(Bild: Linda Strawberry)
Mit der Rückkehr von James Iha ist das Original-Lineup der Alternative-Stars der Neunziger zu drei Vierteln wieder komplett. Dritter Gitarrist neben Iha und Billy Corgan ist Jeff Schroeder, der schon seit 2007 der Band die Treue hält.
Schroeder sieht fast aus wie ein britischer Mod und entpuppt sich auch im Gespräch nicht als der typische Alternative-Rocker, den man aufgrund seines Arbeitgebers vermutet. Stattdessen nimmt der Mann – der sich selbst als „Middle Aged Rock’n’- Roller“ bezeichnet – Jazz-Gitarren-Unterricht, mag Stevie Ray Vaughan und Eric Johnson und erweist sich als echter Tech-Nerd.
der gitarrist
Wie sahen deine Anfänge im Musik-Business aus?
Ich habe in den frühen 80ern angefangen Musik zu hören. Ich hatte einen älteren Bruder, der total auf 70s- und 80s-Rock stand. Dadurch bin ich zwischen Kiss-Postern aufgewachsen und dachte bei jedem Ace-Frehley-Foto: „Der sieht so cool aus.“ 1982 oder ‘83 habe ich meine ersten Platten von Bands wie Quiet Riot oder Def Leppard gekauft. Das war eine spannende Zeit für die Gitarre und ich habe meine Eltern angebettelt, mir eine zu kaufen. 1987 bekam ich dann auch Unterricht und begann zu verstehen, was ich tue. Mein Lehrer war cool. Er sagte „Check mal The Yardbirds, Jeff Beck und Mott The Hoople aus!”.
Von denen habe ich einiges gelernt und er brachte mir die Grundlagen von Tonleiter- und Akkordbeziehungen bei, sodass ich immer eine grundsätzliche Idee von dem hatte, was ich da tat.
Du hast also ein gutes theoretisches Verständnis des Instruments?
Ja, und seit etwa zwei Jahren nehme ich Stunden bei einem Jazz-Gitarristen, wenn ich nicht gerade im Studio oder auf Tour bin.
Hast du einen echten Gitarrenhelden oder ganz wichtige Einflüsse?
Da gibt es viele in den verschiedenen Phasen meines Lebens. Am Anfang waren es die Gitarristen der Hard-Rock- und Heavy-Metal-Bands. Dann hat sich mein Ohr weiterentwickelt und ich stand während der High School auf Stevie Ray Vaughan und Eric Johnson. In den 90ern habe ich viele Gitarren-Magazine gelesen und wenn dort Bands wie Sonic Youth, Dinosaur Jr. and My Bloody Valentine erwähnt wurden, habe ich mich mit denen beschäftigt. In der frühen Phase war es also eine Mischung aus Hard- und Alternative-Rock-Musikern, die ich spannend fand.
Bist du neben den Smashing Pumpkins noch in anderen Projekten aktiv?
Ich habe etwas Soundtrack-Arbeit gemacht und spiele in einem akustischen Gitarrenduo eine bizarre Mischung aus Flamenco-Gitarre und Doom Metal. Abseits der Pumpkins habe ich kein Interesse, in einer weiteren Rockband zu spielen. Ich bin in einer der besten Rockbands der Welt und stecke meine ganze Energie da rein! Den Rest der Zeit spiele ich dann lieber mit Freunden. Außerdem bin ich besessen von der Jazz-Gitarre. Obwohl ich schon so lange spiele, bin ich erst am Anfang, es dauert echt lange, gut darin zu werden.
(Bild: Olivia Bee)
smashing pumpkins
Hast du auch am Songwriting der neuen Platte mitgewirkt?
99% der Ideen kamen von Billy. Wir hatten nicht wirklich vor, ein Album zu schreiben. Wir wollten nur einen Song machen und ich dachte, der wird dann bestimmt nicht von mir sein. (lacht) Wir hatten aber eine echt gute Zeit, haben an einer Menge Musik gearbeitet und nur das aufgenommen, was wir cool fanden. Am Schluss hatten wir 15 Ideen, die wir Rick Rubin vorgespielt haben. Der sollte den Song produzieren. Er mochte acht davon und schlug vor, alle aufzunehmen. Das haben wir dann innerhalb von dreieinhalb Wochen auch gemacht. Wer die Smashing Pumpkins kennt, weiß, dass das extrem schnell war. (lacht)
Habt ihr versucht, den Original-Sound der Band wiederzubeleben?
Wir haben nicht aktiv versucht Songs zu schreiben, die so klingen. Aber wir haben auch keine Ideen verworfen, die solche Gefühle oder Assoziationen wecken. In der Vergangenheit haben wir bei der Arbeit an ,Oceania‘ oder ,Monuments‘ schon gemerkt, wenn etwas zu sehr nach diesem oder jenem Song klang. Aber in der aktuellen Situation klang es eben danach, weil diese Leute in einem Raum zusammen waren.
Die Platte wurde von Rick Rubin produziert. Was genau war seine Rolle?
Er hat die Songs ausgesucht. Die ersten paar Tage war er mit uns im Studio, hat uns die Songs spielen lassen und dann versucht, eine Richtung zu finden, oder ein strukturelles Arrangement: Probier hier mal ein Piano, wie wär’s, wenn die Drums hier aussetzen, so etwas. Darin war er sehr involviert. Er ist sehr genau, was die Drums und den Gesang angeht und war dafür jede Sekunde bei den Aufnahmen dabei. Er hat tolle Ideen und ein gutes Ohr als Hörer. Es war eine sehr positive Erfahrung. Er erzeugt eine Umgebung und eine Stimmung, die dich beim Arbeiten glücklich machen.
Wie teilt ihr die Gitarren-Parts auf? Hat da jeder sein spezielles Ding, das er am besten kann?
Glücklicherweise hatten wir zwischen den Basic Tracks von Bass, Drums und Rhythmusgitarren und den Overdubs etwas Zeit. Jeder hat sein Home-Studio genutzt, um Ideen auszuprobieren. Anschließend haben wir uns zusammen hingesetzt und sortiert. Prinzipiell hat immer die beste Idee gewonnen. Für lange Diskussionen hatten wir auch gar keine Zeit. Live ist das eine andere Sache. Ich suche sehr bewusst die richtigen Gitarren aus, damit jeder den klanglichen Raum hat, gehört zu werden.
Wir haben zwei Monate für die Tour geprobt und sind jeden Song einzeln durchgegangen. Ich denke, es klingt jetzt viel besser. Wir haben noch nie so viele Komplimente für den Live-Sound bekommen. Wir benutzen immer noch Boxen und Topteile, aber die Boxen sind unter der Bühne in Iso-Cabs. So kommt kein Gitarrensignal mehr von der Bühne, alles läuft über die PA. Dadurch kann unser FOH fast einen Studio-Mix machen.
equipment
Welche Gitarren hast du auf der Platte gespielt?
Ich hatte nur zwei Gitarren, da wir in LA aufgenommen haben: Eine 1972er Les Paul Deluxe mit Mini Humbuckern und eine Copeland. Das ist eine Jagwire-artige Gitarre, ebenfalls mit Mini Humbuckern.
Über welchen Amp hast du gespielt?
Mein Verstärker wurde von einem Typ namens Brian Carstens gebaut, einem Amp-Techniker von Chicago Music Exchange. Er heißt Warm Machine und ist ein handverdrahteter 50-Watt-Röhren-Verstärker, irgendwo zwischen einem Vox und einem Marshall.
Wie sah es mit Effekten aus?
Ich benutze ein Line 6 HX Effects und ein Eventide H9. Zusätzlich habe ich noch ein EHX Synth9 und einen Ramshead Big Muff mitgebracht. Wir haben nicht viele Verzerrer benutzt. Meist haben wir einfach die Amps sehr weit aufgedreht.
Ist das auch dein Live-Setup?
Nein, das ist komplett anders. Ich wollte den Carstens-Amp auch live benutzen, weil er unglaublich klingt, aber er ist einkanalig und damit konnte ich nicht die nötige klangliche Vielfalt für die Shows rausholen. Billy und ich haben diese modifizierten Randall-RM4-Preamps, speziell angefertigt und modifiziert von Antonin Salva von Salvation Mods, um alle Pumpkins-Sounds abzudecken. Eigentlich ist das ein 4-kanaliger Amp mit einer 50-Watt-Endstufe, die über eine Orange 4¥12er-Box mit Celestions läuft. Für die Effekte benutze ich die Rack-Version des Helix. Die hat noch vier Loops, in die ich ein Eventide H9, ein Spaceman Drive Pedal und den Synth9 für ein paar Streicher-Parts eingeschliffen habe.
Hast du noch ein extra System zum Umschalten?
Der Helix hat einen Controller mit sehr viel MIDI-Power, der auch meine Preamps umschaltet, die im Loop des Helix liegen. Die Schaltmöglichkeiten des Helix sind sehr umfangreich und so kann ich für jeden Song eine eigene Signalkette anlegen. Mit den frühen MIDI-Systemen konntest du Presets verschiedener Geräte anlegen und diese kombinieren. Mit dem Helix kannst du innerhalb eines Presets acht Snapshots machen. Du kannst einen Sound mit Hall und Delay kreieren, dann den Hall aufdrehen und einen weiteren Snapshot machen. Das macht das Spielen und Programmieren von 32 Songs viel einfacher!
Ist die aktuelle Besetzung ein permanentes Ding oder nur für diese Platte und Tour?
Nein, das ist jetzt die Band. Wir sind alle voll dabei und haben viel Musik und viele Tourneen geplant. Natürlich lassen wir jeden Tag auf uns zukommen, aber das ist keine einmalige Sache. Wir haben viel Spaß auf Tour und kommen gut miteinander aus. Wir haben viel Wertschätzung für das, was die Band ist. Die Musik-Industrie war in vieler Hinsicht noch nie so kompliziert wie heute. In einer Band mit der Geschichte, dem Katalog und der Fanbase wie den Smashing Pumpkins zu sein, ist was Besonderes. Du kannst diesen Prozess nicht so leicht wiederholen. Es macht uns also nichts aus, die Geschichte der Band zu ehren und sie zu feiern. Bis jetzt macht es uns unglaublich viel Spaß!
Dann sehen wir euch hoffentlich im nächsten Jahr auch in Deutschland. Danke für das Gespräch!
(erschienen in Gitarre & Bass 02/2019)