Bereits vor Jahren sah man am Fender-Messestand in Frankfurt Leute vor kleinen Verstärkern hocken, und mit Kopfhörern auf den Ohren und Gitarre vorm Bauch beschwingt im Takt mit den Füßen wippen. Dann wiederholte sich das Phänomen, wirkte jedoch noch intensiver. Was war geschehen?
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Im Carré saß man dort um jeweils vier GDEC Combos Fifteen bzw. Thirty aus der brandneuen 3er Serie. So ähnlich sie ihren Vorgängern von 2005 auch auf den ersten Blick sehen, so sehr unterscheiden sie sich in Konzept, Einsatzgebieten und Tonerzeugung. Die neuen Fender G-DEC 3 Combos setzen modernes Amp- und FX-Modeling ein, und enthalten einen zeitgemäßen Loop-Player, der WAV-, mp3- und MIDI-Files abspielen kann. Dazu gesellt sich wieder ein Phrase-Recorder mit Overdub-Funktionen. Erweitert wird dieses Konzept durch einen SD-Card-Slot, ein USB-Interface sowie eine grafisch anspruchsvolle Editor-Software. Die 100 Audio-Loops der G-DEC 3-Combos wurden allesamt von bekannten Künstlern und ihren Bands eingespielt.
Konstruktion des Fender G-DEC 3 Fifteen & G-DEC 3 Thirty
Fender hat sich wie beim Vorgänger für ein schmuckes Blackface-Outfit entschieden, als erstes fällt gewiss das Bedienpaneel auf. Die Einheit in der Mitte schaut etwas nach „Omas Dampfradio“ aus, hier hat man über ein Endlosrad und etliche Softkeys in Verbindung mit dem großen, grafikfähigen Display Zugriff auf alle Playback-, Phrase-Recorder- und Utility-Möglichkeiten der beiden Probanden, und zusätzlich auf alle Verstärker- und Effektmodelle und deren Einstellmöglichkeiten. Der komplette GDEC 3 wird über diese Einheit bedient, nur drei analoge Regler für Guitar Tone, Band Level und Master-Volume gibt es, mit den typischen Fender-Verstärkerknöpfen.
Ein Blick auf die vollständig geschlossene Rückseite offenbart dann auch gleich ein Unterscheidungsmerkmal zwischen den Modellen Fifteen und Thirty: Der bühnentaugliche 30er G-DEC 3 ist mit Klinken-Line-Ausgängen (Rechts und Links) bestückt, die symmetrische wie asymmetrische Klinken-Kabel gleichermaßen akzeptieren. Diese Line-Outs können über die Utility-Funktion des Bedienfelds beim G-DEC 3 Thirty so eingestellt werden, dass hier ausschließlich das Playback anliegt, während der Combo selbst nur die Gitarre wiedergibt. Dazu gleich mehr in der Praxis.
Ansonsten unterscheiden sich die beiden Probanden bis auf die unterschiedlich großen Combo-Gehäuse nur dadurch, dass das Modell Fifteen 15 Watt an einen 8″-Speaker, und der G-DEC 3 Thirty 30 Watt an einen 10″-Lautsprecher abgibt. Nach Abnahme der Rückwand erblickt man beim Modell Thirty noch ein Hochtonhorn, darauf verzichtet der kleine Bruder.
Die Verarbeitung der Combos ist ordentlich, robust und wertig, die Digital-Elektronik versteckt sich zusammen mit der kleinen Solid-State-Endstufe oben im hängend angebrachten Metallchassis. Der ansprechend schillernde Kunstlederbezug wird durch Metallecken geschützt, auch beim Tragegriff hat Fender keinen Billig-Henkel aus dem Lager geholt.
Vorn befinden sich die Anschlüsse für Gitarre, Kopfhörer und USB, sowie der Steckplatz für eine SDHC-Speicherkarte. Einen zweiten Gitarreneingang gibt’s auf der Rückseite, daneben ein Aux-In für CD- oder mp3-Player, und zu guter Letzt eine Buchse für den optional erhältlichen Fender- Fußschalter ULT-4.
Das Kürzel G-DEC steht für Guitar-Digital-Entertainment-Center. Die 100 Backingtracks im WAV-Format sind bereits werkseitig im internen Speicher untergebracht. Fender hat für die Aufnahmen Künstler wie beispielsweise Greg Koch, Jim Campilongo, Bad Religion, Eric Johnson, John 5, Nils Lofgren und Sepultura zusammen mit der jeweils kompletten Band ins Studio geschickt. Nur Solieren durften diese natürlich nicht, das möchte man schließlich selbst übernehmen. Im Endeffekt lassen sich endlos viele Backingtracks mit den G-DEC- 3-Combos nutzen, dazu braucht man halt entsprechend große bzw. viele SDHC-Cards. Auch der interne Speicher lässt sich vollkommen an eigene Ansprüche anpassen. Nicht benötigte Tracks löscht man halt, und kopiert eigene in den Speicher. Für den Fall des Falles sind alle Playbacks noch einmal auf der beiliegenden DVD-ROM enthalten. Über die Fender-Fuse-Editor-Software erfahren wir mehr im übernächsten Kapitel.
Fender G-DEC 3 Fifteen & G-DEC 3 Thirty in er Praxis
Die gedruckte Bedienungsanleitung besteht aus einem einzigen Blatt Papier. Sollten die Combos so einfach zu bedienen sein? Für die wichtigsten Funktionen trifft dies tatsächlich zu, zum Editieren, die Fuse- Software und weniger benutzte Funktionen findet man ein größeres mehrsprachiges PDF-Handbuch auf der beiliegenden DVD-ROM, auch ein englisches Video-Demo mit deutschen Untertiteln gibt’s dort.
Welch strahlendes Licht! Display und Softkeys leuchten angenehm hell, sodass sie auch bei Tageslicht problemlos abzulesen sind. Nun interessiert mich zunächst der zweite Gitarreneingang auf der Rückseite. Der ist etwas weniger empfindlich, lässt sich jedoch problemlos gleichzeitig mit dem Eingang auf der Vorderseite benutzen. Ohne dass sich die beiden Gitarren nun gegenseitig beeinflussen, können also zum Üben oder Jammen zwei Gitarristen gleichzeitig über den G-DEC-3-Amp spielen. Doch Obacht: Nicht über zwei verschiedene Amp-Modelle! Da nimmt man eventuell lieber ein cleanes, und stöpselt zwischen Gitarre und Combo noch ein Overdrive-Pedal.
Verständlicherweise ist man als erstes geneigt, den Play-Button links neben dem Monitor zu drücken. Damit startet man das Playback der Loop, die mit dem ersten Preset verknüpft ist. Die Lautstärke stellt man mit Band-Volume ein, das Master-Volume-Poti ganz rechts muss natürlich ebenfalls aufgedreht sein. Im Normalfalle läuft so ein Backingtrack endlos in der Schleife, man kann die Wiedergabe jedoch auch im Utility-Menü auf einen Durchlauf beschränken. Glücklicherweise braucht man die Wiedergabe nicht erst zu stoppen, wenn man einfach mal einige oder alle Band-Playbacks anhören will. Man dreht einfach am Datenrad eine Rasterung weiter, der G-DEC beendet dann die Wiedergabe der ersten Loop, und startet knackfrei die nächste. Die Speicherplätze der G-DEC-3-Amps lassen sich vom Grundaufbau mit den Presets anderer Modeling-Verstärker vergleichen, nur wird hier jeweils noch ein Backingtrack mit zugeordnet.
Und die Backingtracks sind vom Feinsten! Logisch, dass sich die Promi-Bands Mühe gegeben haben, die Loops wurden jedoch auch exzellent geschnitten, sodass sie nach Erreichen des letzten Taktes nahtlos wieder von vorn beginnen können. Druckvolle und klangstarke Playbacks liefert Fender hier mit, die im Kopfhörer und an den Line-Outs des 30er Modells in Stereo erklingen. Schade ist nur, dass der G-DEC 3 wie sein Vorgänger vergisst, welches Preset/Backing vor dem Ausschalten zuletzt aktiv war. Stur starten die Combos generell mit Preset 00. Viele Presets können für sich allein angespielt etwas stark mit Effekten beladen wirken, sie wurden jedoch auf die jeweils zugeordneten Backings gut und geschmackvoll abgestimmt.
Wie gehen die Combos mit fremdem Audio-Material um, und da war doch was mit MIDI? Dazu schnappe ich mir erst mal eine taufrische SD-Card, stecke sie in den GDEC- 3-Schlitz und schalte den Combo ein. Die Karte wird erkannt, und automatisch formatiert. Nun kommt sie in einen Card-Reader, und der wiederum in einen USB-Port meines Rechners. Dort ist zu erkennen, dass der G-DEC 3 auf der Karte Verzeichnisse angelegt hat. Dorthinein kopiere ich nun von meinem Rechner einige WAV-, mp3- und MIDI-Files. Wieder zurück am GDEC 3 findet dieser über die entsprechende Menü-Funktion alle Files auf der Karte und spielt diese brav ab. OK, nicht alle WAV- und mp3-Varianten lassen sich verwenden, einige weniger gebräuchliche Formate laufen nicht.
Der Vorgänger von 2005 spielte ausschließlich MIDI-Files ab. Das GM (General MIDI)-Modul hat man den beiden Neulingen netterweise ebenfalls spendiert, und so lassen sich alle GM-Files mit den G-DEC-3-Amps abspielen. Zum Üben und Jammen ist das ideal, denn MIDI-Files lassen sich ohne Nachteile nach Herzenslust in Tonhöhe und Geschwindigkeit bis zum Gehtnichtmehr ändern, was bei Audio-Files nur in begrenztem Rahmen möglich ist.
Doch auch hier leisten die neuen Combos beachtliches. Audio-Files lassen sich ebenfalls in Tonhöhe und Geschwindigkeit ändern, was zumindest im Bereich von einem Ganzton bzw. ca. 10 % bei der Geschwindigkeit akzeptabel klingt. Erst danach klingt es zittrig, ähnlich einem alten Tonbandgerät mit verschmutztem Capstan. Eine positive Überraschung erlebt man auch bei den Verstärkermodellen und Effekten. Diese wurden laut Auskunft von Fender für die G-DEC-3-Combos komplett neu entwickelt, und brauchen sich nicht vor der Konkurrenz zu verstecken. Unter den 22 Modellen finden wir cleane, angecrunchte und kräftig verzerrte virtuelle Tweed- bzw. Blackface-Amps, zwei Hot-Rod-Varianten, je ein Modell von Vox AC30 und Marshall Bluesbreaker, sowie etliche High-Gain- und Metal-Modelle englischer bzw. amerikanischer Herkunft. Auch ein paar Sounds von Akustik-Gitarrenverstärkern sind dabei, die G-DECs eignen sich also auch zur Verstärkung von E/A-Gitarren, was auch aus den Preset-Namen deutlich hervorgeht.
Bei den Effekten finden wir Overdrive- und Fuzz-Sounds, Modulationseffekte, Delays wie Multi-Tap und Tape-Echo mit leicht unrundem Bandlauf, und einige Hallprogramme, bei denen der typische Fender-Hall in zwei Varianten vertreten ist. Ein Noise Gate ist ebenfalls vorhanden.
Um ein bestehendes Preset zu editieren bzw. ganz neu aufzubauen, drückt man den entsprechenden Softkey Amp, FX, Band oder Phrase unter dem Display, und gelangt dann ins nächste Menü. Diese Einstellarbeit geht flott vonstatten und erinnert mich vom Aufbau her etwas an den Line6 POD xt. Zusätzlich zu den Parametern im Display gibt‘s links daneben noch ein Tone-Poti für die Gitarre. Es beeinflusst Bässe wie Höhen gleichermaßen. Praktische Angelegenheit, nur ab und zu möchte man auch zu einem richtigen Guitar-Volume-Regler greifen, den jedoch findet man ausschließlich im Amp-Menü, schade eigentlich.
Der Phrase-Recorder kann Loops und Overdubs in einwandfreier Qualität mit bis zu 35 Sekunden Länge aufzeichnen. Wer längere Sachen aufnehmen möchte, kann in den „Low Resolution“-Modus umschalten und bei deutlich reduzierter Tonqualität bis zu zwei Minuten und 20 Sekunden aufnehmen. Das versteht sich pro Preset, denn diese Phrasen bzw. Loops sind mit abspeicherbar. Da der interne Speicher mit den 100 Songs bereits so gut wie rappelvoll ist, sollte man eine entsprechend große SDHC-Speicherkarte gleich mit investieren, je nach Einsatzgebiet sollte sie sich zwischen 4 GB und 32 GB Kapazität bewegen.
Beide Combos klingen druckvoll, satt und angenehm in allen Frequenzbereichen. Der 8″-Speaker des Fifteen-Modells hat keine Probleme die Backingtracks ansprechend und ohne Höhenverlust wiederzugeben, beim G-DEC 3 Thirty bereichert der Hochtöner merklich die Feinzeichnung der Brillanzen, z. B. bei Schlagzeugklängen. Der Fifteen-Combo reicht für zu Hause und den Partykeller locker aus, ihm geht so schnell nicht die Puste aus. Beim Thirty klingt alles etwas größer, seine Ausgangsleistung reicht auch für Live-Darbietungen aus. Schickt man über das Utility-Menü die Backingtracks ausschließlich auf die P.A. kann sich der voluminöse Combo voll und ganz auf die Verstärkung der eigenen Gitarre konzentrieren.
Der Kopfhörerausgang ist Frequenzkorrigiert, und gibt Backingtracks wie Gitarre gleichermaßen angenehm und satt wieder. Während sich die Combos zum heimischen Jammen problemlos per Hand bedienen lassen, sollte man für Live-Einsätze den vierfachen Fender-Fußschalter ULT-4 mit Display einplanen. Der kommt im Vintage-Outfit-Metallgehäuse mit adretter Hammerschlaglackierung und ermöglicht in vier verschiedenen Modi die sequenzielle Anwahl aller Presets, den direkten Aufruf von drei VIP-Speicherplätzen über die sogenannten Quick-Access-Tasten, Start und Stop von Backingtracks, Record-, Overdub-, Play- und Stop-Funktionen des Phrase-Recorders, und bietet Zugriff auf die Stimmfunktion.
Was nützen beispielsweise einem Metal-Gitarristen die herrlichsten Country-Begleitpattern mit dahinschmelzend gespielter Pedalsteel-Guitar wie Preset 24 von James Burton & Band? Ohne schlechtes Gewissen kann er letztgenannte löschen, den Speicher aufräumen, umstrukturieren, und eigene Loops in den G-DEC 3 laden. Die Inhalte von Speicherkarten lassen sich natürlich auch direkt am Computer mit einer entsprechenden Explorer-Software editieren, um an den internen Speicher eines G-DEC-3-Combos zu gelangen, verbindet man ihn über das beiliegende USB-Kabel mit einem Computer, und startet dort die Fender Fuse-Software.
Fuse-Software
Diese ist grafisch ansprechend aufgebaut und lässt sich extrem einfach und komfortabel handhaben. Das Prinzip ähnelt Programmen wie Line6 Gear Box oder Vox JamVox, in Echtzeit werden auch bei Fender Fuse alle Parameter zum Amp übertragen und zurück. Dreht man also beispielsweise beim Amp am Datenrad, ändert sich sofort der entsprechende Bereich in der Software, schraubt man mit der Maus beispielsweise an einem virtuellen Amp oder Effektpedal herum oder drückt die Playtaste für das Backingtrack, reagiert der G-DEC sofort auf diese Aktion. Die Verstärker sehen richtig lecker aus, die Effektpedale darf man selbst „umlackieren“. Wer also kein gelbes Overdrive möchte, färbt es halt in TS9-Grün ein. Im unteren Teil des Bildschirms ist der Signalfluss zu erkennen. Von den Vorschaltpedalen geht’s in den Amp, Modulations- und Raumeffekte können auch hinter dem jeweiligen Ampmodel angeordnet werden.
Klicken wir uns nun in den Preset-Bereich. Hier lassen sich wie angekündigt die Presets des Verstärkers selbst, die der eingesteckten SDHC-Karte und die auf dem Computer kopieren, löschen, einfügen, umbenennen usw. Im Utility-Modus lässt sich beispielsweise die Firmware des Verstärkers aktualisieren, und im Bereich Web-Community wird’s besonders spannend, denn hier lassen sich nicht nur Presets und Backingtracks mit anderen G-DEC-3-Amp-Usern austauschen, sondern von der Fender-Website auch welche herunterladen. Als erstes sollte man sich im Web-Community-Bereich die neueste Fuse-Software-Version downloaden, denn die mitgelieferte Version 1.01 stürzt zumindest unter Windows 7 gern ab.
Dank der USB-Schnittstelle (ASIO-Treiber sind dabei) lassen sich die Combos auch für Recordings am Computer einsetzen. Entweder man spielt direkt in eine Recording-Software und nutzt die eingebauten Amp- und Effekt-Modelle, oder man greift auf die beiliegende AmpliTube Fender-Modeling- Software von IK Multimedia (Test in Ausgabe 07/2009) zurück.
Resümee
Alles drin, alles dabei. Und das in einer Qualität, welche auch hohen Ansprüchen genügt. Die Bezeichnung Combo-Verstärker ist bei diesen beiden unterhaltsamen Fender Blackface-Brüdern wieder einmal Programm. Die integrierte Begleit-Combo legt nun jedoch mit Audio-Files im WAV- und mp3- Format los. Super ist, dass Fender zusätzlich weiterhin eine GM-MIDI-Tonerzeugung intergriert hat, welche alle erdenklichen MIDI-Files abspielen kann. Denn wer seinen Fender-G-DEC-3-Combo in erster Linie zum Üben und Lernen heranziehen möchte, kann sich so an den schier unbegrenzten Geschwindigkeits- und Tonhöhen-Manipulationen erfreuen, was bei Audio-Material in vertretbarer Qualität nur in engen Grenzen möglich ist.
Im Endeffekt sorgt dieses Fender Komplettpaket für Freude. Talent wird natürlich benötigt (aber auch gefördert), und der Spielspaß entsteht von ganz allein.