Nicht nur der Mensch, auch die Gitarre gehört zu den Leidtragenden des Klimawandels. Vor allem im Winter gilt es, für artgerechte Temperaturen und Feuchtigkeitswerte zu sorgen, wenn man die Gesundheit des Instrumentes nicht gefährden möchte.
Soll die Akustik-Gitarre in spielfreien Zeiten in den Koffer? Das ist eine immer wiederkehrende Gitarristenfrage. Die Aufbewahrung im Koffer hat Vorteile: allgemeiner Schutz, Abmilderung von Temperaturschwankungen, kein UV-Licht, das mit der Zeit die Farbe des Holzes verändern könnte.
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Andererseits: Man möchte die Klampfe ja auch irgendwie als Mitbewohner, als WG-Mitglied haben, sichtbar, allzeit spielbereit, mit einem Handgriff auf den Schoß zu nehmen. Die auf dem Ständer bereitstehende Gitarre ist zudem auch immer eine Spielaufforderung. Tatsächlich spricht nicht grundsätzlich etwas dagegen, das Instrument auch längere Zeit offen stehen oder hängen zu lassen, wenn man einige Grundregeln beachtet.
Die Klampfe sollte natürlich vor direkter Sonneneinstrahlung geschützt sein. Übrigens sollte man sie auch im Koffer an sonnigen Tagen nie im Auto lassen – hier können sich ganz schnell viel zu hohe Temperaturen bilden, die selbst im Case desaströse Folgen haben. Also das gute Stück weder direkt vor ein Fenster noch in die Nähe eines Heizkörpers platzieren.
Manche Spieler hängen ihre Gitarren gern an die Wand. Das ist ok, aber bitte nicht an eine Außenwand, die kann nämlich unter bestimmten Bedingungen zu kalt oder feucht werden, selbst wenn die Verhältnisse im Raum eigentlich akzeptabel sind.
Bewahrt man die Gitarre auf einem Ständer auf, muss man bei Instrumenten mit Nitrolack-Finish aufpassen, denn beim Kontakt mit den weichen Schaumstoffen des Ständers können hier unschöne Verfärbungen entstehen, die sich durch Reaktionen der Weichmacher der Kunststoffe mit dem Nitrozellulose-Lack bilden. Also vorher zur Sicherheit bei Gitarrenhersteller und Produzent des Ständers informieren – oder die Gummi-Auflagen mit einem Tuch abdecken.
Die Wetterfühligkeit von Gitarren entspricht der des Menschen: Beiden geht es gut bei einer relativen Luftfeuchte zwischen 45 und 55 Prozent. Bei der relativen Feuchte ist die Raumtemperatur bereits eingerechnet, man misst sie am besten mit einem hochwertigen Hygrometer. Schwankungen der Luftfeuchte haben starke Auswirkungen auf den Werkstoff Holz. Ist die Luft zu trocken, gibt das Holz Feuchtigkeit ab und schrumpft. Ist es in der Umgebung wieder feuchter, nimmt das Holz Wasser aus der Luft auf; ist es zu feucht, quillt es auf.
Ungleichmäßige Luftfeuchte-Bedingungen führen also zu permanenten Reaktionen des Holzes, das sich dadurch verzieht, verwindet, sogar reißt oder ganz allgemein seine Form verändert. Da eine Gitarre aus vielen verschiedenen Holzteilen besteht, die sich in Holzsorte und Faserrichtung (und damit in ihrer Reaktion auf Feuchtigkeitsveränderungen) deutlich unterscheiden, kann es zu Folgen kommen, die die Integrität der Konstruktion ernsthaft beeinträchtigen.
Die Decke hebt oder senkt sich, es entstehen Längsrisse bei Boden oder Decke, die Halskrümmung verändert sich, am Hals-Korpus-Übergang entsteht ein Buckel. Das kann bis zur Unspielbarkeit führen. Weniger dramatische aber dennoch ärgerliche Auswirkungen können scharfe Bundkanten sein, weil das Griffbrett geschrumpft ist.
Um die Gitarre gesund zu halten – speziell in der winterlichen Heizperiode, wo es in Innenräumen meist zu trocken ist – gilt es also, die Luftfeuchte zu kontrollieren und konstant im Bereich zwischen 45 und 55 Prozent zu halten. Entweder sorgt man im Innern des Koffers für ein gitarrenfreundliches Mikroklima mit Hilfe von Luftbefeuchter (aus dem Musikalienfachhandel) und Hygrometer, oder man reguliert das Raumklima insgesamt, wovon neben der Gitarre auch der Gitarrist profitiert.
Luxuriös ist ein elektrischer Raumbefeuchter mit eingebautem Messgerät, der automatisch das Klima überwacht und regelt. Man kann das aber auch selbst tun: Ab und an einen Blick aufs Hygrometer und bei Bedarf die Luft durch Verdunster etwas anfeuchten. Empfehlenswert ist auch das Behandeln der nicht lackierten Gitarrenteile (vor allem Griffbrett und Steg) mit einem geeigneten Öl.
Ist man in der kalten Jahreszeit mit Gitarre unterwegs, gilt es, die plötzlichen Temperaturschwankungen zwischen Innen und Außen abzumildern. Softcases mit Styroporeinsatz leisten da besonders gute Dienste, da sie eine bessere Thermoisolierung als Koffer und Gigbag aufweisen. Ansonsten wartet man nach Betreten eines geheizten Raumes mit dem Öffnen des Koffers, bis dieser sich nicht mehr kalt anfühlt. Kurz gesagt: Man sollte die Gitarre keinem Temperaturschock aussetzen, sondern sich langsam erwärmen lassen.
Beherzigt man all diese Ratschläge, dürfte das Instrument ganzjährig gesund und spielbereit bleiben.
Guter Artikel! Eine Detailfrage: Wie erkenne ich ein gutes Hygrometer?
Neulich habe ich drei Stück nebeneinandergestellt,
sie zeigten 46, 48 und 53 %, und hatten alle keine Möglichkeit zu kalibrieren.
46-53 das sind über den Daumen 49 ± 7%
Meiner Meinung nach gar nicht so schlecht.
Ich gehe davon aus, dass man bei bezahlbaren Hygrometern im Consumerbereich von ±10% Toleranz ausgehen kann.
Von TFA solls ein preiswertes Hygrometer mit 3% (behauptet das Marketing) geben.
Ansonsten gilt wie immer: Ein Mann mit einer Uhr weiss immer wie spät es ist. Der mit zwei Uhren ist sich nie ganz sicher. 😉
Nützlicher Artikel mit teilweise sehr wichtigen Hinweisen. Was die Wasseraufnahme von Holz anbelangt habe ich aber Zweifel. Beruhen die Aussagen dazu auf Messungen? Im Freien gelagertes Holz bleibt nachdem es um die 16% Feuchte erreicht in diesem Bereich; unabhängig von den Witterungsverhältnisse steigt dieser nur gering an, um sich dann wieder in dem Bereich einzupendeln. Es gibt auch bei Fachleuten die Meinung, dass das Instrument „Luft“ braucht und erst durch die Alterung seinen schönen Klang erreicht. Ich habe diese Erfahrung auch gemacht und eingesperrte Gitarren hörten sich irgendwie wie „abgesperrt“ an.
Was könnt Ihr dazu sagen?
Guter Artikel! Eine Detailfrage: Wie erkenne ich ein gutes Hygrometer?
Neulich habe ich drei Stück nebeneinandergestellt,
sie zeigten 46, 48 und 53 %, und hatten alle keine Möglichkeit zu kalibrieren.
46-53 das sind über den Daumen 49 ± 7%
Meiner Meinung nach gar nicht so schlecht.
Ich gehe davon aus, dass man bei bezahlbaren Hygrometern im Consumerbereich von ±10% Toleranz ausgehen kann.
Von TFA solls ein preiswertes Hygrometer mit 3% (behauptet das Marketing) geben.
Ansonsten gilt wie immer: Ein Mann mit einer Uhr weiss immer wie spät es ist. Der mit zwei Uhren ist sich nie ganz sicher. 😉
Nützlicher Artikel mit teilweise sehr wichtigen Hinweisen. Was die Wasseraufnahme von Holz anbelangt habe ich aber Zweifel. Beruhen die Aussagen dazu auf Messungen? Im Freien gelagertes Holz bleibt nachdem es um die 16% Feuchte erreicht in diesem Bereich; unabhängig von den Witterungsverhältnisse steigt dieser nur gering an, um sich dann wieder in dem Bereich einzupendeln. Es gibt auch bei Fachleuten die Meinung, dass das Instrument „Luft“ braucht und erst durch die Alterung seinen schönen Klang erreicht. Ich habe diese Erfahrung auch gemacht und eingesperrte Gitarren hörten sich irgendwie wie „abgesperrt“ an.
Was könnt Ihr dazu sagen?