G&B-Autor Arnd Müller mit ein paar Blues-Alben der vergangenen Monate, in die man reingehört haben sollte.
ROSEDALE: WIDE AWAKE
Die französischen Band um Amandyn Roses (voc) und Charlie Fabert (g) bleibt auch mit ihrem zweiten Album eine lebendige Ausnahme im traditionellen Bluesrock-Genre. Knackige Shuffle-Nummern, locker groovende Songs mit Americana-Einschlag und soulige Balladen mit Bläsern und Hammond-Orgel klingen einfach rund. Und gerade in letzterem beeindruckt Miss Roses mit ihren dynamischen Phrasierungen – tolle Stimme! Immer gut kommen die flüssigen Gitarrenlinien und -Licks. Faberts Sound ist verzerrt und sehr satt, meist sieht man ihn mit einem Les-Paul-Style-Modell, einer Cort CR-Custom im schicken Cherry Red Sunbust. In ,Drifting‘ spielt auch Hendrik Freischlader mit. Schönes Album. am
DELTA MOON: BABYLON IS FALLING
Das ist schon ein sehr cooler Stil zwischen Blues, dezentem Rock, Country und Gospel, den die Band aus Atlanta/Georgia pflegt. Minimalistisch spielen zwei Gitarren, Bass und Drums straight geradeaus, wie man das von J.J. Cale oder Tony Joe White kannte. Ähnlich relaxt klingt die Stimme von Frontmann Tom Gray. Seine Lap Steel und die Gitarre von Mark Johnson verschmelzen regelrecht zu einem Groove, wie er wohl nur im Süden der USA entstehen kann. Besonders scharf wird es, wenn Johnson ebenfalls zum Bottleneck greift und so zwei Slide-Gitarren einen einzigen satten Sound produzieren, oder sich etwa im Solo zu ,Skinny Woman‘ duellieren. Wobei dieses Wort eigentlich viel zu aggressiv klingt für diese schöne ruhige Roots-Musik. am
LINDSAY BEAVER: TOUGH AS LOVE
In Live-Mitschnitten sieht man die Kanadierin, die in Austin/Texas lebt, gleichzeitig singen und Schlagzeug spielen. Dabei setzt sie in Rockabilly-Manier ein Stand-Set ein, rechts und links von ihr geben Brad Stivers (g) und Josh Williams (b) Gas. Das Debüt des Trios startet mit einem treibenden Texas-Blues-Shuffle. Dann geht‘s oft in Richtung Rock & Roll und dessen Vorläufer „Jump Blues“ mit seinen lebhaften Offbeat-Rhythmen. Einfach großartig kommt Lindsays Gesang in souligen Balladen, wie ,You Hurt Me‘ oder ,Lost Cause‘. Schließlich strahlt die Musik auch immer wieder jazzige Vibes aus. Der virtuose Brad Stivers ist mit seiner Spielweise zwischen knochentrockener Jimmy-Reed-Begleitung und swingenden Linien im satten Clean-Sound eine Entdeckung. Klassische Klangfarben kommen u. a. von Marcia Ball (p), Sax Gordon (sax), Dennis Gruenling (harp) und den Gitarristinnen Laura Chavez und Eve Monsees. Miss Beaver, die auch produziert hat, ist ein tolles wie stilvolles Album gelungen. Macht richtig Laune beim Hören! am
FRED CHAPELLIER: PLAYS PETER GREEN.
Der französische Blues-Gitarristen Fred Chapellier widmet sich mit diesem Live-Album der Musik des legendären Fleetwood-Mac-Gitarristen Peter Green. Im Focus stehen dabei die Jahre 1967 bis 1970. Und es ist ein Genuss dem virtuosen Fred und seiner Band zuzuhören, wie sie ,If You Be My Baby‘ oder , Like It This Way‘ spielen. Zu den Höhepunkten zählt das unvermeidbare ,Black Magic Women‘, und spätestens hier wird deutlich, mit was für einem tollen Ton in den Fingern und Gitarren-Sound Chapellier agiert. Auch der Rocker ,Oh Well‘ gerät genauso zu einem Ereignis wie das chillige Instrumental ,Albatross‘. Gerade letzteres dürfte zu den heikleren Green-Songs gehören, denn die Melodie mit den markanten Bendings zum Klingen zu bringen ist schon eine anspruchsvolle Geschichte. Ein tolles Tribute-Album, das auch das Interesse am Original weckt. am
MATTY T WALL: SIDEWINDER.
Der australische Sänger und Gitarrist rockt mit seiner Band den Blues. Im Instrumental ,Slideride‘ spielt er ähnlich energisch Bottleneck wie Johnny Winter. Der Titeltrack wird von einem knackigen Riff im AC/DC-Style dominiert. Und auch ,Can‘t Stop Thinkin‘‘ wartet mit einem dicken Hardrock-Riff auf, hier unterstützt von einer flächigen Hammond-B3-Orgel. Matty soliert schnell und virtuos in einem satten und modernen Sound. Live-Mitschnittte im www zeigen ihn meist mit einer weißen Gibson SG Custom. Auf der anderen Seit der Emotionsskala steht Sam Cookes Balladen-Klassiker ,Change Is Gonna Come‘ oder die funky Pop-Nummer ,Ain‘t That The Truth‘, in der Matty im unverzerrten Sound beseelte Licks spielt. Als Einflüsse nannte er einmal Musiker wie Robert Johnson, John Lee Hooker, Jimi Hendrix und Stevie Ray Vaughan, was sich auch durchaus in seinem vielseitigen Spiel und seinen Songs widerspiegelt. am
LONNIE JOHNSON: BLUES BY LONNIE JOHNSON + LOSING GAME
Die CD vereint zwei remasterte Studio-Alben aus den Jahren 1960 und ’61. Da feierte der Gitarrist & Sänger Lonnie Johnson (*1899 +1970) bereits ein Comeback. Er wurde in New Orleans geboren und lernte auch weitere Instrumente, wie Klavier, Geige und Mandoline. Später lebte er u.a. in St. Louis und begann ab 1925 zahlreiche Aufnahmen für Okeh Records einzuspielen, etwa mit Duke Ellington, Louis Armstrong und (unter dem Pseudonym Blind Willie Dunn) mit Jazz-Gitarrist Eddie Lang. Johnson avancierte zu einem der frühen Gitarristen-Idole, über den Fan B.B. King einmal sagte: „Lonnie Johnson war der einflussreichste Gitarrist des 20. Jahrhunderts.“ Tatsächlich wurden Johnsons Songs von Musikern wie Elvis Presley, Jerry Lee Lewis oder auch Bob Dylan gespielt. ,Blues By Lonnie Johnson‘ zeigt ihn mit E-Gitarre – zu seinen Hauptinstrumenten gehörte eine Kay Value Leader – im Band-Kontext mit Kontrabass, Drums, Saxophon und Piano. Und Lonnies Blues ist stark vom Jazz geprägt. Sein melodischer kraftvoller Gesang und seine swingenden Linien sind ein Erlebnis. Großartig, wie er etwa in ,I Don‘t Hurt Anymore‘ ein Bending über vier Takte lang moduliert und immer wieder schnelle Licks zwischen die Vocals einstreut. Schon spannend, wie modern sein Spiel klingt. Auf ,Losing Game‘ ging er einen Schritt zurück und spielte solo auf einer Acoustic – da wirken die Song erdiger, aber immer noch verbindet er Akkordspiel mit knackigen Licks und melodischen Fills. Ein Höhepunkt ist der Bonus-Track ,St. Louis Blues‘, jetzt im Trio mit Elmer Snowden (g) und Wendell Marshall. Der Klassiker von W.C. Handy gerät hier zum scharf swingenden Blues und Johnson soliert unglaublich virtuos mit einem tollen prägnanten Ton in den Fingern, gegen den er seinen hier geradezu samtigen Gesang setzt. am
IMPERIAL CROWNS: 25 LIVE.
Zum 25 jährigen Jubiläum kommt ein Live-Doppelalbum der legendären Blues-Rocker aus Los Angeles. Die 25 Mitschnitte umfassen die gesamte Karriere, eben von 1993 bis zum März diesen Jahres. Von Shuffle-Blues über treibenden Rock und Soul reicht die Bandbreite. Frontmann Jimmie Wood ist schon eine schillernde Figur, der mit seiner Stimme zwischen Röhre und Falsett viel Stimmung erschafft und mit seiner Harp fette Licks setzt. Und Gitarrist JJ Holiday spielt eine mit Elmore-James-Energie aufgeladene virtuose Bottleneck-Gitarre in einem tragenden Sound mir relativ viel Verzerrung. Aktuell ist die Band mit dem bescheidenen Namen in Deutschland unterwegs. am