(Bild: Dieter Stork)
Gleich drei neue Versionen des Big Muff von EHX? Ja, und das aus gutem Grund! Denn hier haben wir es nicht mit irgendwelchen beliebigen Varianten zu tun, sondern mit der Wiederbelebung dreier echter Klassiker.
Für Fans des Big-Muff-Pedals und den Grunge-, Sludge-, und Doom-Sounds der 90er-Jahre dürfte die Nachricht dieser Reissues ein wahres Freudenfest gewesen sein – unzählige Alben aus dieser Zeit wurden mit dem OP Amp Big Muff und der grünen Sovtek-Version eingespielt. Die Reissue des Urvaters aller Big Muffs – dem Triangle Muff – bedarf eigentlich keiner Vorstellung mehr. Das 1969 erschienene Pedal legte den Grundstein für einen völlig neuen Gitarrensound und bereitete den Weg für eine ganze Generation von Gitarristen.
So kultig diese drei Pedale sind, so unbezahlbar sind die Originalgeräte auf dem Gebrauchtmarkt natürlich heutzutage. Schön, dass es nun eine kostengünstige Alternative gibt.
so gleich …
Zum Test haben wir nun also die neuen alten Muffs vorliegen, welche schon mal um ein vielfaches kleiner als die großen Originalkisten daherkommen. Wir erinnern uns: Die russische Version des Big Muff von Sovtek aus den 90er-Jahren war zwar unverwüstlich gebaut, aber eben auch riesengroß und auch die Blechkisten der späten 60er-Jahre waren nicht gerade platzsparend. Das Format der drei Geräte entspricht dem EHX-typischen Nano-Gehäuse, in welchem der Hersteller mittlerweile eine gigantische Auswahl an Pedalen bietet.
Alle drei Test-Geräte sind mit einem Volume-, einem Sustain- und einem Tone-Regler ausgestattet, wobei dieser bei der OP-Amp-Version mit einem kleinen Schalter gänzlich aus dem Signalweg genommen werden kann. Die Anschlüsse sind seitlich angebracht, während der Stromanschluss auf der Stirnseite montiert wurde. Die rechts neben dem Fußschalter verbaute LED sorgt für gute Sichtbarkeit auch auf schlecht beleuchteten Bühnen und auch sonst machen die drei Pedale einen überaus praxistauglichen Eindruck.
Das Innenleben ist – wie immer – wirklich grundsolide gefertigt und beim Aufbau der Platinen gibt es keinerlei Grund zur Klage. Während der OP Amp Big Muff in einer orangen 70er-Jahre-Retro-Optik kommt und der Green Russian Muff genau wie das russische Vorbild komplett in einem matten Olive-grün lackiert wurde, liefern EHX mit dem Triangle Muff eine schön nüchterne Interpretation des silberfarbenen Originals. Bedenkt man den geringen Preis dieser Pedale ist es schon erstaunlich, was EHX da für eine Qualität abliefert.
… und doch verschieden
Im Test habe ich die Pedale hintereinander vor einen wirklich clean eingestellten Verstärker geschaltet – Gain-Reserven haben alle drei ja mehr als genug.
Starten wir doch einfach mit dem grünen Russian Muff. Schon nach drei Akkorden wird ziemlich schnell klar, wie gut EHX den Klangcharakter des Vorbilds eingefangen hat. Der Sound ist zwar typisch Big Muff, hat aber ein außergewöhnliches Knurren in den Tiefmitten und liefert zudem einen gewaltigen Schub im Low-End-Bereich. Dreht man den Tone-Regler ein gutes Stück nach rechts, kriegt der Ton die typische Bissigkeit – hier macht es Sinn, das Ganze ein wenig mit dem Treble-Regler des Verstärkers abzustimmen, damit der Klang nicht zu unangenehm wird.
Die Zerrreserven reichen natürlich völlig aus – ich finde sogar, dass das Pedal auf den ersten zwei Dritteln des Gain-Potis am besten klingt. Zum Schluss wird der Ton dann schon recht komprimiert, was aber für Leadpassagen durchaus seinen Reiz hat (David Gilmour von Pink Floyd wusste das Original genau deswegen zu schätzen).
Im direkten Vergleich merkt man sofort, dass das OP Amp Muff Pedal doch merklich anders klingt. Der Sound ist viel dichter und dabei insgesamt etwas schlanker. Wo der Green Russian Muff in den Tiefmitten ein wahres Monster ist, macht sich beim OP-Amp-Pedal vor allem eine gewaltige Beule in den oberen Mitten bemerkbar, was dem Pedal einen sehr eigenen Charakter verleiht.
Die grundsätzlich deutlich aggressivere klangliche Ausrichtung lässt sich mittels des Tone-Reglers gut abstimmen – auch hier hat das Poti einen entscheidenden Einfluss auf den Klangcharakter des Gerätes. Richtig klasse finde ich die Möglichkeit, den Regler komplett aus dem Schaltkreis nehmen zu können. Der Sound wird so in den Mitten ausgewogener, ist aber eben auch etwas weniger Big-Muff-typisch – gerade in Kombination mit einem leicht crunchigen Amp klingt das richtig stark!
Zu guter Letzt muss der Triangle Muff Reissue unter Beweis stellen, dass es seinem Urahn gerecht wird. Mit allen Potis in der Mittelstellung ertönt ein erstaunlich offener und butterweicher Sound. Hier beißt nichts in den Höhen und die cremigen Mitten fordern einen regelrecht auf, sich des ein oder anderen Santana-Licks zu entsinnen. Dreht man das Sustain- und das Tone-Poti etwas weiter auf, kommen die Muff-typischen, bissigen Höhen zutage, welche dem Pedal die nötige Durchsetzungskraft verleihen. Die Bässe bleiben dabei aber über einen weiten Teil des Regelwegs erstaunlich präsent und erst kurz vor Rechtsanschlag wird der Sound etwas dünner.
Ich würde sagen, dass der Triangle Big Muff von allen dreien der vielseitigste ist und sich gleichermaßen mit normal und sehr tief gestimmten Gitarren verträgt. Ob nun Hendrix-mäßige Blues-Rock-Licks oder tiefe Stoner-Riffs – beides meistert unser Testgerät mit Bravour. Es ist im Endeffekt eine reine Geschmacksfrage, welches der Pedale einem mehr liegt – hier haben wir es auf jeden Fall mit drei sehr charakterstarken Tretern zu tun, die allesamt ausgesprochen gut klingen.
alternativen
Kaum ein Zerrpedal wurde so oft kopiert wie der Big Muff; die Auswahl in den gängigen Shops ist riesig. Daher sind meine Vorschläge hier nur jeweils eine von zig möglichen Optionen. Fangen wir zunächst mit dem OP Amp Muff an – hier dürfte die Auswahl noch am kleinsten sein. In seiner Ausstattung identisch wäre auf jeden Fall das Eye See Pi von Wren and Cuff. Dieser OP-Amp basierte Muff-Nachbau hat ebenfalls die Möglichkeit, das Tone-Poti mittels eines kleinen Schalters aus dem Signalweg zu nehmen.
Alternativ zum Green Russian Muff würde mir das Russlon Fuzz von Orion Effekte oder aber Way Huges Russian Pickle einfallen. Möchte man lieber den richtigen Vintage-Muff-Sound, könnte man auf jeden Fall das Fallout-Cloud-Fuzz von Thorpy FX als Alternative zum Triangle-Reissue in Betracht ziehen. Diese Muff-Version ist nicht nur unglaublich gut verarbeitet, sondern liefert dank einer getrennten Treble- und Bass-Klangregelung eine enorme Flexibilität.
resümee
Einfach Klasse, dass EHX auf das jahrelange Bitten der Fans gehört hat und nun diese drei hauseigenen Klassiker wieder auf den Markt bringt. Gerade angesichts der zum Teil völlig absurden Gebrauchtpreise für diese Geräte, ist es umso erfreulicher, diese Pedale nun wieder zu einem realistischen Preis und in wirklich guter Verarbeitungsqualität kaufen zu können. Klanglich machen die drei genau das, was man von ihnen erwartet und das Preis/Leistungsverhältnis ist absolut überzeugend. EHX zeigt, dass es nicht immer die teuren Boutique-Pedale sein müssen und dass die New Yorker in Sachen Muff-Sound nach wie vor „at the top of their game“ sind.
www.ehx.com
Preis(Street): ca. € 89
PLUS
• authentische Sounds
• Design
• Verarbeitung
• Tone-Bypass (OP-Amp-Muff)
• Preis/Leistungsverhältnis
Schraubt man die Bodenplatte des Green Russian Muff auf, entdeckt man auf der Platine folgendes Zitat: „Follow the smoke torward the riff-filled land“. Hier handelt es sich um eine Textzeile aus dem Song ,Dopesmoker‘ der Band Sleep, welcher ein wunderbares Soundbeispiel für das Pedal ist.
(erschienen in Gitarre & Bass 12/2018)