In seiner Biografie ,Leather Rebel‘ beschreibt K.K. Downing sein Leben als Gitarrist bei Judas Priest und spart dabei nicht an kritischen Tönen in Richtung seiner Ex-Kollegen.
Wir haben uns beim Interview auf sein Equipment im Wandel der Zeit konzentriert – und konnten ihm dabei einige spannende Details entlocken.
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Interview
K.K., du hast Judas Priest mitgegründet und 2011 verlassen. Wie kam es zu ,Leather Rebel‘?
Ich bin jetzt 67 und seit sieben Jahren raus aus der Band. Für mich war es der richtige Moment, meine Geschichte zu erzählen – von der Kindheit bis auf die größten Bühnen der Welt. Mir gefiel die Idee, dass mich die Fans dadurch etwas besser kennenlernen. Außerdem wollte ich erklären, warum ich glaubte, die Band verlassen zu müssen. Das waren die Motivationen. Ich hatte eine lange und erfolgreiche Karriere, auf die ich sehr stolz bin. Es ist keine schlechte Sache, das alles mit einem Buch abzuschließen.
Du bist damals im Streit gegangen und machst dafür zu großen Teilen deinen Gitarrenpartner Glenn Tipton verantwortlich. Nach außen hin schient ihr das perfekte Metal-Gitarrenduo zu sein.
Es gab immer Probleme in unserer Beziehung. Im Laufe der Zeit sind einige Dinge passiert. Ich war nicht glücklich, als unser Drummer Dave Holland 1989 nach zehn Jahren gegangen ist. Er war ein guter Typ, und er war gut für Judas Priest. Dave ging, weil er unzufrieden damit war, wie die Band auf der Bühne performte. Und er hatte Recht damit. Es hat mir sehr leidgetan, dass das passierte.
(Bild: K. K. Downing)
Musikalisch hingegen passte es bei dir und Glenn über viele Jahre. Im Buch steht, dass ihr versucht habt, Dur-Terzen zu vermeiden und bei doppelstimmigen Leads eher Moll-Terzen und Septimen zu verwenden.
Das stimmt. Mit derartigen Harmonielinien klingt man schnell sehr süß und soft. Glenn und ich haben stets versucht, unsere Parts so zu komponieren, dass das nicht der Fall ist und wir nicht wie die Allman Brothers klingen.
In den 1970er-Jahren hattet ihr weniger Verzerrung zur Verfügung. Ihr musstet an Sounds härter arbeiten, als das heute nötig ist, oder?
Zusammen klangen wir großartig. Da war viel Headroom in den Sounds, wenig Verzerrung und wenig Kompression. Das machte es aber auch schwieriger zu spielen. Glenn und ich wollten immer mehr Verzerrung, vor allem für Soli. Das haben wir aber nie hinbekommen. Unser Ansatz war, die Gitarre in einen Marshall zu stecken und ihn so weit aufzudrehen, wie es geht. Doch wir mussten feststellen, dass unsere Marshalls Resonanzen erzeugten, wenn wir sie voll aufrissen. Das klang nicht sehr gesund. Daher stellten wir den Volume-Regler auf 6 bis 6,5 und schalteten unsere Rangemaster Treble Booster davor. Das klang fantastisch und sehr groß.
Im Buch erwähnst du, dass deine erste professionelle Gitarre eine Gibson SG war, erst mit P-90, dann mit Humbuckern. Die hast du bis etwa zum Reading Festival 1975 gespielt. Dann bist du zur Flying V gewechselt. Warum passierte das?
Ich habe meine SG Standard geliebt. Sie war großartig und wunderschön. Ich wollte sie auch nicht loswerden, doch dann habe ich diese 67er Flying V in einem Laden in Birmingham gesehen und dachte mir: „Verdammt, ich will diese Gitarre. Genau die brauche ich für die Musik, die ich machen möchte.“ Ich wollte eine Gitarre, die anders war. Heute ist die Flying V sehr mit Heavy Metal assoziiert.
Bei diesem Festival hast du länger mit Michael Schenker gesprochen. Er war damals bei U.F.O. und ist ebenfalls ein Verehrer der Flying V. Hatte er einen Einfluss auf deine Entscheidung?
Nein. Die Wahrheit ist die: Michael kam nach Birmingham, um diese Gitarre zu kaufen, doch ich hatte sie einen Tag zuvor erstanden. Er sagte mir danach über Jahre: „Du hast noch immer meine Gitarre.“
Du hast daneben auch lange Strats gespielt. War das vor allem wegen des Vibratosystems oder mochtest du den Singlecoil-Sound für spezielle Songs?
Ich habe die Strat genommen, um das Whammy-Bar-Zeug machen zu können, denn es war einfach besser als die Gibson-Bridge. Dieses Maestro-System war wirklich schrecklich. Dabei wurde nur der Steg hin- und herbewegt! (lacht) Das war nicht gut. Überhaupt nicht. Die Strat war besser. Aber auch das war damals harte Arbeit, denn ich habe ständig den Vibratoarm abgebrochen. Der Vater von unserem Sänger Rob Halford nahm meine Gitarren mit zur Arbeit und bohrte die Öffnung auf.
Irgendwann hat er eine Metallstange eingebaut. Kurz darauf sah ich Uli Jon Roth mit genau der gleichen Modifikation (siehe das Cover von ,In Trance‘, Scorpions, 1975, Anm. d. Verf.). Er muss das gleiche Problem gehabt haben.
Wenn man an Judas Priest in den frühen 1980ern denkt, hat man unweigerlich dich und deine rote Hamer Vector V vor Augen. Es gibt dazu eine interessante Story: Du hattest darauf einst einen Floyd-Rose-Prototypen ohne Feinstimmer, von dem es nur zwei Stück gab. Floyd Rose hat einen Eddie Van Halen gegeben, den anderen bekamst du. Stimmt die Geschichte?
Das ist korrekt. Ich glaube, wir waren damals oben in Seattle. Floyd kam nach der Show hinter die Bühne und erzählte mir: „Ich mache das hier. Eddie hat auch eins.“ Er gab mir das System, und ich habe es dann auf die Gitarre bauen lassen.
Viele deiner Gitarren sind mit einem Kahler-System bestückt. Ziehst du das dem Floyd Rose vor?
Das Kahler ist ein sehr viel geschmeidigeres System, das man sehr sensibel bedienen kann. Ich habe es über lange Zeit verwendet, aber ich war mit beiden immer ganz glücklich. Professionell tourende Gitarrentechniker bevorzugen eigentlich stets das Kahler im Vergleich zum Floyd Rose, vor allem beim Saitenwechsel.
Dein nächstes Hamer-Modell lag in Sachen Body zwischen einer klassischen V und einem Steinberger Headless-Instrument und war mit EMG-Pickups und einem Scalloped Fretboard ausgestattet.
Diese Mini-Vs habe ich immer noch. Und sie sind nach wie vor toll. Die rote spiele ich heute mehr als alles andere.
Was hat dich zum Scalloped Fretboard gebracht?
Ich habe es ausprobiert und mich daran gewöhnt. Ich ziehe es mittlerweile vor, und das aus einem einfachen Grund: Du hast weniger Reibung mit deinen Fingern auf dem Griffbrett. Es hilft mir, die Saiten besser zu kontrollieren, vor allem, wenn man an heißen, verschwitzten Orten Anderthalb-Ton-Bends macht. Was ich nicht mag, sind Gitarren mit niedrigen Bünden.
Als ich aufwuchs, in den 1960ern und 1970ern, ging es immer um das „Fretless Wonder“ und niedrige Bünde. Jeder sagte, dass man mit niedrigen Bünden schneller spielen könne – was aber nicht stimmte. Ich habe Scalloped-Griffbretter ausprobiert und mag sie immer noch sehr. Es wird schnell klar, ob jemand spielen kann. Wenn sie meine Gitarren in die Hand nehmen und sie spielen, ohne verstimmt zu klingen, zeigt das, dass sie ziemlich gute Gitarristen sein müssen.
Auch die aktiven EMGs waren damals eine Neuerung. Was war der Auslöser dafür?
Wir hatten auf Tourneen schreckliche Momente, vor allem in den USA. Dort hörten wir immer Radiosignale aus den Amps. Es war ein absoluter Alptraum. Vor allem die Strats waren komplett unbrauchbar, ich konnte sie auf der Bühne nicht spielen. Jemand hat mich dann auf den DiMarzio Super Distortion aufmerksam gemacht. Das hat schon einiges verbessert. Als ich dann anfing, EMGs zu verwenden, hat das wirklich sehr geholfen, Nebengeräusche und Einstreuungen auszumerzen.
Die letzte V in unserer Liste ist das Modell, das du in der ,Jugulator‘-Phase ab 1997 gespielt hast. Darunter war auch eine Version mit einem Floyd-Rose-Speedloader-System, für das du weder Mechaniken noch eine Kopfplatte brauchst. Auf die wolltest du aber nicht verzichten.
Hast du mal überlegt, Gitarren komplett ohne Kopfplatte zu spielen, wie es etwa Eddie Van Halen Mitte der 1980er gemacht hat?
Daran habe ich nie gedacht. Ich bin da Traditionalist und mag den Look. Ich will den Headstock behalten, trotz aller Modifikationen.
Tradition ist ein gutes Stichwort. Mitte der 1980er habt ihr, wie viele andere Musiker, Racks gespielt. Dennoch war der Rangemaster Treble Booster damals noch immer deine Hauptkomponente für den verzerrten Sound. Wie lange blieb das so?
Wenn ich mich recht erinnere, ist er selbst auf ,Painkiller‘ 1990 noch zu hören. Ich habe während Sessions zu ,Ram It Down‘ 1988 angefangen, mit dem Equipment zu experimentieren. Doch erst für das ,Jugulator‘-Album wechselte ich die Racks und damit das System.
Du hast zuletzt dein Anwesen verkauft, dazu viele Gitarren und deine Rechte an den Priest-Songs. Wie geht es für dich weiter?
Auf eine Art bin ich weitergezogen. Ich denke, es ist besser, mich von einigen Dingen zurückzuziehen. Trotz allem bleibe ich weiter aktiv. Ich bin involviert in ein recht großes Musik-Venue und hoffe, dass ich anderen Künstlern helfen kann. Vielleicht mache ich auch selbst noch mal was Musikalisches. Es scheint, dass die Zeit davonläuft. Ich werde schauen, wohin mich dieses Jahr führt. Grundsätzlich bin ich für alles offen. Wenn etwas passiert und sich eine gute Gelegenheit bietet, kann ich einfach meinen Koffer packen und gehen.
Dein einstiger Kollege Glenn Tipton leidet an Parkinson und kann nicht mehr auf Tour gehen. Live stehen Judas Priest damit ohne zwei ihrer einstigen Aushängeschilder auf der Bühne.
Wir sind Dinosaurier. Eines Tages werden wir aussterben. Glenn ist vier Jahre älter als ich, er ist 71. Wir wissen nie, was passieren kann. Ich versuche auf mich zu achten. Im Moment bin ich OK. Aber ich muss sehr vorsichtig sein.
Bei allem bösen Blut: Kannst du dir vorstellen, dass ihr eines Tages noch mal zusammen kommt?