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Extended Range Guitars: Pimp your ERG!

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Extended Range Guitars(Bild: Simon Hawemann)

Nicht alle von uns können sich ohne Weiteres Custom- oder High-End-Gitarren leisten und müssen demnach beim Kauf Abstriche machen, wenn es um Features und Ausstattung geht. Aber auch günstigere Serienmodelle kann man mit ein paar Upgrades für Extended-Range-Sounds aufwerten – ohne dabei arm zu werden. Ein paar Möglichkeiten werde ich euch heute vorstellen.

basics

Ich habe in der Vergangenheit ausnahmslos jede neu erstandene Gitarre gemoddet. Bis vor einigen Jahren habe ich überwiegend Ibanez-Instrumente gespielt, und während diese Gitarren oft ab Werk schon super waren, gab es doch immer verbesserungswürdige Kleinigkeiten oder Möglichkeiten, die Instrumente für meinen Gebrauch und ästhetischen Anspruch aufzurüsten. Beim Kauf einer Extended-Range-Gitarre, egal welcher Preisklasse, sollte man sich allerdings zunächst immer über den gewünschten Einsatzbereich im Klaren sein. Klar, das Auge isst mit und es ist verlockend, eine Gitarre zu kaufen, die man besonders schick findet – aber am Ende des Tages sollte man, besonders wenn das Budget etwas knapper ist, sehr darauf achten, dass die Basics stimmen.

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Ihr wollt besonders tief tunen? Dann kommt ihr um eine Bariton-Mensur nicht herum. Ihr spielt in einer Band? Dann lohnt es sich, zu schauen, was der andere Gitarrist spielt und sich an den Eckdaten des Instruments seiner Wahl zumindest etwas zu orientieren. Das heißt nicht, dass ihr euch die gleiche Gitarre kaufen sollt, aber es schadet nicht, eine gewisse Konstanz zwischen beiden Gitarren zu haben, damit euer Sound harmoniert.

Extended Range Guitars(Bild: Simon Hawemann)

Dank des nach wie vor anhaltenden ERG-Booms gibt es mittlerweile 7- und 8-Strings in jeder nur erdenklichen Preisklasse. Je günstiger der Preis, desto reduzierter sind aber natürlich auch die Features. Doch ein paar Sachen müssen einfach stimmen, auch wenn ihr euer Instrument vor allem als Modding-Plattform betrachtet.

Um eine vernünftige Bundierung kommt ihr z. B. nicht herum. Stellt beim Kauf sicher, dass die Bünde sauber abgerichtet sind und zudem keine scharfen Kanten haben. Bei günstigen Instrumenten wird oft schlicht und ergreifend weniger Zeit in die Qualitätskontrolle investiert. Ich habe mir beispielsweise mal eine 8- String gekauft, die einer einzigen Baustelle glich: Scharfe Bundenden, eine nicht ordnungsgemäß verbaute Brücke, unsaubere Pickup-Fräsungen, und und und… wir sprechen hier von einem Instrument, dass in Serie gebaut wurde und ich kenne Leute, die sich das gleiche Modell gekauft und eine tadellose Gitarre erhalten haben.

Diese Dinge können passieren – besonders wenn man online kauft und die Gitarre vorher nicht testen kann. Macht euch also auch vorher über das Rückgaberecht beim Online Shop eures Vertrauens schlau, damit ihr ggf. ein Instrument mit Makeln problemlos zurückschicken könnt. Wenn ihr eine Gitarre erhaltet, die für ihre Features entsprechend gut verarbeitet ist, kann es aber losgehen.

Extended Range Guitars(Bild: Simon Hawemann)

bespielbarkeit

Besonders bei Extended-Range-Gitarren sollte eine ausgezeichnete Bespielbarkeit allergrößte Priorität haben. Ich erinnere mich noch gut daran, was für eine Herausforderung es für mich 2010 war, den Sprung von sechs direkt auf acht Saiten zu machen. So viele Saiten wollen erstmal beherrscht und gemeistert werden, aber natürlich bedeuten mehr Saiten auch, dass der Hals breiter ist, was ebenfalls mit einer Eingewöhnungsphase einhergeht. Hat man sich beim Kauf wie bereits erwähnt zumindest darüber versichert, dass die Bünde ordentlich verarbeitet und abgerichtet sind, sollte man auch sicher gehen, dass das Halsprofil komfortabel in der Hand liegt. Eine 8-String mit einem halben Baseballschläger als Halsprofil dürfte für die meisten Spieler den Umstieg nicht gerade erleichtern.

Extended Range Guitars(Bild: Simon Hawemann)

Eine Investition, die ich auch unter Berücksichtigung all dieser Faktoren nur jedem ans Herz legen kann, ist, die Gitarre direkt nach dem Kauf zu einem lokal renommierten Guitar-Tech bzw. einer etablierten Gitarrenwerkstatt zu bringen und diese nach euren Anforderungen einstellen zu lassen. Ein guter Tech wird euch sehr genau zuhören und sollte dazu in der Lage sein, auch ein günstiges Instrument auf euch abzustimmen.

Saitenstärken, Intonation, Saitenlage, Installation eines neuen Pickups… alles Dinge, die ein Profi für euch in wenigen Stunden oder Tagen und zu einem überschaubaren Preis erledigen können sollte. Und der Unterschied kann wirklich gewaltig sein! Ich habe kürzlich eine quasi unspielbare Gitarre erhalten und diese wurde innerhalb kürzester Zeit in ein hervorragend zu bespielendes Instrument verwandelt. Das Ganze hat mich keine $ 100 gekostet.

Und wo wir eben schon beim Thema Hals waren: Das Hals-Finish einer Budgetfreundlichen Gitarre ist nicht immer perfekt und kann sich bisweilen etwas „klebrig“ anfühlen. Ich persönlich bin regelrecht allergisch gegen dicke Hochglanz-Lackierungen, aber auch ein schlecht gemachtes Matt-Finish kann stören. Hier schafft das Entfernen der Lackierung und das anschließende Ölen des Halses Abhilfe. Ich habe dies bei einigen meiner günstigeren Ibanez-Modelle gemacht und der Unterschied ist bemerkenswert: Das organische Feeling eines geölten Halses schlägt für meinen Geschmack jedes Matt-Finish um Längen. Mein Freund Ben Eller hat ein Video Tutorial zu dem Thema auf seinem YouTube Channel hochgeladen – sucht einfach mal nach „Ben Eller Oil Finish“. Wenn ihr etwas abenteuerlustig seid, traut ihr euch diese Modifikation ja vielleicht selbst zu. Wenn nicht, kann auch das die lokale Gitarrenwerkstatt für euch übernehmen.

Extended Range Guitars(Bild: Simon Hawemann)

sound

Fast jede Gitarre, die ich in meinem Leben erstanden habe, wurde früher oder später mit einem neuen Pickup ausgestattet. Das Ganze fing für mich allerdings ausgerechnet mit der günstigsten Gitarre an, die ich in den letzten 10 Jahren erstanden habe. Diese war zufällig ab Werk bereits mit einem ausgezeichneten Tonabnehmer bestückt – dem DiMarzio D Activator. Bis dahin habe ich einfach immer die Pickups benutzt, die in den von mir gekauften Instrumenten verbaut waren. Aber die Tatsache, dass ausgerechnet meine billigste Gitarre besser klang als meine deutlich teureren Modelle, ließ mich sprichwörtlich aufhorchen.

Das heißt nicht, dass die Pickups in meinen anderen Gitarren schlecht waren, aber nicht jeder Tonabnehmer ist von vorn herein für tief gestimmten Metal geeignet. Und besonders bei günstigen Gitarren sind Pickups ein Element, bei dem die Hersteller sparen. Oft bekommt man eine solide Gitarre mit irgendeinem 08/15-Pickup, der weder speziell für Metal designed wurde, noch für tiefe Tunings. Aber dank der Popularität des ERG-Segments gibt es heutzutage auch eine deutlich größere Auswahl an Humbuckern für Extended-Range-Gitarren als noch vor 10 Jahren.

Extended Range Guitars(Bild: Simon Hawemann)

Besonders populär sind die Pickups von Bare Knuckle aus UK, die allerdings recht teuer sind. Klar, wenn ihr für eure Gitarre keine Unsummen ausgegeben habt, ist das vielleicht drin – aber auch die alteingesessenen Pickup-Schmieden wie Seymour Duncan und DiMarzio haben ein immer größeres Angebot für ERGs und moderne Metal-Sounds. Das schließt auch Signature-Pickups von entsprechend populären Extended-Range-Gitarristen ein. Als Beispiel fällt mir hier z. B. der DiMarzio Titan ein, der mit und für Periphery-Gitarrist Jack Bowen designed wurde. Mehr als € 100 werdet ihr für das gute Stück nicht investieren müssen – definitiv eine Ausgabe die sich lohnt und natürlich nur ein Beispiel von vielen!

Bei der Gelegenheit möchte ich nochmal darauf hinweisen, dass in Kürze mein großes ERG-Pickup-Special hier an dieser Stelle erscheinen wird. Dabei handelt es sich um ein Langzeitprojekt mit unzähligen Clips der populärsten 7- und 8- String-Bridge-Humbucker, das ich momentan für die Veröffentlichung komplett überarbeite. Das sollte euch in der Zukunft beim Pickup-Kauf auf jeden Fall helfen!

Es lohnt sich, in Sachen Sound aber auch verschiedene Saitensätze zu testen, da nicht alle Saiten für einen transparenten, drahtigen Ton ausgelegt sind. Es gibt z. B. Saiten, die für eher warme, jazzige Sounds ausgerichtet und für tiefgestimmten Metal daher einfach nicht ideal sind. Viele Saitenhersteller haben mittlerweile spezielle ERG-Sätze im Programm, ich kann außerdem D’Addario NYXL, DR DDT oder Elixir Optiweb sehr empfehlen.

Extended Range Guitars(Bild: Simon Hawemann)

Und zu guter Letzt wirkt sich, glaubt es oder nicht, auch das benutzte Plektrum bis zu einem gewissen Grad auf euren Sound aus. Ich habe eigentlich mein Leben lang Jim Dunlop Plektren gespielt und vor dem Aufnahmeprozess des Nightmarer-Albums ‚Cacophony of Terror‘ mal deren etwas teurere Prime-Tone-Serie getestet. Das Resultat war, dass ich das ganze Album mit dem Prime Tone .73mm Plektrum eingespielt habe, das seinem Namen wirklich alle Ehre macht. Das Attack und der Ton waren einfach noch transparenter als bei allen anderen Plektren, mit denen ich bis dahin gespielt hatte.

Leider ließ die Haltbarkeit der Prime-Tone-Serie etwas zu wünschen übrig, weswegen ich momentan die Dunlop Flow Serie teste, die bei einem günstigeren Preis einen ähnlich guten Sound und mehr Langlebigkeit verspricht. Aber es gibt auch wirklich abgefahrene Custom Picks, die zwar natürlich etwas teurer sind, aber unterm Strich den erschwinglicheren Teil eurer Reise zum besseren Ton und der perfekten Bespielbarkeit darstellen sollten.

Extended Range Guitars(Bild: Simon Hawemann)

fazit

Gitarren zu modden macht in erster Linie sehr viel Spaß. Ein eher mäßiges Serienmodell auf ein anderes Level zu hieven ohne dabei Unsummen ausgeben zu müssen, ist ein sehr befriedigender Prozess. Man kann dabei natürlich noch viel weiter gehen als in den heute vorgeschlagenen Schritten: Ich habe schon komplett neue Bodies anfertigen, Fretboards schwarz beizen, Tremolos austauschen und Custom Pickguards für Gitarren verschiedenster Preisklassen anfertigen lassen. Das ist natürlich eine Frage des Budgets, aber man kann das Ganze ja auch Schritt für Schritt machen – je nachdem was der Geldbeutel grad so hergibt.

Das wirklich Coole daran ist, dass man nachher immer ein hochgradig personifizierteres Instrument sein Eigen nennen kann. Pickups mit farbigen Spulenkörpern können ästhetisch z. B. frische Akzente setzen und kosten selten mehr als die schwarze Standardausführung. Der erste Schritt sollte dennoch immer das perfekte Setup sein. Fangt unbedingt damit an! Danach könnt ihr euch noch immer um den Sound und schlussendlich um ästhetische Modifikationen kümmern. Viel Spaß dabei!

(erschienen in Gitarre & Bass 12/2018)

Kommentar zu diesem Artikel

  1. …für diejenigen, denen das Geld nicht so locker aus der Geldbörse läuft, gibt es die Möglichkeit, die 6-saitige in der B- Besaitung “tiefer zu legen”.
    Dafür sollte man allerdings den Sattel anpassen (Kerben vergrößern mit entsprechenden Feilen).
    Gruß Bodo
    Itzstedt

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