Im Feld der Amplification ist Dave Friedman längst als Papst anerkannt, jedenfalls hat er viele Gläubige hinter sich zu scharen vermocht. Die unter seinem Namen an den Markt gebrachten Gitarren können noch nicht auf eine derart treue Gemeinde setzen. Ob hier nicht auch inzwischen ein Kniefall angeraten ist?
Wieso kann der Anblick einer derart verschandelten Gitarre eigentlich Freude bereiten? Klar, es gibt schon mal das ein oder andere schlecht behandelte Vintage-Original, aber so gnadenlos runtergerockt wie die oft krass gerelicten Nachahmungen sind die meisten alten Dinger doch gar nicht. Die meisten Spieler gehen eher achtsam mit ihren Liebsten um und Leute wie der berüchtigte, erst spät bereuende Gitarrenzerstörer Pete Townshend „Irgendwann ist mir klar geworden, dass ich einige meiner besten Freunde umgebracht habe“ oder Westfalen-Punker Guido Donot, dessen Gitarren immer irgendwie abgenagt aussehen (realistische Kampfspuren, klar, der Mann hat Biss), sind doch eher die Ausnahme.
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hochwertige komponenten, kombiniert nach kundenwunsch
Hinter Friedman Guitars steht die Kollaboration von Dave Friedman mit der Gitarren-Designer-Legende Grover Jackson. Jackson ist für die Produktion der Gitarrenmodelle verantwortlich, ja soll sogar alle eingesetzten Holzkomponenten persönlich von Hand auswählen und zusammen mit Dave auch jedes fertiggestellte Instrument in die Hand nehmen, bevor sie gemeinsam das zugehörige Zertifikat unterschreiben.
Alle Friedman Guitars sind Custom Orders, werden also auf Wunsch von Händlern oder Einzelpersonen von Hand hergestellt. Der Kunde hat Zugriff auf die Tonhölzer von Hals und Korpus, auf Farbe, Aging, Hardware und die Pickups. Zur Inspiration kann die Online-Galerie bereits gebauter Instrumente dienen, aber man ist auch bereit, jede anderweitige Phantasie im Rahmen der Modellstruktur zu erfüllen. Allerdings gibt es keine 1-zu-1-Kopien beim Aging, jedes Instrument ist in diesem Sinne also ein Unikat.
Dem Motto „Our Interpretation of the Set Neck Guitar“ folgend begibt Friedman sich mit der Metro D auf den Weg der klassischen Moderne. Das gelingt durch die kunstvolle Synthese populärer E-Gitarren-Designs. Als Konstruktionsgrundlage dient eindeutig das Pattern der Les Paul, modifiziert mit einer Andeutung von Telecaster und vielleicht einer Prise Hamer Sunburst, das alles hochstilisiert zu einem tatsächlich irgendwie zeitlos erscheinenden Mainstream-Modell.
Die Details: Für den am Halsansatz gut 47,5 mm starken Korpus des Modells Metro D kam zweiteiliges Mahagoni (Standard ist Erle), kombiniert mit einer mittig gefügten, leicht konturierten Decke aus geriegeltem Ahorn zum Einsatz. Ein cremefarbenes Decken-Binding betont die klassisch anmutende Korpussilhouette.
Der Hals aus Mahagoni ist mit langem Halsfuß (Long Tenon) in den Korpus eingeleimt und wurde mit einem eingebundenen Griffbrett aus Palisander kombiniert (optional Ebenholz). 22 akkurat verarbeitete Medium-Jumbo-Bünde (Jescar FW57110) und seitlich gesetzte Inlays finden im Griffbrett von 10″-14″ Compound Radius Platz. Die Bundierung erhielt eine finale PLEK-Bearbeitung.
Die über eine kleine Volute am Halsrücken unterhalb des Sattels aus Knochen herausgeführte, konisch zugeschnittene Kopfplatte ist mit Hipshot Locking Tuners ausgestattet. Zugriff auf den Halsstab gibt es auch vom Kopf her. Gewohnt traditionell dann noch die Saitenführung am Korpus per TOM-Bridge und Stop Tail von TonePros.
Elektrik: Zwei von Grover Jackson gewickelte Custom-Friedman-Pickups in leicht angelaufenen Nickelkappen sind mit ihren cremefarbenen Rähmchen auf die Decke gesetzt. In der Halsposition finden wir den PAF-style Classic Humbucker, kombiniert mit dem auf etwas mehr Output gewickelten Classic+ Humbucker am Steg. Kontrolle geben generelle Volume- und Tone-Regler. Angewählt werden die PUs einzeln oder zusammen mit dem auf das obere Horn gesetzten Toggle Switch – überschaubare Angelegenheit also.
Die dünne Nitrolackierung der Gitarrenrückseite in Dark Brown zeigt starke Relic-Spuren, der Halsrücken ist so gut wie lackfrei. Dem Vintage Burst der Decke verschaffte man ein feines Crackling und annähernd realistisch anmutende Spielspuren. Hinter dem schäbigen Look verbirgt sich aber ein aus spieltechnischer Sicht exzellent eingerichtetes Instrument von hohem Praxiswert.
mehr als die summe seiner teile
So einer Gitarre mit Relic-Optik nähert man sich ungezwungen. Das ist ohne Frage schon einmal ein objektiver Vorteil, aber können wir alles andere einfach nur als optisches Blendwerk abtun? Immerhin fühlt sich diese künstliche Patina irgendwie vertraut an, vermittelt ein Gefühl von angekommen und eingespielt. Einfach nur mal irgendeine Gitarre an die Anhängerkupplung binden und mit dem Auto um den Block ziehen ist es natürlich nicht, da muss dann schon mehr kommen.
Dave Friedman und Grover Jackson sind Chefs in Sachen elektrischer Klangästhetik und sie überlassen nichts dem Zufall. Die Metro D sieht demgemäß nicht nur klassisch zeitlos aus, sie spielt sich auch wie eine gute alte Bekannte. Wie schon zuvor bemerkt, ist es vor allem der gut geschnittene, zu einem perfekten C gerundete Hals aus Mahagoni von 42,4 mm Sattelbreite, der die Hand mit seinem fluffigen Profil und samtigen Griff erfreut. Die toll gemachten Bünde sind bis an die Griffbrettränder vorgezogen, bieten also größtmögliche Auflagefläche. Bei flacher Handhaltung sind die Kanten schon etwas zu spüren, aber das ist mit Bedacht so eingerichtet, also kein Grund zur Klage.
Schon mit den ersten noch unverstärkt angeschlagenen Akkorden wird klar, dass in diese Gitarre hohe Fachkompetenz geflossen ist. Das für diese Art von Gitarre geringe Gewicht von 3,2 kg legt sogar nahe, dass die Hölzer tatsächlich von Hand ausgesucht wurden. In Sachen Resonanzfähigkeit, Klangtiefe, Ansprache und Sustain gibt diese Mahagonikonstruktion jedenfalls ein fabelhaftes akustisches Potential vor, das nach elektrischer Umsetzung nur so schreit.
Am Amp weisen die Custom-Friedman-Pickups zunächst ihre am klassischen PAF ausgerichteten Gene nach. Der Classic Humbucker in der Halsposition trägt seinen Namen also zu Recht und gibt mit seinem volltönenden, wunderbar weich und doch hoch transparent aufgelösten Tonvermögen die Richtung vor. Akkorde rollen wunderbar leichtfüßig ab, die fest intonierenden Einzelnoten lassen sich mit dem Finger bestens formen und schwingen ebenmäßig aus. Und dann erst diese leichte Ansprache: Bei der Metro D brauchst du nach dem Ton nicht zu graben, der kommt quasi schon, sobald du ihn nur denkst.
Schalten wir den Steg-Pickup in Kombination zu, so bekommen die nun frei und kehlig agierenden Akkorde einen besonders hell strahlenden Glanz aufgesetzt. Diese offensive Perlfrische bewegt sich auf leicht hohlem Grund. Die Bässe knacken anschlagssensibel und konturstark unter den Fingern weg, mischen sich wunderbar mit dem zupackenden Höhentop von silbriger Offensivkraft. Toll für die Akkordarbeit, aber auch frisch und präsent in Zerrpositionen.
Wechseln wir auf den Classic+ Humbucker am Steg, so engt sich das Tonbild leicht ein, bleibt aber dem traditionell ausgerichteten PAF-Sound eng verbunden. Wiederum begeistert die seidig transparente Akkordauflösung und die direkte und wendige Ansprache auf das Plektrum. Die Mitten zeigen nun ein gar feines Näschen, so eines, das man mit Recht etwas höher tragen kann, denn dank derer kommen wir im Overdrive zu einem fokussierten Ton von delikater Farbe, aber auch bemerkenswerter Durchsetzungsfreude.
Ein Ton, den man wie ein Skalpell führen kann, der substanzreich und bis in mittelböse Gain-Stufen hinein doch auch noch feingliedrig zugleich erscheint. Besonders hervorzuheben ist aber die vokale Definition und Kraft, mit der dieser Pickup in Gain+- Schaltungen agiert.
Wie sagte Dennis Schock vom deutschen Vertrieb Gearhead Distribution so schön: „Alle Friedman Pickups werden von Grover Jackson in house gewickelt … nach Dave Friedmans Vorgaben versteht sich, und der ist da sehr penibel und weiß, was er will.“ Das können wir voll unterschreiben, die Ergebnisse rechtfertigen zwingend hohes Lob!
resümee
Mit der Metro D will Friedman die E-Gitarre zwar nicht neu erfinden, wohl aber zeigen, was der klassischen Set-Neck-Konstruktion noch alles an interpretatorischem Spielraum abzugewinnen ist. Diese Gitarre spielt sich nicht nur famos, sie wartet vor allem auch mit klanglicher Delikatesse und bester dynamischer Beweglichkeit auf, repräsentiert mithin also alles, was diesen Gitarrentyp einst groß und einflussreich gemacht hat.
Mit einer exzellenten Melange aus etablierten Gitarrenformen, quasi Telecaster grüßt Les Paul, großartig aufgemacht mit authentisch gemachtem Relic-Look, genügt die Metro D aber nicht nur dem recht konservativen Anspruch an eine Set-Neck-Gitarre, sondern überhöht die bewährte Konstruktionsmethode gar mit einem Plus an Handhabung und klanglicher Zuspitzung. Das wunderbar stimmig konstruierte und mit klangmächtigen Pickups ausgestattete Modell mag sich zwar noch im dunklen Tunnel der öffentlichen Wahrnehmung bewegen, aber verdient hat es viel, viel Licht. In die Hand nehmen dringend empfohlen!