Aus dem neuen Heft

Test: LTD Deluxe Phoenix-1000 STBC

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(Bild: Dieter Stork)

Vor einigen Jahren hätte ich nicht vermutet, dass dieses Gitarren-Design jemals derart beliebt werden würde. Seit die Preise für die Reverse-Originale der 60er-Jahre dermaßen durch die Decke gegangen sind, versuchen sich etliche Hersteller an dem damals vom Kfz-Designer Raymond Dietrich entworfenen Modell.

Um Plagiatstreitigkeiten mit Gibson zu vermeiden, hat ESP-Ableger LTD seine Deluxe Phoenix-1000 einigen signifikanten Modifikationen unterzogen. Die grundsätzliche Konstruktion wurde jedoch im Großen und Ganzen beibehalten: Durchgehender gesperrter Hals, angesetzte Korpusflügel, Mittelbereich der Decke erhöht und reversed Kopfplatte.

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MATERIALWAHL

Auch hinsichtlich der Hölzer weicht der Hersteller vom Original ab. Statt Mahagoni verwendet er für den Hals dreifach in Längsrichtung gesperrten Ahorn, der sich als 66 mm breiter Block durch den gesamten Korpus zieht. Während das Griffbrett aus dezent gemasertem Makassar-Ebenholz besteht, kommt für die seitlich angesetzten Body Wings dennoch das traditionelle Mahagoni zum Einsatz. Ein 3 mm dickes und 10 cm breites Ahornfurnier, das der LTD Phoenix das markante Deckenprofil früher Firebirds verleiht, kaschiert frontseitig die Verbindungsfugen von Flügeln und Hals.

Die unterschiedlichen Maserungen des Ahorns und Mahagonis, die das perfekt ausgeführte und high gloss polierte, transparente Black-Cherry-Finish gut zu erkennen gibt, lockern die Decke zusätzlich optisch auf. Hinten finden wir zwei Oberkante bündig abgedeckte Kammern.

Offene Batterie- und E-Fächer. (Bild: Dieter Stork)

In der einen haust die von einer Klammer gehaltene und per stabilem Clip angeschlossene 9-Volt-Batterie der aktiven Schaltung. Der schwarze Kunststoffdeckel wird von zwei Gewinde-, der des benachbarten E-Fachs von Holzschrauben gehalten. Von einem ovalen Zargenblech getragen, mündet die Klinkenbuchse direkt ins E-Fach, in dem dank der Aktivschaltung auf Abschirmung verzichtet werden konnte.

Große Knöpfe sichern den Gurt, von denen der obere aus der Mitte heraus angebracht wurde, um die Hand beim Bespielen der höchsten Lagen nicht zu behindern. Anders als beim Original muss das Pickguard keine Fräsungen abdecken. Während LTD den dezenten Rippenspoiler ergonomisch optimal platziert hat, macht die Position der kleinen Armauflage wenig Sinn.

(Bild: Dieter Stork)

Die Neck-thru-Konstruktion bietet beste Vorrausetzungen für einen fließenden Halsübergang, der hier barriere- und stressfreien Zugang zu den höchsten Lagen bietet. Weißes Binding umgibt das Eben­holzgriffbrett, auf dem sich 22 extra hohe, vorbildlich bearbeitete Jumbobünde verteilen und Flag Inlays bzw. Sidedots die Navigation erleichtern. Die Kerben des selbstschmierenden Kunststoffsattels hat man präzise aus- und optimal abgerichtet.

Fließender Halsübergang und LTD Locking Tuner. (Bild: Dieter Stork)

 

Etwa auf gleicher Höhe stabilisiert ein Kragen den Übergang zur geneigten Reversed-Kopfplatte, auf der ein Kunststoffplättchen den Trussrod-Zugang abdeckt und LTD Locking Tuner einen tadellosen Job verrichten. Der Nashville-Style-Steg und das Stoptail kommen von TonePros. Beide sind per Inbusschrauben auf ihren Stützen arretierbar.

Fishman Fluence Modern Humbucker (Bild: Dieter Stork)

Mit den Fluence-Humbuckern scheint Fishman ein echter Topseller gelungen zu sein, denn immer mehr Gitarrenhersteller statten ihre Instrumente serienmäßig damit aus. Bei der Phoenix-1000 kommen die Fluence Modern zum Einsatz, die mittels Master-Volume, Master-Tone und Dreiwegschalter kontrolliert werden. Eine Pull/Push-Funktion im Tone-Poti bietet keine konventionellen Coilsplits, sondern…

 

wählt für jeden der beiden Humbucker unterschiedliche Peak-Frequenzen, hier als Voice 1 und Voice 2 bezeichnet.

Hals-Pickup: Voice 1 = 630 Hz, Voice 2 = 720 Hz und 8 kHz.

Steg-Pickup: Voice 1 = 720 Hz, Voice 2 = 1,8 kHz.

INFLUENCER

Mit exakt 4 kg und leichter, tolerierbarer Kopflastigkeit hängt die Phoenix am Gurt und liegt gut auf dem Bein. Aufgrund des langen Halses muss man die linke Hand für tiefe Barré-Akkorde etwas verdrehen, andererseits sind die höchsten Lagen wesentlich komfortabler zu meistern. Die Ergonomie betreffend ist das für diesen Gitarrentyp charakteristisch. Der recht dünne C-Hals liegt gut in der Hand, und die Extra-Jumbos vermitteln naturgemäß ein gewisses Buckelpistengefühl, welches die entgrateten und verrundeten Bundkanten jedoch einigermaßen abmildern. Zwar hat man die Bedienelemente recht weit aus dem Aktionsradius platziert, dafür lassen sich die smooth rotierenden Potis und die Push/Pull-Funktion dank der gerändelten Tele-Knöpfe komfortabel handhaben.

Schon rein akustisch macht die Deluxe Phoenix ordentlich Eindruck, tönt sie doch kraftvoll und ausgewogen mit definierten, drahtigen Bässen, prägnanten Mitten und eher milden Höhen, die von einem breiten Obertonspektrum gekrönt werden. Ja, neben dem 12., 7. und 5. lassen sich ihr sogar über dem 3. Bunddraht Harmonics entlocken. Ein über alle sechs Saiten angeschlagener Akkord dringt nicht nur voluminös und laut ins Ohr, sondern bringt die Gitarre regelrecht in Wallung: Schwingfreude pur, Sustain ohne Ende, das langsam und gleichförmig abklingt. Gute Noten außerdem für Ansprache und Tonentfaltung. Tonal und Sustain-mäßig hinterlässt der durchgehende Ahornhals in jedem Fall und möglicherweise auch der Decken-Layer seine Spuren, während die Mahagoni-Flügel eine gewisse Wärme beitragen.

Die aktiven Fluence-Modern-Pickups halten im Standard-Mode (Voice-Schalter gedrückt) erheblich mehr Ausgangsleistung bereit als vintage-geprägte Standard-Humbucker. Cleansounds perlen ausgesprochen klar, transparent, ausgewogen und spritzig aus den Lautsprechern und zeichnen sich durch drahtige, straffe Bässe, stringente Mitten, klare, luftige Höhen, ein breites Obertonspektrum und beeindruckende Dynamik aus. Während der Steg-Fluence knackig und twangy daherkommt, punktet der Hals-Pickup sowohl mit charmanter Wärme als auch mit Offenheit, präziser Saitentrennung und differenziertem Fundament. Von Dröhnen, Mulmen, Wummern oder anderem Ungemach also keine Spur. Eine perfekte Klangmixtur ertönt beim Simultanbetrieb beider Humbucker, nämlich glockig, klar und lebendig perlend. Dabei ist nicht auszumachen, welcher der Pickups mehr Einfluss auf dieses Klangbild nimmt.

Der Vorteil des Fishman-Voicing-Konzepts gegenüber konventionellen Coilsplits liegt primär darin, dass kaum Pegelunterschiede und keinerlei Zunahme von Einstreugeräuschen festzustellen sind. Voice 2 verschiebt beim Hals-Humbucker die Peak-Frequenz von 620 auf 720 Hz und verstärkt sie gleichzeitig bei 8 kHz, was für frischeren Sound mit leichtreduzierten Bässen und dezent verstärkten Höhen sorgt. Derweil wird beim Steg-Pickup die Peak-Frequenz von 720 auf 1800 Hz angehoben und verleiht damit dem mittiger geprägten Klangbild mehr Durchsichtigkeit und Durchsetzungsvermögen z.B. bei High-Gain-Rhythmus-Sounds, während Leadsounds im Voice-1-Mode runder, fetter und Sustain-reicher klingen. Das Master-Tone-Poti zeigt nur im untersten Regelbereich eine deutliche Wirkung und geht über den restlichen Bereich eher nuanciert ans Werk. Master-Volume arbeitet indes über seine komplette Range nicht nur gleichmäßig und präzise, sondern lässt auch so gut wie keine Höhenverluste erkennen.

(Bild: Dieter Stork)

RESÜMEE

Es scheint, als fänden die Fishman-Fluence-Modern-Humbucker vor allem im Metal immer mehr Zuspruch, da sie nicht nur klanglich sehr flexibel sind, sondern sogar im Voicing-Betrieb keinerlei Störgeräusche einfangen. Für ihre exzellenten, vielfältigen Sounds liefert die LTD Deluxe Phoenix-1000 aber auch die allerbeste Basis, denn sie gibt sich extrem schwingfreudig, dynamisch und Sustain-reich, fördert die Tonbildung und lässt sich komfortabel bespielen. Tadellose Verarbeitung, geschmackvolle, coole Optik und ein überaus fairer Preis unterstreichen den positiven Gesamteindruck. Kurz: Schicke Gitarre mit Gold-Hardware (nicht nur) für Edelmetaller.

PLUS

  • Sounds (Clean bis High-Gain)
  • Transparenz & Durchsetzungsvermögen
  • Dynamik & Sustain
  • Voicing-Modes statt Coilsplits
  • Null Nebengeräusche
  • Optik
  • Spielbarkeit
  • Verarbeitung
  • Preis/Leistung

(erschienen in Gitarre & Bass 07/2020)

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