunkt auf der Platine, sodass der Kondensator je nach Schalterstellung in der Schaltung bleibt oder in der Luft hängt. Den Diezel-Mod kann ich auch empfehlen. Hier gilt es, drei Bauteilen, wie bei C17 beschrieben, mit Schaltern zu versorgen.
Alle drei gleichzeitig könnte man mit einem 3PDT-Switch schalten – die gibt es auch als Kippschalter. Aber dann würde man auf die Feinheiten der einzelnen Änderungen verzichten. Das wäre schade, denn alle drei Änderungen verursachen kleinere aber schöne und sinnvolle Klangunterschiede. Da ich aber nicht mehr als vier Schalter im Bedienfeld des MT-2 unterbringen will – irgendwann wird aus einfach zu unübersichtlich – stellt sich die Frage, welche der beiden Änderungen ich mit einem DPDT-Schalter zusammen schaltbar machen will.
Ich habe mich entschieden, C35 (das WahWah) und C25 zusammenzuschalten und C34 (von „A“ zu „O“) alleine zu lassen. Mit allen Änderungen ist der MT-2 nun ein extrem flexibler Gefährte, der bei mir jetzt nicht nur allein im Schlafzimmer, sondern zumindest auch mal mit den Jungs im Proberaum ran darf.