Teil 12

Homerecording: Monitoring

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Bevor wir in der nächsten Folge planmäßig mit den Aufnahmen für die Songproduktion anfangen, möchte ich zur Vorbereitung noch ein etwas lästiges aber nicht zu vernachlässigendes Thema abhandeln: Das Musiker-Monitoring.

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Damit meine ich den Mix, den ein Musiker beim Einspielen bzw. Einsingen auf die Ohren kriegt. Solange wir selber dieser Musiker sind, ist das Prozedere meistens unproblematisch, da wir dann unseren Mix in aller Ruhe und vor allem nur für uns selber einstellen können/müssen. Bemüht man allerdings eine zweite Person, sollte man am besten etwas vorbereitet sein.

Ein gutes und stressfreies Monitoring ist für eine optimale künstlerische Darbietung extrem förderlich, das gilt fürs Studio genauso wie für die Bühne. Trotzdem wird beim Monitor-Mixing oft nur halbherzig herumgedoktert, und der Interpret mit einem mäßigen Sound abgespeist. Dabei ist ein guter Monitor-Mix eigentlich kein Hexenwerk. Infrage kommende Zutaten sind:

  • das aufzunehmende Instrument bzw. die Stimme,
  • dafür ggf. Hall oder Delay (zum Wohlfühlen…),
  • Klick, oder besser: bereits aufgenommene Rhythmusinstrumente
  • sonstige „musikalische“ Spuren zur Positions- und Intonationsorientierung

Das Monitoring erfolgt i. d. R. über Kopfhörer, zumindest wenn die Schallquelle mit Mikrofonen abgenommen wird. Dabei unterscheidet man zwischen offenen, halboffenen und geschlossenen Kopfhörern. In dieser Reihenfolge zeichnen sie sich im Wesentlichen durch zunehmende Dämpfung von und nach außen (sowie Unbequemlichkeit) aus. Somit sind offene Kopfhörer für Aufnahmen leider weniger geeignet, da sie durch Übersprechen auf das Mikrofon die Aufnahmen versauen können.

Geschlossene Kopfhörer und In-Ears erfordern wiederum einen besseren Mix, da der akustische Klang des Instruments stark abgeschottet wird und dieses nun über den Kopfhörer möglichst naturgetreu rüberkommen muss. Beliebte Studio-Kopfhörer sind z. B. Sennheiser HD-25 (geschlossen) und AKG K240 (halboffen). Wenn man Glück hat, reicht dem Musiker der akustische Klang seines Instruments, indem er sich z. B. eine Seite am Kopfhörer hochklappt.

Die allermeisten Musiker brauchen aber eine dicke Portion von sich selbst, was besonders umständlich ist, wenn das Instrument mit mehreren Mikrofonen abgenommen wird (z. B. Schlagzeug). Sänger/innen brauchen zum heimelich-fühlen meistens sogar noch etwas mehr „Ich“, in dem Fall bietet man am besten direkt etwas Kölner Dom an, und wenn man ganz souverän dastehen möchte, hat man spontan auch noch Echo im Angebot.

Ich persönlich durfte mal vor einigen Jahren den FOH-Sound für eine bekannte, italienische, ziemlich rothaarige Diva machen und konnte dabei nichts gegen eine Wand aus Hall ausrichten, welche seitens des italienischen Monitor-Sound-Manns auf die überdimensionierten Bühnenmonitore geschmettert wurde. Auf die Frage, ob man das vielleicht leiser machen könnte, äußerte er seine (für mich glaubhaft begründete) Angst, seitens Signora ein Mikrofon an die Stirn geworfen zu bekommen. Ist wirklich wahr!

Was ich damit sagen will: Man muss auf alles vorbereitet sein. Und man muss sich überlegen, ob man einen guten Sound, oder sich beim Künstler beliebt machen will. Am besten versucht man erst mal beides (es sei denn, es besteht Gefahr für Leib und Leben)!

So, wie geht denn nun so ein Monitor-Mix von statten? Bei der Mischpult-basierten Aufnahme bekommt der Musiker einen Aux-Weg für seinen Kopfhörer-Mix zugeteilt, wo man dann nach Belieben am Mixer anliegende Instrumente, Klick, Hall usw. auf den Aux-Bus schicken kann. Dabei muss der jeweilige Aux unbedingt „Pre-Fader“ geschaltet sein, damit Fader-Bewegungen des „Main-Mix“ nicht die Monitor-Mix-Balance durcheinander bringen.

Beim ersten Einstellen des Monitor-Mixes sollte man natürlich in diesen reinhören, üblicherweise durch Betätigung des „Solo“- Knopfs vom Aux-Master. Wer ein Mischpult für die Aufnahme benutzt, konnte mir hoffentlich folgen. Inzwischen kann man aber besonders in Home- und Projektstudios Mischpulte oft vergebens suchen, da meistens Computer-basiert aufgenommen wird. D. h. das Mikrofonsignal wird meist direkt in das Audio-Interface bzw. einen davorgehängten Mikrofonvorverstärker geschickt.

Zudem sind aufgenommene Spuren und Klick erst einmal nur im Rechner und müssen gezielt auf vorhandene Interface-Ausgänge geroutet werden, um z. B. einen Monitor-Mix zu beschicken. Um das aufzunehmende Signal auf den Monitor-Mix zu leiten, ist der Umweg über den Rechner („Software-Monitoring“) allerdings nicht optimal, da hierbei immer eine Latenz zu verzeichnen ist. Hört der Interpret sich auf dem Kopfhörer leicht verzögert, kann das zu Timing- und Aggressions-Problemen führen.

Bei teuren Audio-Interfaces wird zwar mit sehr niedrigen Latenzen geworben, ob das aber unter Realbedingungen eingehalten werden kann, muss man individuell rausfinden. Besser für diesen Zweck ist jedoch gar keine Verzögerung. Dazu bieten einige Audiointerfaces und Vorverstärker eine Funktion namens „Direct Monitoring“, bei welcher das Mikrofonsignal entweder analog oder direkt hinter dem A/D-Wandler (ohne Umweg durch den Computer) abgegriffen und intern gemixt wird.

Auch denkbar ist ein Kopfhörerverstärker mit „Local-In“, wo man neben dem Musikmix noch das Instrumentensignal separat einspeisen kann, sodass der Musiker sich selbst nach seiner Fasson dazu regeln kann. Falls man nur einen Kopfhörerweg braucht, ist vielleicht ein Mini-Mixer mit 1 bis 2 Mikrofoneingängen noch sinnvoller, da man dann einfach direkt das gesplittete Mikrofonsignal in den als Kopfhöreramp umfunktionierten Kleinmixer stöpseln kann.

Erfordert die Aufnahme jedoch mehr als zwei Mikrofone, und möchte man dem Musiker einen flexiblen Mix dieser Mikros geben, bietet sich ein mit Rechenpower ausgestattetes Audio-Interface an. Geräte wie das RME Fireface können z. B. über eine Software einen Interface-internen, latenzfreien Mixer komfortabel „fernbedienen“. So kann man einen Mix mehrerer Interface-Inputs, kombiniert mit beliebigen Signalen des Computers, welche man Sequenzer-seitig wiederum auf verschiedene Soft-Ausgänge in den Interface-Mixer einspeisen kann, erstellen.

Dabei könnte man sogar bei noch vorhandenen Ein- und Ausgängen zusätzlich ein externes Hallgerät verzögerungsfrei einbinden, sodass man auch beim Diva-Problem auf der sicheren Seite wäre. Da ein solches Routing aber leider nicht mehr ganz so simpel wie das Aux-Drehen beim Mischpult ist, sollte man sich ein Setup am besten schon vor der Aufnahme-Session genau überlegen und testen.

Falls man die Möglichkeit hat, den Musiker in einen anderen Raum zu verfrachten, kommt zudem noch die Problematik der Kommunikation hinzu, sodass man sich auch gleich über eine funktionierende „Talkback“-Lösung Gedanken machen kann. Zugegebenermaßen ist die Technik in Sachen Monitoring beim Computer-basierten Aufnehmen irgendwie komplizierter geworden. Aber wenn man sich einmal eingerichtet hat, dann können die Aufnahmesessions ruhig kommen. Wie bei unserer nächsten Folge. Bis dahin, viel Bass!


Alle Folgen zum Homerecording: www.gitarrebass.de/thema/homerecording

Tiefergehende Informationen zur gesamten Bandbreite der Recording-Welt gibt es auf: www.soundandrecording.de

Die Workshop- & Community-Plattform für alle Recording-, Mixing- & Mastering-Engineers sowie Produzenten: www.studioszene.de

Kommentare zu diesem Artikel

  1. Danke für den tollen Bericht.
    Habe noch eine Frage.
    Ich habe ein RME Interface und würde jetzt gerne zu dritt aufnehmen.
    Was brauche ich an zusätzlichen Geräte , dass jeder bei sich selber den Mix für den Kopfhörer einstellen kann?
    Vielen dank?

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