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Matteo Mancuso plays ‚Fred‘ by Allan Holdsworth

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(Bild: Marcello Provenzanoe)

Matteo Mancuso, geboren am 26. November 1996 in Palermo, ist ein Rising Star am Fusion-Gitarren-Himmel. Er begeistert mit höchst ungewöhnlicher Technik und enormer Musikalität. Kein Geringerer als Tosin Abasi war hin und weg von Matteos Performances und bezeichnete ihn als „virtuoso beyond virtuosos“.

Wir hatten Gelegenheit, mit dem sympathischen Newcomer zu sprechen:

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Dein Vater Vinzenco Mancuso ist in Italien ein ziemlich bekannter Jazz-Gitarrist. Hat er dich an das Instrument herangeführt und dir Unterricht gegeben?

Mein Vater war weniger mein Gitarrenlehrer, als vielmehr derjenige, der mich mit vielen Hör-Tipps in die Musik eingeführt hat. Als ich anfing mit dem Gitarrenspiel, hat er mir einige grundlegende Sachen beigebracht, und in den letzten Jahren habe ich viel von ihm gelernt. Aber am wichtigsten war, dass ich als Kind viel gute Musik und natürlich Gitarristen gehört habe, was ich ihm verdanke. Wir spielen oft zusammen, und auch wenn wir unterschiedlichen Generationen angehören, haben wir einen sehr ähnlichen Musikgeschmack.

Wann hast du mit dem Gitarrespielen angefangen?

Ich habe mit zehn mit der E-Gitarre angefangen, und ich spielte mit Finger-Style, weil ich damals gar nicht wusste, dass man die E-Gitarre mit Pick spielen sollte. Ich wollte die Plektrum-Technik auch später nie wirklich lernen, weil ich keine Lust hatte, wieder ganz von vorne anzufangen. Ich weiß natürlich, dass das Pick Vor- und Nachteile hat, aber ich bin bei Finger-Style geblieben. Meine ersten Einflüsse waren die Rockbands der 60er- und 70er-Jahre wie Led Zeppelin, Deep Purple, AC/DC und viele mehr. Aber der für mich wichtigste Künstler war Jimi Hendrix. Wegen seiner Musik habe ich mit der Gitarre angefangen, und er ist für mich immer noch einer der größten Musiker aller Zeiten.

Mit zehn hast du auch Unterricht in klassischer Gitarre bekommen.

Ich begann, klassische Gitarre zu lernen, als ich auf dem Gymnasium war. Da habe ich viel über die Technik der rechten Hand gelernt, und das war mein Ausgangspunkt, um meine eigene Technik zu entwickeln.

Was war deine erste E-Gitarre?

Eine Squier Mini-Strat mit rotem Korpus und weißem Pickguard. Mein Vater kaufte mir die, als ich zehn war.

Wann fingst du an, dich für Jazz/Rock/ Fusion zu interessieren?

Mit 18 – da habe ich das Tribal-Tech-Album ‚Face First‘ (1993) zum ersten Mal gehört. Ich habe mich intensiv mit diesem Stil beschäftigt und Gitarristen wie Scott Henderson, Frank Gambale, Allan Holdsworth und Bands wie Tribal Tech, Chick Corea Elektrik Band und Weather Report gehört. Jaco Pastorius hat mich auch sehr beeindruckt.

Ein YouTube-Video deiner Band Snips, in dem ihr ‚Chicken‘ spielt, eine Pee-Wee-Ellis-Komposition, die vor allem durch Jaco Pastorius bekannt wurde, wurde zu einem Online-Hit, und ihr wart plötzlich in aller Munde. Erzähl doch was über die Band!

Snips haben wir vor drei Jahren gegründet mit der Absicht, bekannte Fusion-Standards neu zu interpretieren. Riccardo Oliva (Bass), Salvatore Lima (Drums) und ich teilen die Begeisterung für diese Art von Musik, und zum Glück wohnten wir für lange Zeit in der unmittelbaren Nachbarschaft. Wir haben uns dazu entschieden, erst einmal unsere eigenen musikalischen Wege zu gehen, und lassen die Band für die nächste Zeit ruhen. Ich habe jetzt ein ähnliches Trio mit Stefano India (Bass) und Giuseppe Bruno (Drums), mit dem spielen wir aber vorwiegend Eigenkompositionen.

(Bild: Marcello Provenzanoe)

Wie hast du dein musikalisches Vokabular entwickelt? Hast du einen Übe-Plan?

Ich habe keinen festgelegten Übungsplan. Sehr häufig lerne ich einen Song/Standard und bringe in ihm meine musikalischen Ideen, Patterns, Voicings und Licks zur Anwendung. Zu Playalongs spielen mag ich eigentlich nicht, ich spiele lieber zur Original-Aufnahme, oder soliere darüber. Manchmal transkribiere ich Solos, die ich wirklich mag, und ziehe mir musikalische Ideen heraus, die ich in meine Musik integrieren kann. Was ich versuche, täglich zu machen, ist, Musik vom Blatt zu spielen, um ein besserer Leser zu werden. Das ist zwar langweilig, und ehrlich gesagt bin ich nicht besonders gut in dieser Disziplin, aber ich will auch hier besser werden.

Du benutzt ein Fretwrap. Sag uns doch, warum, und kannst du mit dem Teil auch Leersaiten spielen?

Ich benutze das Fretwrap hauptsächlich, weil ich mit meiner Technik der rechten Hand die Saiten nicht immer mit dem Ballen dämpfen kann, besonders bei verzerrten Sounds oder beim Tapping. Wenn das Fretwrap auf dem Griffbrett ist, kann ich keine offenen Saiten spielen. Das geht nur, wenn ich das Fretwrap auf den Sattel schiebe. Das ist gar nicht so einfach, aber ich habe mich daran gewöhnt.

Wann hast du zum ersten Mal Musik von Allan Holdsworth gehört?

Da war ich wohl 16 oder 17, und ich war schockiert von seinem Vokabular, seiner Technik und seinem Sound. Aber damals waren mir seine Kompositionen noch zu hoch. Später aber habe ich mich intensiv in seine Musik hineingehört und eine ganz neue Welt und neues harmonisches Vokabular entdeckt. Ich glaube, Holdsworth war seiner Zeit 20 Jahre voraus, und sein Tod 2017 hat mich sehr traurig gemacht. Ich hoffe, er wird auch außerhalb der Gitarren-Welt seine verdiente Anerkennung finden.

Transkription

Am 2. Dezember letzten Jahres stellte Matteo seine Version des Allan-Holdsworth-Klassikers ‚Fred‘ auf YouTube online. ‚Fred‘ war ein Song auf ‚Believe It‘ (1975), einer legendären Fusion-Platte des Jahrhundert-Schlagzeugers Tony Williams. Das Stück wurde auch zu einem festen Bestandteil auf der Setlist von Allan Holdsworth.

Matteos Version ist eine Verneigung vor dem Großmeister der Gitarre, aber er erliegt nie der Versuchung, Allan zu kopieren. Matteos Rechte-Hand-Technik ist komplett einzigartig. In den Takten 5-16 habe ich die Anschlag-Patterns eingetragen – diese bei dem Tempo überhaupt zu identifizieren, ist eine Aufgabe für sich. Seine Linien lassen sich aber auch mit dem Pick spielen. Die Fingersätze für die linke Hand sind komplett dokumentiert und enthalten eine Fülle von harmonischen Ideen. Sie sind oft weit überstreckt, wer solche Dehnungen noch nicht kennt, sollte vorsichtig agieren.

(Die Noten können durch Anklicken vergrößert werden)

Das Playalong, über das Matteo spielte, ist hier zu finden:

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