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Test: Rivolta Guitars by Dennis Fano Combinata XVII

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(Bild: Dieter Stork)

Grob gesagt, haben wir hier eine bezahlbare Fano RB-6 vor uns. Geniales Win-Win-Projekt mit Qualität, oder Augenwischerei? Möglich wird das Ganze durch die Zusammenarbeit von Dennis Fano mit Eastwood Guitars. Ein Luthier allererster Sahne und eine Company mit großen Kapazitäten und Hang zum Speziellen – könnte funktionieren…

Die erste Annäherung an diese Gitarre verläuft jedenfalls sehr positiv. Beim Anblick des schicken hellgrauen Gigbags schnalzt man kurz mit der Zunge, dann nimmt man die Combinata heraus, dreht und wendet sie und entdeckt an jeder Ecke ein interessantes Detail. Die vielen Design-Zitate erklären dann wohl auch den Modellnamen: Eine Kombination vieler bekannter Details, die dann in Summe etwas Eigenes, Neues darstellen. (Etwas später lerne ich, dass der Name Bezug auf die Rickenbacker Combo 800 nimmt. OK, aber meine Erklärung fand ich auch schön 😉 )

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Zitate-Sammlung

Bevor wir in die Details gehen, wird noch schnell der „Rivolta-Code“ entschlüsselt. Der Modellname enthält nämlich nicht etwa (wie ich zunächst dachte) eine römische 17 – wofür hätte die auch stehen sollen – sondern ein X für Tremolo, ein V für Body-Binding und zwei I für die Anzahl der Pickups.

Ja, das Rivolta-Programm ist richtig umfangreich und bietet Modelle mit/ohne Vibrato, mit 1, 2 oder 3 Pickups, Singlecoils, Mini-Humbucker, Humbucker, versch. Korpusformen, Lefties usw. usw.

Doch zurück zu unserer Combinata XVII. Die gesamte Gitarre ist, einschließlich Hals und Kopfplatte, in hochglanzpoliertes Schwarz gehüllt und mit weißem Binding eingefasst. Der Korpus trägt verschiedenste DNA in sich. Er ist aus „Chambered Mahogany“, hat also Hohlkammern, was der Rivolta zu ihrem Idealgewicht von 3,2 kg verhilft. Die Decke ist ebenfalls aus Mahagoni und mit einem German Carve, dieser klassischen Abflachung zum Deckenrand hin, versehen. Die recht große flache Korpus-Silhouette weckt Assoziationen zu Rickenbacker, aber auch alte 50er-Jahre-Hoyers kommen mir in den Sinn.

(Bild: Dieter Stork)

Letzterer Eindruck wird aber auch durch die massiven Moto-Block-Griffbrett-Inlays und die quasi gespiegelte Hoyer-Kopfplattenform erheblich verstärkt. Elektrifiziert wird die Combinata mit zwei P-90-Pickups, die Dennis Fano selbst nach seinem Geschmack abgestimmt hat – er nennt sie Novanta. Verwaltet werden die Tonabnehmer mittels Master-Volume und Master-Tone (500 k) und eines Toggle-Switchs für die üblichen drei Varianten. Die Reglerknöpfe sehen aus, wie von einem extra-large MXR-Pedal entwendet. Und wenn ich mir dann das Schlagbrett ansehe … Gold Plexi … ich sach nur: Marshall.

(Bild: Dieter Stork)

Ein Leckerbissen ist das Vibrato in Kombination mit der Bridge. Ersteres ist das Les Trem von Duesenberg, Es erinnert mich mit seiner butterweichen Arbeitsweise, obwohl völlig anders konstruiert, an die Fender Jazzmaster. Super-Vorteil gegenüber einem Bigsby: Die Saiten lassen sich völlig easy einhängen – schneller Saitenwechsel ist kein Problem. Letztere ist eine Roller-Bridge – verstimmungsfreies Shimmern ist hier quasi fest versprochen.

Die Rivolta hat optisch so viele 50er-Jahre-Anleihen zu bieten, da fällt einem erst auf den zweiten Blick auf, dass wir es mit einer sehr modernen Halskonstruktion zu tun haben, die Lichtjahre von den eher beschwerlichen Spielbedingungen einer alten Schrammelgitarre entfernt ist. Es finden sich hier nämlich 24(!) vorbildlich eingesetzte und polierte, recht flache (Rickenbacker lässt grüßen) Medium-Jumbo-Bünde auf einem Palisandergriffbrett mit 12″-Radius bei einer Mensur von 635 mm. Dieses Maß – zwischen Paula und Strat – kennen wir z. B. auch von PRS. Da kann sich erst mal kein moderner Player beschweren, würde ich meinen.

(Bild: Dieter Stork)

Der perfekt gefeilte Knochensattel führt die Saiten zur wunderschönen Kopfplatte, wo Wilkinson-Tuner im Kluson-Style ihren Job machen. Der Halsstellstab ist mit einem Plättchen aus dem gleichen Plexi-Material wie beim Schlagbrett gefertigt.

Abschließend und ganz generell muss hier nochmal ausdrücklich die Verarbeitung, die saubere Lackierung und die perfekte Werkseinstellung gelobt werden – gerade auch mit Blick auf den Preis.

Was geht?

Der Offset-Body dieser Combinata liegt derart ausgewogen auf dem Schoß, man kann die Hände wegnehmen, ohne dass die Gitarre in irgendeine Richtung kippt. Der flache Korpus liegt dicht am Spieler, der German Carve erleichtert die Armauflage. Die linke Hand trifft auf ein sattes C-Profil, wird gut gefüllt, und kann dann die perfekte Saitenlage genießen. Die flachen Bünde erhöhen nochmals den Spielspaß, befördern auch schnelle Läufe, und das hinauf bis zum 24. Bund. Sie sind dabei aber nicht so extrem flach wie bei einer Rickenbacker, Bendings gehen hier bestens von der Hand. Und dann kann man den Ton ja auch noch wunderbar mit dem Les Trem (müsste eigentlich Les Vib heißen 😉 ) modulieren.

Jetzt Kabel rein und Princeton Reverb auf 5: Oh yes, das nenne ich mal einen Cleansound. Kristallklar, breit aufgestellt vom twangigen super-tighten Bass bis zu den crispen glasigen Höhen, wo man den Treble-Regler am Amp schon ein bisschen im Blick haben muss. Perfekt für messerscharfen Surf, Blues, Rock’n’Roll. Mit leicht runtergeregeltem Volume und/oder Tone lassen sich auch mildere Klangfarben abrufen.

Ich glaube, mit dieser Rivolta können völlig unterschiedliche Gitarristen glücklich werden, denn wenn man auf das Zerr-Pedal seiner Wahl tritt, tun sich ungeahnte Möglichkeiten auf. Die P-90-Pickups haben es allerdings nicht so mit dem Woman-Tone, eine fast schon etwas harsche, kratzbürstige Gangart wird hier an den Tag gelegt. Mit wenig Gain und viel Schub gelingen herrliche Tex-Mex-Sounds, so als wäre Freitagabend im Titty-Twister. Mit mehr Zerre im Gepäck landet man unversehens in der Klangwelt eines Gary Clark Jr.

Die beiden Pickups sind sehr gut aufeinander abgestimmt, ausgewogen in der Lautstärke, nicht zu verschieden im Grundklang – man erlebt beim Betätigen des Toggle Switch keine totalen Überraschungen – und holt sich einfach den Tick mehr Bottom-End oder das Extra an Bissigkeit … oder eben beides.

Und ja, das sind Singlecoils und die können je nach Situation mehr oder weniger deutlich brummen – so what?

Resümee

Eine Idee, die komplett aufgeht: Ich bekomme hier für etwas über 1000 Euro eine todschicke Gitarre, die von Kopf bis Fuß von Dennis Fano designt, und von einem potenten Groß-Hersteller geschmackssicher und mit erstklassigen Komponenten hergestellt wurde. Für mich hat die Rivolta Combinata alles, was eine Boutique-Gitarre ausmacht – außer den Preis. Der Look und der Sound ergeben eine stimmige Einheit, die Rivolta ist vielseitiger als man zunächst denkt, zaubert aber auch ganz pur (Gitarre, Kabel, cleaner Amp) schon ein breites Grinsen ins Gesicht des Spielers. Unbedingt antesten – am besten bei The Fellowship of Acoustics, einem tollen Laden in Dedemsvaart, Niederlande, der uns freundlicherweise diese Gitarre zur Verfügung gestellt hat.

PLUS

  • Design, Boutique-Anmutung
  • Bespielbarkeit, 24 Bünde
  • tolle Clean- und Zerr-Sounds mit Charakter
  • verstimmungsfreies Vibrato
  • ausgezeichnetes Preis-Leistungs-Verhältnis

(erschienen in Gitarre & Bass 12/2019)

Kommentare zu diesem Artikel

  1. Hallo, ich suche verzweifelt die Rivolta Combinata XVII.
    Wenn ihr sie getestet habt, muss doch ein europäischer Vertieb existieren. Ich habe keine Idee mehr. Danke!

    Auf diesen Kommentar antworten
    1. Hallo Sven, als Vertrieb wird The Fellowship of Acoustics gelistet.
      Grüße aus der Redaktion!

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