(Bild: Dieter Stork)
Zoom ist bekannt für kleine, günstige, dabei aber auch ziemlich vielseitige Multieffekt-Pedale. Das G1Four und G1XFour setzen diese Tradition nun fort.
Beide Geräte bieten Effekte, Amp-Simulationen, einen Looper und einen Drum-Computer. All dies in einem Gehäuse, welches kleiner und leichter als viele Boutique-Pedale ist. Die X-Version kommt mit einem integrierten Expression-Pedal und hat deshalb ein paar Tricks mehr auf Lager. Und das Schönste: Beide Pedale gibt es ohne einen finanziellen Totalschaden zu erleiden.
Format & Bedienung
Mit seinen 340g und nicht mal 16x13cm kann man das G1Four wirklich fast immer dabeihaben. Auch das G1XFour wird nur unwesentlich breiter und bleibt immer noch unter 22cm. Praktischerweise werden auch gleich vier AA-Batterien mitgeliefert mit denen das Gerät versorgt werden kann, wenn mal keine Steckdose für das Netzteil (nicht dabei) oder ein USB-Port in der Nähe ist. Die beigelegte Anleitung auf Deutsch gibt leider keine Auskunft über die verwendeten Materialien, bis auf die Bodenplatte dürfte aber das allermeiste aus Plastik sein. Dennoch wirkt das Gerät – gemessen am Preis – ziemlich robust und mutet durch seine monochrome Farbgebung mit den roten LEDs auch edler als das eher verspielte Zoom G1on an.
Mit seinen zwei großen Fußschaltern, vier Potis und neun Tastern ist das Pedal übersichtlich gestaltet, was der Bedienung in den meisten Fällen sehr zugute kommt. Die Fußschalter schalten je nach Funktion die Presets hinauf oder hinab, aktivieren das Stimmgerät, den Drumtrack, den Looper oder wählen beispielsweise einen anderen Amp aus. Klingt nach vielen Aufgaben, ist aber ganz logisch verteilt. Drückt man auf den Rhythm Taster, so kann man zwischen 68 integrierten Rhythmen wählen, welche natürlich in Zeit und Lautstärke eingestellt werden können. Der linke Fußschalter startet das Playback, der rechte stoppt es.
Ähnlich einfach verhält sich die Handhabung der Looper-Funktion: Looper-Taste drücken, mit dem linken Schalter die Aufnahme starten und stoppen, oder mit rechts abbrechen. Drückt man während des Playbacks erneut den linken Schalter, so kann man auch Overdubs aufnehmen. Insgesamt stehen 30 Sekunden in Mono zur Verfügung.
Das „Kerngeschäft“ sind aber natürlich die Amps und Effekte. Diese können über fünf Bänke mit jeweils zehn Patches verwaltet werden. Entweder man schaltet sich einfach komplett mittels Fußschalter durch, oder man wählt über die mittleren 1-5 Taster direkt die Bank an aus der man einen Patch auswählen möchte. Und nun?
Wenn man nicht einfach nur spielen, sondern etwas editieren will, wechselt man einfach über den Taster links oben von „Memory“ zu „Stomp“. Hier kann man die Effekte der Kette einzeln ein- und ausschalten. Dies geht komfortabel mittels Fußschaltern, oder noch einfacher durch einen kurzen Druck auf die Bank- Wahltaster.
Noch ein weiterer Druck auf den Button oben links führt uns ins Edit-Menü, in dem wir Effekte ändern und einstellen können. Möchte man einen anderen Effekt (/Amp/Box/…) wählen, so muss man durch alle angebotenen Varianten durchtappen. Man kann dies zwar auch nach Kategorien tun, aber so richtig komfortabel ist das auch nicht. Der Schwerpunkt des Geräts liegt also nicht so sehr auf dem Editieren, mehr auf dem Spielen. Und das ist ja auch total OK so. Alle Anzeigen geschehen über ein gut ablesbares 128×32 Dot Display (als Vergleich: der erste GameBoy von 1989 hatte mit 160×144 Dots eine mehr als fünffache Auflösung. Aber hey, auch ein Axe-Fx hat es mit dem Taschenrechnerlook in die Herzen der Gitarristen geschafft).
Das G1XFour bietet – das X deutet es an – ein eXpression Pedal. Mit diesem lassen sich je nach Patch beispielsweise die Lautstärke oder der Pitch-Shifter steuern. Da das kleinere Gerät keine Expression- Pedal-Input-Buchse anbietet, sollte man sich vor dem Kauf überlegen, ob man diese Funktionen braucht. Das Pedal ist natürlich auch eher klein und schmal, lässt sich aber dennoch gut bedienen und bietet einen angenehmen Widerstand.
Guitar Lab Software & Rechenleistung
Gratis zum Gerät erhält man die Software „Guitar Lab“, welche zum Zeitpunkt des Tests in der Version 4.0 vorliegt. Zunächst wählt man aus, ob man die Software in Englisch oder Japanisch nutzen möchte, danach kann man hier deutlich komfortabler als am Gerät selber Presets verwalten und editieren. Bei der Ersteinrichtung wollte das Zoom Pedal mehrfach neugestartet werden, danach lief aber alles geschmeidig.
Hier kann man nun Presets umsortieren und auch mit Notizen versehen (sehr praktisch), sowie in Ruhe nachlesen, worauf welcher Effekt basiert und welche Parameter er hat. Hat man sich für eine Zusammenstellung entschieden, so wechselt man in den Editor und kann per Drag&Drop die Effektkette neu anordnen oder natürlich auch neue Amps und Effekte auswählen. Hierbei wird auch immer angezeigt, wie viel Prozessorleistung genutzt wird. Und das hat leider einen guten Grund: Maximal hat man fünf Slots zur Verfügung, allerdings reicht manchmal selbst hierfür der Prozessor nicht.
So konnte ich beispielsweise kein Preset mit Octave Fuzz, Amp, Box, Delay und Reverb erstellen. So musste das Octave Fuzz einem normalen Boost weichen – dann ging es. Die Software ist generell gut zu bedienen und lehnt sich optisch an die Darstellung auf dem Pedal an. Andere Hersteller haben hier aber natürlich teils deutlich die Nase vorne.
Sounds
Sobald man das Gerät startet, befindet man sich in Preset 10 (es gibt keine einstelligen Presets, also nur 10- 59), welches ich zunächst wenig inspirierend finde. Doch schon Nummer 11 hält mit „Zep 1959“ eine schöne Reminiszenz an den „straighten Rock- Sound, inspiriert von Jimmy Page von Led Zeppelin“ bereit.
Praktischerweise steht so ein beschreibender Text auf einem beigelegten Zettel und so schafft man sich nicht nur einen guten ersten Überblick, es wird auch klar, dass Zoom hier die Presets schön sortiert hat: Presets 10-19 sind im weitesten Sinne Drives, zwischen 20 und 29 kommen Effekte dazu, 30-39 widmen sich den Cleansounds mit Effekten und 40-49 sind dann die Amp-Modelings. Die Bänke 50-59 sind leer.
Doch zurück zum Zep- Patch. Hier wird ein Orange 120 simuliert und das klingt auch gar nicht so verkehrt. Aber irgendwas klingt seltsam. Schnell fällt auf, dass zwar eine Box aktiv ist, allerdings kein Mikro aktiviert wurde. Holt man dies nach, klingt es natürlich deutlich anders. Generell kann man nur wählen, ob die Mikro-Simulation einoder ausgeschaltet sein soll, der Typ lässt sich nicht bestimmen. Vielmehr kann man an einem Poti zwischen D57 und D421 Mikro-Simulation überblenden. Die Amps klingen alle eher nasal und flach. Dabei für den aufgerufenen Preis gar nicht mal schlecht, aber auch eben nicht mehr State of the Art, wenn es um Modeling geht. Alles klingt auch irgendwie recht ähnlich und wenig dynamisch.
Mir gefällt beispielsweise das Grunge Muff Preset gar nicht schlecht. Das hat zwar vom Sound her nicht allzu viel mit dem zu tun, was ich von einem „NYC Muff“ erwarten würde, aber das muss ja gar nicht negativ sein, wenn man sich eher inspirieren lassen, denn genau nachbauen möchte. Andere Presets klingen teils ein wenig bedeckt, also bauen wir uns doch kurzerhand etwas Eigenes.
Hier tritt das oben genannte Problem schnell wieder auf: Die Rechenleistung reicht nicht aus, um auch nur annähernd komplexe Rigs zu erstellen. Bleiben wir also beim Brot-und-Butter-Setup und boosten mal einen Orange mit einem RC-Boost. Auch hier klingt irgendwas noch nicht ganz richtig, egal ob in der (Orange-)Boxensimulation das Mikro ein- oder ausgeschaltet ist. Ein kurzer Check bestätigt die Vermutung: Die Boxensimulationen sind der Schwachpunkt des Geräts.
Zum Test hänge ich das Zoom vor mein Axe-Fx III (schluck … Für den Preis könnte man 35 der Zoom Pedale kaufen) und wähle dort eine Orange Impulsantwort. Klar, nur hierdurch ist der Sound noch lange nicht bei einem Axe-Fx, aber es wird doch alles deutlich besser. Die Amp-Simulationen klingen nun deutlich differenzierter als zuvor und auch der nasale Touch ist verschwunden. Wenn Zoom einen großen Schritt nach vorne machen möchte, wäre ein IR-Loader im nächsten Produkt wirklich eine Ansage – aber die kosten halt aktuell alleinstehend auch mindestens so viel wie das ganze Zoom.
Die Effekt-Sounds wiederum sind gar nicht so schlecht. Ein guter Test ist ja immer das Octave-Tracking bei entsprechenden Effekten und das funktioniert hier tatsächlich ohne großes Murren und teils sogar besser als bei analogen Kollegen. Auch die Integration von eher seltenen Effekten wie einem „Slow Attack“ freuen mich sehr, gibt es doch den Paten, das Boss Slow Gear, seit vielen Jahren nicht mehr zu kaufen.
(Bild: Dieter Stork)
Resümee
Zoom bleibt seiner Linie treu und wendet sich eher an Musiker, die für wenig Geld viel geboten bekommen wollen. Als netten Nebeneffekt hat man ein sehr kleines und leichtes Gerät erschaffen, was voller Möglichkeiten steckt. Da man an das G1Four kein Expression-Pedal anschließen kann, sollte man vor dem Kauf das Anwendungsgebiet abstecken: Als reines Desktop-Gerät mit gelegentlichem Ausflug in den Proberaum ist das G1Four sicher eine gute Wahl. Möchte man das Pedal öfter auf dem Boden verwenden, so lohnt sich das G1XFour, da man gleich ein brauchbares Expression-Pedal integriert hat, ohne viel mehr an Platz oder Gewicht einplanen zu müssen.
Die Effekte klingen brauchbar, so könnte ich mir das Gerät gut für Musiker vorstellen, die erst mal testen möchten, ob ein Pitch-Shifter, Compressor oder vielleicht gar ein Drive überhaupt etwas für sie ist, oder die halt das Tremolo wirklich nur für den einen Song brauchen. Generell eignet sich das Gerät gut für Einsteiger und man kann auch ohne Probleme die ersten Demos damit aufnehmen. Es stößt aber sowohl bei der Rechenleistung, als auch bei den Ampsounds schnell an seine Grenzen. Zusammenfassend lässt sich sagen: You get, what you pay for – Zoom hat hier zwei solide Pedale mit vielen Möglichkeiten und brauchbaren Sounds vorgestellt.
PLUS
- Preis
- einfache Bedienung
- Vielseitigkeit
- brauchbare Effekt-Sounds
MINUS
- Sounds der Amps & Boxen
- Rechenleistung
(erschienen in Gitarre & Bass 06/2019)