Angriff der Killerbienen?

Test: Beetronics Buzzter & Royal Jelly

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(Bild: Dieter Stork)

Die Bienen, sie sind in aller Munde! Zum Glück nicht wörtlich, aber die mittlerweile bedrohte Tierart ist in den vergangenen Jahren deutlich mehr ins Bewusstsein der Öffentlichkeit gerückt. Ob das Anlass für die Gründer der US-Pedalschmiede Beetronics war, ihr gesamtes Line-Up im Bienendesign zu gestalten? Wir klopfen mal auf den Bienenstock und schauen, was da an Honig zu holen ist.

Von dem Familienunternehmen aus Los Angeles hatten wir bereits die Pedale Whoctahell und Octahive im Test (Ausgabe 08/2018). Jetzt legen die Kalifornier nach – und uns den Buzzter sowie das Flaggschiff Royal Jelly unter den Fuß. Äußerlich reihen sich die beiden Geräte nahtlos in das Programm von Beetronics ein: schwere, robuste Metallgehäuse im Retro-Look, Bienen-Anspielungen überall, feinste Verarbeitung und Bauteile im Inneren. Wie bereits bei den anderen Geräten wurden die Platinen in coolen Bienen-Motiven gestaltet. Was natürlich nur nach dem Abschrauben der Bodenplatten sichtbar ist.

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Buzzter

Beetronics beschreibt den Buzzter als „Boost/Preamp“, doch das Doppelpedal kann noch mehr als nur das. Mit 710 Gramm Gewicht ist es nicht besonders leicht – sogar etwas schwerer als das Overhive, also jener Overdrive, mit dem Beetronics bekannt wurde. Die Anschlüsse für In/Out sowie das Netzteil (ein Batteriebetrieb ist nicht möglich) liegen an den Seiten, ebenso wie die Bypasslampe. Diese sieht aus wie die Betriebsleuchte eines alten Amps. Praktisch für eng bepackte Pedalboards ist das nicht. Im Inneren befindet sich eine saubere Platine in Form einer „Jimi-Hendrix-Gedächtnis-Biene“ – sehr cool.

(Bild: Dieter Stork)

Nun stochern wir mal rein ins Nest! Rechts unten befindet sich der Bypass-Schalter. Wird dieser aktiviert, zeigt die Lampe an der Seite den Betrieb an; zwei weitere Lämpchen auf der Oberseite den jeweiligen Kanal. Denn: Der Buzzter ist nicht nur einfach ein Booster, er ist eine zweikanalige Plattform! Mit dem linken Fußschalter aktiviert man den jeweiligen Channel – grün oder rot. Die beiden Potis darüber regeln die Lautstärke der Kanäle, während das rechte Poti (Honey) die Boost Stärke steuert.

Der Buzzter hat keine eigene Verzerrung, sondern feuert den (Röhren-)Amp an. Bei moderaten Einstellungen kann er einfach nur das Clean-Signal auffrischen. Dreht man die Regler nach rechts, kickt man den Amp immer weiter in seinen natürlichen Overdrive. Die Wahl zwischen zwei Kanälen erlaubt das blitzschnelle Umschalten von einem Boost-Level zum anderen. Der Buzzter schafft also zusätzlich zum Clean-Signal zwei weitere Sound-Ebenen. Unity-Gain – also gleiche Lautstärke wie beim Clean-Signal – ist dabei bereits bei Linksanschlag des Honey-Reglers erreicht, das Konzept des Pedals sieht also keinen Minus-Boost vor.

Was kann man nun damit machen? Zum einen einfach den Klang etwas auffrischen und den Buzzter immer an lassen. Zum anderen zusätzlich zum Clean-Signal eine leichte Crunch- sowie eine heftigere Distortion-Ebene erschaffen, zwischen denen geschaltet werden kann. Das maximale Gainlevel beziehungsweise der erzielbare Sound hängen natürlich vom Amp ab. Freilich erlaubt der Buzzter dabei keine Ton-Anpassung, dazu fehlen ihm die Regler; in dieser Hinsicht ist er dann eben doch „nur“ ein Booster. Er kitzelt hervorragend und ohne Einfärbungen den natürlichen Overdrive bis hin zur Distortion eines Amps heraus, was man sonst nur bei ungesunden oder sozial nicht verträglichen Lautstärken erreichen würde – und das bei erfreulich geringen Nebengeräuschen. Dazu arbeitet er auch gut mit anderen Pedalen zusammen.

Fazit: Ein schön designtes, kultiges Gerät mit hohem Praxisnutzen für Spieler, die den natürlichen Overdrive ihres Amps eigentlich lieben, ihn aber nicht mit „Aufdrehen“ erreichen können. Angesichts der liebevollen Verarbeitung und der Zwei-Kanal-Flexibilität geht der für einen Booster an sich recht hohe Preis dann doch in Ordnung.

Preis (Street): € 219


Royal Jelly

Das Royal Jelly wurde nach dem „Gelée Royale“ benannt, also dem Futtersaft, den die Bienen nur zur Ernährung der Königinnenlarve im Stock erzeugen.

Das Pedal ist mit 15,8 cm Breite deutlich größer als die anderen, und mit 1100 Gramm Gewicht die Nemesis des rückengeplagten Pedalboard-Schleppers. Man sagt ja, dass so manches Brett mittlerweile das schwerste Element im Equipment-Park vieler Gitarristen ist … bei mir trifft das definitiv zu. Dafür könnte hier wohl ein Panzer drüberollen, ohne Schaden zu hinterlassen.

Beim Royal Jelly befinden sich alle Anschlüsse erfreulicherweise am Kopfende, was eng bepackten Pedalboards zugutekommt. Batteriebetrieb ist auch hier nicht vorgesehen. Innen befindet sich eine Platine mit vier Bienen und einer Bienenkönigin, die eine Gitarre schwingt.

(Bild: Dieter Stork)

Die Sounds des Royal Jelly lassen sich mit „Bienenschwarm in verschiedenen Aggressions-Stufen“ beschreiben. Wer nur die Aufmerksamkeitsspanne eines Kleinkindes hat (so wie ich oftmals beim ersten Antesten), kommt mit den Optionen des Pedals nicht sofort klar – eine ausführliche Anleitung wäre hier hilfreich, beiden Pedalen liegt nur eine Karte bei, die die Regler-Funktionen benennt.

Der rechte untere Fußschalter aktiviert das Royal Jelly; der linke schaltet zwischen den beiden Kanälen „King“ und „Queen“. In der Mitte befindet sich ein weiterer Fußschalter – der hat es in sich, wie wir gleich sehen werden. Oben befinden sich zwei Potis, die als Höhen- und Bassblende arbeiten (jeweils 10 Dezibel Boost oder Cut); ihre Mittelstellung haben sie dabei ungewöhnlicherweise auf 6 Uhr, was wegen der schlechten Ablesbarkeit der Beschriftungen nicht sofort begreiflich wird. Ihr Wirken ist nicht drastisch, aber bemerkbar. Der „Honey“-Regler in der Mitte des Pedals steuert den Verzerrungsgrad des Overdrive-Modus beider Kanäle.

Die Queen- und King-Potis blenden nahtlos zwischen Overdrive- oder Fuzz-Soundkultur der jeweiligen Kanäle; beide sind dabei identisch in ihrem Klang: Von einem sanften Crunch (ähnlich dem des Overhive-Pedals) zu einem dann doch recht schmut-zigen, körnigen und mittenbetonten Fuzz ist alles drin, und dabei hochgradig interaktiv mit dem „Honey“-Regler. Das bedeutet: Da der Honey-Regler auf beide Kanäle wirkt, lässt sich nur deren „Soundkultur“ (Overdrive oder Fuzz) individuell mit den King- und Queen-Potis einstellen.

Selbiges gilt für alle anderen Regler. Damit erlaubt das Royal Jelly zwar zwei verschiedene Sound-Kanäle (Overdrive oder Fuzz), die sich dann aber nicht mehr noch weiter unabhängig voneinander im Klang formen lassen. Die beiden kleinen Regler unterhalb des Honey-Potis bestimmen (links) die Zumischung des Dry-Signals sowie (rechts) die Gesamtlautstärke. Hier ist auch mein größter Kritikpunkt am Royal Jelly: Unity Gain liegt hier erst fast bei Rechtsanschlag des Volume-Potis. Das Royal Jelly kann nicht wirklich lauter als das Cleansignal eingestellt werden.

Die Zumischung des Clean-Signals räumt den bratzeligen Sound auf. Man kennt das auch von anderen OD/Distortion-Pedalen mit Clean-Blende: Der verzerrte Sound verkommt bei hohem Dry Signal zu einem seltsamen Zischeln im Hintergrund – muss man mögen!

Was macht der Schalter in der Mitte? Bei seiner Betätigung ändert sich die obere Lampe von blau auf rot, und dem Signal werden mehr Höhen und Gain-Intensität zugemischt. Da ist der Bienenschwarm dann richtig, richtig sauer – sprich, das Fuzz legt dann erst richtig los. Dies kann bei sehr unterschiedlich eingestellten Kanälen für zwei weitere Soundebenen sorgen. Dem Brachial-Doomer wird allerdings Headroom fehlen.

Fazit: Das Royal Jelly ist ein interessantes Werkzeug mit einer generell eher schmutzigen Overdrive- und Fuzzkultur (Richtung Jack White/Queens of the Stone Age), nichts für Schöngeister und Tube Screamer-Fans, das quasi zwei einstellbare Presets als „Overdrive“ und „Fuzz“ bereithält, die gut zueinander passen. Dass man die Kanäle klanglich nicht weiter abstimmen kann, ist schade, aber im Gesamtkonzept ok – und mit dem mittleren Gain/Treble-Schalter bricht der wütende Bienenschwarm los und macht das Pedal doch recht flexibel.

Preis (Street): ca. € 349


PLUS

  • tadellose Verarbeitung
  • inspirierende, erstklassige und individuelle Sounds
  • hohe Vielseitigkeit
  • Design & Optik

MINUS

  • geringe Lautstärke-Reserven beim Royal Jelly
  • magere Anleitung bei beiden Geräten

 

(erschienen in Gitarre & Bass 04/2019)

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