Eine der ersten modernen, für Stahlsaiten konzipierten Martin-Gitarren

Vintage Guitar Stories: 1963 Martin 000-18

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Martin Guitars – der Name steht heute quasi synonym für Westerngitarren und ist untrennbar mit der amerikanischen Musikgeschichte verbunden. Seine Wurzeln hat er aber im sächsischen Vogtland, in Markneukirchen.

1833 verließ Christian Frederick Martin, Sohn des Möbelschreiners Johann Georg Martin, der bereits auch schon anerkannt gute Gitarren herstellte, seine Heimatstadt Markneukirchen und wanderte wegen ständiger Querelen mit der einflussreichen Gilde der heimischen Geigenbauer in die Vereinigten Staaten von Amerika aus. Obwohl Christian, der damals mit zweitem Vornamen noch Friedrich hieß, schon im zarten Alter von 15 Jahren beim berühmten Instrumentenbauer Johann Stauffer in Wien in die Lehre ging – Stauffers Einfluss auf die moderne Gitarre ist kaum zu überschätzen – und später auch als dessen Werkstattleiter arbeitete, also als höchst angesehener Handwerker zurückkehrte, reklamierte die Gilde alles mit Saiten bezogene unter ihren Einfluss- und Ausbildungsbereich. Letztlich konnten sich die Geigenbauer mit ihrem arroganten Alleinvertretungsanspruch zwar nicht durchsetzen, aber da war Christian Friedrich mit seiner Familie schon auf dem Weg in die Neue Welt.

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Seine erste Werkstatt eröffnete Christian Friedrich Martin, der sich fortan Frederick nannte, im November 1833 in New York. 1839 siedelte er aber mit Frau und Sohn in das beschauliche Örtchen Nazareth über. Im lauten New York hatte er sich nie recht zu Hause gefühlt und Land und Leute im ländlichen Pennsylvania erinnerten ihn an seine alte Heimat.

Zeitsprung: 1902 wurde unter Frank Henry Martin, Firmenpatriarch der dritten Generation, die 000-Konstruktion mit 12-Bund-Halsansatz als bis dahin größtes Gitarrenmodell eingeführt, um mit Mandolinen und Banjos in den Dance Bands der Zeit konkurrieren zu können. Anfangs noch mit Korpus aus Palisander und Slotted Headstock ausgestattet, fertigte man das Modell dann ab 1917 mit Zargen und Boden aus Mahagoni. Den entscheidenden Sprung in die Moderne machte die 000 dann aber 1929 mit dem Halsansatz am 14. Bund und danach bleibend mit solider Kopfplatte. Auch war es das erste Instrument, das speziell für Stahlsaiten designt wurde. Anlass für den Entwicklungssprung gab der damals populäre Banjo- und Gitarrenspieler Perry Bechtel, der, wie er es vom Banjo gewöhnt war, nach einer Gitarre mit längerem Hals und größerem Tonumfang verlangte.

Zusammen mit Frank Henry, dessen Sohn C.F. III und dem Vorarbeiter John Deichman einigte man sich auf den Halsansatz am 14. Bund bei einem Korpus von 000- oder Auditorium-Format, wofür das X-Bracing und die Bridge näher an das Schallloch herangerückt wurden. Auch gestaltete man den Hals etwas schmaler und verschaffte dem Griffbrett einen größeren Radius. Diese Tranformation der 000 kam dann als 000-28 Perry Bechtel Model im Oktober 1929 heraus, wurde aber bereits 1930 in OM-28 (OM = Orchestra Model) umbenannt, da man vor allem Orchesterspieler wie Bechtel als Kunden im Auge hatte. Als Martin realisierte, dass der Großteil der Steelstring-Spieler Instrumente mit dem längeren und schmaleren Hals begehrte und die 12-Bund-Designs stark an Nachfrage verloren, entschied man 1934, die alten Modelle einem Re-Design zu unterziehen, bot sie fortan als 14-Bund-Versionen an und die OM-Modelle wurden schlicht in 000 umbenannt.

Alle 000-Modelle besaßen zunächst ein Giffbrett aus Ebenholz (Ausnahmen: einige Exemplare von 1935 in Rosewood), ab 1940 ist Palisander dann Standard. Martin hatte mit der 000 ein Design von bleibender Geltung geschaffen, das heute, gleich nach der Dreadnought, auf Rang 2 in der Beliebtheitsskala bei Gitarristen rangiert.

Das 000-Modell war die erste moderne, für Stahlsaiten konzipierte Martin-Gitarre

(Bild: Franz Holtmann)

Das vorliegende Modell von 1963 ist mit 1,8 kg erst einmal federleicht. Der fast schon fragilen Bauweise zum Trotz ist das Instrument über all die Jahre frei von Brüchen oder groben Blessuren geblieben. Natürlich finden sich Spuren des Gebrauchs auf dem Mahagonikorpus und die feinmaserige Decke aus Fichte zeigt einige Kratzer, aber auch ein feines Crackling der Nitrolackierung. Der leicht V-förmig gestaltete schlanke Hals von 43,5 mm Sattelbreite trägt ein Griffbrett aus Rio-Palisander, ein Material, das wir auch als Bridge und Headstock-Overlay finden. Offene Grover ‚Butterbean‘ Tunern und ein Tortoise Pickguard komplettieren die Ausstattung.

Sound: Dem leichten Gewicht gemäß tönt die 63er-000-18 luftig und offen. Auf ihren wohldefinierten Bässen bauen warme, leicht hohlwangige Mitten und ein silbriges Höhentop stimmig auf. Akkorde lösen sich feingliedrig in ihre Stimmen auf, plastische Klangbilder von starker Projektionskraft lassen uns ahnen, warum dieses Design von Anfang an ein Erfolg war. Obwohl durchaus kraftvoll und konkret im Ausdruck, setzt sich das Tonambiente deutlich ab von einer Dreadnought mit fettem Bass und druckvoller „alles da“-Attitüde. Die 000 ist in diesem Sinne zurückhaltender und von eher hintersinnigem Charme. Wiewohl sie auch solistisch mit stabilem, lang ausschwingenden Ton viel zu bieten hat, leistet sie aber auch hinter der menschlichen Stimme gute Dienste. Die Mischung aus leichter Ansprache, dynamischer Beweglichkeit und kooperativer Eleganz macht aus diesem Instrument den idealen Partner, denn handhaben lässt sich die feine Dame auch noch ganz hervorragend.

Nicht umsonst hat sich selbst Eric Clapton das 000-Design zum persönlichen Favoriten erkoren. Auf seiner mit 45-Style-Appointments aufgemöbelten 1966er 000-28 spielte er Alben wie ‚461 Ocean Boulevard‘ ein. Auch eine historische 1929er 000-42 gehörte zu seinen Schätzen. Nach dem enormen Erfolg des Albums ‚Unplugged‘ fühlte Martin Guitars sich gar bewogen, Eric als erstem Künstler in der langen Firmengeschichte ein Signature-Instrument zu widmen. Auf der Crossroads Auction 2004 in New York wurde jene historisch bedeutsame Clapton-000-28 übrigens für $ 186.700 versteigert. Seine 000-42 brachte es mit $ 791.500 sogar auf den höchsten jemals für eine Akustikgitarre gebotenen Preis.

Statistik

Mit 12-Bund-Halsansatz wurden von 1911 bis 1934 ganze 1037 Exemplare gefertigt; ab 1934-93 als 14-Bund-Version kamen dann 16.852 Stück mit ab den 60er-Jahren wachsenden Fertigungszahlen zur Auslieferung.

Preise am Vintage-Markt beginnen für gut erhaltene Exemplare von Anfang der 60er-Jahre derzeit bei etwa € 4.000. Für 14-Fret-Martin-000s früher Baujahre ist inzwischen schon mit Preisen zwischen etwa $ 12.000 und $ 16.000 zu rechnen.

(erschienen in Gitarre & Bass 01/2020)

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