Donnerflunder

Test: Dingwall D-Roc Standard

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(Bild: Dieter Stork)

Erfunden hat Sheldon Dingwall die Fächerbundierung zwar nicht, er war jedoch der erste – und sehr lange der einzige – der dieses Patent in Bässen umsetzte, und auch nie anders gebaut hat. Gab es lange nur eigene Entwürfe, hat Dingwall schon länger mehr oder minder an Klassiker angelehnte Bässe im Programm. Jüngster Zugang ist der D-Roc.

Neben dem D-Roc Custom aus kanadischer Fertigung und dem limitierten D-Roc Hellboy (siehe Interview in Ausgabe 03/2020) gibt es den D-Roc Standard aus China, der in Kanada eingestellt und gecheckt wird, bevor er auf die Bassheit losgelassen wird.

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ROC(KT)

Von einem Bass auf Basis eines „klassischen Designs“ spricht Dingwall. Machen wir dem langwierigen Rätselraten ein schnelles Ende: gemeint ist der Gibson Thunderbird. Wärst du nicht drauf gekommen, gibs zu … ! Streng genommen basiert der D-Roc auf dem D-Bird von Dingwall, der noch enger am Gibson-Design war – vielleicht zu eng für die Ankündigung Gibsons, allen auf die Pelle zu rücken, die ihren Entwürfen zu nahekommen.

(Bild: Dieter Stork)

Mit einem kessen Schwung am Korpusende und einem schlankeren Cutaway sieht der D-Roc schon eigener aus, ohne die Wurzeln zu verleugnen. Die Konstruktion ist aber eine völlig andere. Der Mahagoni-Korpus läuft von einer mittleren Stufe mit normaler Dicke zu den dünnsten Zargen aus, die ich bei einem Bass je gesehen habe. Auch die Formgebung der Rückseite mit einem Fräsungsverlauf über den ganzen Body ist originell. Vier Gewindeschrauben halten den recht schlanken Ahornhals fest in seiner Tasche. Dieser ist dreistreifig plus zwei Anleimer, um die Kopfplatte auf die richtige Breite zu bringen.

Obwohl die Kopfplatte nicht abgewinkelt ist und nur wenig zum Griffbrett zurückgesetzt, ist der Sattel schnarrfrei – sehr gut! Die Form gefällt mir dabei ausnehmend gut. Stark verändert in der Größe und mit 2/2-Anordnung der Mechaniken, und trotzdem eine erkennbare Verneigung vor dem Klassiker.

Besagtes Griffbrett ist aus Pau Ferro und mit 20, für Bassverhältnisse, sehr zierlichen Bünden bestückt, deren Verwendung bei Dingwall auf eine Anregung von Lee Sklar zurückgeht. Die Mechaniken sind leichte Hipshot Licensed, die Brückenelemente für Dingwall gemachte Hipshot Solos, die sich wunderbar für die versetzte Montage eignen. Die Erdung besorgt ein unauffälliges Drahtgeflecht unter allen Saitenreitern, bei denen das Stringspacing einstellbar ist.

Gurtpins sucht man dagegen vergeblich. Stattdessen sind die Gegenstücke zu Dunlop Straploks im Korpus versenkt, beide auf der Korpusrückseite. Am Halsansatz ist das bei dieser Korpusform nicht ungewöhnlich, bei der zweiten Gurthalterung schon.

Zur Gurtbefestigung werden Dunlop Straploks verwendet. (Bild: Dieter Stork)

Beherrschendes Element der Korpusvorderseite ist natürlich die Bestückung mit gleich drei Tonabnehmern. Die FD-3N-Pickups versammeln sich dicht an dicht etwas Richtung Brücke verschoben, geregelt werden sie mit Volume, Tone und einem Vierfach-Wahlschalter. Alle Knöpfe haben keinerlei Markierungen, die eine Ablesbarkeit ermöglichen würden, es geht aber auch so. Statt eines Schlagbretts gibt es – wohl nur der Optik halber – eine Schlagfolie. Die steht dem Bass aber, wie auch das stilisierte Logo auf der Kopfplatte.

KNURRHAHN

Um mir den D-Roc umzuhängen, muss ich erstmal einen Gurt umbauen, denn ohne Dunlop Straploks geht hier wie gesagt nichts. Entsprechend sollte man tunlichst darauf achten, den passenden Gurt immer dabei zu haben, ansonsten findet der Auftritt im Sitzen statt, wobei sich der Bass dabei überaus bequem gibt. Am Gurt tut sich Erstaunliches… auch der original T-Bird ist bei weitem nicht so kopflastig, wie ihm oft unterstellt wird, dafür kippt er freihändig gerne nach vorne weg. Der Dingwall macht das nicht und ist dabei fantastisch ausbalanciert. Stabil bleibt er in jeder Position hängen, ob in der lässigen Waagerechten oder mit dem Hals recht steil nach oben. Neben den leichten Mechaniken und der kompakten Kopfplatte hilft es, dass der Korpus am Halsansatz eine Zunge hat, die den vorderen Gurtpin auf Höhe des 12. Bundes bringt. Da kommen viele Bässe mit „normaler“ Korpusform nicht mit.

Ich kann mich nur wiederholen: Keine Angst vor schrägen Bünden! Einfach spielen, man merkt nach ganz kurzer Zeit nicht mehr, dass da was anders ist als sonst. Und der D-Roc ist sensationell leicht zu spielen, selbst mit einer 92cm-Mensur auf der E-Saite. Die Bespielbarkeit ist enorm gut, die Bünde sauberst bearbeitet und abgerichtet, und die Griffbrettkanten so verrundet, dass sich ein schon eingespieltes Gefühl einstellt. Auch der Sattel ist sorgfältig bearbeitet, da stört nichts die linke Hand beim Spiel in den unteren Bünden. Der Weg in die höchsten Lagen ist am Gurt etwas mühselig, da kommt der Straplok unweigerlich in die Quere, es geht aber. Und wer will da schon hin? Im Sitzen ohne Gurt ist das kein Thema, deutlich besser als beim Vorbild, wo die letzten Bünde reiner Zierrat sind.

Die rechte Hand findet mit den abgerundeten Pickup-Kappen reichlich Ablage, spieltechnisch geht alles auf dem D-Roc leicht von der Hand. Einziger Wermutstropfen sind die etwas eckigen Saitenreiter, die zum Ende der Saite wunderbar abgerundet sind, da, wo man den Handballen beim Dämpfen ablegt, aber nicht. Einfach umdrehen geht leider nicht…

Die vier Brückenelemente kommen von Hipshot. (Bild: Dieter Stork)

So, nun aber an den Amp damit, auch wenn schon trocken gespielt ob des drahtigen Tons reichlich Freude aufkommt. Die Außenpositionen bei den Reglern nehmen Volume und Tone ein, die beide sehr schön gleichmäßig arbeiten und, auch im Fall des Tone-Potis, wirklich in der ganzen Range genutzt werden können – exzellente Abstimmung! In der Mitte sitzt der Vierfach-Wahlschalter mit folgenden Positionen: Ganz gegen den Uhrzeigersinn ist der Stegpickup aktiv, in der nächsten Stellung Steg und Mitte parallel, dann Mitte solo, zu guter Letzt alle drei. Klassische Sounds lassen sich hier finden, aber nicht unbedingt die, die man aufgrund der Optik erwartet hätte … Der mittlere Abnehmer allein gibt eine gute P-Bass-Impression mit etwas mehr Aggressivität, die sich mit zurückgeregeltem Tone-Poti zügeln lässt, während Steg/Mitte parallel klare Sting-Ray-Anleihen hören lässt. Überraschend!

Der Steg-Pickup allein weiß mit Tragfähigkeit zu gefallen – alle Tonabnehmer sind gegenüber ähnlich bestückten Dingwalls weiter von der Brücke abgerückt. Das fällt gar nicht so auf, weil beim D-Roc der Hals so charmant kurz ist. Am nächsten an den mächtigen Mittenton des T-Birds kommt man mit allen Pickups an – Volldampf voraus! Dank der geschickten Kombination aus serieller und paralleler Schaltung, verschlägt es dem D-Roc bei allem knurrigen Dampf nicht die Brillanz – slappt in dieser Position mal, da kommt Freude auf!

Zwei Dinge machen sich noch richtig positiv bemerkbar: zum einen sind die Lautstärkeunterschiede zwischen den verschiedenen Verschaltungen so, dass man damit gut leben kann, zum anderen ist der Zug Magnete an den Saiten so gering, dass selbst nah an die Saiten gebrachte Pickups keine unsauberen Töne zur Folge haben!

Das bleibt auch so, wenn man den Bass runterstimmt, wofür die extra lange Mensur der tieferen Saiten ihn prädestiniert. Mit der Werksbesaitung ist ein Ganzton runter kein Problem, auch der Hals zeigt sich recht unbeeindruckt von der geringeren Spannung.

(Bild: Dieter Stork)

RESÜMEE

Es fällt mir nicht leicht, den Dingwall D-Roc Standard wieder einzupacken und zurückzuschicken… Ein toller Bass, sehr flexibel und fantastisch in Balance und Bespielbarkeit. Wer näher am Designvorbild bleiben möchte, wird anderswo eher fündig (oder kauft gleich das Original), der D-Roc entpuppt sich als absolut eigenständiges Instrument. An der chinesischen Fertigung und der kanadischen Endkontrolle gibt es nichts auszusetzen, satte Bonuspunkte gibt es noch für das mitgelieferte, exzellente Gigbag. Wem Mattschwarz nicht zusagt, der bekommt den Bass übrigens auch in klassischem matten Vintageburst oder mit leichtem Aufpreis in hochglänzendem Aquamarine Metalflake.

PLUS

  • Sounds
  • Optik
  • Balance
  • Bespielbarkeit

MINUS

  • Potiknöpfe ohne Markierungen

(erschienen in Gitarre & Bass 06/2020)

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