Für Einsteiger in die Welt der Audio-Sequenzer möchte ich in dieser Ausgabe noch etwas ausführlicher auf das gängige Prozedere im Umgang mit solcher Software eingehen. Wie schon beim letzten mal angesprochen, ähneln sich die verschiedenen Programme in Aufbau und Handhabung meistens mehr als weniger.
Stellvertretend soll das Programm „GarageBand“ von Apple als Anschauungsobjekt herhalten. Dabei soll das Beschriebene vor allem auf Gemeinsamkeiten gängiger Sequenzer eingehen. Somit werden hoffentlich auch diejenigen auf ihre Kosten kommen, die Apples Pläne zur Erringung der Weltherrschaft prinzipiell blöd finden und deswegen dieses Programm nicht nutzen werden. An dieser Stelle sei für die Assimilierten aber noch kurz erwähnt, dass für das iPad eine grandiose GarageBand Adaption erhältlich ist, welche durch die Touchscreen-Bedienung ein ungeahntes Handling ermöglicht.
Egal für welche Plattform, der Aufbau eines Sequenzers ist fast immer folgendermaßen: Es gibt links eine Liste mit den vorhandenen Kanälen, welche je nach Bedarf selber zusammengestellt werden können. Dabei unterscheidet man grundsätzlich zwischen Audio und MIDI. Audio-Kanäle dienen zur Aufnahme und Wiedergabe digitalisierter Audiosignale. Kanäle für MIDI hingegen enthalten auf ihren zugehörigen Spuren nur „Steuersignale“ für Klangerzeuger, welche wiederum die gewünschten Töne mittels Synthese oder Sample-Wiedergabe abfeuern.
Solche Klangerzeuger gibt es als externe Geräte sowie als interne Software-Instrumente. Letztere sind eine tolle Erfindung, da so auf kostenpflichtige Hardware und deren Audio- und MIDI-Einbindung verzichtet werden kann. Rechts neben der Kanal-Liste befindet sich normalerweise der Dreh- und Angelpunkt des Sequenzers: Das Arrangierfenster. Hier werden die den Kanälen zugehörigen Audio- und MIDI-Spuren und deren Inhalt in Form von Blöcken (hier Regionen genannt) entlang einer Zeitachse dargestellt.
Wie der Name des Fensters schon sagt, kann man hier seine Aufnahmen durch Bewegen, Kopieren, Teilen, Loopen u. v. m. arrangieren. Die aktuelle Abspielposition wird dabei immer durch einen mitfahrenden, vertikalen, bösartigen Strich markiert. Für eine komfortablere Bearbeitung einzelner Abschnitte gibt es meistens einen Editor, der einen „mikroskopischen“ Einblick in die ausgewählte Region liefert. Dabei werden Audio-Regionen in beliebig großer Wellenformdarstellung angezeigt, während MIDI-Regionen je nach Ansicht meist notenbezogen als Partitur oder Pianorolle angezeigt werden.
Für Nicht-Rock’n’Roller gibt es häufig noch die Möglichkeit zur Editierung der MIDI-Steuerungsinfos wie Modulation, Pitchbend, Sustain u.s.w., aber für so’n Schnickschnack haben wir ja gar keine Zeit. Apropos, das ebenfalls immer vorhandene Transportfeld (ohne wäre nämlich schlecht, so wie ein Auto ohne Lenkrad, oder ein Koffer ohne Öffnung, oder eine Strat ohne Klinkenbuchse, oder…aaah, ich will das eigentlich gar nicht…) enthält neben den Laufwerkstasten, Cyclefunktion sowie sonstigen nützlichen Knöpfen noch eine Anzeige zur genauen Taktposition oder wahlweise zur aktuell verplemperten Zeit.
Ein weiteres unverzichtbares Merkmal eines Sequenzers ist der Mixer. Meistens gehört ihm ein eigenes Fenster, in welchem nebeneinander die einzelnen Kanäle, Gruppen und Master mit ihren jeweiligen Einstellmöglichkeiten aufgereiht sind. Im Fall von GarageBand ist der Mixer geteilt, sodass Level, Pan, Pegelanzeige und Automation immer sichtbar in der Kanalleiste untergebracht sind, während der Rest im rechten Infobereich für die ausgewählte Spur angezeigt werden kann.
Außerdem ist bei seriösen Sequenzern eine eine umfangreiche Loop-Bibliothek enthalten. Bei Loops handelt es sich um kurze, taktweise geschnittene, vorgefertigte Audio- oder MIDI-Passagen verschiedener Instrumente, welche man in seine eigene Musik einbinden kann. Diese enthalten sogar Tempo- und Tonartinformationen, und passen sich so automatisch den Songeinstellungen an. Ob man solch fremdes Gedankengut in seiner Musik haben möchte muss jeder für sich entscheiden, man ist ja dann irgendwie eher DJ als Musiker …
Aber zumindest als Platzhalter sind die Schlagzeug-Loops schon ziemlich praktisch, und zum Jammen und Üben natürlich auch. So, am Anfang einer erfolgreichen Sequenzer-Session steht die Erstellung einer neuen Song-Datei, oft im praktischen Projektordner inklusive aller Audio- und sonstigen Dateien. Dafür werden häufig spezielle „Templates“ vorgeschlagen, bei denen Spurauswahl, Instrumente, Effekte etc. schon für einen „Aufgabenbereich“ abgestimmt sind. Wenn jemand gerne einen Film vertonen möchte, soll er zum Beispiel mit einem Template namens „Movie“ gelockt werden.
Man kann aber auch das Programm überlisten, indem man z. B. als Keyboarder ein Gitarren-Template lädt, und dann die Gitarrenspur ganz schnell löscht! Ähm … was ich eigentlich sagen wollte ist, dass man bei dieser ersten Hilfestellung des Programms keine Angst vor folgeschweren, nicht wieder gut zu machenden Entscheidungen haben muss: Auch wenn man auf „Podcast“ drückt, kann man danach noch, ich sach mal, Country aufnehmen. Nee, ist Quatsch, aber Jazz müsste noch gehen!
Bevor man so etwas tut, sollte man aber zuerst die wichtigsten Einstellungen checken: Audio und MIDI Ein- und Ausgänge, Monitoring oder nicht, Audio-Auflösung usw. Die Unschlüssigen können es aber auch einfach auf sich zukommen lassen – einfach mal gucken was passiert. Je nachdem was man aufnehmen möchte, fügt man nun eine neue Spur hinzu (falls man die vorgeschlagene(n) nicht mag).
Wenn wir zum Beispiel eine E-Gitarre direkt in den Instrumenteneingang des Interface gestöpselt haben, würden wir bei GarageBand am besten einen „E-Gitarre“-Kanal hinzufügen. Dabei handelt es sich um einen Channel, bei welchem Simulationen verschiedener Verstärker und Effektpedale vorgefertigt im Kanalzug eingeschleift sind und komfortabel ausgewählt und verändert werden können.
Als nächstes sollte man noch die Vorverstärkung des Interface so aussteuern, dass die roten Clipping-Warnleuchten auch bei lautem Anschlag nicht aus dem Monitor fallen. Falls man zum Klick einspielen möchte, kann man noch im Transportfeld das gewünschte Tempo einstellen und das Metronom aktivieren. Auch zum Vorzählen gibt es immer eine Einstellungsoption. Jetzt muss man nur noch auf den roten Aufnahmeknopf drücken und kann etwas in dieser Form noch nicht Gekanntes erschaffen.
Falls diese Aufnahme nun beim Hörer doch Irritationen hervorruft, man sich aber nicht zu nochmaligem Einspielen durchringen kann, gibt es beim gemeinen Sequenzer einige Möglichkeiten zum „Anpassen“ des Aufgenommenen . Zunächst kann man im Arrangierfenster Start- und Endpunkt der Aufnahme durch Zuziehen der Enden auf das Wesentliche kürzen. Man kann die gesamte Aufnahme auch frei im Song bewegen und z. B. durch copy/paste an anderen Stellen wiederholen lassen.
Falls eine einzelne Note stört, kann man diese auch einzeln herausschneiden, wobei man dafür den Editor mit seiner größeren Wellenformdarstellung nehmen sollte. Dort einfach die entsprechende Stelle markieren und mit der „Ausschneiden“-Funktion verschwinden lassen. Dort sind der Fantasie keine Grenzen gesetzt, und wer sich einmal an die Schnittfunktionen rantraut, wird staunen, wie einfach und schnell solche „chirurgischen“ Eingriffe vonstatten gehen.
Einige Sequenzer, sogar GarageBand, bieten auch sehr praktische „Timestretching“-Anwendungen für Jedermann. So kann man z. B. durch einfaches Ziehen mit der Maus den Anfang einer Note stretchen um das Timing anzupassen. Genauso kann man auch das Ende einer Note etwas länger ziehen oder stauchen. Es ist schon eine Frechheit mit welchen Hilfsmitteln junge Musiker heute aufwachsen … Falls die Aufnahme dann endlich für gut befunden wurde, kann man nach diesem Muster mit anderen Instrumenten und Spuren fortfahren. Aber nicht so viel schummeln!
Nach den Aufnahmen darf man sich dann um einen harmonischen Zusammenhalt der einzelnen Spuren kümmern: den Mix. Dabei kann man erst mal grob die Lautstärken der einzelnen Spuren an deren Reglern abstimmen. Manchmal genügt ein fester Wert einer Spur aber nicht für ein ganzes Stück. Dafür bieten Sequenzer meist eine Lautstärkeautomation: Dabei kann man parallel zum Spurverlauf im Arrange-Fenster eine Kurve für die Lautstärke „malen“. Solche Automationsmöglichkeiten gibt es häufig auch für Panorama und Effektparameter.
Als nächstes kann man den Klang durch Effekte anpassen. Dabei unterscheidet man zwischen Einschleif-Effekten (EQ, Kompressor … ), durch welche das komplette Signal läuft, und Zumisch-Effekten (Hall, Echo … ), bei welchen der Effekt anteilig beigemischt wird. Effekte gibt es viel zu viele. Es gibt sie als mitgelieferte „Brot&Butter“-Ausstattung und in Form optional erhältlicher Plug-Ins diverser Drittanbieter. Das Überangebot an Effekten ist sozusagen eine riesengroße Spielesammlung für den Musiker.
Aber Obacht, man liest immer wieder in der Zeitung, wie jemand vor lauter Plug-Ins den Wald nicht mehr sieht oder sich am Ende totgemischt hat. Ganz weit vorne im Umgang mit Effekten ist derjenige, der Ruhe bewahrt. Nur weil man in doppelter bis hundertfacher Ausführung dynamische EQs, De-esser, Ring-Modulatoren, Rückwärtshalls und PingPong-Echos zur Hand hat, muss man nicht unbedingt Gebrauch davon machen. Weniger ist manchmal mehr! (okay, ich gebe freiwillig € 5 ins Phrasenschwein).
Wenn man das Gebiet der kreativen Klangverfremdung außer acht lässt, sollte man sich bei den FX erstmal darauf beschränken, nur das Nötigste zu bearbeiten. So reicht es am Anfang schon aus, wenn man durch die Mikrofonierung zu stark (z. B. Resonanzen) oder schwach ausgeprägte Frequenzen (oft die Höhen) per EQ etwas ausgleicht und eventuell mit etwas Raumhall bei den i.d.R. trockenen Aufnahmen für etwas Tiefenstaffelung sorgt.
Vorher aber immer versuchen, das möglichst beste Signal „auf Band“ zu bekommen! Denn mein Gitarrenlehrer sagte immer (hoffentlich nicht nur zu mir): „Scheiße kann man nicht polieren!“. Was man da sonst noch so alles machen kann, werdet ihr an dieser Stelle in den nächsten Ausgaben bestimmt noch öfters zu lesen bekommen. Bis dahin, viel Bass!
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“Koffer ohne Öffnung”
großartig !!