Prince! Der Sänger, Songwriter, Multiinstrumentalist, Entertainer und Produzent aus Minneapolis hat in vielerlei Hinsicht Maßstäbe gesetzt. In den 80ern avancierte er mit seiner Fusion aus Pop, Funk, Rock und Soul zu einem der Superstars, befeuert von seinem glamourösen Stil und seinen Entertainer-Qualitäten.
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Die Hits aus dieser Phase – darunter ,Sign The Times‘, ,Kiss‘ und die Überballade ,Purple Rain‘ – sind genauso zahlreich wie die Anekdoten über den Exzentriker.
Zu den bekanntesten gehört wohl jene, in der Prince ein Angebot von Michael Jackson ablehnte, mit ihm den späteren Hit ,Bad‘ gemeinsam aufzunehmen. Die 90er-Jahre wurden für Prince zu einer Phase des Umbruchs. So kochte der Ärger mit seinem Label Warner Brothers Records so richtig hoch.
Zudem hatte er mit New Power Generation eine neue Band am Start, die zunehmend in den Vordergrund seines Schaffens rückte. Das erste Album ohne den Vorsatz „Prince & The … “ erschien 1993, wurde jedoch nur auf Konzerten und per Telefon verkauft – heute ist die LP ,Goldnigga‘ ein gesuchtes Sammlerstück.
Erst mit ,Exodus‘ von 1995 wurde die New Power Generation als eigenständiges Projekt einer breiten Öffentlichkeit bekannt. Und das startete mit fettem Funk: ,Get Wild‘ wurde straight angetrieben von Drummer Michael B. (Bland), Bassist Sonny T. (Thompson) und den knackigen New Power Generation Hornz.
Altmodischer ging‘s mit dem Instrumental ,DJ Gets Jumped‘ in Richtung 70er-Funk. Auch die Soul Ballade ,Cherry Cherry‘ strahlt klassisches Pathos aus.
Die Schleicher konnte Prince ja schon immer besonders gut, zu den besten Balladen zählte auch ,Count The Days‘, dessen wirklich schöne Stimmung durch den inflationären Gebrauch des Kraftworts – Achtung liebe Eltern, es folgt eine von vielen Unzweideutigen auf diesem Album – „Motherfucker“ humorvoll unterlaufen wurde.
Den für Prince typischen Pop-Funk, den er in den 80ern erfunden hatte, spiegelten Songs wie ,Return Of The Bump Squad‘ oder ,The Good Life‘.
Einer der Höhepunkte war das langsame ,Hallucination Rain‘ mit seinem hypnotischen Bass, über den sich Vocals, eine elektrische Geige und Keyboards regelrecht ausbreiten. Wirklich scharf, wie die Musiker später anziehen und der Groove rockig abhebt.
Auf ,Exodus‘ rückten die Prince-Begleiter in den Vordergrund. So übernahm Bassist Sonny T. hier teilweise die Lead-Vocals. Auch Tommy Barbarella am Piano und der von Prince erfundenen Purpleaxxe (ein Keyboard das man wie eine Gitarre über die Schulter hängen kann, auch Keytar) und Mr. Hayes an Synth und Orgel hatten viel Raum.
Und was spielte nun Prince, der sich hinter dem Pseudonym „Tora Tora“ versteckte? Nun, in den Liner Notes steht „double bass, vox and other shit“. Der virtuose und spektakuläre Gitarrist, als den man ihn spätestens seit dem Meilenstein ,Purple Rain‘ kannte, hielt sich weitgehend zurück.
Vielmehr muss man die Formulierung „double bass“ (dt. eigentlich Kontrabass) wörtlich nehmen, denn er spielte hier auch E-Bass, teilweise zusammen mit Sonny T. Und das funktionierte wohl auch live.
In einem ,Get Wild‘-Mitschnitt vom April 1995 der Channel-4-Musiksendung ‘The White Room’ hörte und sah man, wie Sonny, der bekannt dafür war, meist Warwick-Dolphin-Modelle zu benutzen, aus dem Hintergrund die tiefen tragenden Linien setzte, während Prince vorne mit einem komprimierteren Klang in hohen Lagen diese doppelte oder Fills spielte.
Hier sah man ihn mit einem viersaitigen weißen Warwick-Thumb-Bass-Modell, mit der auffälligen extra angefertigten Lackierung eines überdimensionalen Auges. Übrigens: ironischerweise war es Sonny T., der seinem Fan Prince viel über das Bass-Spielen beigebracht hatte.
Mit einem teils erdigen Band-Sound kehrte Prince ein Stück weit zu seinen Wurzeln zurück, wie etwa zu George Clinton And Parliament/Funkadelic. Ähnlich wie diese, machte es die Power Generation dem Hörer nicht ganz einfach.
Das Album ist durchzogen von hörspielartigen Sequenzen, und auch in den Songs überraschen immer wieder schräge Sounds, verfremdete Stimmen, Überlappungen und Samples. Mit seinem Experimentierwillen, der überbordenden Musikalität und seiner Rückbesinnung war ,Exodus‘ vielleicht genau das richtige Funk-Album im Jahrzehnt von Crossover und Grunge.