Mastercaster

Test: Reverend Greg Koch Signature Gristlemaster

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(Bild: Dieter Stork)

Greg Koch, der umtriebige amerikanische Telemaster, bekannt für die hemmungslose Aufmischung von musikalischen Stilen, verbindet in seinen Shows Elemente aus Blues, Country, Funk, Rock und Jazz zu einer vergnügt exzentrischen Performance. Zusammen mit Reverend Guitars hat er kürzlich sein aktuelles Signature-Modell Gristlemaster entwickelt und das trägt nicht ganz unerwartet eine eindeutige Handschrift.

Greg: „Ich wollte immer einen Tele-Body der etwas größer ist, der besser zu mir passt mit meinen fast zwei Metern. Ich war es leid zu hören: Ist diese Gitarre nicht etwas zu klein für dich? Nun, das sind jetzt aber auch nur so zwei, drei Prozent geworden, es soll ja keinen abschrecken.“

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Gimme more

Das Design der Greg Koch Signature bezieht sich unübersehbar auf die Fender Telecaster, das Instrument also, das quasi synonym für den technisch hoch versierten Guitar Comedian steht, nur eben vom Korpus her ein wenig größer dimensioniert.

Chambered Body: der Korpus der Gristlemaster bekam unterhalb des Pickguards eine Kammer gesetzt, die einerseits das Gewicht reduzieren und andererseits das Resonanzverhalten der Gitarre verbessern soll. Der etwas vergrößerte T-Style-Body, wie immer bei Reverend Guitars aus Korina (White Limba) gefertigt, erhielt deckenseitig zudem eine erhaben gestaltete Mittelpartie „that looks bad ass“ und ein Binding. Nur dieser Mittelteil kommt mit ca. 4,5 cm Stärke etwa in die Nähe einer Fender Tele. Die Flügel fallen mit 4,1 cm deutlich schmaler aus.

Hals mit sechsfacher Schraubverbindung (Bild: Dieter Stork)

Roasted Maple Neck: Der mit sechs Schrauben besonders fest im rückseitig unterhalb der Halsaufnahme leicht abgeflacht gestalteten Korpus´ verankerte einteilige Hals aus Ahorn wurde einer Hitzebehandlung unterzogen, um ihm Feuchtigkeit, Zucker und Verunreinigungen zu entziehen, was ihn unabhängiger von Temperaturschwankungen, also weniger wartungsanfällig macht und ihm überdies einen netten Vintage Look verleiht.

Signierte Kopfplatte mit Pin-Lock Tunern (Bild: Dieter Stork)

Von den Pin-Lock-Tunern auf der parallel herausgeführten, signierten Kopfplatte werden die Saiten mit geradem Zug zum Sattel aus Boneite (synthetischer Knochen) geführt, die hohen drei Saiten zuvor für den nötigen Andruck von einem String Tree niedergehalten. Im Griffbrett aus Roasted Maple mit Compound Radius (10″ – 14″) fanden 22 mittelstarke Jumbo-Bünde und Black Dots zur Lagenkennung Platz.

Am Korpus finden wir die Wilkinson Staggered Brass Saddle Bridge verbaut, deren kompensierte Saitenreiter aus Messing für saubere Intonation und zusätzliches Sustain sorgen. Wie gewohnt werden die Saiten durch den Korpus gefädelt und in Hülsen gekontert.

Aktive Fishman-Pickups (Bild: Dieter Stork)

Elektrik: Zwei aktive Fishman Greg Koch Gristle-Tone-Signature-Pickups – der eine in ein flaches, cremefarbenes Rähmchen am Hals gesetzt; der andere ganz konventionell auf die T-Style-Stahlplatte geschraubt – mit konventionellem Look, aber brummfreier Klangübertragung!

Zur Verwaltung stehen wie üblich ein Dreiwegschalter und jeweils generelle Volume- und Tone-Regler zur Verfügung, wäre da nicht noch der Push Button Boost, ein kleiner flacher Schalter zwischen den Reglern zu finden. Der sorgt für eine Anhebung des Ausgangssignals der aktiven Pickups mit Mittenbetonung.

Konventionelle Regelmimik plus Boost-Schalter (Bild: Dieter Stork)

Aufladen lassen die Tonabnehmer sich übrigens über einen im Gurtpin integrierten USB-Anschluss (wie ein Handy auch). Die vorgelegte Gitarre ist deckend in der Farbe Blucifer lackiert, daneben ist das Modell auch noch in Pow Yellow, Wow Red, Trans Black und Achtung: Kochwork Orange zu haben. Das Instrument wurde in Korea in jeder Hinsicht sauber gefertigt; Design und Setup besorgte man daheim bei Reverend Guitars in Toledo, Ohio/USA.

Brummfreier Tele-Spaß

Das Konzept geht auf – soviel sei vorweggenommen. Eine T-Style-Gitarre mit etwas größerem Korpus spricht mit Sicherheit Spieler an, die diesen Gitarrentyp prinzipiell schon mögen, aber immer als etwas zu klein geratenes Spielzeug empfanden. Tatsächlich ist da nun nicht viel dazugekommen und doch ist der anvisierte Aspekt deutlich spürbar. Da die eher schmale Zarge kein Problem darstellt, die Gitarre sich also gut anfühlt und auch ausrichtet, darüber hinaus die Mensur die alte geblieben ist, gibt es auch von der Handhabung her nur Gutes zu berichten. Hervorzuheben ist dabei der matt versiegelte Roasted Maple Neck mit angenehm verrundetem C-Profil und perfekt kantenglatt verarbeiteter Medium-Jumbo-Bundierung. Lediglich die Griffbrettkanten könnten etwas besser entgratet sein.

Schwingfreudig und tonal offensiv tritt die Gristlemaster dann ihren Dienst an, präsentiert sich mit offenem Tonverhalten und leichter Ansprache. Schon akustisch erweist sie sich also als gut konstruiertes, klanglich bestens abgestimmtes Instrument. Der Clou ist aber ihre elektrische Ausstattung mit aktiven Fishman Pickups und dem Bonus der Signalanhebung auf Knopfdruck hin.

Der konventionell anmutende Hals-Pickup macht zunächst genau das, was man von ihm erwartet: Akkorde spreizen sich transparent und ausgeglichen in ihre Stimmen; stramm drahtig und doch auch rund singend lassen sich Linien inszenieren. Bemerkenswert ist allerdings der starke Anteil an offenen Höhen und ein recht glasiger Firnis der Klänge. Kein Schaden, denn der Tone-Regler funktioniert effektiv. Scharf umrissen und mit Tiefgang kommen also Mehrklänge zum Ohr, einerseits sauber zerlegt, andererseits bei rhythmischer Spielhaltung schnackelig perkussiv im Ausdruck.

Im Gain-Kanal zeigt die Gristlemaster ihr Potential dann mit sehr schön fester und konturstarker Artikulation. Anschlagspräzise definiert und knackig kommen die Basssaiten zum Zuge, Eigenschaften, die den spontan abfedernden Powerchords rhythmisch zentrierte Kraft verleihen. Die stringente Umsetzung der spieltechnischen Aktionen unterstützt aber auch das Solospiel effektiv und tatsächlich ist da mehr zu holen, als nur ein kalter Strahl. Bei aller schöner Hohlkehligkeit ist nämlich auch das charakterstarke Farbspektrum zu loben und wem das nicht reicht, der drückt den Knopf. Der Sound springt kraftvoll und mit deutlicher Mittebetonung vor, vor allem aber: das Niveau wird angehoben, ohne unangenehm zu überzeichnen. Nun ist auch er da, der dunkle Growl.

Wechseln wir auf den Fishman-Pickup am Steg, so vermittelt der zunächst wiederum ganz typisches Tele-Temperament. Frech, scharf, bissig, höhengrell … all das, was man von einem Tele-Pickup auf Stegplatte in der Schaltstellung Clean nur erwarten kann. Hervorzuheben vielleicht nur die besondere Präsenz der Darstellung. Das relativiert sich mit Aktivierung der Boost-Funktion, die das Signal breiter und voller macht. Beim Umschalten auf den Drive-Kanal in Normalschaltung werden die erwähnten Höhenanteile natürlich immer noch stark herausgestellt, bissiger Twang steht im Raum. Mit der Signalanhebung wird der Ton aber dann wiederum prächtig angefettet. Das ist eine ganz andere Nummer und deutlich mehr, als man von einem T-Typ in der Schaltposition Steg sonst erwarten kann.

Satte Leads mit viel Obertonglanz sind plötzlich kein Problem mehr, druckvolle, ja geradezu überpräsente Sounds leicht zu haben. Aber die muss man auch erst einmal in den Griff kriegen. Hilfreich dabei ist die Arbeit mit dem gut arbeitenden Volume-Regler, worüber beim Abregeln sehr schöne Abstufungen im Sinne von „je weiter ich zurück geh, desto stärker drückt der Kontur gebende Draht im Ton wieder durch“ zu erzielen sind. Es braucht jedenfalls nicht lang, bis man die Kontrolle über dieses kraftvolle Potential erworben hat, das eine große Palette von Sounds bei übersichtlicher Regelmimik bereitstellt. Tatsächlich und wirklich bemerkenswert: diese enorme Klangkraft ist in all ihren Facetten bis hin zum Doom-Twang ohne lästige Einstreuungen zu haben. Ein unbedingter Vorteil, der für Tele-Spieler und Singlecoil-Fans in ganz bühnenpraktischer Hinsicht generell auf der Hand liegt. Die oft bei aktiven Pickups beklagten negativen Aspekte der Klangumsetzung, wie etwa zu glatt, kalt, klinisch etc. halten sich bei den Fishman Greg Koch Gristle-Tone Signature Pickups in angenehm engen Grenzen – kurz gesagt: jenseits aller Zweckmäßigkeit stehen hier auf alle Fälle klangstarke und höchst potente Sounds parat.

(Bild: Dieter Stork)

Resümee

Mit der Greg Koch Signature Gristlemaster zieht Reverend Guitars eine Karte die sticht! Kein schlechter Schachzug von Reverends Mastermind Joe Naylor jedenfalls, einen Mann wie Greg Koch ins Boot zu holen, der nicht nur als populärer und beschlagener Spieler weiß, wovon er spricht, sondern auch noch Tele-technisch quasi mit allen Wassern gewaschen ist. Wenn einer sich vertieft mit der Telecaster und ihren Vor- und Nachteilen auseinandergesetzt hat, dann er. Der etwas vergrößerte Body der Gristlemaster und die erhaben gestaltete Korpusmitte heben dieses Urmodell der Electrics auf eine etwas andere Ebene. Vor allem aber die Ausstattung mit fraglos gut klingenden, aktiven, per USB-Anschluss aufladbaren Fishman-Pickups plus Boost-Schalter macht aus dem Koch Signature-Modell ein klanglich höchst flexibel zu handhabendes Instrument, das prinzipiell klassische T-Sounds mit einem Bonus an moderner Überhöhung ausstattet und das auch noch brummfrei – Halleluja! Nebenbei sei auch noch bemerkt, dass die Gitarre klaglos sauber verarbeitet ist und auch in Sachen Handhabung und Spielbereitschaft keine Wünsche offen lässt.

PLUS

  • gelungene T-Style-Variation
  • leicht vergrößerter Korina-Korpus
  • offenes Schwingverhalten
  • aktive Fishman Pickups
  • brummfreie Sounds, Boost-Schalter
  • Roasted Maple Neck
  • Spieleigenschaften
  • Verarbeitung

MINUS

  • etwas scharfe Griffbrettkanten

(erschienen in Gitarre & Bass 01/2020)

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