Darkglass Electronics microtubes B3K, B7K und microtubes Vintage im Test
von Stefan Braunschmidt,
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Kaum ein anderer Hersteller hat in den letzten Jahren mit einem Bass-Overdrive so viel Aufsehen erregt wie Darkglass Electronics. Das microtubes B3K hat weltweit Wellen der Euphorie ausgelöst und sich in kürzester Zeit vom Geheimtipp zum Klassiker gemausert; Grund genug, auch seinen großen Bruder, sowie die Vintage-Variante genauer unter die Lupe zu nehmen.
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Nachdem Firmengründer Douglas Castro zunächst Overdrive-, Kompressor- und Boost-Pedale in Finnland entwickelt und gebaut hat, wurde die Produktion nach kurzer Zeit in die USA verlegt. Im Zuge dessen wurde auch die Produktpalette auf die drei getesteten Treter reduziert, wobei das microtubes Vintage erst vor einigen Monaten präsentiert wurde. Castro, der selbst Bassist ist, war nach einer langen und erfolglosen Overdrive-Odyssee so frustriert, dass er beschloss selber Pedale zu fertigen. Die Resonanz war überwältigend und so fanden sich schnell zugstarke Endorser wie Tony Levin (Peter Gabriel), Alex Webster (Cannibal Corpse) und Justin Meldal-Johnson (Nine Inch Nails, Beck) ein.
Konstruktion
Die Pedale werden in kleinen, edel anmutenden Kisten aus festem, schwarzem Karton geliefert, welche neben ihrer geschmackvollen Gestaltung mit einem cleveren Magnetverschluss punkten können. Leider liegt der Verpackung keinerlei Bedienungsanleitung bei, was besonders bei dem umfangreich ausgestatteten microtubes B7K wünschenswert gewesen wäre. Die Pedale selbst sind hervorragend verarbeitet und hausen in unverwüstlichen Stahlblechgehäusen. Anders als bei den meisten anderen Herstellern, sind die Gehäuse nicht direkt bedruckt, sondern mit einer gebürsteten Aluminiumplatte versehen, auf der sämtliche Beschriftungen aufgetragen sind.
Beim microtubes B3K und B7K wurde die Aluminiumoberfläche außerdem schwarz anodisiert, um dem Look eine modernere Note zu verleihen. Die Stromversorgung erfolgt über ein (nicht im Lieferumfang enthaltenes) 9-V-Netzteil, für welches ein Anschluss direkt neben der Input-Buchse bereitsteht. Ein von außen zugängliches Batteriefach sucht man leider vergeblich. Der Grund hierfür wird spätestens nach dem Öffnen der Gehäuse deutlich, von denen keins genug Platz bietet, um einen 9-V-Block zu beherbergen. Die Innenverarbeitung sowie die Qualität der Schalter und Potis genügt dafür auch hohen Ansprüchen, was in dieser Preisklasse jedoch eine Selbstverständlichkeit sein sollte. Das Herzstück der Schaltung bildet bei allen drei Pedalen das gleiche Trio aus Drive-, Blend- und Level-Reglern. Wie vermutet, wird Drive hier als Synonym für Gain verwendet, sodass über das Poti der Grad der Sättigung kontrolliert wird.
Wie bei vielen anderen Bassverzerrern, bestimmt außerdem der Blend-Regler, wie viel Clean-Anteil dem verzerrten Signal beigemischt werden soll, um das Bassfundament dick und dynamisch zu halten. Das obligatorische Level- Poti bestimmt zuletzt die Ausgangslautstärke des Pedals. Beim microtubes Vintage wurde dieser Grundausstattung noch ein „Era“-Regler hinzugefügt, welcher für das Mitten-Voicing der Verzerrung verantwortlich ist. Mit ihm kann der Spieler den Ton von tiefmittig und weich bis aufgeräumt und direkt in allen Nuancen färben. Das microtubes B3K orientiert sich im Gegensatz zur Vintage-Variante an deutlich moderneren Sounds. Anstelle des Era-Potis ist es daher mit zwei Schaltern ausgestattet: Attack und Grunt.
Während der Attack-Schalter einen deutlichen Boost in den Hochmitten bereitstellt, wirkt der Grunt-Schalter im Tiefbass-Bereich in drei verschiedenen Positionen. In der Raw- Stellung bleibt das Bassfundament, verglichen mit dem Clean-Signal, nahezu unbeeinflusst. Wechselt man nun zur Thin-Position, wird der Bassbereich merklich ausgedünnt, was jedoch in einem praxistauglichen Rahmen geschieht, sodass beispielsweise extrem bassige Verstärker etwas gezähmt werden können. Gleichermaßen gut abgestimmt zeigt sich auch die Fat-Stellung, welche etwas schlankeren Boxen oder Verstärkern mit saftigem Pfund auf die Sprünge hilft. Aufbauend auf die Funktionen des microtubes B3K bietet das B7K einen zusätzlichen 4-Band Equalizer, mit dem sich Bässe, Tiefmitten, Hochmitten und Höhen regeln lassen.
Der EQ beeinflusst sowohl den cleanen als auch den verzerrten Anteil des Signals, sodass das B7K als vollwertiger Preamp genutzt werden kann. Um diesem Zweck gerecht zu werden, hat Darkglass seinem Flagschiff einen zusätzlichen Parallel-Out sowie einen XLR-Direct-Out mit Ground Lift-Taster spendiert. Ersterer schickt das cleane, unbearbeitete Signal bei Bedarf an eine weitere Signalkette, während der XLR-Ausgang einen symmetrischen Abgriff mit Line-Pegel bereitstellt.
Praxis
microtubes Vintage:
bei diesem Treter hat sich Darkglass ganz den warmen und charakterstarken Overdrive-Sounds der guten alten Zeit verschrieben. Von The Who über Led Zeppelin bis Black Sabbath ist hier alles möglich und in hervorragender Klangqualität abrufbar. Besonders auf der linken Regelhälfte des Era-Potis finden sich mittenbetonte und durchsetzungsfähige Sounds à la John Entwistle und Geezer Butler. Durch den Fokus auf das Mittenspektrum wirkt der Bassbereich dabei einen Tick schlanker als bei den anderen beiden Testkandidaten, ohne jedoch dünn oder undynamisch rüberzukommen. Mit dem Era-Poti auf der zweiten Hälfte des Regelwegs wird der Sound direkter und hochmittenreicher.
Einstellungen in dieser Region qualifizieren das Pedal auch für Neo Funk, modernen (Indie-) Rock oder Punk. Wirklich erstaunlich ist, wie authentisch in nahezu allen Settings ein übersteuerter Verstärker simuliert wird. Egal, ob der Ton nur leicht angeraut oder fetzig offensiv sein soll, das microtubes Vintage überzeugt stets durch Natürlichkeit und Dynamik. Die Gain-Reserven sind nach oben hin sinnvoll begrenzt und so bewegt man sich, selbst bei voll aufgerissenem Drive-Regler, noch in satten Overdrive-Gefilden fernab von schrillen Distortion- Sounds. Erfreulich ist außerdem auch, dass das Pedal mit den verschiedensten Amp-Setups harmoniert. So macht es Daheim am 1×10″-Combo eine ebenso gute Figur wie am großen Besteck im Proberaum.
microtubes B3K:
Wie es die Gehäusefarbe bereits andeutet, geht es beim microtubes B3K um einiges moderner zu. Im direkten Vergleich zur Vintage-Version fällt zunächst das deutlich mittenärmere Voicing auf, welches dem Spielgefühl einen etwas indirekteren Charakter verleiht. Die Gainstruktur ist außerdem deutlich feiner und heller, sodass bei voll aufgedrehtem Drive-Poti auch rabiate Distortion-Sounds drin sind. Selbige bilden auch gleich die größte Stärke des Pedals, denn hier wird trotz enormer Verzerrung ein wirklich mächtiger Ton voller Dynamik und Durchsichtigkeit erzeugt, der auch bei harten Anschlägen nicht in die Knie geht. Durch die zurückhaltende Mittenwiedergabe lässt der Bass den Gitarren ausreichend Raum im Gesamtmix und unterfüttert sie im gleichen Atemzug mit einem abgrundtiefen Fundament. Die Ortbarkeit wird dabei durch aggressive Präsenzen gesichert, welche, dank der feinen Gainstruktur, nie übertrieben scharf oder hart daherkommen. Obwohl das B3K mit den Attack- und Grunt-Schaltern Möglichkeiten zum Feintuning der oberen und unteren Register bereitstellt, schwächelt es in puncto Wandlungsfähigkeit. Da es weder den EQ des B7K noch das ERA-Poti des microtubes Vintage an Bord hat, bewegen sich die Ergebnisse stets in einem entsprechend kleineren Rahmen. Die enge Interaktion zwischen Driveund Blend-Regler bringt dennoch eine respektable Klangpalette hervor, welche auch in niedrigeren Gain-Settings überzeugen kann. Cleane und verzerrte Signale mischen sich hier zwar nicht ganz so harmonisch wie bei dem microtubes Vintage, jedoch dürfte dies, dank der hervorragenden Performance im High-Gain-Bereich, zu verschmerzen sein.
microtubes B7K:
Wie erwartet, liefert das B7K exakt die gleichen brachialen Overdrive- und Distortion-Sounds wie sein kleiner Bruder. Der zusätzliche 4-Band-EQ eröffnet jedoch ungeahnte Möglichkeiten der Klangfärbung, sodass hier das volle Potential der Schaltung ausgeschöpft werden kann. Während ein Boost der Bässe oder Höhen den ohnehin modernen Charakter des Pedals auf die Spitze treibt, entpuppen sich die beiden Mitten-Regler als Schlüssel zur Flexibilität. Besonders durch beherztes Eingreifen am Tiefmitten-Poti lässt sich das kleine Wunderkistchen verblüffend gut auf das jeweilige Bass/Verstärker-Gespann abstimmen, sodass es deutlich leichter fällt, den optimalen Platz im Band-Mix zu finden. Mit großzügig geboosteten Tief- und leicht gedämpften Hochmitten werden außerdem Sounds möglich, wie man sie eher vom microtubes Vintage erwartet hätte. Klasse! Bei aller Euphorie gilt es jedoch die Extremstellungen der Klangregler zu meiden, da der Ton sonst schnell eine unnatürliche Note erhält. In diesem Zuge sollte auch die schlechte Erreichbarkeit der Attack- und Grunt-Schalter angesprochen werden.
Sie sitzen zwischen den ohnehin nah aneinander liegenden Regler-Reihen, sodass eine Bedienung ohne das Berühren der sensibel arbeitenden Klangreglung nahezu unmöglich ist. Dabei stellt sich ohnehin die Frage, ob die Schaltfunktionen angesichts des effektiv arbeitenden EQs überhaupt noch notwendig gewesen wären. Trotz kleinerer Kritikpunkte weiß sich das B7K zuletzt auch als vollwertiger Preamp zu behaupten. Durch die zusätzlichen Direct-Out und Parallel- Out Ausgänge ergeben sich unzählige Routing- Möglichkeiten, wobei alle Buchsen ein hochwertiges und vor allem brumm- und rauschfreies Signal ausgeben.
Alternativen
An Alternativen mangelt es nicht. Wem das microtubes Vintage schon zu schlank und offen klingt, sollte dem EBS Multidrive (€ 199) eine Chance geben. Des Weiteren kommt man auf der Suche nach einer Alternative zum B3K tatsächlich nicht an dem Boss Klassiker ODB-3 (€ 99) vorbei, da hier das Grundvoicing doch recht vergleichbar ist. Wer bewusst eine Preamp-Lösung im Stile des B7K anstrebt, sollte zuletzt den Tech 21 VT Bass Deluxe (€ 299) ausprobieren, wobei dieser insgesamt einen etwas weniger dynamischen Ton produziert.
Die schicken und eigenständigen Darkglass- Treter hinterlassen einen durchweg positiven Eindruck. Während das B3K im direkten Vergleich ein wenig Flexibilität vermissen lässt, überzeugt seine Verwandtschaft auf ganzer Linie. Besonders das microtubes Vintage überrascht trotz der überschaubaren Features als absoluter Alleskönner und setzt sich besonders mit Blick auf den Preis an die Spitze des Trios. Wer weniger auf der Suche nach einem Verzerrer als nach einer „All In One“-Lösung im Stile des Tech21 Bass Driver D.I. ist, sollte außerdem unbedingt das B7K antesten. Wie so oft hat Qualität auch bei Darkglass ihren Preis, jedoch lösen die schmucken Pedale größtenteils ein, was sie versprechen.
P l u s
• Sounds
• Verarbeitung
• Dynamik
• Vielseitigkeit (Vintage, B7K)
• Natürlichkeit (Vintage)
M i n u s
• fehlende
Bedienungsanleitung
• schwer zugängliche
Schalter (B7K)