Im Interview

The Baseballs Rocker & Roller: Klaas Wendling & Till Kersting

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The Baseballs(Bild: Arnd Müller)

The Baseballs ist die Band der Sänger Sam, Digger und Basti. Das in Berlin gegründete Gesangstrio ist seit über zehn Jahren erfolgreich unterwegs. Das Markenzeichen sind Cover-Versionen aktueller Hits im Rock-&-Roll-Stil der 50er- und 60er-Jahre – und das wird live zur ultimativen Retro-Party.

Gitarre & Bass hat bei Kontrabassist Klaas Wendling und Gitarrist Till Kersting nachgefragt und nachgeschaut, wie man Hochglanz-Pop von Rihanna, Michael Jackson oder Lady Gaga knackig aufs Wesentliche reduziert und dabei mit Druck spielt.

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Live ist das ein klasse Sound, den die beiden zusammen mit Drummer Tomas Svensson produzieren. Cleane bis angezerrte Gitarren-Riffs‘n‘Chords werden von dicken Kontrabass-Linien getragen, die eng am Schlagzeug kleben. Und in den virtuosen Soli drückt die Gitarre dann mit viel Rock-Energie ab. In den ruhigen Momenten eines Konzerts zeigen sich dann auch bluesige und jazzige Einflüsse, letztlich neben Country die Hauptwurzeln von Rock & Roll und Rockabilly.

Zum 10-jährigen Jubiläum reisten The Baseballs genau zum Ursprung ihrer Musik. In Memphis/Tennessee spielten sie im legendären Sun Studio die Best-Of-Compilation ,The Sun Sessions‘ (2017) ein. Für Klaas Wendling, der von Beginn an in der Band spielte, war dies ein besonderes Erlebnis.

klaas wendling

The Baseballs
Klaas Wendling beim Soundcheck mit seinem ungarischen 3/4-Vollholz-Kontrabass (Decke aus Fichte, Zargen und Rücken aus Ahorn, Griffbrett aus Ebenholz) aus den 90ern. Das von Jakob Motter restaurierte Instrument ist mit Belcanto Orchestra Medium Saiten von Thomastik Infeld Vienna und einem Balsereit-Tonabnehmer bestückt. Vom Pickup geht das Signal in einen Preamp des Berliner Technikers Jeff Fisher (Bild: Arnd Müller)

Klaas, du warst bei den Aufnahmen im Sun Studio mit dabei. Was ist das für ein Ort?

Er ist heute Museum und Tonstudio in einem. Tagsüber gehen da Leute durch, ab 19 Uhr kann man bis ungefähr Mitternacht Sessions machen. Wir haben an fünf oder sechs Abenden 16 Songs aufgenommen.

War das im selben Raum, in dem auch Elvis und Johnny Cash aufgenommen haben?

Ja, und das ist echt cool. Schon als Kind habe ich Elvis gehört und bin erst später zum Blues und Leuten wie Muddy Waters und Lightning Hopkins gekommen. Und es gab ja auch eine ganze Reihe von Blues-Musikern, die dort aufgenommen haben, wie etwa B.B. King und Howlin‘ Wolf. Das hat mich alles sehr lange begleitet. Und es atmet in diesen Räumen. Es gibt diese alte gelöcherte Wand, alte Fotos und alte Möbel. Und da ist der Empfangsraum, in dem Elvis damals seine allerersten Aufnahmen gemacht hat. Und abends hat uns dann ein eher leidlicher, aber dafür umso leidenschaftlicherer Toningenieur auf Harddisk aufgenommen. Auf Tonband war leider nicht möglich. Aber das ganze Ding war energiemäßig super.

The Baseballs
Bassverstärkung: Eich T-1000 und Eich 410L-Cabinet (Bild: Arnd Müller)

Du verwendest nur wenig klassisches Rockabilly-Slapping. Warum?

Die Sänger singen mehrstimmig. Dadurch müssen Till und ich die Akkorde erkennbar machen. Daher spiele ich das sehr perkussive Rockabilly-Slapping nur selten, einfach weil es zu wenig tonale Information liefert. Wenn ich Slapping spiele, dann auch eher in der Tradition des Blues und des New Orleans Jazz, wo schon in den 20er-Jahren geslappt wurde.

Hast du spezielle Idole?

Auf Bassisten bin ich durch Tom Waits aufmerksam geworden. Da wäre zum einen Larry Taylor, der von Canned Heat kam. Er produziert einen tollen Sound und slappt auch. Aber er stellt das Slapping nicht über den Ton. Bei ihm kommt der Druck durch die Wahl der richtigen Noten, und das finde ich cool. Zum anderen ist da Greg Cohen, der ebenfalls mit Tom Waits gearbeitet hat und bei dem ich Unterricht hatte. Er ist eher Jazz-Bassist aber kein Frickeltyp.

Worauf achtest du bei deinem Live-Sound?

Ich möchte, dass es nach Kontrabass klingt. Und das ist mit meinem Eich-Amp im Zusammenspiel mit dem Bassbalsereit-Tonabnehmer jetzt zum ersten Mal der Fall. Der Eich färbt wenig, und das gefällt mir. Ich habe zwar alle Optionen, aber wenn ich alles linear einstelle, klingt er sehr neutral.

till kersting

The Baseballs
Till Kersting und seine lefty 65er Fender Telecaster Blonde mit Ernie Ball Power Slinky (.011-.048). Als Ersatz steht eine Fender Telecaster Custom Shop 60‘s Relic Sunburst mit P-90-Halstonabnehmer (Kloppmann) bereit. (Bild: Arnd Müller)

Wurde das letzte Album noch mit Lars Vegas an der Gitarre eingespielt, so ist auf der Tour nun der Kölner Till Kersting am Start. Er ist mit seinem eigenen Rockabilly-Duo The Sugarhills live unterwegs. Neben dem gleichnamigen Album veröffentlichte Till auch zwei Soloalben. Als festes Bandmitglied spielt der Linkshänder seine Tele nicht nur bei The Baseballs, sondern auch bei dem singenden Schauspieler Tom Beck und dem Kölner Mundartsänger Tommy Engel.

Zudem tourte Till mit Stefanie Heinzmann, Peter Kraus, den Soulcats, Gerd Köster und dem Circus Roncalli. Aktuell arbeitet Kersting auch als Musical Director und Gitarrist bei Carolin Kebekus‘ Pussy Terror TV. Mit den Baseballs spielt er nun, wie er sagt, seine „Herzensmusik“.

The Baseballs
The Baseballs & The Sun Sessions (Bild: Warner)

Till, wie gehst du an die Songs der Baseballs heran?

Das Sun-Album war von der Gitarre her sehr traditionell. Bei der Tour habe ich versucht, das mehr in die Brian-Setzer-Ecke zu lenken, indem ich die Songs mit mehr Sixties-Rock-&-Roll-Attitüde spiele und nicht ganz so im braven 50er-Scotty-Moore-Sound geblieben bin. Das passt gut. Durch das breite Klangspektrum der Telecaster – sie nagelt dir die Ohren weg, ist aber auf der anderen Seite so warm wie eine Jazz-Gitarre – konnte ich das gut umsetzen.

The Baseballs
Fender Deluxe Reverb 1969 Silverface (mit Mod-Tweed-Deluxe-Schaltung von Tonehunter und Weber Alnico 1×12“-Lautsprecher), abgenommen mit Sontronics Bändchen Mikrofon. Daneben: Fender Bandmaster Custom Shop mit 3×10“-Speakern, abgenommen mit Shure SM 57 Mikrofon. Dahinter steht das Fulltone TTE Tube Tape Echo. (Bild: Arnd Müller)

Verwendest du besondere Anschlagtechniken?

Ich schlage die Saiten gleichzeitig mit dem Plektrum und den restlichen drei Fingern an. Das kennt man auch als Hybrid-Picking. Dadurch kann ich schnell zwischen Picking, vollem Akkordspiel oder leichtem Streicheln wechseln.

Wie sieht es mit der Greifhand aus?

Ich komme ja vom Blues, habe mich aber auch viel mit der Jazz-Gitarre beschäftigt. Deswegen spiele ich viel mit dem Daumen. Ich versuche, bei Akkorden nicht immer alle sechs Saiten zu verwenden, sondern mein Griffbrett aufzuteilen. Auf den hohen Saiten spiele ich Riffs und Akzente, im mittleren Bereich versuche ich die Akkordtypen wie 6er oder 7er darzustellen. Und schließlich greife ich Grundtöne auf der tiefen E-Saite mit dem Daumen. Dadurch klinge ich nie zu voll und lasse der Band Platz.

Genretypisch ist auf jeden Fall dein Slapback-Delay-Effekt. Wie stellst du dein Fulltone Tube Tape Echo ein?

Definitiv nur auf eine Wiederholung. Dann nehme ich vom Ton die Höhen weg, damit es schön warm klingt, und die Lautstärke des Delays ist ein bisschen leiser als das Original-Signal. Dazu kommt noch der Federhall meines Amps.

The Baseballs
Tonehunter Gitarren-Pedalboard: Breakout Box, Boss Tuner TU-2, Ibanez Tube Screamer 808, Tonehunter Tasty Flakes,
Fullltone Supa-Trem, Carl Martin Delayla XL, Tonehunter Pusher
(Bild: Arnd Müller)

Du spielst auf der Bühne zwei Amps gleichzeitig, wie stellst du sie ein?

Die sind so laut aufgedreht, dass sie ihren Sweet-Spot erreichen. Wenn ich leicht anschlage, ist der Sound gerade noch unverzerrt, und sobald ich ein bisschen fester reinhaue kommt schon der Crunch. Der Tasty Flakes ist so eingestellt, dass er etwas mehr Zerre liefert, wenn es noch rockiger sein soll. Und den Tube Screamer schalte ich bei rockigen Solo-Passagen dazu. In dem Zusammenhang ist auch noch das Tape Delay wichtig, an dessen beiden Ausgängen die Verstärker hängen. Da ich den Output des Delay höher eingestellt habe als dessen Input, werden die Verstärker heißer angefahren.

Welche Gitarristen gehören denn zu deinen Favoriten?

Wenn es um Rockabilly und auch Country-Licks geht, dann Danny Gatton. Der ist für mich der Innovativste, von dem ich am meisten gelernt habe. Danach gehe ich direkt in den Rock & Roll zurück und würde bei Chuck Berry anfangen und lande dann schon bei Keith Richards. Was Aufnahmen angeht, stehe ich natürlich voll auf die alten Elvis-Sachen. Rockabilly ist für mich eine Mischung aus Blues, Rock & Roll und Country. Ich höre mir lieber Alben dieser Genres an und ziehe mir da die Inspiration raus und mache mir meinen eigenen Mix daraus.

www.thebaseballs.com

(erschienen in Gitarre & Bass 01/2019)

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