Ortega Jade-20CE & Jade-30E & Jade-4012CE im Test

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Drei unterschiedlich geformte Ortega-Akustikgitarren, stehend
(Bild: Dieter Stork)

Warum sollte ein kompetenter Hersteller bestimmte Gitarrenarten außen vor lassen, nur weil man ihn bisher nicht damit in Verbindung brachte? Ortega goes Steelstring!

 

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Dass man mit Sachverstand und Gespür neue Marktsegmente erobern kann, hat die Firma ja schon mit recht erfolgreichen Ukulelen und A-Bässen unter Beweis gestellt. Nun also ran an die Western-Klampfe – ist doch auch irgendwie die Basis-Gitarre schlechthin. Wobei man sich bei Ortega natürlich vorgenommen hat, Instrumente mit Wiedererkennungswert zu schaffen, und nicht irgendwelche x-beliebigen Allerweltsgitarren. Mal sehen, ob die drei Testkandidatinnen aus der Jade-Serie Eindruck machen können …

 

Konstruktion der Ortega Jade-20CE, Jade-30E und Jade-4012CE

Doch, ja, und das geht schon mit den Koffern los, die im coolen Alligator-Look daherkommen, einen hochwertigen Gitarrengurt aus Leder sowie ein durchsichtiges Pickguard bereithalten und mit einem Hygrometer ausgestattet sind! Zum Vorschein kommen dann eine Dreadnought mit Cutaway, eine Grand Auditorium und eine Mini-Jumbo wiederum mit Korpusausschnitt, und allesamt mit Pickup.

Abgesehen von den verschiedenen Korpusformen haben die Ortegas viele Gemeinsamkeiten: Die drei vollmassiven Instrumente haben jeweils eine zweiteilige Decke aus Engelmann-Fichte und Zargen und Böden aus Palisander. Letztere sind ebenfalls zweigeteilt und mit einem nach hinten breiter werdenden Mittelstreifen aus Ahorn konstruiert.

Deckenrand und Schallloch sind mit Perlmutt verziert, helles Naturholz-Binding setzt die dunklen Korpushölzer voneinander ab.

Ein kleines cleveres Detail begegnet uns am Steg aus Ebenholz: Die Stegeinlage ist leicht nach hinten gekippt eingesetzt (13 Grad) und garantiert so eine optimale Schwingungsübertragung auf den Shadow-Pickup.

Außerdem liegen die Saiten so schön konkret auf der vorderen Kante der Einlage auf. Die Mahagonihälse setzen allesamt am 14. Bund an, tragen ein eingefasstes Griffbrett aus Ebenholz mit 20 schlanken Vintage-Bundstäbchen und einer kunstvoll-skurrilen Einlage im 12. Bund. Die Kopfplatte ist angeschäftet und leistet einen großen Beitrag zur optischen Eigenständigkeit der Ortegas: die Palisander-Auflage, die Perlmuttumrandung, die güldenen Mechaniken und natürlich der spezielle Schnitt des Headstocks bringen viel Eleganz mit ins Spiel.

Zum Zwecke der elektrischen Verstärkung haben die drei Jade-Beauties das Shadow-Sonic-Nanoflex-System an Bord, das ja ohne Cockpit auf der Zarge oder irgendwelche Bohrungen für Batteriefächer auskommt und dezent aber anspruchsvoll seinen Job erledigt.

Geregelt wird per drei kleiner Rädchen für Volume, Bass und Treble im Schalloch. Der Acoustic-Appeal der Instrumente wird also nicht gestört.

Die Verarbeitung, die Bundierung, die Lackierung, die Werkseinstellung – in keinem dieser Bereiche lassen sich Schwächen oder mangelnde Sorgfalt auffinden. Gerade auch die spitzen Florentiner-Cutaways der Dreadnought und der 12-String sind absolut sauber gearbeitet.

 

Praxis

Dank des komfortablen Wildledergurtes und der günstigen Position des vorderen Gurtpins an der Unterseite des Halsfußes hängt jede der drei Probandinnen äußerst bequem am Spieler. Auch sitzend ist alles töfte.

Die nicht zu schlanken, matt lackierten Hälse sind griffig, zusammen mit den tipptopp verrundeten Bünden verkürzen sie die Eingewöhnungszeit auf ein Minimum. Auch auf der 12-String spielt man gleich frei von der Leber weg. Die Saitenpärchen sind gut beherrschbar und der Kraftaufwand ist moderat.

Die Cutaway-Modelle erlauben relaxtes Solieren bis zum zwanzigsten Bund, dafür bietet die 30er ein Quäntchen mehr Sustain, was der größeren schwingenden Decken-Fläche zu verdanken ist.

Der akustische Klang des 20er-Modells erfüllt die Erwartungen an eine Dreadnought, ohne deren Eigenheiten überzubetonen. Ein trockener, direkter, crisper und dynamischer Sound kommt zu Gehör, mit ordentlich Höhen, die aber keineswegs nerven. Die Grand Auditorium kommt da noch etwas voluminöser, etwas kultivierter, breiter aufgestellt aber nicht ganz so direkt daher. Auch sie hat diese perlenden angenehmen Höhen. Mit dem Kapo an einem hohen Bund (z. B. am 5. Bund, G greifen = C) erzielt diese Ortega eine enorme Durchsetzungsfähigkeit.

Die 12-Saitige ist natürlich eine andere, eigene Sache. Sie lässt sich jedoch leicht stimmen, was schon mal eine gute Nachricht ist, spielt sich sehr komfortabel und klingt halt wie man das von einer solchen Gitarre hören möchte: Mächtig, silbrig, breitwandformatig, laut, aber auch feingliedrig und detailreich – je nach Spielweise. Auch Singlenote- Linien, Pickings und Soli gehen erstaunlich gut von der Hand.

Wollen wir nun mal einstöpseln und fangen wieder mit der Dreadnought an. Sie hat am Amp auf jeden Fall den direktesten Sound und die geringsten Feedback-Probleme in diesem Trio. Fabelhaftes Bühnengerät. Bei der 30er muss man um Einiges vorsichtiger mit dem Bass-Regler sein. Das attestierte gute Schwingverhalten gerät hier zum Risikofaktor, läst sich aber beherrschen. Ähnliches bei der 4012 – dreht man zu viele Bassanteile rein, verliert der Sound an Transparenz und neigt zum Wummern, weniger ist hier mehr. Der Nanoflex überträgt sehr natürlich die Grund-Sounds der Modelle, seine Regler im Schallloch sind allerdings kompromissbehaftet, denn man arbeitet logischerweise ohne Sichtkontakt und muss die Rädchen immer wieder ertasten. Hierbei verstellt man sehr leicht unfreiwillig den Nachbarregler. Ich denke etwas schwergängigere Rädchen mit einer Mittelrastung für Bass und Treble wären da hilfreich.

 

Resümee

Das hier ist keinesfalls der Schnellschuss eines Herstellers, der eben mal eine Marktlücke bedienen will. Bei diesen Ortegas der Jade-Serie handelt es sich um wohldurchdachte, hochqualitative Instrumente mit eigener Ästhetik. Das Preis/Leistungsverhältnis ist mehr als in Ordnung. Muy bien.

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