Electro-Harmonix hört einfach nicht auf, kultige und innovative Pedale auf den Markt zu bringen. Entsprechend freue ich mich immer, etwas Neues von dieser Firma in die Finger zu kriegen. Und dann hört es noch auf den vielversprechenden Namen Bass Machine! Aber Moment … Es soll (schluck) es ermöglichen, mit der Gitarre den Bass zu ersetzen? Neeeeeeein!
Zuerst wollte ich, als Bassist der ich nun mal bin, den Test verweigern, dann aber habe ich mich entschlossen, diesem Monstrum auf die Schliche zu kommen. Das funktioniert doch eh nicht, oder?
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ZU WAHR UM SCHÖN ZU SEIN?
Grundsätzlich soll es so gehen: Mit der Gitarre, für die kein spezieller (MIDI- o. ä.) Abnehmer nötig ist, geht es ins Pedal, was mit ungeahnter Dynamik und sagenhaftem Tracking das Signal ein bis zwei Oktaven tieferlegt. Das können normale Octaver auch, aber das BASS9 geht noch weiter. Gleichzeitig wird das Signal auch noch mit einem von neun Sounds (daher der Name, nicht wahr?) versehen. Effekt-Level und Direktsignal sind in der Lautstärke regelbar, zwei weitere Regler arbeiten – je nach per 9-fach Drehregler angewähltem Preset – unterschiedlich. Grob zerfallen die Presets in zwei Kategorien: 1. eher Synth-orientiert und 2. den Bass als Instrument imitierend, so heißt Preset eins zum Beispiel denn gleich Precision. Ctrl 1 regelt, ob das Signal eine Oktave oder zwei in den Keller geschickt wird, Ctrl 2 soll wie das Tonpoti am Vorbild funktionieren.
MIT GITARRE IN DEN KELLER
Ich mache mich mit einer normalen Strat über das Pedal her, angeschlossen an einen Bass-Amp. Das empfiehlt EHX, vor allem wenn es lauter werden soll, und das sollte man auch so handhaben. Meine Güte, kommt da ein Pfund raus! Lieber den Bassregler am Amp etwas zurückdrehen, reicht immer noch. Das Tracking ist ohne Fehl und Tadel, der Ton hängt auch bei völlig zugedrehtem Originalsignal straff am Instrument. Und es klingt tatsächlich wie ein E-Bass! Frechheit. Das generierte Signal wird nicht einfach getriggert, sondern klingt, in Abhängigkeit der gewählten Pickups, unterschiedlich, wie beim Durchschalten des Fünfweg-Schalters schön zu hören ist, oder auch beim Wechsel auf eine Schecter 7-String. Auch die H-Saite wird sauber getrackt, was auch bei Akkorden problemlos funktioniert. Das nimmt bei diesem Sound die Bass-Illusion (puh…), bei anderen ergeben sich faszinierende Flächen. Eine leichte Zugabe des direkten Gitarrensignals ergibt noch mehr Definition, weit bevor man den Ton als hohe Oktave wahrnimmt.
Auch da lohnt es sich, Preset für Preset auszuprobieren, denn jedes reagiert hier unterschiedlich. Sound Nummer 4, der einen Moog Taurus nachstellt, wird einfach unfassbar massiv, während der eh gitarrenähnliche, drahtige Danelectro Longhorn Ton auf Preset 2 wenig davon profitiert. Wenn man hier die Funktion des Runterstimmens in Halbtönen um bis zu eine Oktave nutzt, ist das unverstimmte Gitarrensignal sowieso nur im Weg. Zu den konkreten Bass-Emulationen gehört auch der Fretless samt regelbarem Growl und Chorus, der auch wieder sehr gut arbeitet. Am fettesten klingt es, wenn ich mit dem Daumen zupfe, was mit Palm Mute dann ins kontrabassige geht.
Überhaupt reagiert das Pedal sensibel auf den Anschlag – mit Fingern und Daumen oder Plektrum, je nach Preset und gewünschtem Sound bringt einen mal das eine, mal das andere weiter. Das Preset „Bowed“ lässt sich mit allem und auch gerne polyphon nutzen, der gestrichene Basston kann in der Anschwellgeschwindigkeit geregelt werden. Dry ganz zugedreht, kann ich tatsächlich die Illusion eines Kontrabasses erzeugen, während bei aufgedrehtem Direktsignal eine herrlich anschwellende Fläche unter den angeschlagenen Akkord gelegt wird. In manchen Dingen geht die Bass Machine also deutlich darüber hinaus, was die Aufgabenstellung vorsieht.
Über einen normalen Bass geht auch das Preset Virtual hinaus. Konnte ich mir erst wenig drunter vorstellen, der eine Regler stellt die Korpusdicke ein, der andere die Mensurlänge? Letzteres entpuppt sich als eine Art Treble-Poti, je weiter ich aufdrehe, desto drahtiger wird es, bis zum perfekten Piano-Ton, Ersteres macht den Ton fett. Und fetter! Also lieber etwas vorsichtig dosieren …
Eins hat sich dagegen als fast unmöglich herausgestellt: Ich konnte es mir nicht verkneifen, mal einen Bass anzuschließen. Vielleicht kann das Pedal ja eine interessante Farbe dazugeben. Bei manchen Presets geht es mit viel Dry und wenig Effect, vor allem wenn man es wie einen Octaver behandelt und entsprechend weit oben spielt, aber so richtig Spaß macht das nicht. Ergo: zurück zu den dünnen Drähten. Und da muss ich als Bassist leider sagen, dass alles richtig gut funktioniert. Leider. Da können Gitarristen schon auf dumme Gedanken kommen.
Um einen Überblick zu bekommen – und zu behalten – sind in der englischen Anleitung Einstellvorschläge aufgemalt, zusammen mit leeren Feldern für eigene Settings.
Zu guter Letzt sei noch der Dry Out erwähnt, der immer das reine Gitarrensignal führt, unabhängig vom Dry Regler der einzig den Anteil im Effektausgang einstellt. Mit einem parallel laufenden, auch gerne zerrenden Gitarren-Amp wird’s hier nochmal richtig lustig!
RESÜMEE
So gerne ich das auch nicht schreiben würde, ich kann nicht anders: Es funktioniert! Man wird mit der BASS9 Bass Machine sicher keine Bass-Solokonzerte auf der Gitarre geben, aber schon wenn nur Drums dazukommen ist die Illusion schon so gut wie perfekt. Völlig fasziniert hat mich, wie Rutschgeräusche auf den Saiten als solche durchgereicht werden, ohne zu Glitches zu führen, was den Klang sehr lebendig und echt werden lässt. Und eine Extraportion Spaß kommt noch auf, weil auf der Gitarre Bendings und auch Vibratos viel leichter und präziser von der Hand gehen. Da kommt man auch als Bassist, der den Bass durch Gitarre ersetzt auf ganz neue Ideen! Das Pedal ist nicht ganz billig, aber die hochwertige Machart und die konkurrenzlose Funktion sind es wert.