(Bild: Dieter Stork)
Wenn der britische Pianist und Sänger Joe Jackson im Frühjahr 2019 mit neuem Album wieder auf Tour geht, feiert er gleichzeitig ein 40-jähriges Jubiläum, denn 1979 veröffentlichte er mit ‚Look Sharp‘ das erste Album unter seinem eigenen Namen.
Aus diesem Grund wird das Repertoire für die Tour aus 4 Alben zusammengestellt – jeweils eins pro Dekade seines Schaffens (mehr dazu unter www.joejackson.com).
Und natürlich sind Songs von ‚Look Sharp‘ mit auf der Liste – ein guter Grund, sich den Ibanez 2369B mal genauer anzuschauen, denn es war exakt ein solcher Bass in genau dieser Ausführung, den Graham Maby (von zwei Veröffentlichungen abgesehen Joes Bassist bis heute) auf ‚Look Sharp‘ und den beiden nachfolgenden Scheiben ‚I’m the man‘ und ‚Beat Crazy‘ benutzt hat. Sein Sound und Stil waren absolut prägend für den frühen Sound der Band und Teil des musikalischen Konzepts von Joe Jackson. Der Bass war dabei eine Art permanentes Melodie-Instrument.
Was den Sound betrifft, spielten neben dem Bass selbst noch drei andere Komponenten eine wichtige Rolle. Erstens die Spielweise: Graham spielte ausschließlich mit dem Plektrum und zwar überwiegend downstrokes, live in teilweise aberwitzigem Tempo. Zweitens die Saiten: Auf dem Bass waren (zumindest im Studio) Black Nylon Strings von Rotosound aufgezogen. Drittens der Amp und die Box: Ein Fender-Bassman-135-Stack mit der zugehörigen 4×12“-Box war die Anlage der Wahl – Trebleregler in der Regel auf 10 (!). Der Sound: prägnant und knochentrocken!
(Bild: Dieter Stork)
Zeitzeuge
Unser Exemplar stammt sehr wahrscheinlich von 1977, ist bis auf die letzte Schraube im Originalzustand, hat aber in seinem über 40-jährigen Dasein einige Kampfspuren davongetragen. Diese sind jedoch rein optischer Natur. Wenn wir mal davon absehen, dass der Wahlschalter für die Pickups einige Kontaktproblemchen hat, kann man unserem Exemplar eine komplett gesunde Substanz bescheinigen. Da der Bass bereits den Silver-Series-Schriftzug trägt, gehört er zu den späteren Exemplaren des 2369, der nicht lange nach 1977 aus dem Ibanez-Programm verschwandt.
Der Bass sieht auf den ersten Blick aus wie ein Precision-Klon, ist er aber nicht. Zumindest nicht in Reinform, denn da gibt es einige serienmäßige Details, die ihn gegen die Varianten, die Fender seinerzeit vom Urvater des E-Basses anbot, klar abheben. Zu den Formen von Kopfplatte und Korpus muss man nicht viel sagen – die sind schon stark abgeguckt, klare Sache. Der Bass stammt zwar aus der sogenannten „post law-suit era“, die ca. 1976 begann, aber Ibanez und andere Hersteller kopierten zu diesem Zeitpunkt trotz mittlerweile eigenständiger Serien zumindest noch einige Jahre munter weiter. Trotz der identischen Formgebung gibt es bei Korpus und Hals zwei nennenswerte Detailunterschiede.
(Bild: Dieter Stork)
Direkt sichtbar ist das nur beim Hals: Die schwarzen Block-Inlays nebst passendem Binding waren bei Fender den Jazz-Bässen vorbehalten. Der Hals des 2369 hat zwar kein Binding, dafür aber die Black Blocks. Beim Korpus liegt der gravierende Unterschied in der Wahl des Holzes. Hier verwendete Ibanez Mahagoni als Trägermaterial und spendierte dem Ganzen dann noch eine Decke aus Birke (!).
Bei Fender kamen nach wie vor nur Erle oder Esche zum Einsatz – gerade gegen Ende der Siebziger eher Letzteres, was den Fender-Instrumenten dieser Ära auch den Ruf eingebracht hat, eher schwergewichtig zu sein. Das könnte man beim 2369 aufgrund des Mahagonianteils zwar auch annehmen, er wiegt jedoch angenehme 4,2 kg und zerrt somit noch nicht unangenehm an der Schulter.
Neben dem oben bereits erwähnten Wahlschalter, den originale Fender Precision-Bässe in Ermangelung einer P-J-Konfiguration im Fender-Angebot schlichtweg nicht brauchten, fällt natürlich zunächst die Tatsache auf, dass der Bass überhaupt über 2 Pickups verfügt, sowie deren Positionierung. Der Precision-Pickup sitzt näher am Hals als beim Original und der Jazz-Pickup scheint näher an der Brücke platziert zu sein. Dieser optische Eindruck ist allerdings eher der Tatsache geschuldet, dass die von Ibanez verwendete Brücke eine größere Grundplatte hat.
(Bild: Dieter Stork)
Draht mit Wucht
Die geänderte Positionierung des Precision-Pickups führt dazu, dass der Sound etwas kehliger, aber keinesfalls dumpf ist. Im Zusammenspiel beider Pickups fällt der Effekt allerdings kaum ins Gewicht. Auffallend ist, dass die Pickups bei diesem Exemplar einen relativ hohen Output haben und der Bass gehörigen Druck macht. Laut, klar und drahtig.
Der Klang ist natürlich nicht vollkommen anders als bei einem Fender-Original mit der Pickup-Bestückung (die man seinerzeit ja auch nur durch Nachrüstung erreichen konnte), aber es gibt einen hörbaren Unterschied. Natürlich spielt hier auch die außergewöhnliche Holzauswahl für den Korpus eine Rolle. Eine Daumenstütze sucht man dann beim 2369 vergeblich, was hier tatsächlich auch ein Nachteil ist. Durch die auseinandergezogene Position der Pickups fehlt beim Zupfen genau an der Stelle der Halt, an der der Precision-Pickup normalerweise platziert ist. Spielt man wie Mr. Maby mit dem Plek, spielt das natürlich keine Rolle.
Wert
Der 2369 taucht im Netz deutlich seltener auf als z.B. Jazz-Bässe von Ibanez. Ab und zu findet man das Modell aber auch mit einem Greco-Decal auf der Kopfplatte. Diese Exemplare kamen mit an Sicherheit grenzender Wahrscheinlichkeit ebenfalls aus der Ibanez-Matsumoku-Fabrik. Das Angebot ist hierzulande auf jeden Fall nicht sonderlich groß. Interessant ist allerdings, wie groß die Spannbreite der Preise ist, die verlangt werden. Unabhängig vom Zustand werden Beträge von € 300 bis über € 1000 aufgerufen.
Was einem ein solcher Bass wert ist, mag da jeder selbst entscheiden. Grundsätzlich sind es Instrumente mit einem hohen Praxiswert, solide gebaut und mit einer coolen Optik. Typisch für Ibanez ist auch, dass man sich hier mehr als offensichtlich Gedanken gemacht hat, wie man einen All-time-Klassiker im Detail verbessern kann (Pick-up Kombination) und den Geist, der dem Design innewohnt, trotzdem beibehält bzw. sogar optisch noch mit Elementen anderer Klassiker verfeinert. Eine Herangehensweise, die Fender erst Jahrzehnte nach dem Verschwinden des Ibanez 2369 und seiner Geschwister adaptierte und mit der man heute äußerst erfolgreich am Weltmarkt operiert.
(Bild: Dieter Stork)
Graham Maby ist tatsächlich der einzige prominente Musiker, den ich kenne, der einen 2369 auf bekannten Produktionen genutzt hat. Laut seiner Aussage war der Ibanez zu Beginn seiner Profikarriere für viele Jahre sein einziger Bass. Preiswert und solide. Er wechselte ca. zu Zeiten von ‚Beat Crazy‘ zum Fender Precision, der dann wiederum mit Badass Brücke und EMGs modifiziert wurde. Das Bassman Stack musste Ampeg-SVT-Türmen weichen. Laut eigener Aussage hat er den Ibanez aber bis in die 2000er besessen und ihn erst über Ebay versteigert, als er feststellen musste, dass er ihn 20 Jahre nicht mehr benutzt hatte.
(erschienen in Gitarre & Bass 04/2019)